2970/AB XX.GP
Die Abgeordneten Dr. Partik - Pablé und Kollegen haben an mich am 30.9.1997 die schrift-
liche Anfrage Zl. 2994/J-NR/1997 betreffend „überlastete Schubgefängnisse“ mit folgen-
dem Wortlaut gerichtet:
„1. Wieviele Illegale sind in Österreich im Jahr 1996 und bis heute (1997 aufgeschlüs-
selt nach Monaten) aufgegriffen worden?
2. Wieviele davon wurden tatsächlich in Schubhaft genommen?
3. Wieviele von ihnen wurden wieder freigelassen, weil es für sie keinen freien Schub-
haftplatz gab?
4. Wieviele mußten „quer durch Österreich geschickt werden“, um an einem anderen
noch freien Schubhaftplatz bzw. einem sonstigen ,,Ausweichplatz“ untergebracht zu
werden und welche Kosten sind daraus entstanden?
5. Ist es richtig, daß am Flughafen Schwechat ein ,,Schubhaftzentrum“ errichtet werden
soll?
a. Wenn ja, wann wird mit dem Bau begonnen, bis wann soll er fertig sein und wann
soll der Betrieb aufgenommen werden?
b. Für wieviele Schubhäftlinge soll Platz geschaffen werden?
c. Wie hoch werden die kosten des Gefängnisbaues beziffert und wer bezahlt diese?
d. Wieviele Beamte sollen beschäftigt
werden?
e. Warum werden für dieses Vorhaben nicht schon vorhandene leerstehende Gebäu-
de adaptiert?
6. Wieviele der 1996 und 1997 aufgegriffenen Illegalen konnten tatsächlich zurückge-
schoben werden?
7. Laut Angaben im ,,Mittagsjournal" vom 25.09.1997 wurden fünf Rumänen, für welche in
ganz Österreich kein Schubhaftplatz frei war, von der Slowakei nicht zurückgenom-
men. Laut Aussage des Bundesministers für Inneres funktioniere das Rückübernah-
meabkommen mit der Slowakei nicht.
Wieviele der 1996 und 1997 aufgegriffenen Illegalen konnten aufgrund mangelnder
bzw. nicht funktionierender Rücknahmeabkommen nicht mehr zurückgeschoben wer-
den?
8. Mit welchen Staaten hat Österreich ein gut funktionierendes Rücknahmeabkommen
abgeschlossen und mit welchen Staaten funktioniert die Rückübernahme von illegal
Aufgegriffenen nicht?
9. Wieviele Schubhäftlinge mußten 1996 und im Jahr 1997 bis jetzt wegen Haftunfähig-
keit entlassen werden?
10. Wieviele davon haben sich mittels Hungerstreik ,,freigepreßt"?
11. Wieviele von den wiederfreigelassenen bzw. von den ,,freigepreßten" Schubhäftlin-
gen sind Kriminelle?
12. Wie hoch schätzen sie die
Dunkelziffer der sich in Österreich befindlichen Illegalen?“
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Einleitend halte ich fest, daß derart detaillierte Statistiken1 wie sie für die Beant-
wortung der Anfrage notwendig wären, von mir als dem für das Gesamtressort verant-
wortlichen Minister nicht in jeder Detailziffer kontrollierbar sind, zumal sie unter großem
Zeitdruck von den Mitarbeitern neben ihrer eigentlichen Amtstätigkeit erstellt werden
mußten. Ich kann mich daher nur insoweit auf die vorliegenden Zahlen stützen, als bei
den jeweiligen Behörden die Unterlagen bereits vorhanden waren bzw. deren Aufberei-
tung ohne gravierende Beeinträchtigung des Dienstbetriebes möglich war.
Zu Frage 1:
Im Jahr 1996 wurden insgesamt 28.857 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältige
Fremde festgestellt.
Im Zeitraum 1.1. bis 30.9.1997 waren dies:
Jänner 2.142 Fremde
Februar 2.087 Fremde
März 2.830 Fremde
April 2.121 Fremde
Mai 2.024 Fremde
Juni 2.198 Fremde
Juli 1.890 Fremde
August 2.595 Fremde
September 2.989 Fremde
Zu Frage 2:
Es werden keine Statistiken geführt, aus denen ersehen werden kann, wieviele von den in
Frage 1 angeführten Personen in Schubhaft genommen wurden. Insgesamt wurde im Jahr
1996 über 14.718 Fremde und in den ersten drei Quartalen 1997 über 11.725 Fremde
die Schubhaft verhängt.
