3029/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Haupt, Mag. Stadler, Dr. Ofner und
Kollegen haben am 2. Oktober1997 unter der Nr.3015/Jan mich eine schrift-
liche parlamentarische Anfrage betreffend offiziellen Besuch in Slowenien
gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
„1. Haben Sie bei Ihren Gesprächen in Slowenien die offene Frage der
Wiedergutmachungsanspruche der enteigneten Heimatvertriebenen
angesprochen?
Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
Wenn nein, warum nicht?
2. Haben Sie die offenen Fragen der Entschädigung oder der Rückgabe des
enteigneten Vermögens der aus dem Gebiet des heutigen Siowenien ver -
triebenen Altösterreicher angesprochen?
Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
Wenn nein, warum nicht?
3. Haben Sie die offene Frage der Außerkraftsetzung der menschenrechts -
und völkerrechtswidrigen AVNOJ-Verfügungen und Gesetze, die mit einer
kollektivschuld aller Personen deutscher Volkszugehörigkeit begründet
wurden, angesprochen?
Wenn ja, welches Ergebnis konnte erzielt werden?
Wenn nein warum nicht?
4. Haben Sie die offene Frage der Anerkennung der Altösterreicher
deutscher Muttersprache in Siowenien als Volksgruppe angesprochen?
Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
Wenn nein, warum nicht?
5. Was war das Ergebnis Ihrer Gespräche betreffend das Atomkraffwerk
Krsko?
6. Was war das Ergebnis Ihrer Gespräche hinsichtlich der bevorstehenden
Beitrittsverhandlungen Sioweniens mit der EU?
7. Inwieweit haben Sie den einstimmigen Beschluß des kärntner Landtags
vom 20. März 1997, wonach Österreich einem Beitritt Soweniens zur
Europäischen Union nur dann zustimmen soll, wenn das Atomkraffwerk
Krsko in absehbarer Zeit stillgelegt wird, in Ihre Gespräche einfließen
lassen?
Wenn nicht, warum nicht?
8. Haben Sie die Lösung der offenen Fragen (Atomkraffwerk Krsko, Aner -
kennung der Altösterreicher deutscher Muttersprache als Volksgruppe,
Entschädigung bzw. Rückgabe des enteigneten Vermögens, Außerkraft -
setzung der AVNOJ-Bestimmungen) bei Ihren Gesprächen zur Bedingung
für eine allfällige Mitgliedschaft Sloweniens in der Europäischen Union
gemacht?
Wenn nein, warum nicht?
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 und 2:
Ich habe bei meinen Gesprächen auf die wiederholt bei früheren Gesprächen
auf Regierungsebene dargelegte Position hingewiesen, daß die restriktive
Natur des Denationalisierungsgesetzes einer Reihe von nunmehr österreichi -
schen Staatsbürgern Entschädigungen vorenthalte und daß auch viele an -
hängige Anspruchsverfahren überaus schleppend abgewickelt würden.
Unter Hinweis auf die in Österreich darüber herrschende große Unzufriedenheit
habe ich um eine möglichst rasche
Erledigung der anhängigen Fälle ersucht
und den Standpunkt vertreten, daß die Regelung dieser Fragen die beider -
seitigen wirtschaftlichen Beziehungen weiter verbessern könnte. Meine
Gesprächspartner verwiesen darauf, daß die siowenischen Gerichtshöfe in
besonderem Maße überlastet seien und auch die lokalen Behörden an Per -
sonalmangel litten bzw. häufig überfordert wären.
Mir wurde versichert, daß es auch seitens siowenischer Denationalisierungs -
werber viele klagen über schleppende Verfahren gebe und österreichische
Werber keinesfalls diskriminiert werden.
Zu Frage 3:
Ergänzend zu meinen Ausführungen zu den Fragen 1 und 2 ist festzuhalten,
daß von mir deutlich zum Ausdruck gebracht wurde, daß man von Slowenien
als Staat auf dem Weg nach Europa erwartet, daß gesetzlich zustehende
Rechte nicht vorenthalten werden und diskriminierende slowenische
Bestimmungen in diesem Bereich keine Anwendung mehr finden.
Zu Frage 4:
Ich habe in meinen Gesprächen mehrmals darauf hingewiesen, daß Anerken -
nung, Schutz und Förderung der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien
ein wesentliches Anliegen der österreichischen Bundesregierung ist; öster -
reichischerseits würde erwartet, daß diese Frage in den demnächst auf Re -
gierungsebene aufzunehmenden bilateralen Gesprächen im europäischen
Geist und offen diskutiert und möglichst bald einer Lösung nähergebracht wird.
Meine Gesprächspartner verwiesen auf die beiden Studien von Professor
KARNER und Professor NECAK zu dieser Frage, die in den kommenden
Wochen fertiggestellt und veröffentlicht würden. Man sei bereit, auf der Basis
dieser Studien offen in bilaterale
Gespräche einzutreten.
Zu den Fragen 5 und 7:
Ich erläuterte bei meinem Besuch das Konzept der österreichischen Bundes -
regierung betreffend ein kernkraftfreies Mitteleuropa und das starke Interesse
der österreichischen Bundesregierung, des Parlaments und einzelner Landes -
regierungen sowie die Haltung bzw. Beschlüsse einzelner Landtage an einer
vorzeitigen Stillegung der KKW in den Nachbarstaaten. Der slowenische
Ministerpräsident bekräftigte die Absicht seiner Regierung, die vorzeitige Stille -
gung des Kernkraftwerkes Krsko zu prüfen, verwies aber darauf, daß eine Ent -
scheidung erst nach Klärung mehrerer Vorfragen möglich sei. Konkret er -
wähnte er die Frage der Finanzierung alternativer Energiequellen, wo Sb -
wenien mit der Unterstützung internationaler und vor allem europäischer
Partner rechne, sowie die Frage einer diesbezüglichen Abklärung mit dem
Hälfteeigentümer Kroatien. Ich habe zur letzeren Frage angeregt, dieses Pro -
blem in der geplanten Trilateralen Österreich - Slowenien-Kroatien zur Sprache
zu bringen.
Zu Frage 6:
Ich habe das Interesse der österreichischen Bundesregierung an einer raschen
Aufnahme der Verhandlungen deponiert und die österreichische Unterstützung
im Laufe dieser Verhandlungen zugesagt. Ich kam mit meinen Gesprächspart-
nern allerdings überein, daß Aufholbedarf bei der Übernahme des Acquis
Communautaire bestünde und hielt fest, daß in einzelnen Bereichen bei den
Verhandlungen spezifische Übergangsmaßnahmen mit entsprechenden Fristen
unabdingbar seien.
Zu Frage 8:
Ein solches Junktim habe ich seitens der österreichischen Bundesregierung
abgelehnt.
Vertreter der österreichischen Bundesregierung haben bei allen während der
letzten Jahre stattgefundenen Besuche in Slowenien die von Ihnen erwähnten
Fragenkomplexe zur Sprache gebracht. Zur Frage der deutschsprachigen
Volksgruppe in Slowenien wurden einvernehmlich Studien bei den Professoren
KARNER und NECAK in Auftrag gegeben, die als Grundlage für bilaterale Ge -
spräche dienen werden. Auch die anderen Themen sind immer wieder Gegen -
stand bilateraler Erörterungen.