2951/AB XX.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2960/J-NR/1997, betreffend Atomtransporte
durch Tirol bzw. Österreich, die die Abgeordneten Trattner und Kollegen am 19.9.1997 an mich
gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
1. Wie stehen Sie als Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr grundsätzlich zu
solchen Atomtransporten per LKW quer durch Österreich?
Wie bei allen gefährlichen Gütern vertrete ich die Auffassung, daß die Beförderung von
radioaktiven Stoffen unter größtmöglichen Sicherheitsvorkehrungen zu erfolgen hat.
2. Stellen derartige Atomtransporte Ihrer Meinung nach nicht ein gravierendes Risiko
für die Bevölkerung entlang der betroffenen Transitrouten dar?
Die in den Gefahrgutheförderungsvorschrifien enthaltenen Sicherheitsmaßnahmen sind auf die
speziellen chemischen, physikalischen, radiologischen und sonstigen Eigenschaften der betref
fenden Güter abgestimmt und berücksichtigen jedenfalls die Risiken, die unter üblichen
Beförderungsbedingungen, bei spaltbaren Stoffen jedoch auch jene, die unter Unfallbedingun-
gen zu gewärtigen sind. Auf Grund dieser
Sicherheitsmaßnahmen wird ein mögliches Risiko
weitestgehend reduziert. Außerdem möchte ich in diesem Zusammenhang festhalten, daß
radioaktive Stoffe in Österreich weder häufig noch insgesamt in nennenswerten Mengen
befördert werden.
3. Wie hoch schätzen Sie die Kosten für die heimische Volkswirtschaft bei einem etwai-
gen, aber niemals auszuschileilenden Strahlungsunfall?
Um diese Frage beantworten zu können, müßte das Szenario eines solchen Unfalls genau
beschrieben werden.
Auf Erfahrungswerte kann jedenfalls nicht zurückgegriffen werden, da mir kein einziger
Bericht über einen Unfall bei der Beförderung radioaktiver Stoffe vorliegt.
4. Wer bzw. welche Stelle würde einen derartigen Schadensfall decken?
Für Haftungs- bzw. Entschädigungsfragen sind die einschlägigen zivilrechtlichen Vorschriften
maßgebend, für welche die Federführung beim Bundesministerium für Justiz liegt.
5. und 9.
Werden Sie sich dafür einsetzen, daß derartige Atomtransporte zukünftig nur mehr
per Bahn in Spezialkontainern abgewickelt werden?
Haben schon Gespräche auf internationaler Ebene mit Ihren benachbarten Ressortkol-
legen stattgefunden, um hinkünftig gemeinsam derartige Atomtransporte per LKW
verhindern zu können?
a. Wenn ja, welche Ergebnisse können Sie der österreichischen Bevölkerung präsentie-
ren?
b. Wenn nein, werden Sie solche Gespräche In absehbarer Zukunft führen?
Die Grundsätze der österreichischen Verkehrspolitik, namentlich jener der Verlagerung von
möglichst hohen Anteilen am Transportaufkommen auf die Schiene gelten in besonderem
Maße auch für den Gefahrguttransport. Die Frage der Verlagerung des Güterschwerverkehrs
von der Straße auf die Schiene stellt ein Ziel dar, das von mir laufend auf nationaler und
internationaler Ebene forciert wird.
Was die sichere Verpackung der radioaktiven Stoffe anbelangt, sind deren technische Vorgaben
jedoch multimodal, d.h. für jeden Verkehrsträger gleich, weshalb auch die ÖBB in ihrer von
mir eingeholten Stellungnahme ausführt,
daß der Einsatz von Spezialcontainern nicht er-
forderlich wäre. da die gemäß RID/ADR vorgeschriebenen Verpackungen - selbst bei einem
Unfall - der auftretenden Hitze und auch den mechanischen Belastungen standhalten müssen.
6. Wird bei derartigen Sondertransporten in Zukunft darauf geachtet, die jeweilige
Katastrophenschutzabteilung des betroffenen Bundeslandes rechtzeitig zu informi-
ren, damit diese im Ernstfall raschest Hilfe leisten kann?
Nach Auskunft der ÖBB ermöglicht ein speziell installiertes Güterinformationssystem den ÖBB
die jederzeitige Bestimmung des Aufenthaltsortes der betreffenden Sendung. Durch die ge-
sonderte Erfassung der Sendungsdaten für Gfahrguttransporte stehen auch die erforderlichen
Informationen über die beförderten Stoffe prompt zur Verfügung Es besteht somit ein speziel-
ler Informationsaustausch, wobei aufgrund der mit den allenfalls betroffenen Einsatzorganisa-
tionen abgestimmten Vorgangsweise bei Eintritt eines außergewöhnlichen Ereignisses sicher-
gestellt ist, daß alle Informationen für einen ausmaß- und risikomindernden Einsatz rechtzeitig
und in vollem Umfang zur Verfügung stehen
Es darf der Vollständigkeit halber angemerkt werden, daß Fragen des Katastrophenschutzes in
den Kompetenzbereich der Bundesländer fallen.
7. Welche rechtlichen Gegenmaßnahmen können Sie als ressortzuständiges Regierungs
mitglied setzen, um solche Sondertransporte per LKW zu verbieten, auch entgegen
den Bestimmungen der EU-Verbringungsverordnung?
Für die Straßenbeförderung gefährlicher Güter in der EU ist die Richtlinie 94/55/EG (so-
genannte „ADR-Rahmenrichtlinie“) maßgebend. Diese verweist wiederum hinsichtlich der
technischen Sicherheitsmaßnahme auf das ADR. Alle ADR-widrigen Beförderungen sind
grundsätzlich verboten. Nach dem ADR selbst sind Beförderungsverbote nur denkbar, wenn
überhaupt Beförderungsgenehmigungen vorgesehen sind bzw. wenn diese aus anderen Gründen
als jenen der Beförderungssicherheit erlassen werden. Dies könnte z.B. nach dem Sicherheits-
kontrollgesetz begründet werden. Hierfür besteht jedoch materiell keine Ressortzuständigkeit
des Verkehrsministeriums.
8. Widerspricht diese EU-Verbringungsverordnung nicht dem, von der Bundesregierung
anläßlich der EU-Beitrittsabstimmung abgegebenen Versprechen, Österreich werde
nicht mit der Atomenergie oder deren Abfallprodukten in Berührung kommen, wenn
es die Bevölkerung nicht wolle?
Ich nehme an, daß mit der „EU-Verbringungsverordnung“ die Verordnung 1493/93/EURATOM
des Rates vom 8. Juni 1993 über die Verbringung radioaktiver Stoffe zwischen den Mitglied-
staaten gemeint ist. Diese fällt in den Vollzugsbereich des Bundeskanzlers
11. und 12.
Wie weit sind ihre Bemühungen gediehen, zusammen mit dem Bundesministerium für
Inneres eine Kompetenzbereinigung vorzunehmen?
Haben diesbezügliche (Gespräche überhaupt schon stattgefunden?
Kompetenzbereinigungen zwischen meinem Ressort sowie dem für Atomkoordinations- und
Strahlenschutzfragen federführenden BKA und dem für Belange der öffenilichen Sicherheit,
namentlich im Zusammenhang mit dem physischen Schutz von Kernmaterial federführenden
BMI wären durch Novellen des Strahlenschutzgesetzes bzw. Sieherheitskontrollgesetzes
herbeizuführen. Diesbezügliche Bestrebungen sind meines Wissens im Gange.