Zu Frage 3:
Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, daß nicht jede fremdenpolizeiliche Maßnahme
mit der Verhängung der Schubhaft verbunden sein muß. Die Schubhaft darf nur unter
den im Fremdengesetz genannten Voraussetzungen verhängt werden, wenn kein gelinde—
res Mittel zur Verfügung steht.
Nach den mir vorliegenden Berichten wurden vom 1.1.1996 bis 30.9.1997 in folgenden
Bundesländern über festgenommene Fremde keine Schubhaft verhängt:
Wien: kein Fall
Burgenland: 1.013 Fremde
Niederösterreich: 121 Fremde
Oberösterreich: 48 Fremde
Salzburg: 45 Fremde
Steiermark: 1 Fremder
Kärnten: kein Fall
Tirol: Mangels vorliegender Statistik ist eine
Beantwortung nicht möglich
Vorarlberg 68 Fremde
Zu Frage 4
Gemäß § 46 des Fremdengesetzes ist die Schubhaft im Haftraum der Behörde zu vollzie-
hen, die sie verhängt hat. An Fremden, die im Bundesgebiet keinen Wohnsitz haben,
kann die Schubhaft im Haftraum der nächst gelegenen Bezirksverwaltungs- oder Bundes-
polizeibehörde vollzogen werden, die zur Aufnahme tatsächlich in der Lage ist. In der
nachfolgenden Übersicht sind daher alle Fälle angeführt, bei denen die Schubhaft nicht
im Haftraum der Behörde vollzogen wurde, die sie verhängt hat. Das bedeutet nicht not-
wendigerweise ein „quer durch Österreichs schicken“, sondern vielfach eine Unterbrin-
gung in anderen Haftanstalten des eigenen oder benachbarten Bundeslandes.
Nach den mir vorliegenden Berichten wurden im Zeitraum vom 1.1.1996 bis 30.9.1997
Schubhäftlinge in Anwendung des § 46
FrG in anderen Haftanstalten untergebracht:
Wien: kein Fall
Burgenland: 962 Fälle
Niederösterreich: 340 Fälle
Oberösterreich: 163 Fälle
Salzburg: 351 Fälle
Steiermark: 25 Fälle
Kärnten: kein Fall
Tirol: Mangels vorliegender Statistik ist eine
Beantwortung nicht möglich
Vorarlberg: Für 1996 liegen keine statistischen Unterlagen vor.
Vom 1.1.1997 bis 30.9.1997 23 Fälle
Eine Beantwortung, welche kosten tatsächlich daraus entstanden sind, ist mir nicht mög -
lch.
Ich sehe aber das Problem des ,,Schubhafttourismus“ und werde mich bemühen, durch
verschiedene Maßnahmen eine Verbesserung der Situation zu erreichen.
Zu Frage 5:
Am Flughafen Schwechat soll kein ,,Schubhaftzentrum“, sondern in Zusammenarbeit mit
dem Flughafen Wien ein modernes und den humanen Anforderungen gerecht werdendes
Polizeigefangenenhaus errichtet werden.
a. Derzeit besteht die Absicht der Errichtung eines derartigen Gefangenenhauses. Mit
dem Bau kann erst begonnen werden, wenn zwischen dem Bund und den beteiligten
Ländern Burgenland und Niederösterreich die Finanzierung geklärt und die Planungsar-
beiten abgeschlossen sind. Erfahrungsgemäß sind für die Detailplanung 6 - 9 Monate und
als Bauzeit 1 bis 1 1A Jahre zu veranschlagen. Demgemäß könnte die Inbetriebnahme
nicht früher als innerhalb von 2 Jahren nach Projektbeginn erfolgen.
b. Es sollen Hafträumlichkeiten für 120 150 Personen geschaffen werden
c. Die kosten bewegen sich aufgrund einer naturgemäß noch sehr ungenauen Grob-
schätzung in einer
Größenordnung von bis zu 150 Millionen Schilling, wobei mir aber
daran gelegen ist, die tatsächlichen Kosten möglichst gering zu halten. Die Aufteilung der
möglichen kosten zwischen dem Bund und den Ländern Burgenland und Niederöster-
reich ist zur Zeit noch Gegenstand von Verhandlungen.
d. Der geschätzte Bedarf an Exekutivbeamten für das Gefangenenhaus bewegt sich in
einer Größenordnung von 40 - 50 Planstellen.
