2800/AB XX.GP

 

Beantwortung

der Anfrage der Abgeordneten Dr. Pumberger, Mag. Haupt, Dr. Povysil

an die Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales

betreffend Grüne Versicherungskarte mit Lichtbild anstelle des Krankenscheins

(Nr.27931J)

Zu der aus der beiliegenden Ablichtung ersichtlichen Anfrage halte ich

zunächst ganz allgemein folgendes fest:

Im Hinblick auf die dem Hauptverband der österreichischen Sozialversiche-

rungsträger zukommende Koordinierungsfunktion habe ich diesen beauftragt das

Projekt ,,Chipkarte‘ federführend zu betreuen. Ich habe daher zunächst den Haupt-

verband um Stellungnahme zu der gegenständlichen Anfrage ersucht und lege eine

Kopie seiner Antwort zur Information bei. Die Äußerung des Hauptverbandes gibt

einen Überblick über die im Zusammenhang mit dem allfälligen Ersatz des Kranken-

scheins durch einen moderneren, den heutigen technischen Möglichkeiten entspre-

chenden Nachweis der leistungsrechtlichen Anspruchsberechtigung und durch eine

möglichst einfache Abrechnung der Honorare der medizinischen Leistungserbringer

angestellten Überlegungen.

Zu den einzelnen Fragen der gegenständlichen Anfrage führe ich lediglich

ergänzend folgendes aus:

Zu den Fragen 1 und 2:

Berechnungen über die bei Ausgabe einer Grünen Versicherungskarte mit

Lichtbild entstehenden Kosten wurden in meinem Ressort nicht angestellt, da - wie

sich aus den Ausführungen des Hauptverbandes zu den Fragen 1,2 und 4 ergibt -

die Einführung einer solchen nicht zur Diskussion steht. Die Chipkarte soll vielmehr

zur Vermeidung von Mißbrauch fälschungssicher und kopiergeschützt sein.

Zur Frage 3:

Zu den Schätzungen über die Kosten der Einführung einer Chipkarte verweise

ich auf die Berechnungen des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversiche-

rungsträger.

Zur Frage 4:

Ich teile die Einschätzung des Hauptverbandes, daß die Grüne Versiche-

rungskarte selbst dann, wenn sie mit einem Lichtbild ausgestattet ist, keinen hinrei-

chenden Schutz vor Malversationen bietet. Schon aus diesem Grund halte ich den

mit der Ausgabe derartiger Karten verbundenen Aufwand für nicht gerechtfertigt.

Zu den Fragen 5 bis 8:

Hiezu verweise ich auf die Ausführungen des Hauptverbandes.

Zu den Fragen 9 und 10:

Ein Ersatz des Krankenscheins durch die Grüne Versicherungskarte ist im

Hinblick auf die Funktion des Krankenscheins als Abrechnungsinstrument nicht

denkbar. Nur eine maschinell lesbare Chipkarte bringt hier entscheidende Vorteile.

Verfehlt erscheint jedenfalls, aus den negativen bundesdeutschen Erfahrungen mit

einer Chipkarte und ihrer Handhabung, welche auf einem völlig anderem System

aufbaut und mit der für Österreich geplanten nicht vergleichbar ist, den Schluß zu

ziehen, daß sie die mißbräuchliche Inanspruchnahme medizinischer Leistungen auf

kosten der Krankenversicherungsträger erleichtert

Betr.: Chipkarte; parlamentarische Anfrage

vom 10. Juli 1997

Bezug: Ihr Schreiben vom 16. Juli 1997,

ZI. 21.891/133-5/97

Sehr geehrte Damen und Herren!

Zu den in der parlamentarischen Anfrage der Abgeordneten

Dr. Pumberger, Mag. Haupt, Dr. Povysil gestellten Fragen nehmen wir wie

folgt Stellung:

Zu den Fragen 1,2 und 4:

Der Krankenschein in seiner heutigen Form deckt folgende Funktionen ab:

Die Vorderseite dient zur Identifikation des Patienten und ist gleichzeitig die

Bestätigung eines gültigen Leistungsanspruches, Die Rückseite wird in Korn-

bination mit den Daten der Vorderseite als Abrechnungsbeleg verwendet.

Der geplante Ersatz der grünen Versicherungskarte durch eine maschinell

lesbare Versicherungskarte (Chipkarte) deckt zur Gänze die Funktionen der

Vorderseite des Krankenscheines ab und hat weitere Vorteile:

a) Die für eine elektronische Abrechnung der ärztlichen Leistung notwendigen

Patientendaten stehen dem Vertragspartner auf der Chipkarte in maschi-

nell lesbarer Form zur Verfügung. Dies erleichtert die Datenerfassung für

den Arzt, reduziert die Fehlerrate und damit den Nachbearbeitungsauf-

wand.

b) Eine bestehende Versicherung kann, so dies nicht bereits auf der Karte ver-

merkt ist, auch im Wege einer automatischen Anfrage bei der Sozialversiche-

rung sofort festgestellt werden.

c) Die österreichische Chipkarte ist fälschungssicher und kopiergeschützt.

