3188/AB XX.GP

 

Auf die - aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie

beigeschlossene - schriftliche Anfrage der Abgeordneten

Ing. Langthaler, Freundinnen und Freunde vom 30. Oktober 1997,

Nr. 3177/J, betreffend Berger-Deponie und Strukturmängel der

Wasserpolizei, beehre ich mich nach Befassung des Amtes der

Niederösterreichischen Landesregierung folgendes mitzuteilen:

Bevor ich auf Ihre Fragen näher eingehe, darf ich folgendes

ausführen:

Vorerst ist festzuhalten, daß es in der Anfragestellung -

insbesondere in der Einleitung und bei der Frage la - zu Ver-

wechslungen zwischen der „Hausmülldeponie“ Helene Berger und der

„Aluschlackendeponie“ Helene Berger gekommen ist. Die von Ihnen

zitierte Anfragebeantwortung aus dem Jahre 1991, Nr. 1001/J, bezog

sich auf die Aluschlackendeponie. Da der Anfragetext offensicht-

lich die Räumung der Hausmülldeponie zum Inhalt hat, wurde die

gegenständliche Anfrage in diesem Sinne interpretiert. Im übrigen

treffen die Vorwürfe über ein rechtswidriges Nichtstun der Wasser-

rechtsbehörde vor Ort oder einer Verschleppung der Sanierung nicht

zu (siehe untenstehende Beantwortung).

Zu Ihren Fragen im einzelnen:

Zu den Fragen 1a) bis 1c:

Die aus mehreren Komponenten bestehenden Untersuchungen an der

Berger-Deponie erstreckten sich insgesamt über mehrere Wochen und

Monate. Hiezu wurde das gesamte Grundwasserbeobachtungsnetz neu

hergestellt, wurden geoelektrische und geomagnetische Messungen

vorgenommen, und versucht( die Lage des örtlichen Grundwasser-

stauers zu erkunden. Daneben wurden die vorhandenen Luftbilder vom

betroffenen Gebiet durch das Umweltbundesamt ausgewertet.

Der Bericht des mit der Koordinierung beauftragten Zivilingenieur-

büros über die Erkundung der Verdachtsfläche lag im Juli 1991 der

zuständigen wasserrechtsbehörde 1. Instanz vor. Aus den durchge-

führten Erkundungen ging hervor, daß die Anlage tiefer als 12 m

(= Maximaltiefe des Projektes) unter Geländeoberkante (GOK) herge-

stellt wurde. Die tatsächliche Deponiesohle lag zwischen 5 und 8 m

unter dem konsentierten Maß, d.h. zwischen 17 und 20 m unter GOK.

Im Zuge dieses Ermittlungsverfahrens wurden konsenslose Ablagerun-

gen festgestellt, die mit dem übrigen Abfall vermischt waren (z.B.

pastenförmige Druckfarben, Schlämme aus einer Papierfabrik, Spuck-

stoffe aus der Papierproduktion, Asche aus Industriebetrieben

etc.). Im Zuge des Vollstreckungsverfahrens wurden weiters

Alu-Schlacken, Fässer mit diversen pastösen Abfällen und zum Teil

auch Lösungsmittel etc. festgestellt. Da die Bewilligung Ablage-

rungen bis maximal 12 m unter GOK erlaubte, wurden alle darunter

abgelagerten Abfälle ohne Konsens abgelagert.

Nach Auskunft der Bezirkshauptmannschaft Wr. Neustadt wurden im

Zusammenhang mit den Berger-Deponien in den Jahren 1989 bis 1991

vier Strafverfahren nach dem WRG 1959 eingeleitet. Da die Akten

über diese Verwaltungsstrafverfahren bereits skartiert (ver-

nichtet) wurden, können über diese Verfahren keine Auskünfte

gegeben werden.

