313/AB
Die Abgeordneten zum Nationalrat Murauer und Kollegen haben am
14. März 1996 unter der Nr. 283/J an mich eine schriftliche
parlamentarische Anfrage betreffend Direktbelieferung von
Schulen durch landwirtschaftliche Betriebe mit Schulmilch ge-
richtet , die folgenden Wortlaut hat :
'' 1 . Wie oft hat es bisher bezüglich der Qualität der solcherart
gelieferten Schulmilch Beanstandungen durch die
Lebensmittelpolizei gegeben und aus welchen Gründen?
2 . Wieviele diesbezügliche Beanstandungen hat es bei Betrieben
gegeben, die über eine vorschriftsmäßige Anlage zur
Pasteurisierung verfügen?
3 . Finden Sie es ökologisch sinnvoll , Milch über lange
Strecken zu transportieren, wenn sie nach Meinung der
verantwortlichen Eltern hygienisch genauso einwandfrei aus
der unmittelbaren Nachbarschaft angeliefert werden kann?
4 . Wie werden die Bestimmungen der Milchhygieneverordnung
bezüglich Schulmilch, die direkt vom Bauern angeliefert
wird, in anderen EU-Ländern wie etwa Deutschland
gehandhabt?
5 . Ist die oben angeführte Auflage der Milchhygieneverordnung
EU-konform?
6 . Werden Sie die Bestimmungen der Milchhygieneverordnung der
Praxis anpassen und bis wann? ''
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt :
Einleitend ist festzuhalten , daß Milch wohl eines der
hervorragendsten Lebensmittel für die menschliche Ernährung
darstellt , das allerdings auch Risiken birgt . Krankheitserreger
können entweder bereits originär in der Milch vorhanden sein
oder durch nachträgliche Handhabung der Milch in diese einge-
bracht werden.
So waren z . B . Tuberkulose und Brucellose Erkrankungen, die zu
Beginn dieses Jahrhunderts auch durch den Verzehr von Milch
übertragen wurden. Durch die Einführung von
Tierseuchenbekämpfungsmaßnahmen und der Pasteurisierung von
Milch gehören diese Erkrankungen der Vergangenheit an.
Leider gibt es jedoch noch Krankheitserreger , die auch bei
gesunden Tieren vorkommen können und durch keine
Seuchenbekämpfungsmaßnahmen auszurotten sind , wie z . B.
Salmonellen, Campylobacter oder EHEC-Bakterien.
Alle diese Bakterien werden durch die vitaminschonende
Erhitzung einer ordnungsgemäßen Pasteurisierung vernichtet ; bei
der Thermisierung werden die meisten Krankheitserreger jedoch
nicht abgetötet .
Eine wirksame Pasteurisierung kann nur durch geeignete Geräte
erfolgen, die über die notwendigen Meß- und Steuereinrichtungen
verfügen, damit bei Fehlern in der Erhitzung sofort Maßnahmen
gesetzt werden können. Dadurch wird eine lückenlose Kontrolle
der Produkte möglich, die weitaus sicherer und effizienter als
die reine Endproduktkontrolle ist . Die stichprobenartige
Endproduktkontrolle kann daher nur ein Element zur
Sicherstellung einwandfreier Milch darstellen.
Eine '' Pasteurisierung '' am Küchenherd ist praktisch nicht mit
ausreichender hygienischer Sicherheit durchzuführen. Ein
Umrühren z . B . mit dem Kochlöffel bzw. eine Temperaturmessung
durch Einbringen eines Thermometers in den Kochtopf während der
Erhitzung sind keine geeigneten Mittel , um ausreichende
Erhitzungsbedingungen zu garantieren. Überdies besteht eine
Kontaminationsgefahr während und nach der Erhitzung in offenen
Gefäßen.
Zu den Fragen 1 und 2 :
An den Bundesanstalten für Lebensmitteluntersuchung werden
bundesweit ca. 1500 Milchproben pro Jahr untersucht . Bei den
amtlichen Probenziehungen am Bauernhof ist die Zweckbestimmung
nicht immer feststellbar und wird daher in vielen Fällen nicht
erfaßt . Es ist somit nicht möglich , die bestehenden Daten für
einen Vergleich der Beschaffenheit von pasteurisierter Schul-
milch von Molkereien und Schulmilch, die am Bauernhof erhitzt
wird , heranzuziehen.
Von den im Jahr 1994 untersuchten insgesamt 1480 Milchproben
( darunter auch Schulmilch ) wurden 116 Proben beanstandet . Davon
waren vier Proben gesundheitsschädlich und 46 Proben verdorben.
Zu Frage 3 :
Die Regelungen der Milchhygieneverordnung dienen primär dem
Schutz der Volksgesundheit . Ökologische Erwägungen werden -
soweit es mit den hygienischen Zielen vereinbar ist - berück-
sichtigt .
Die Überprüfung der hygienisch einwandfreien Beschaffenheit der
Milch und deren Transport kann nicht allein durch die optische
bzw. sensorische Beurteilung festgestellt werden. Viele Krank-
heitserreger können in der Milch vorhanden sein, ohne
sensorische Veränderungen zu bewirken. Wie in der Einleitung
ausgeführt , kann daher die gesundheitliche Unbedenklichkeit nur
bei ordnungsgemäßer Erhitzung unter Verwendung einer ent-
sprechenden Erhitzungsanlage gewährleistet werden.
Zu Frage 4 :
In Deutschland ist die Abgabe von pasteurisierter Schulmilch
durch den Landwirt nur nach Zulassung des Betriebes durch die
zuständige Behörde möglich. Die Bedingungen für eine derartige
Zulassung sehen u . a. vor , daß eine geeignete Anlage zum
Pasteurisieren von Milch verwendet wird. Dies ist dann der
Fall , wenn die Pasteurisierungsanlage typengeprüft oder einer
gleichwertigen Überprüfung unterzogen wurde. Diese Regelung
entspricht im wesentlichen den österreichischen Regelungen in
der Milchhygieneverordnung , BGBl . Nr . 897/1993 .
Zu Frage 5 :
Ja
Zu Frage 6 :
Mein Ressort arbeitet derzeit an einer Änderung der
Milchhygieneverordnung , die erleichterte Anforderungen an
Milcherhitzer ( Pasteurisierungsanlagen ) enthalten soll . Gleich
zeitig wird im Rahmen der Codexkommission ein Prüfkatalog für
Milcherhitzer erstellt , anhand dessen der hygienisch einwand-
freie Betrieb "kleiner'' Geräte überprüft werden kann. Dadurch
soll es möglich sein, auch solche Milcherhitzer in Österreich
zuzulassen, die für eine Anwendung im landwirtschaftlichen Be-
trieb nicht nur geeignet , sondern auch wirtschaftlich
vertretbar sind .