3193/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Pollet-Kammerlander, Freundinnen und
Freunde haben am 30. Oktober 1997 unter der Nr. 3179/J an mich eine schriftliche
parlamentarische Anfrage betreffend EU-Ratspräsidentschaft Österreichs im Jahr
1998 gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
,,1a. Welche organisatorischen Vorbereitungen wurden seitens Ihres Ressorts
bereits für die österreichische EU-Ratspräsidentschaft getroffen?
1b. Welche organisatorischen Vorbereitungen werden noch für die österreichische
EU—Ratspräsidentschaft getroffen? Wann erfolgen diese?
1c. Welche zusätzlichen Budgetmittel werden für die Zeit der österreichischen
Ratspräsidentschaft zur Verfügung stehen (zB für den Einsatz zusätzlicher
Beamter)?
2a. In welcher Form erfolgte bereits eine Kooperation mit den Ländern der soge-
nannten ,,Troika“, Großbritannien und Deutschland (in organisatorischer Hin-
sicht, in inhaltlicher Hinsicht)?
2b. In welcher Form ist eine solche Kooperation geplant (in organisatorischer Hin-
sicht, in inhaltlicher Hinsicht)?
3. Liegt seitens Ihres Ressorts ein Gesamtkonzept für die organisatorische und
inhaltliche Durchführung der EU-Ratspräsidentschaft vor?
4. Welche inhaltlichen Schwerpunkte Ihr Ressort betreffend wird Österreich im
Rahmen der Ratspräsidentschaft setzen?
4a. In welcher Form erfolgte eine Abstimmung der inhaltlichen Schwerpunkte mit
den anderen EU-Ländern, insbesondere mit den Ländern der sog. ,,Troika“,
Großbritannien und Deutschland?
5. Welche konkreten inhaltlichen Vorstöße Ihr Ressort betreffend wird Österreich
im EU-Rat während seiner Ratspräsidentschaft unternehmen?
5a. In welcher Form erfolgte eine Abstimmung der inhaltlichen Vorstöße mit den
anderen EU-Ländern insbesondere mit den Ländern der sog. ,,Troika“, Großbri-
tannien und Deutschland?
6. In welcher Form wird die „Machtstellung“, die ein EU-Land während der Rats-
präsidentschaft innehat, seitens Ihres Ressorts genutzt werden (z.B. Beein-
flussung der Tagesordnung der Ratssitzungen o.ä) und für welche inhaltlichen
Vorstöße (siehe oben) ist dies vorgesehen?
7. Zur Präsentation nach außen: Nach welchen inhaltlichen Leitbildern Ihr Ressort
betreffend soll sich Österreich während der österreichischen EU-Präsident-
schaft im zweiten Halbjahr 1998 präsentieren?
7a. Welche konkreten Projekte sind dafür geplant?
7b. Wer ist für Konzeption und Koordination verantwortlich?
7c. Welche finanziellen Mittel sind dafür vorgesehen?“
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zur Anfrage allgemein möchte ich anmerken, daß ich, um Wiederholungen zu ver-
meiden, auf die einleitenden Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers zu der an ihn
gerichteten Anfrage Nr. 3178/J verweise.
Zu den Fragen 1c.7c:
Für die von mir während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft geplanten
Veranstaltungen im Frauenbereich und im Bereich Verbraucherschutz — für deren
organisatorische wie inhaltliche Vorbereitung - werden zusätzliche Budgetmittel in
der Höhe von insgesamt S 4.l00.000,benötigt.
Zu den Fragen 1a.1b. 2a. 2b sowie 6:
Zu diesen Fragen verweise ich auf die Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers zu
der an ihn gerichteten Anfrage Nr. 3178/J.
Zu den Fragen 3. 4. 5. 7. 7a und 7b:
Inhaltlicher Schwerpunkt im Bereich Frauenangelegenheiten wird das Thema
„Chancengleichheit und Beschäftigung“ sein.
Vor dem Hintergrund der allgemeinen Arbeitsmarktlage und deren besonderen Aus-
wirkungen auf Frauen wird die Frage der Beschäftigung ein zentrales Thema der
EU-Ratspräsidentschaft Österreichs sein. Beschäftigungspolitische Zielsetzungen
müssen im Sinne des übergreifenden Ziels von Chancengleichheit zwischen Frauen
und Männern adaptiert werden. Dazu muß unter anderem die Qualifikation von
Frauen meßbar erhöht werden. Ein besonderes Augenmerk ist auf Chancengleich
heitsprogramme und Frauenförderung zu legen. Insbesondere sind Maßnahmen zur
Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu setzen, wie die Bereitstellung von genügend
Kinderbetreuungs und Pflegeeinrichtungen. Die Schaffung flexibler Arbeitszeitmo-
delle und Maßnahmen, die die Teilung der Versorgungsarbeit ermöglichen, sind zu
diskutieren und Strategien zu erarbeiten.
