2992/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Pollet-Kammerlander, Freundinnen und Freunde, haben am
2. Oktober 1997 unter NR 3011/J eine schriftliche Parlamentarische Anfrage betreffend
Nationalinitiative Wald, Dritte Welt/Bedrohung des Lebensraumes der indigenen Völker Amazoniens
an mich gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
Welche Maßnahmen werden Sie zu einer Fortführung des Kooperationsprogrammes
„Nationalinitiative Wald, Dritte Welt“ setzen, um den Prozeß der Konsolidierung der indianischen
Organisationsformen und die Autonomiebestrebungen der Dorfgemeinschaften nachhaltig zu
unterstützen?
2. Welche Initiativen werden Sie auf der Ebene der Europäischen Union zur Durchsetzung der
Rechte der indigenen Völker in Amazonien ergreifen, insbesondere hinsichtlich ihrer Mitwirkung
hei der Durchführung internationaler Entwicklungsvorhaben?
3. Welche Möglichkeiten im Rahmen der internationalen Beziehungen werden Sie nutzen, um gegen
den Gesetzesentwurf zur Erschließungspolitik von Mineralienvorkommen innerhalb indigener
Gebiete, der im brasilianischen Kongreß
verabschiedet werden soll, zu protestieren?
4. Welche Initiativen ergreifen Sie im Rahmen internationaler Organisationen zum Schutz der Rechte
von indigenen Völkern (insbesondere in Fragen der Landnutzungsrechte und in Fragen der Rechte
des geistigen Eigentums)?
5. Inwiefern werden Sie sieh dafür einsetzen, daß die indigenen Völker innerhalb der Organisation
der Vereinten Nationen ständig vertreten sind?
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Das Programm der Nationalinitiative Wald war von Beginn an zeitlich begrenzt angelegt
(Projektabsehlüsse 1992 - 1995) und zielte darauf ab, mit kurzfristig wirksamen Maßnahmen
möglichst dauerhafte Schutz-Effekte zu erreichen. In den meisten Fällen sind Fortsetzungen über
andere Geber und über Kofinanzierungsmodelle beabsichtigt. Im Falle Amazoniens, wo im Segment
der Land- und Überlebenssicherung eingeborener Bevölkerungen in den bisher größten Gebieten
erfolgreich mit Schutzmaßnahmen begonnen werden konnte, läuft eine Fortsetzung mit
österreichischer finanzieller Unterstützung, und zwar sowohl im kolumbianischen Amazonastiefland
(Komplementärfinanzierung mit der EU und der dänischen Entwicklungszusammenarbeit) wie im
anschließenden Gebiet im brasilianischen Nordwesten (oberer und mittlerer Rio Negro), dort im
Rahmen einer Kofinanzierung mit dem österreichischen Klimabündnis. Gemeinsam uni fassen allein
diese beiden Projektgebiete mehr als die vierfache Fläche Österreichs.
Im übrigen werden auch andere Projekte der Regenwaldinitiative fortgesetzt, sofern sie sich in
Zielländern der österreichischen EZA befinden. Beispielshalber seien hier noch die Region Peten in
Guatemala und San Carlos an der Grenze zwischen Nicaragua und Costa Rica genannt.
Zu Frage 2:
lnitiativen zur Durchsetzung der Rechte eingeborener Bevölkerungen in Amazonien sind ein
wichtiger Aspekt österreichischer Vorhaben im Rahmen der EU - Entwicklungszusammenarbeit.
