2860/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat ANON und Kollegen haben am
19.9.1997 unter der Nr. 2931/J eine schriftliche parlamenta-
rische Anfrage betreffend „Amtshandlung am 6. Juli 1997 in
Zusammenhang mit einer Aktion der Jungen ÖVP Penzing anläßlich
des Jahrestages der Zeugen Jehovas an mich gerichtet, die
folgenden Wortlaut hat:
‚1.) Ist Ihnen der oben beschriebene Sachverhalt bekannt?
2.) Unter welchen Voraussetzungen darf sich ein Polizist in den
Dienst setzen?
3.) Lagen diese Voraussetzungen bei oben beschriebener
Situation vor?
4.) War die Handlung des Polizisten mit der Dienstnummer 1276
unter Bedachtnahme auf die Antworten zu den Fragen zwei und
drei rechtmäßig?
5.) Ist es rechtmäßig, wenn sich ein Zeuge Jehovas als persön-
lich Betroffener der Aktion der Jungen ÖVP Penzing in den
Dienst setzt und die staatliche Gewalt
vertritt?
6.) Ist die Aktion der Jungen ÖVP Penzing als Störung der
Religionsfreiheit zu qualifizieren?
7.) Ist die Aktion der Jungen ÖVP Penzing als Volksverhetzung
zu qualifizieren?
8.) Auf welcher Rechtsgrundlage beruhte das Einschreiten des
Polizisten mit der Dienstnummer 1276 unter Bedachtnahme auf
die Antworten zu den Fragen sechs und sieben?
9.) Ergeben sich Ihrer Meinung nach aus der Mitgliedschaft zu
den Zeugen Jehovas, dessen Glauben staatliche Autoritäten
ablehnt und dem Dienst als Exekutivorgan unverträglich-
keiten?
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Der oben beschriebene Sachverhalt war nicht mir persönlich, aber
im Innenministerium bekannt, wobei allerdings ergänzend auszu-
führen ist, daß die Besatzung des zufahrenden Funkwagens Norbert
2 die Veranstaltung der Jungen Volkspartei nicht beendet hat.
Insbesondere wurde weder das weitere Verteilen von Flugblättern
verboten noch das Beseitigen von Transparenten aufgetragen.
Zu Frage 2:
Die Voraussetzungen, unter denen sich ein Organ des öffentlichen
Sicherheitsdienstes in den Dienst stellen darf bzw. muß, sind
in § 1 Abs.3 RLV, BGBl Nr. 266/1993, genannt.
Diese Bestimmung lautet:
„Außerhalb des Dienstes haben Organe des öffentlichen Sicher-
heitsdienstes zur Erfüllung ihrer
Aufgaben nur dann einzu-
schreiten, wenn sie erkennen, daß dies zur Abwehr einer gegen-
wärtigen oder unmittelbar drohenden Gefahr für Leben, Gesund-
heit, Freiheit von Menschen oder für fremdes Eigentum in großem
Ausmaß erforderlich und wenn ihnen dies nach den eigenen Um-
ständen zumutbar ist. Im übrigen haben sie in Fällen, in denen
Einschreiten durch Ausübung sicherheitsbehördlicher Befehls- und
Zwangsgewalt dringend geboten erscheint, die Sicherheitsbehörde
hievon zu verständigen.
Zu Frage 3:
Ausgehend von der Sachverhaltsdarstellung in der im Bereich der
Bundespolizeidirektion Wien gelegten Anzeige (es ist von
extremer Einschüchterung von Kindern und Frauen durch angezeigte
Aktionisten die Rede) schienen dem einschreitenden Beamten zu-
nächst die Voraussetzungen des § 1 Abs.3 RLV erfüllt. Diese
Ansicht wird auch von der Bundespolizeidirektion Wien geteilt,
die den Vorfall untersucht hat.
Zu den Fragen 4 und 5:
Da wie oben dargestellt die Voraussetzungen für ein
Indienststellen“ formell vorlagen, war das Einschreiten zu-
nächst an sich rechtmäßig. Anzumerken ist allerdings, daß sich
der Sicherheitswachebeamte nach dem Eintreffen des Funkwagens
Norbert 2 wegen seiner offensichtlichen Befangenheit im Sinne
des § 47 BDG der weiteren Ausübung seines Amtes enthalten hätte
müssen. Mit dem Beamten wurde in diesem Zusammenhang seitens
seiner Dienstbehörde ein belehrendes Gespräch geführt.
Zu den Fragen 6 bis 8:
Die Bundespolizeidirektion Wien hat den gegenständlichen Sach-
verhalt am 31.7.1997 der Staatsanwaltschaft Wien zur strafrecht-
lichen Beurteilung vorgelegt. Seitens der Staatsanwaltschaft
wurde die unter Zahl 15a St 91.454/97 geführte Anzeige aller-
dings bereits zurückgelegt.
Zu Frage 9:
Nein, solange ein solcher Beamter wie jeder andere auch seinen
Dienstpflichten ordnungsgemäß nachkommt.