3196/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten Pollet-Kammerlander, Freundinnen und Freunde haben am 31.Oktober

1997 an mich unter der Nr 3190/J eine schriftliche Anfrage betreffend EU-Ratspräsidentschaft

Österreichs im Jahr 1998 gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:

,,1a) Welche organisatorischen Vorbereitungen wurden seitens Ihres Ressorts bereits für die

österreichische EU-Ratspräsidentschaft getroffen?

1b) Welche organisatorischen Vorbereitungen werden noch flir die österreichische EU-

Ratspräsidentschaft getroffen? Wann erfolgen diese?

1c) Welche zusätzlichen Budgetmittel werden für die Zeit der österreichischen

Ratspräsidentschaft zur Verfügung stehen (zB. für den Einsatz zusätzlicher Beamter)?

2a) In welcher Form erfolgte bereits eine Kooperation mit den Ländern der sog. ,,TROIKA",

Großbritannien und Deutschland (in organisatorischer Hinsicht, in inhaltlicher Hinsicht)?

2b) In welcher Form ist eine solche Kooperation geplant (in organisatorischer Hinsicht, in

inhaltlicher Hinsicht)?

3) Liegt seitens Ihres Ressorts ein Gesamtkonzept für die organisatorische und inhaltliche

Durchführung der Ratspräsidentschaft vor?

4) Welche inhaltlichen Schwerpunkte Ihr Ressort betreffend wird Österreich im Rahmen der

Ratspräsidentschaft setzen?

4a) In welcher Form erfolgte eine Abstimmung der inhaltlichen Schwerpunkte mit den anderen

EU-Ländern, insbesondere mit den Ländern der sog. „TROIKA“ Großbritannien und

Deutschland?

5) Welche konkreten inhaltlichen Vorstöße Ihr Ressort betreffend wird Österreich im EU-Rat

während seiner Ratspräsidentschaft unternehmen?

5a) In welcher Form erfolgte eine Abstimmung der inhaltlichen Vorstöße mit den anderen EU-

Ländern, insbesondere mit den Ländern der sog. 1TROTKA‘ Großbritannien und Deutschland?

6) In welcher Form wird die Machtstellung, die ein EU-Land während der Ratspräsidentschaft

innehat, seitens Ihres Ressorts genutzt werden (z.B. Beeinflussung der Tagesordnung der

Ratssitzungen o.ä.) und für welche inhaltlichen Vorstöße (siehe oben) ist dies vorgesehen7

7) Zur Präsentation nach außen: Nach welchen inhaltlichen Leitbildern Ihr Ressort betreffend

soll sich Österreich während der österreichischen EU-Präsidentschaft im zweiten Halbjahr

präsentieren?

7a) Welche konkreten Projekte sind dafür geplant?

7b) Wer ist für Konzeption und Koordination verantwortlich?

7c) Welche finanziellen Mitteln sind dafür vorgesehen?

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu den Fragen 1a und 1b:

Die organisatorischen Vorbereitungen für die EU-Präsidentschaft 1998 betreffen sowohl

strukturelle und personelle Maßnahmen als auch arbeitstechnische Vorkehrungen.

Im Zusammenhang mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union wurde zur

Bewältigung der neuen Aufgaben für das Bundesministerium für Inneres eine eigene

Organisationseinheit eingerichtet. Der Abteilung für EU- und Schengen-Koordination

(Abteilung III/17) kommen in organisatorischer und inhaltlicher Hinsicht die Aufgaben der

Koordinierung und der Organisation sowie der zusammenfassenden Behandlung und der

Sektions übergreifenden Planung und Entwicklung sämtlicher Angelegenheiten im Bereich der

Europäischen Union und des Schengener Vertragswerkes zu.

Weiters wurden jene Delegierten, die während der österreichischen Präsidentschaft entweder

den Vorsitz in einer Ratsarbeitsgruppe innehaben oder als Delegationsmitglied an Sitzungen

teilnehmen werden, in Seminaren der Verwaltungsakademie bzw. der Diplomatischen

Akademie speziell für die EU-Präsidentschaft ausgebildet. Das Trainingsprogramm umfaßte die

Erarbeitung genauer Kenntnisse der formalen und geschäftsordnungsmäßigen Abläufe in einer

Ratsarbeitsgruppe, eine generelle Unterrichtung in EU-spezifischer Verhandlungstechnik sowie

die Vertiefung der Fremdsprachenkenntnisse.

Entsprechend den Bestimmungen des Vertrages über die Europäische Union wird die

Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres organisatorisch und inhaltlich von einem

eigenen Gremium (K 4-Ausschuß) koordiniert. In Wahrnehmung der Vertretung in diesen

Gremien ist das Bundesministerium für Inneres nicht nur für die ressortinterne Koordinierung

sondern darüber hinaus für den gesamten Bereich der 3. Säule zuständig. Hier sind für die

Vorbereitung und die Durchführung der EU-Ratspräsidentschaft insbesondere folgende —

ressortübergreifende — Maßnahmen erforderlich:

— Veranstaltung eines wöchentlichen Jour-Fixe,

— Entwicklung eines Masterplans;

— Erstellung des Tagungskalenders.

