3124/AB XX.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3260/J-NR/97 betreffend die Anerkennung des

österreichischen Ingenieurtitels innerhalb der EU, die die Abgeordneten Helmut Haigermoser und

Kollegen am 7. November 1997 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

1. Warum wurde das Problem der Anerkennung von österreichischen Berufsausbildungs-

wegen und Berufstiteln nicht schon anläßlich der EU-Beitrittsverhandlungen gelöst?

Antwort:

Die Anerkennung der beruflichen Qualifikation der Absolventen berufsbildender Schulen (BHS,

Sonderformen der BHS, Meisterschulen, Meisterklassen, Bauhandwerkerschulen) zur Ausübung

nicht reglementierter Berufe durch die Aufnahme in den Anhang D der Richtlinien (RL)

92/51/EWG erfolgte am 20. Juli 1995, veröffentlicht im Amtsblatt Nr. L 184, RL 95/43/EWG.

Die Ausübung reglementierter Berufe in der Europäischen Union für Absolventen beruflicher

Ausbildung in Österreich wird durch die Übergangsrichtlinien aus den 60er und 70er Jahren im

industriellen und gewerblichen Bereich gewährleistet. Absolventen der BHS werden ihre beruf-

lichen Qualifikationen auch durch die Bestimmungen des Anhang C der 2. RL in den dort ange-

führten reglementierten Berufe auf dem Diplomniveau der RL 92/51/EWG anerkannt.

So wird durch den Anhang C der genannten Richtlinie einem HTL-Absolventen die Ausübung der

reglementierten Tätigkeit eines Technischen Büros in den anderen Mitgliedstaaten der Euro-

paischen Union ermöglicht, wenn er den Befähigungsnachweis flir das Gewerbe des Technischen

Büros in Österreich erbracht hat und diese Tätigkeit über einen bestimmten Zeitraum ausgeübt

hat. Somit ist die Berufsausübung flir Absolventen österreichischer beruflicher Ausbildungen in

der Europäischen Union abgesichert.

Der Titel „Ingenieur" ist nach dem Ingenieurgesetz (BGBI.Nr. 461/1990) in der genannten

Fassung eine Standesbezeichnung und kein Berufstitel.

2. Welche konkreten Schritte werden Sie setzen, um österreichische Ausbildungswege und

Schulabschlüsse sowie die damit verbundenen Berufstitel so zu gestalten, daß diese in

der EU anerkannt werden?

Antwort:

Es wurden alle notwendigen Maßnahmen gesetzt, um die Anerkennung der beruflichen

Qualifikationen von Absolventen österreichischer beruflicher Ausbildungen EU-weit zu gewähr-

leisten. Wenn Verwaltungsbehörden eines Mitgliedstaates gegen Gemeinschaft srecht verstoßen,

kann seitens des Betroffenen der Rechtsweg beschritten werden.

3. Wann ist damit zu rechnen, daß der österreichische Berufstitel „Ingenieur“ für HTL-

Absolventen mit Berufserfahrung in der EU anerkannt wird?

Antwort:

Für das Ingenieurgesetz, BGBI Nr.461/1990 in der geltenden Fassung ist der Bundesminister für

wirtschaftliche Angelegenheiten zuständig.

Bei der Bezeichnung "Ingenieur“ handelt es sich um eine Standesbezeichnung. Auch innerstaatlich

sind durch die Verleihung der Standesbezeichnung ‚"Ingenieur" keine anderen Berechtigungen als

die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung verbunden. Absolventen von HTLs haben

jedoch aufgrund ihrer schulischen und beruflichen Ausbildung - und nicht aufgrund der Berech-

tigung zur Führung der Standesbezeichnung - in der Regel in Verbindung mit einer nachweis-

lichen, facheinschlägigen Tätigkeit und allfälligen Befähigungsprüfungen gemäß Gewerbeordnung

die Möglichkeit, reglementierte Berufe auszuüben In diesen Bereich fällt zum Beispiel das

"Technische Büro". Die Ausübung dieser reglementierten Tätigkeit durch HTL-Absolventen in

anderen EU-Mitgliedstaaten wird durch die Aufnahme dieses reglementierten Berufes in den

Anhang C der RL 92/5 1/EWG gewährleistet, auch wenn in anderen Mitgliedstaaten eine post—

sekundäre oder tertiäre Ausbildung zur Ausübung dieses Berufes erforderlich ist.

Die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" erstreckt sich ausschließlich

auf das österreichische Staatsgebiet. Der Titel "Ingenieur" ist in den meisten anderen

Mitgliedstaaten der Europäischen Union in der Regel ein akademischer Grad und an eine

Hochschulausbildung/Universitätsausbildung gebunden.