2855/AB XX.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2976/J-NR/1997 betreffend Zulassung zum

Studium von Auslandsösterreichern, die die Abgeordneten Mag. HAUPT und Kollegen am

19. September 1997 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

1. Welche konkreten Gründe waren seitens Ihres Ressorts dafür ausschlaggebend, die

bis vor dein EU-Beitritt Österreichs praktizierte Zulassungsregelung zum Studium in

Österreich für Auslandsösterreicher (Gleichstellungsverordnung) ersatzlos zu strei-

chen?

Gemäß Art. 6 EG-V ist in dessen Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der

Staatsangehörigkeit verboten. Nach ständiger Judikatur des EuGH gehört die Berufsausbildung

und damit auch das Hochschulstudium einschließlich der Zulassung hiezu zum Anwendungs-

bereich des EG-Vertrages. Damit wäre eine formelle Besserstellung bzw. Andersbehandlung

österreichischer Staatsbürger gegenüber allen anderen Bewerbern, also auch EU-Bürgern, eine

unzulässige Diskriminierung. Deshalb wurde mit Wirksamkeit des Beitrittes Österreichs zur

EU der Tatbestand „österreichische Staatsbürger‘ aus der damaligen Gleichstellungsverord-

nung herausgenommen.

2. Inwieweit halten Sie es für vertretbar, junge Auslandsösterreicher im Hinblick auf

die Zulassung zum Studium gegenüber österreichischen Staatsbürgern im Inland

hinsichtlich des offenen Zugangs zu österreichischen Universitäten zu diskriminie-

ren?

Bei der unterschiedlichen Behandlung von Österreichern mit österreichischem und solchen

mit ausländischen Reifezeugnissen liegt eine sachlich begründete Differenzierung vor, die sich

am Ausbildungssystem des jeweiligen Ausstellungsstaates des Reifezeugnisses orientiert. Dies

folgt dem Grundsatz, daß jeder Staat in der Gestaltung seiner Ausbildungsinhalte und in der

Vorbereitung der Bewerber für ein Hochschulstudium autonom ist. Im Sinne des gegenseiti-

gen Vertrauens in die Ausbildungsqualität wird daher erst derjenige Zeitpunkt, in dem der

direkte Eintritt in das erste Semester eines konkreten Hochschulstudiums ohne weitere Er-

fordernisse möglich ist, als Schnittpunkt für die Anerkennung dieses Rechtes auf Zulassung

zum Studium angenommen. Da es Staaten gibt, die außer dem Reifezeugnis keine weiteren

Erfordernisse verlangen, kann diese Regelung für österreichische Staatsbürger mit Reifezeug-

nissen aus einem solchen Staat sogar eine Vergünstigung darstellen. Wegen der Sachlichkeit

der Differenzierung liegt keine Verletzung des verfassungsmäßig garantierten Gebotes der

Gleichbehandlung aller Staatsbürger vor dem Gesetz vor. Dies hat der Verfassungsgerichtshof

in seinem Erkenntnis B 877/96 - 3 vom 26. Juni 1997 bestätigt.

3. handelt es sich bei dein in Frage 2 dargestellten Sachverhalt um eine Art „Numerus

clausus“  für Auslandsösterreicher und wenn nein, warum nicht?

Ein „Numerus clausus" läge dann vor, wenn wegen Platzbeschränkungen eine Auswahl unter

den Bewerbern zu treffen wäre. Dies ist nicht der Fall: Auf österreichische Staatsbürger - wie

auch seit dem 1. Jänner 1995 für EU- und EWR-Bürger - ist die Bestimmung, wonach die

Universität für bestimmte Studienrichtungen Platzbeschränkungen aus dem Grund unvertret-

barer Studienbedingungen verordnen kann, nicht anzuwenden.

4. Sind Ihrem Ressort derartige Fälle von Auslandsösterreichern bekannt, die gemäß

den derzeit geltenden Bestimmungen ihr Studium in Österreich nicht aufnehmen

konnten und wenn ja, wieviel sind dies seit dem Beitritt Österreichs zur EU und wie -

viel erwarten Sie in den kommenden Jahren?

Dem Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr liegen einige Beschwerden vor. Je-

doch gibt es mangels einer zentralen Evidenz über die Anträge auf Zulassung - diese werden

jeweils von den Universitäten und Hochschulen künstlerischer Richtung im autonomen Be-

reich behandelt - keine umfassende Evidenz.

5. Sehen Sie in den derzeit geltenden Bestimmungen der Zulassung zum Studium für

junge Auslandsösterreicher vor dem Hintergrund einer zu erwartenden und zu be-

fürwortenden beruflichen Mobilität der Österreicher im EU-Raum einen Wider-

spruch und wenn ja, warum und wenn nein, warum nicht?

In bestimmten Fällen kann die geltende Regelung ein Hindernis für die Mobilität darstellen,

nämlich dann, wenn in einer bestimmten Studienrichtung die Zulassungsbedingungen zum

Studium im Ausstellungsstaat eines Reifezeugnisses schwieriger zu erfüllen sind als in Öster-

reich. Andererseits stellt sie kein Mobilitätshindernis für solche Bewerber dar, die sich auf-

grund ihrer guten Leistungen im Ausstellungsstaat eines Reifezeugnisses für eine Studien-

zulassung qualifiziert haben.

6. Werden Sie konkrete Schritte hinsichtlich einer Änderung der derzeit geltenden Be -

stimmungen der Zulassung zum Studium für junge Auslandsösterreicher setzen und

wenn ja, wann und wenn nein, warum nicht?

Im Hinblick auf den Art. 6 EG-V, der in seinem Anwendungsbereich jede Besserstellung

österreichischer Staatsbürger gegenüber anderen EU-Bürgern verbietet, sowie auf das Er-

kenntnis des Verfassungsgerichtshofes B 877/96-13 ist an eine Änderung der Rechtslage nicht

gedacht.