315/AB

 

 

 

Ich darf lhre, an meinen Amtsvorgänger gerichtete Anfrage wie folgt beantworten:

 

 

Zu Frage 1 :

"Sie haben in Ihrer Funktion als Verkehrsminister mit dem damaligen Finanzminister einen

"Ministerpakt" abgeschlossen. Ein derartiger "Ministerpakt" widerspricht dem

Bundesverfassungsrecht und dem Haushaltsrecht. Wie legitimieren Sie diese verfassungs-

und gesetzwidrige Vorgangsweise?"

 

 

Der gemäß § 2 (6) Bundesbahngesetz 1992 im Einvernehmen mit dem Finanzminister

 

festgelegte Investitionsvolumen für Infrastrukturinvestitionen ist weder verfassungs- noch

 

gesetzwidrig. Die Einvernehmensherstellung ist in Form einer "Vereinbarung" schrittlich

 

festgehalten worden. Die für die Umsetzung nützliche gesetzliche G rundlage ist in Form des

 

Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetzes mittlerweile geschaffen worden.

 

 

 

Zu Frage 2 :

"Angesichts des dringenden Investitionsbedarfes im Bereich der ÖBB erscheint es gefährlich

und kontraproduktiv rechtlich unhaltbare Vorgangsweisen zu wählen anstatt den korrekten

Weg, nämlich einer Beschlußfassung im Parlament auf Basis einer sachlich begründeten

Prioritätenreihung anzustreben. Wie begegnen Sie im Detail den in der Begründung

angeführten 10 Argumenten, die eindrucksvoll die Verfassungs- und Rechtswidrigkeit

belegen? (Bitte auf alle 10 Punkte detailiert einzugehen)."

Da die im Motiventeil der Anfrage aufgelisteten 10 Punkte allesamt von fälschlichen

Annahmen hinsichtlich des Rechtscharakters der kritisierten Absichtserklärung ausgehen,

erlaube ich mir dazu folgendes festzuhalten:

 

Mein Amtsvorgänger BM Klima und der damalige Finanzmintster haben keineswegs eine

Vereinbarung getroffen, mit der zur Finanzierung von ÖBB-lnfrastrukturvorhaben 60Mrd.

Schilling mit einer Bundesgarantie aufgebracht werden sollen. Vielmehr wurde am 11.

Dezember 1995 zwischen dem damaligen Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und

Verkehr sowie dem damaligen Bundesminister für Finanzen eine Vereinbarung

abgeschlossen, wonach dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr für

Investitionen in die Schieneninfrastruktur der Österreichischen Bundesbahnen, der

Hochleistungsstrecken AG, der Brennereisenbahn-Gesellschaft und der Privatbahnen in den

Jahren 1996 bis 2000 ein jährlicher Rabmen von 12 Mrd öS zur Verfügung stehen solI.

Damit wurde § 2 (6) Bundesbahngesetz 1992 entsprochen.

 

Der mehrjährige Rahmen wurde erst nach Vorliegen eines Erfahrungszeitraumes mit dem

BBG 92 festgelegt.

 

Wie die gesamte staatliche Verwaltung dürfen auch die Mitglieder der Bundesregierung

Vollzugsakte nur gesetzeskonform setzen. Da dieser Vereinbarung keine grundsätzliche

unmittelbare Gesetzeskraft zukommt, ist sie immer im Kontext mit den einschlägigen

Haushaltsvorschriften des Bundes zu sehen, die nur aufgrund und im Rahmen bestehender

Gesetze vollzogen werden können. Die für die Umsetzung dieser Absichtserklärung

erforderlichen gesetzlichen Grundlagen existieren teilweise bzw. werden derzeit vorbereitet,

wobei insbesondere auf das Schieneninfrastruktur-Finanzierungsgesetz (SCHlG) zu

verweisen ist, dessen Entwurf der Ministerrat bereits zugestimmt hat und das auch bereits im

Parlament behandelt und beschlossen wurde.

Es besteht kein Zweifel, daß aufgrund gesetzlicher Vorgaben abgeschlossene Verein-

barungen, wie die getroffene, keineswegs die gesetzlichen Grundlagen selbst ersetzen

können. Das stand aber auch nie zur Diskussion.

 

Auch können Vereinbarungen wie die getroffene keineswegs die gesetzliche Grundlage in

Form eines Bundesfinanzgesetzes (oder des künftigen Schieneninfrastruktur-

Finanzierungsgesetzes) ersetzen. Dies war auch in keiner Weise beabsichtigt.

 

Auch eine Berücksichtigung im Budgetprogramm der Bundesregierung ( §. 12

Bundeshaushaltsgesetz) ist daher nicht erforderlich, weshalb auch keine Verletzung dieser

Gesetzesbestirnmung vorliegt.