Die grüne Versicherungskarte hingegen ist vom Konzept her eine reine Merkkarte

für die Versicherungsnummer. Sie ist maschinell nicht lesbar.

Die Bindung der Karte an Ihren Inhaber (z.B. durch ein Lichtbild) ist unabhängig

von der Technologie der Karte. Sowohl bei der grünen Versicherungskarte als

auch bei einer Chipkarte bedeutet das Anbringen eines Lichtbildes einen be-

trächtlichen organisatorischen und finanziellen Aufwand. Hinzu kommt noch, daß

Fotos - vor allem bei jüngeren Personen - rasch unaktuell werden und mehrfach

erneuert werden müßten, wenn man die angestrebte Kontrollmöglichkeit nicht

verlieren will.

in den meisten Fällen erübrigt sich möglicherweise eine Identitätsprüfung ohne-

dies, da der Patient dem Arzt bereits persönlich bekannt ist. Dort, wo dies nicht

gegeben ist, kann die Identität einfach und kostengünstig auch durch bereits vor-

handene Lichtbildausweise überprüft werden. Eine grüne Versicherungskarte mit

Lichtbild wäre daher nur ein zusätzlicher „Lichtbildausweis“.

Zur Frage 3:

Die Kosten für die Einführung (Investitionen) eines krankenscheinersetzenden sy-

stems auf Basis einer Chipkarte liegen nach Schätzungen von Fachleuten bei et-

wa 900 Millionen Schilling. Dazu kommt noch ein jährlicher Aufwand von etwa

100 Millionen Schilling. Legt man die Investitionen auf fünf Jahre um, ergibt das -

inklusive der laufenden Kosten - einen Betrag von etwa 280 Millionen Schilling

pro Jahr.

Zu den Fragen 5 und 6:

Die in Deutschland eingeführte Chipkarte unterscheidet sich ganz wesentlich von

der in Österreich geplanten Chipkarte. Deutschland verwendet eine Speicherchip-

karte und verfügt nicht über eine zentrale Datensammlung, bei weicher ein beste-

hender Versicherungsschutz erfragt werden kann. Im Gegensatz dazu planen wir

eine Processorchipkarte. Mit dieser kann über die bereits bestehende zentrale

Datenspeicherung automatisch der leistungszuständige Sozialversicherungsträger

festgestellt werden.

Da die geplante Processorchipkarte nur in Verbindung mit der Chipkarte des Ver-

tragspartners (Vier-Augen-Prinzip) maschinell lesbar ist, wird eine Fälschung der-

selben nahezu unmöglich. In Verlust geratene Karten werden elektronisch ge-

sperrt. In Verbindung mit der zentralen Datenspeicherung können alle heute be-

kannten Mißbräuche der deutschen Chipkarte In Österreich verhindert werden.

Zur Frage 7:

Eine Voraussetzung ist, daß alle Vertragspartner über entsprechende Terminals

für die Verwendung von Chipkarten verfügen und die Patienten mit Chipkarten

ausgestattet sind. Weiters wird angestrebt, daß alle Ärzte so rasch wie möglich

mit den sozialversicherungsträgern maschinell abrechnen, da sonst der Vorteil

der papierlosen Abrechnung nicht voll zum Tragen kommt.

Zur Frage 8:

Grundsätzlich sollten alle aus dem System Nutzenziehenden einen Beitrag zur Fi-

nanzierung leisten. Gegenwärtig wird nur über den Ersatz der Vorderseite des

Krankenscheines diskutiert. Hauptnutznießer sind die Arbeitgeber, die die Kran-

kenscheine ausstellen. Über die Umstellung der Atztverrechnungssysteme auf

EDV-Basis muß erst mit der Österreichischen Ärztekammer verhandelt werden.

Kontaktgespräche gab es bereits. Das in Aussicht genommene Chipkartensystem

Ist so konzipiert, daß die Chipkarte als "Key" vielseitig verwendbar wäre. Ihre

Rentabilität hängt daher auch von anderen - jetzt noch nicht feststehenden - Ein-

satzmöglichkeiten ab.

Zur Frage 9:

Durch eine grüne Versicherungskarte, auch mit Lichtbild, kann ein Mißbrauch

nicht verhindert werden. Da diese Karte nach wie vor nicht maschinell lesbar wä-

re, hätte sie auch keinerlei organisatorischen Vorteil.

Zur Frage 10:

Die grüne Versicherungskarte mit Lichtbild ist keine Alternative zum Kranken-

schein, da sie für die Abrechnung nichts über einen bestehenden oder nicht be-

stehenden Anspruch aussagt. Sie wäre nur als Identitätsnachweis geeignet. Das

Argument der Kostengünstigkeit gegenüber der Chipkarte stimmt nicht, denn zu

den Kosten der Karte müßten die Mehrkosten durch mißbräuchliche Verwendung

hinzugerechnet werden.

Die Krankenscheingebühr ist eine Maßnahme zur Finanzierung der Krankenversi-

cherung und von der Frage der Einführung der Chipkarte als Ersatz der Kranken-

scheinvorderseite unabhängig. Die damit für die Finanzierung der Krankenversi-

cherung erhaltenen Geldmittel werden von dieser nach wie vor benötigt.