Zu den Fragen 1d) bis 1g):

Im Hinblick auf das (nach damaliger Rechtslage noch mögliche)

Erlöschen des Wasserrechtes wurde von der wasserrechtsbehörde das

Erlöschungsverfahren eingeleitet. Das Ermittlungsverfahren zur

Festlegung von letztmaligen Vorkehrungen gemäß § 29 WRG 1959 wurde

auch auf die Klärung der Frage ausgerichtet, bis in welche Tiefe

der Müll tatsächlich abgelagert worden war. Die dabei gewonnenen

Erkenntnisse führten zu einem wasserpolizeilichen Räumungsauftrag

nach § 138 WRG 1959, der in 1. Instanz am 4. Dezember 1991 vorlag.

Die Räumung der Müllablagerungsstätte wurde in Abschnitten mit

jeweils gesonderten Räumungsfristen angeordnet. Entgegen der

Behauptung im Anfragetext machte die wasserrechtsbehörde von § 64

Abs 2 AVG Gebrauch und sprach einer allfälligen Berufung die

aufschiebende Wirkung wegen Gefahr im Verzug ab.

Gegen den Räumungsauftrag wurde von Frau Helene Berger und der

Helene Berger Ges.m.b.H. Berufung erhoben. Mit Bescheid des

Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 10. April

1992 wurde die Berufung der Helene Berger Ges.m.b.H. zurückge-

wiesen und mit Bescheid vom 13. April 1992 die Berufung von Frau

Helene Berger als unbegründet abgewiesen. Der Berufung gegen die

Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde nicht stattgegeben,

eine Änderung der Räumungsfristen wurde nicht vorgenommen. Die

Räumung des 1. Abschnittes hätte daher spätestens am 1. Jänner

1992 beginnen sollen. Mit der Zustellung des Berufungsbescheides

wurde der Räumungsauftrag rechtskräftig. Eine Beschwerde beim

Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof wurde nicht erhoben.

Mit Schreiben vom 14. Oktober 1992 wurde die Vollstreckungsbehörde

um Durchführung des Vollstreckungsverfahrens ersucht. Aufgrund der

Größenordnung der zu vergebenden Aufträge waren im Vollstreckungs-

verfahren sämtliche Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes einzu-

halten. Das "so viele Jahre dauernde Kontrollverfahren" resultiert

letztlich auch aus der Einhaltung der rechtsstaatlichen Prin-

zipien.

Zu Frage 2a)

Die Verfahrensdauer ist zum einen abhängig von der anzuwendenden

Rechtsgrundlage, zum anderen ist die Verfahrensdauer abhängig vom

Erhebungsaufwand, den Parteien (Rechtsmittel) und daher indivi-

duell verschieden. Häufig schöpfen Verpflichtete alle Rechtsmittel

aus, wodurch sich die Verfahren in die Länge ziehen.

Zu Frage 2b):

Mit der Deponie-Verordnung, BGBl.Nr. 164/1996, und der WRG-Novelle

Deponien, BGBl.I Nr. 59/1997, wurden richtungsweisende Standards

betreffend die Ausstattung, Betriebsweise und Kontrolle von De-

ponien geschaffen. Seit 1. Jänner 1997 gibt die Deponieverordnung

für Neudeponien einen verbindlichen Stand der Technik vor, der

sich nicht nur auf das Bauwerk Deponie, sondern auch auf die

Qualität der eingebrachten Abfälle bezieht. Dadurch sollen

zukünftige Altlasten vermieden werden. Bestehende Deponien werden

mittels gesetzlicher Termine, zu denen bestimmte Anforderungen

erfüllt sein müssen, schrittweise an den Stand der Technik der

obzitierten Deponieverordnung herangeführt. Flankierend dazu wurde

auch die Deponieaufsicht in § 120a WRG 1959 neu geregelt. Die

Pflichten der Deponieaufsicht ergeben sich insbesondere aus § 32

Deponie-Verordnung, wonach das Deponieaufsichtsorgan u. a. regel-

mäßige Überprüfungen der abgelagerten Anfälle (inkl. Probenahmen

und Analysen) zu veranlassen hat.