e. Wichtige Voraussetzungen für ein gut funktionierendes Polizeigefangenenhaus sind
eine sehr gute Verkehrsanbindung, kürzeste Wege zu den Abflugterminals im Falle der
Abschiebung auf dem Luftweg sowie die Nutzung der Struktur des Flughafens für Versor-
gungsleistungen. Leerstehende Gebäude, die diese Möglichkeiten bieten, stehen nicht
zur Verfügung. Ein Neubau kann bereits im Hinblick auf möglichst rationelle Betriebsab-
läufe geplant werden, wodurch in weiterer Folge mit weniger Personal das Auslangen
gefunden wird.
Zu Frage 6:
Im Jahr 1996 wurden 3.469 Fremde gemäß § 35 FrG zurückgeschoben und 10.996
Fremde gemäß § 36 FrG abgeschoben. Im Zeitraum 1.1.-30.9.1997 waren dies 3.870
bzw. 8.961 Fremde.
Zu Frage 7:
Derart detaillierte Statistiken werden nicht geführt
Was das angesprochene Rückübernahmeabkommen mit der Slowakei betrifft, so konnte
ich mit meinem Amtskollegen bereits eine Verbesserung der Zusammenarbeit erreichen.
Zu Frage 8:
Österreich hat mit folgenden Staaten Rückübernahmeabkommen abgeschlossen:
Belgien, Luxemburg, Niederlande, Deutschland, Frankreich, Italien, Polen, Rumänien,
Schweiz/Liechtenstein, Slowenien, Slowakei, Ischechien, Tunesien und Ungarn.
Die Abkommen mit Polen, Rumänien und Tunesien beinhalten jeweils nur Regelungen
über die Rückübernahme eigener Staatsangehöriger.
Mit kroatien und Italien wurden am 18.6.1997 bzw. am 17.10.1997 neue Abkommen un-
terzeichnet.
Zu Schwierigkeiten bei der Anwendung kam es mit Ungarn und Italien sowie vereinzelt mit
der Slowakei. Die notwendigen Schritte zur Verbesserung der Zusammenarbeit mit die-
sen Staaten wurden bereits in Angriff genommen.
Zu den Fragen 9 und 10:
Nach den mir vorliegenden Berichten wurde folgende Anzahl von Schubhäftlingen wegen
Haftunfähigkeit aus der Schubhaft entlassen:
1996 1997
Wien: 1.267 Personen 617 Personen (bis 16.10.1997)
Burgenland: 154 Personen 164 Personen (bis 30.9.1997)
Niederösterreich: Im Zeitraum 1.1.1996 - 30.9.1997 130 Personen
Oberösterreich: Im Zeitraum 1.1.1996 - 30.9.1997 48 Personen
Salzburg: 69 Personen 39 Personen (bis 30.9.1997)
Steiermark: Im Zeitraum 1.1.1996 - 1.10.1997 13 Personen
Kärnten: Im Zeitraum 1.1.1996 - 1.10.1997 ca. 38 Personen
Tirol: 7 Personen 7 Personen (bis 30.9.1997)
Vorarlberg: 6 Personen 6 Personen (bis 30.9.1997)
Von diesen Personen haben sich mittels Hungerstreik ,,freigepreßt" bzw. sind entlassen
worden:
1996 1997
Wien: 537 Personen 590 Personen (bis 16.10.1997)
Burgenland: 129 Personen 158 Personen (bis 30.9.1997)
Niederösterreich: Im Zeitraum 1.1.1996 - 30.9.1997 101 Personen
Oberösterreich: Im Zeitraum 1.1.1996 - 30.9.1997 43 Personen
Salzburg: 47 Personen 33 Personen (bis 30.9.1997)
Steiermark: Im Zeitraum 1.1.1996 - 1.10.1997 7 Personen
Kärnten: Im Zeitraum 1.1.1996 - 1.10.1997 ca. 25 Personen
Tirol: keine Statistik vorhanden
Vorarlberg:
6 Personen
6 Personen (bis 30.9.1997)
Es ist dies eine unbefriedigende Situation, an deren Verbesserung in meinem Ressort
gearbeitet wird.
Zu Frage 11:
Mangels Statistik ist mir eine Beantwortung nicht möglich.
Zu Frage 12:
Da es weder Aufzeichnungen noch darauf gestützte Schätzungen gibt, ist mir eine Be-
antwortung nicht möglich.