Am 5. Juni 1997 hat der EU - Entwicklungsministerrat Schlußfolgerungen angenommen, die die
Erarbeitung einer einschlägigen Entschließung im EU - Rahmen in Aussicht nehmen. Österreich hat
diese Initiative ausdrücklich
begrüßt. Dabei geht es unter anderem um
Verwirklichung der Grundfreiheiten und Menschenrechte ohne Diskriminierung
- Einbeziehung von Anliegen der eingeborenen Bevölkerungen in die langfristigen
EZA - Programme
Unterstützung von Rechtsentwicklung, die eingeborene Bevölkerungen berücksichtigt und
Fördert
- Umsetzung der Agenda 21 im Hinblick auf Biodiversität, Klimaschutz und Bekämpfung
der Wüstenbildung
- Schutz von geistigem Eigentum
- Direkte Unterstützung (Bildung, Seibstorganisation, Landdemarkation, Teilnahme an
internationalen Konferenzen)
- Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und eingeborenen Bevölkerungen
- Erstellung eines Aktionsplanes (UN-Dekade der eingeborenen Bevölkerungen seit 1994)
Als nächsten Schritt wird die Kommission, aufbauend auf einem Expertentreffen Mitte Oktober, ihre
Vorstellungen zum Themenbereich in einer Mitteilung an den Rat zusammenfassen.
Zu Frage 3:
Die Möglichkeiten der Einflußnahme auf die Gesetzgebung souveräner Staaten sowie die Ausübung
von internationalem Druck über die Gebergemeinschaft erscheinen beschränkt. Hingegen erscheint
eine Unterstützung erfolgversprechend, die den eingeborenen Bevölkerungen selbst den Aufbau von
Kapazitäten ermöglicht, um ihre Interessen im Rahmen von Erschließungspolitikern erfolgreich
vertreten zu können.
Zu Frage 4:
In Fragen der Landnutzungsrechte in Amazonien steht im Augenblick die Frage der Eigentums - und
Nutzungsrechte „unter der Bodenoberfläche“ im Vordergrund der Bemühungen um eine faktische
Umsetzung von Schutzzielen bewahrender Art. Solche Fragen werden zur Zeit mit internationalen
NGOs und anderen Gebern diskutiert, um sie später in einer unter Gebern konzertierten Form auch
mit der Europäischen Kommission erörtern zu können.
Im Bereieh der Rechte des geistigen Eigentums (in Zusammenhang mit genetischen Ressourcen und
Biodiversität) befaßt sich
Österreich zur Zeit mit einer Projektidee im Rahmen einer möglichen
Kofinanzierung (z.B. mit der Global Environment Facility der Weltbank). Die Überlegungen
betreffen die Schaffung eines gesetzlichen Schutzes für geistige Eigentumsrechte an genetischem
Material und Nutzungswissen, ähnlich wie dies mit US - amerikanischer Hilfe in Costa Rica
geschehen ist. Neben der Entwicklung eines geeigneten Rechtsinstrumentariums sollten mit Hilfe
cines solchen Projekts auch die Kapazitäten des Empfängerlandes zur Erforschung des
Nutzungspotentials genetischer Ressourcen ausgebildet werden.
Zu Frage 5:
Die Umsetzung der Empfehlung der Wiener UN - Weltkonferenz über Menschenrechte betreffend die
Einrichtung eines ständigen Forums für die eingeborenen Bevölkerungen wird österreichischerseits
unterstützt. Die eingeborenen Bevölkerungen fordern die Annahme einer Deklaration der Vereinten
Nationen über ihre Rechte sowie die Errichtung eines ständigen Forums für die eingeborenen
Bevölkerungen im Rahmen des Systems der Vereinten Nationen. Die Arbeitsgruppe für eingeborene
Bevölkerungen der Minderheitenschutzkommission der Vereinten Nationen ist schon heute das
internationale Forum, wo eingeborene Bevölkerungen in ihrer Gesamtheit ihre Meinungen
präsentieren können.
Da eingeborene Bevölkerungen im Rahmen der Agenda 21 eine „major group“ darstellen, haben sie
aus entwicklungspolitischer Sicht das Recht der vollen Teilnahme an allen einschlägigen
Konferenzen des Rio - Prozesses und genießen dabei österreichischerseits volle Unterstützung.