Zu Frage 2c):

Die Entscheidung darüber, welche Vollzugsmaßnahmen als Zweck-

aufwand vom Bund zu tragen sind, liegt beim Bundesminister für

Finanzen, der auch für die Vollziehung des Finanzausgleichs-

gesetzes zuständig ist.

Zu Frage 2d):

Das Altlastensanierungsgesetz sollte dem Reparaturprinzip, das für

die Sicherung und Sanierung gelten muß, besser Rechnung tragen als

bisher. Damit könnte die Altlastensanierung ökologisch und ökono-

misch effizienter gestaltet werden.

Zu Frage 3a:

Durch die zitierte Judikatur wurden diese strengen Anforderungen

an Weisungen entwickelt und dargelegt. Der Judikatur des OGH wird

Rechnung getragen werden. Bei Nichtbefolgung von Weisungen wird

wie bisher nach verfassungsrechtlichen Grundsätzen vorgegangen

werden.

Zu Frage 3b):

Zu dieser Frage darf auf die Richtlinien des Bundesministeriums

für Finanzen für die Behandlung von Schadensfällen im Bereich der

Bundesverwaltung verwiesen werden.

Zu Frage 4a:

Der Entwurf des Bundesministeriums für Justiz über ein Umwelthaf-

tungsgesetz wurde umfassend diskutiert, wobei die vorgeschlagene

Deckungsvorsorge vom Bundesministerium für Land- und Forstwirt-

schaft grundsätzlich begrüßt wurde. Die Haltung des Bundesministe-

riums für Land— und Forstwirtschaft beinhaltet weiters, daß die

Deckungsvorsorge nach dem Umwelthaftungsgesetz mit der behörd-

lichen Sicherstellung nach dem WRG 1959 abzustimmen ist. Schließ-

lich wurde auch vom Bundesministerium für Land- und Forstwirt-

schaft die Ansicht vertreten, die bereits begonnenen Arbeiten der

Europäischen Gemeinschaft zu einem einheitlichen Umwelthaftungs-

recht abzuwarten, da offen war, wie dieses ausgestaltet sein

werde.

Zu Frage 4b):

Die Sicherstellung für Deponien wurde mit der WRG-Novelle 1990

eingeführt. Sie kann durch eine ausreichende Haftungserklärung

einer Gebietskörperschaft oder eines Wasser- oder Abfallverbandes

ersetzt werden. Meist wird sie in Form einer Bankgarantie gelei-

stet. Zur Höhe der Sicherstellung gibt es auf Bundesebene derzeit

keine Normen oder Richtlinien. Die Festsetzung der Höhe erfolgt

nach Kriterien der Landesbehörden, wobei meist ein fixer Satz je

nach Abfallart oder Deponietyp pro m3 berechnet wird.

Die Sicherstellung kann zur Erfüllung der mit der Bewilligung

verbundenen Auflagen und Verpflichtungen, insbesondere für die

ordnungsgemäße Erhaltung und Auflassung der Deponie, einschließ-

lich der Nachsorge, herangezogen werden (z. B. wenn ein Deponie-

betreiber seinen Auflagen nicht nachkommt). Die Inanspruchnahme

durch die Behörde richtet sich nach Privatrecht, z.B. nach der

jeweiligen Ausgestaltung der Bankgarantie. Über konkrete Fälle von

Inanspruchnahme liegen dem Bundesministerium für Land- und Forst-

wirtschaft derzeit keine Informationen vor.

Mit der WRG-Novelle Deponien (1997) wurde im § 31b Abs 7 WRG 1959

dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft eine Verordnungs-

ermächtigung zur Regelung und Vereinheitlichung der Sicherstellung

erteilt. Die Inanspruchnahme dieser Verordnungsermächtigung ist

ein vorrangiges Vorhaben. Darin sollen auch europäische Vor-

schriften Eingang finden.