Aus frauenpolitischer Sicht ist es von besonderer Bedeutung, daß die Gleichberech-
tigung im europäischen Vertragswerk von nun an stärker verankert ist. Die Gleichbe-
handlung von Frauen und Männern ist in die Zielbestimmung des Art. 2 und 3 EUV
aufgenommen worden, in Art. 119 EGV wurden die Bestimmungen über die Gleich-
behandlung von Frauen und Männern verstärkt. Die Möglichkeit von positiven na-
tionalen Maßnahmen zur Frauenförderung wurde vertraglich abgesichert. Vor
diesem Hintergrund werde ich während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft
besonders das Anliegen der Frauenförderung forcieren.
Ich plane zu diesem Themenbereich ein ExpertInnensymposion, das sich mit der
„Betrieblichen Frauenförderung im Binnenmarkt“ in politischer, rechtlicher wie prakti-
scher Sicht auseinandersetzen wird.
Im Bereich „Chancengleichheit und Beschäftigung“ wird vor allem den Fragestellun-
gen eingehend nachgegangen werden, welche Ziele mit der Beschäftigungspolitik
unter dem Aspekt der Chancengleichheit verfolgt werden, welche Faktoren für die
Erwerbsbeteiligung und Arbeitslosigkeit von Frauen bestimmend sind sowie welche
Auswirkungen konkrete Beschäftigungsstrategien auf die Chancengleichheit von
Frauen und Männern haben. Die Darstellung ausgewählter beschäftigungspolitischer
Konzepte und arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen einzelner Mitgliedstaaten zur Er-
höhung der Frauenbeschäftigung soll bereits erfolgreiche Umsetzungsmöglichkeiten
aufzeigen.
Neben dem Schwerpunkt „Chancengleichheit und Beschäftigung“ wird ein weiterer
inhaltlicher Themenschwerpunkt der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft in
meinem Kompetenzbereich „Frauen und neue Technologien“ sein.
Der verstärkte Einsatz neuer Technologien wird als notwendige Voraussetzung für
wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit gesehen. Traditionelle Arbeitsorganisationen,
die Gestaltung der Arbeitsplätze, die
Qualifikation der ArbeitnehmerInnen stehen
unter einem enormen Veränderungsdruck. Vor diesem Hintergrund und den faktisch
bestehenden Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern sind Frauen besonders
gefordert, bei diesen Entwicklungen selbst mitzugestalten und mitzuentscheiden, um
letztlich partizipieren zu können.
Die Veränderung der Berufsstruktur durch die Ausweitung des Dienstleistungssek-
tors bringt neue, zukunftsorientierte Berufe mit sich. Diese neuen Berufe stellen
wichtige Optionen für Frauen dar. Die Voraussetzungen, die Frauen das ,,Eindringen"
in zukunftsorientierte Branchen und innovative Nischen am Arbeitsmarkt ermögli-
chen sollen, werden eingehend diskutiert und Strategien entwickelt werden. Unver-
meidlich wird auch in diesem Zusammenhang sein, die Auflösung geschlechtshie-
rarchischer Arbeitsorganisationen und geschlechtsspezifischer Berufsrollen zu be-
treiben.
Weiters ist mir - vor allem auch im Lichte des Menschenrechtsjahres 1998 - die
Achtung der Menschenrechte, die Achtung der Frauenrechte, ein besonderes An-
liegen.
Gewalt gegen Frauen und Kinder ist nach wie vor ein großes gesellschaftliches Pro-
blem. Österreich hat in den letzten Jahren immer wieder große Anstrengungen un-
ternommen, um dieser Tatsache wirksam zu begegnen. Diese Maßnahmen sollen in
Vorbereitung der EU-Ratspräsidentschaft insbesondere im Bereich Frauenhandel
verstärkt werden.
Im Bereich Verbraucherschutz wurden die inhaltlichen Schwerpunkte für 1998 vor-
bereitet, wobei die Abhängigkeit vom Voranschreiten der Arbeiten unter den vorher-
gehenden Präsidentschaften zu beachten ist. Weiters wurden Kontakte zu jenen
Mitgliedstaaten aufgenommen, die vor bzw. nach Österreich die Präsidentschaft
innehaben (Großbritannien und Deutschland), um deren Schwerpunkte zu disku-
tieren und auf Übereinstimmungen bzw.
Differenzen zu überprüfen.
Mit der Europäischen Kommission (GD XXIV) wurden im Herbst Gespräche im Hin
blick darauf geführt, welche Aktivitäten für das kommende Jahr noch in Aussicht
genommen sind und wie die Entwicklung in bezug auf bereits in Verhandlung ste-
hende Vorschläge einzuschätzen ist. Bei dieser Gelegenheit wurde auch der Kontakt
zum Ratssekretariat hergestellt, um die weiteren Schritte der Vorbereitung zu bera-
ten.
Einer der inhaltlichen Schwerpunkte, die von österreichischer Seite gesetzt werden
ist der Bereich der Versicherungsvermittler, in dem die Europäische Kommission
derzeit Vorschläge vorbereitet. Weiters wird versucht werden, auf die notwendigen
flankierenden Maßnahmen zur Einführung des Euro hinzuweisen. Schließlich wird
Österreich versuchen, Verbesserungen im Zusammenhang mit Gebrauchsanleitun-
gen zu erreichen.
Im übrigen verweise ich auch zu diesen Fragen auf die Ausführungen des Herrn
Bundeskanzlers zu den Fragen 3, 4, 5 und 7 der an ihn gerichteten Anfrage
Nr. 3178/J.