 

Was die Aufbringung der Mittel betrifft, so stehen mehrere Möglichkeiten offen. Es sind

Mittelzuführungen aus dem Bundes-Budget genauso denkbar wie die bloße Gewährung von

Bundeshaftungen für die durch die begünstigte Gesellschaft aufzunehmenden Kredite oder

Modelle des Private-Public-Partnership. Wesentliche Einnahmequelle wird jedoch das

Benutzungsentgelt der Eisenbahnen (nicht nur der ÖBB) sein. In Zukunft ist jedoch auch mit

verstärkten Einnahmen aus der Vermarktung von Zugtrassen zu rechnen, da auch im Bereich

des Verkehrsträgers Schiene der Wettbewerb zunehmen wird.

 

Derzeit wurden jedoch keine Haftungsübernahmen ausgesprochen, ich kann daher nur

nochmals betonen, daß somit auch keine Verletzung des § 66 Bundeshaushaltsgesetz

vorliegen kann, der die Übernahme solcher Haftungen regelt.

 

Die angesprochene Vereinbarung widerspricht auch keineswegs den Bestimmungen des

ÖBB-Gesetzes, das die Festlegung eines "Mehrjährigen Rahmens für Mittel der

 

Eisenbahninfrast.ruktur" im Einvernehmen zwischen dem Bundesminister für Finanzen und

 

dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr zwingend vorsieht. Die

 

zusätzliche Möglichkeit zum Abschluß von Vereinbarungen mit den Schienen-

 

Verkehrsunternehmen über den Ausbau der Schieneninfrastruktur ergänzt inhaltlich die

 

vorangegangene Vereinbarung und kann diese keinesfalls ersetzen, zumal auch HL-Gesetz

 

und BEG-Gesetz die Kostentragungspflicht des Bundes normieren und die Schienen-

 

infrastruktur nicht nur aus den ÖBB besteht.

 

 

Was die Frage einer sinnvollen Prioritätenreihung anlangt, darf ich lhnen mitteilen, daß mit

 

den in diesem Rahmen festgelegten Mitteln die ersten 5 Jahre der in der Beilage zu den

 

Erläuterungen zum Artikel 94 des Strukturanpassungsgesetzes 1996 genannten Vorhaben

 

finanziert werden, insbesondere die im EU-Beitrittsvertrag genannten Hochleistungsstrecken

 

und alle Strecken, für die Vereinbarungen vorliegen (inkl. Nahverkehrsverträge).

 

 

 

Zu Frage 3 :

"Welche Konsequenz hätte eine andere Prioritätensetzung des Parlamentes bei der

Beschlußfassung über den künftigen Bundeshaushalt?

lst der "Ministerpakt" dann in die Kategorie der leeren Wahlversprechen oder der

untauglichen Versuche einzureihen?

Befürchten Sie nicht, daß Unternehmungen im Vertrauen auf die Gültigkeit des

"Ministerpaktes" Planungs- und Vorarbeiten leisten und allenfalls einen Vertrauensschaden

erleiden könnten?

Wie werden sie allfälligen Schadenersatzansprüchen von Wirtschaftsunternehmungen

begegnen?

Sind Sie der Auffassung, daß eine derartige Vorgangsweise geeignet ist, ein gutes

Kooperationsklima mit dem Parlament, insbesondere auch mit den Oppositionsfraktionen zu

erreichen?

Sind Sie gewillt, eine rechtsstaatlich korrekte Vorgangsweise zu wählen um gemeinsam mit

dem Parlament die erforderlichen Mittel für den dringend notwendigen lnvestitionsschub bei

der Bahn freizubekommen?

Wenn ja, sind Sie bereit die im einzelnen geplanten Vorhaben im Detail mit dem Parlament

zu diskutieren (Prioritätenreihung) und alle erforderlichen lnformationen bereitzustellen.

Wenn nein, wie rechtfertigen Sie die Gefährdung einer sinnvollen Investitionspolitik bei den

ÖBB?

Über den Rechtscharakter der kritisierten Absichtserklärung habe ich bereits hinreichend

Aufklärung gegeben. In Ermangelung der behaupteten rechtsverbindlichen Außenwirkung

der getroffenen Absichtserklärung können auch keine Schadenersatzansprüche von

Unternehmen entstehen, wenn diese - was sehr unwahrscheinlich ist - bereits Planungs- und

Vorarbeiten geleistet haben sollten. Da die zur Umsetzung der Absichtserklärung

erforderlichen gesetzlichen Grundlagen dem normalen parlamentarischen Weg der

Gesetzgebung unterworfen sind, ist es zu keinem verfassungs- und gesetzwidrigen Vorgehen

gekommen und daher auch keine Erschwerung der Kooperation mit dem Parlament zu

erwarten.