2835/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Moser, Kier und PartnerInnen haben am 11. Juli 1997
unter der Nr. 2807/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „die
Erkennungsdienstliche Behandlung von Personen, die die Prostitution ausüben“ gerichtet, die
folgenden Wortlaut hat:
1. Auf welcher gesetzlichen Grundlage nach dem Sicherheitspolizeigesetz beruht die
erkennungsdienstliche Behandlung von Personen, die die Prostitution ausüben oder auszuüben
beabsichtigen?
2. Wieviele Personen, die die Prostitution ausüben, ausübten oder auszuüben beabsichtigen
oder beabsichtigten sind derzeit in Wien erkennungsdienstlich erfaßt?
3. Wieviele Personen, die die Prostitution ausüben, ausübten oder auszuüben beabsichtigen
oder beabsichtigten wurden im Jahr 1996, wieviele im Jahr 1997 bis jetzt erkennungsdienstlich
behandelt, ohne daß die Voraussetzungen des § 65 Abs, 1, 2 oder 3 des
Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) zutreffen?
4. Welche Sicherheitsbehörden (Ort) nahmen diese erkennungsdienstlichen Behandlungen vor?
5. Wann wird die ED-Behandlung vorgenommen, vor oder nach der Ausstellung der
Kontrollkarte durch den Magistrat der Stadt Wien?
6. Welcher gesetzliche Grund wurde diesen Personen bei der formlosen Aufforderung gemäß
§ 77 Abs. 1 SPG mitgeteilt?
7. § 65 Abs. 5 SPG schreibt vor, daß jeder, der von den Sicherheitsbehörden
erkennungsdienstlich behandelt wird (ohne Hinweis darauf, ob die ED-Behandlung zulässig
ist), schriftlich darüber in Kenntnis zu setzen ist, wie lange die ED-Daten aufbewahrt werden
und welche Möglichkeiten früherer Löschung bestehen. Wurden alle erkennungsdienstlich
behandelten Personen, die die Prostitution ausüben, ausübten oder auszuüben beabsichtigen
oder beabsichtigten entsprechend schriftlich
informiert?
8. Wenn ja, welche Aufbewahrungsfrist wurde in den Informationen gemäß § 65 Abs 5 SPG
bekanntgegeben und auf welche Rechtsgrundlage stützt sich diese?
9. Wenn nein, warum wurde diese bundesgesetzliche Verpflichtung ignoriert?
10. Wurden seit 1.1.1996 jemals Personen, die die Prostitution ausüben, ausübten oder
auszuüben beabsichtigen oder beabsichtigten auf eigenen Antrag (§ 68 SPG)
erkennungsdienstlich behandelt?
11. Wenn ja, wieviele?
12. Wurde seit 1.1.1996 jemals für Personen, die die Prostitution ausüben, ausübten oder
auszuüben beabsichtigen oder beabsichtigten, ein Bescheid gemäß § 77 Abs. 2 i.V.m. § 65
Abs. 4 mündlich oder schriftlich erlassen?
13. Wenn ja, mit welcher Begründung?
14. Wurde die ED-Behandlung von Personen, die die Prostitution ausüben, ausübten oder
auszuüben beabsichtigen oder beabsichtigten, jemals unter Ausübung unmittelbarer Befehls-
und Zwangsgewalt durchgesetzt?
15. Wenn ja, wurden dabei Menschen verletzt?
16. Werden die personenbezogenen Daten, die bei der erkennungsdienstlichen Behandlung
ermittelt werden, automationsunterstützt verarbeitet?
17. Wenn ja, aufgrund welcher gesetzlichen Bestimmung geschieht dies?“
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Die gesetzliche Grundlage für die Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten von Menschen,
die die Prostitution ausüben, ist § 68 Abs. 3 Sicherheitspolizeigesetz, wonach die
Sicherheitsbehörden ermächtigt sind, zur Vorbeugung gefährlicher Angriffe
erkennungsdienstliche Daten eines Menschen, der befürchtet, Opfer eines Verbrechens zu
werden, mit seiner Zustimmung zu ermitteln. Menschen, die die Prostitution ausüben oder
auszuüben beabsichtigen sind in dieser Hinsicht gefährdet. Eine erkennungsdienstliche
Behandlung dieser Menschen (§ 65 SPG) mit der hiefür kennzeichnenden
Mitwirkungsverpflichtung (Abs 4) und der nachfolgenden Personfeststellung wird nicht
vorgenommen.
Zu Frage 2:
Derzeit stehen in Wien 601 Frauen und 13 Männer unter sanitätspolizeilicher Kontrolle, von
denen mit ihrer Zustimmung erkennungsdienstliche Daten ermittelt wurden. Dies entspricht
der Zahl jener Menschen deren Daten auch
automationsunterstützt verarbeitet werden.
Zu Frage 3:
Die Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten dieser Menschen, deshalb weil sie die
Prostitution ausüben, ist keinesfalls auf § 65 SPG zu gründen; eine erkennungsdienstliche
Behandlung wird - wie zu Frage 1 ausgeführt - nicht vorgenommen
Zu Frage 4:
Die Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten wird von der Bundespolizeidirektion Wien,
Büro für Erkennungsdienst, Kriminaltechnik und Fahndung, vorgenommen.
Zu Frage 5:
Die Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten erfolgt immer vor der Ausstellung der
Kontrollkarte.
Zu Frage 6:
Menschen, die beabsichtigen, die Prostitution in Wien auszuüben, haben dieses gemäß § 6 des
Wr. Prostitutionsgesetzes der Behörde zu melden. Anläßlich der Meldung erfolgt eine
Belehrung über die Gefährdungssituation, bei der auch die Ermittlung
erkennungsdienstlicher Daten im Sinne des § 68 Abs. 3 SPG empfohlen wird. Über die
erteilte Zustimmung wird eine Niederschritt aufgenommen.
Zu den Fragen 7 bis 9:
§ 65 Abs 5 SPG bezieht sich ausschließlich auf erkennungsdienstliche Behandlungen von
Menschen. Diese gesetzliche Bestimmung ist nicht die Grundlage für die Ermittlung
erkennungsdienstlicher Daten von Menschen, die die Prostitution ausüben oder auszuüben
beabsichtigen. Bei der Ermittlung von erkennungsdienstlichen Daten gemäß § 68 Abs. 3
SPG mit Zustimmung des betreffenden Menschen entfällt auch die Verpflichtung zur
schriftlichen Belehrung gemäß § 65 Abs. 5 SPG
Zu den Fragen 10 und 11:
Die Bestimmungen des § 68 SPG bieten keine Grundlage für eine erkennungsdienstliche
Behandlung. Im übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen.
Zu den Fragen 12 und 13
Nein. Auf die Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten in diesen Fällen sind ausschließlich
die Bestimmungen den § 68 Abs 3 und 5 SPG anzuwenden.
Zu den Fragen 14 und 15:
Da keine erkennungsdienstliche Behandlung stattfindet, besteht keine
Mitwirkungsverpflichtung (§ 65 Abs 4 SPG) und daher auch keine Ermächtigung zur
Ausübung unmittelbarer Befehls - und
Zwangsgewalt.
Zu den Fragen 16 und 17:
Die Rechtsgrundlage für die automationsunterstützte Verarbeitung der Daten durch die
Bundespolizeidirektion Wien enthält § 70 Abs. 1 SPG, wonach jede Sicherheitsbehörde
erkennungsdienstliche Daten, die sie anders als gemäß § 68 Abs 1 SPG durch eine
erkennungsdienstliche Maßnahme ermittelt hat, solange zu verarbeiten hat, bis sie zu
löschen sind.