Als außerordentlich nützlich hat sich erwiesen, während der Vorbereitungsphase und während

der Präsidentschaftsorganisation regelmäßig - d.h. einmal pro Woche - ein Jour-Fixe mit den

Vorsitzenden der Arbeitsgruppen zu veranstalten. Diese Sitzungen dienen dem vertikalen und

horizontalen Informationsfluß sowie der raschen Abklärung aller Fragen technischer und

inhaltlicher Natur.

Wesentlich für die Präsidentschaftsorganisation ist die Erstellung eines Gesamtkonzeptes für

die organisatorische und inhaltliche Durchführung. Dieser "Masterplan" ist zur Zeit in

Vorbereitung und wird u.a. folgende Schwerpunkte umfassen: einen Raster zur Gestaltung von

Ratsdokumenten, eine Liste der Vorsitzenden und Delegationsmitglieder sowie der Sekretäre,

die inhaltlichen Schwerpunkte und Zielsetzungen der einzelnen RAG, Daten zur Organisation

von Veranstaltungen in Österreich sowie Angaben zur EDV-Ausstattung und zur Art der

Medienbetreuung. Darüber hinaus hat er die inhaltlichen Schwerpunkte mit zeitlichen

Vorgaben und personellen Verantwortlichkeiten zu enthalten.

Zur Sicherstellung der Umsetzung der inhaltlichen Schwerpunkte muß der Stand der Arbeiten

in den RAG regelmäßig mit den Zeitvorgaben des Masterplans verglichen werden.

Ferner wurde bereits ein detaillierter Kalenderentwurf für die RAG-Sitzungen erstellt, der mit

dem Schengen-Kalender Deutschlands und den Feiertagen in Brüssel sowie mit sonstigen

Terminen innerhalb und außerhalb Österreichs abgestimmt ist.

Zu Frage 1c.

Neben den angeführten Sachausgaben für die EU-Präsidentschaft in Höhe von insgesamt 10

Mio. 5 sind im BVA 1998 bei Kapitel II ,,INNERES" auch Personalausgaben in Höhe von 85

Mio. S für die sicherheitspolizeilichen Belange, wie Personen—, Objekt- und

Veranstaltungsschutz, veranschlagt, und zwar bei nachstehenden \‚A—Ansätzen

1/11000 ,,BMI; Personalausgaben" 2 Mio. S

1/11300 „Bundespolizei; Personalausgaben" 56 Mio. S

1/11400 „Bundesgendarmerie, Personalausgaben“ 27 Mio. S

Zu Frage 2a:

Die Schengen- Vorsitzführung hat gezeigt, daß eine Präsidentschaft nur dann Aussicht auf ein

erfolgreiches Ergebnis hat, wenn mit den übrigen Mitgliedstaaten intensive Kontakte sowohl

auf formeller als auch auf informeller Ebene gepflogen werden. Aus diesem Grund wurde

schon frühzeitig auf Minister- und auf hoher Beamtenebene mit den britischen Amtskollegen

Kontakt aufgenommen und diese nach Wien eingeladen, um einerseits gemeinsame Ziele

abzustecken und um andererseits Doppelarbeit und Mehrgleisigkeiten zu vermeiden. Während

dieser fruchtbaren Gespräche wurde punktuell auf die einzelnen Schwerpunkte beider

Präsidentschaften ausführlich eingegangen und diesbezüglich Positionen abgeklärt und

mögliche Strategien entwickelt. Von wesentlicher Bedeutung waren Fragen betreffend die

Auswirkungen des Vertrages von Amsterdam in institutioneller und inhaltlicher Hinsicht sowie

die zukünftige Gestaltung der Arbeiten des Rates „Justiz und Inneres“.

Bezüglich Deutschland ist darauf hinzuweisen, daß Deutschland erst mit Beginn der

Präsidentschaft Österreichs zur Troika zählt sobald Deutschland eine erste Analyse über seine

Zielsetzungen für die EU - Präsidentschaft abgeschlossen hat, soll gleichartig wie mit den

britischen Kollegen vorgegangen werden.

Zu Frage 2b:

Anläßlich einer Unterredung auf mit dem britischen Home Secretary Straw kamen die Minister

überein, einen Verbindungsbeamten für das jeweilige Vorsitzhalbjahr in der EU auszutauschen.

Ein österreichischer Beamter wird während des ersten Halbjahres 1998 in London in der

zuständigen Fachabteilung seinen Dienst versehen und im Gegenzug wird ein britischer

Beamter im zweiten Halbjahr der Abteilung für EU Koordination zugeteilt. Einerseits gewinnt

der österr Verbindungsbeamte damit nützliche Erfahrungen in organisatorischer Hinsicht,

gleichzeitig kann damit das österr. Team während seiner Präsidentschaft durch einen weiteren

Experten verstärkt werden. Inhaltlich kann durch die Auslandszuteilung erreicht werden, daß

der österreichische Verbindungsbeamte von Anfang an bei jenen Projekten mitwirkt, die

voraussichtlich in der österreichischen EU-Präsidentschaft fortgesetzt bzw. zum Abschluß

gebracht werden müssen.

Zu Frage 3:

Ja.

Zu Frage 4 und 5:

Im Bereich Justiz und Inneres müssen die Aktivitäten des Rates intensiviert werden, um das

Binnenmarktprinzip vollständig realisieren zu können. Der Organisierten Kriminalität darf

keine Gelegenheit gegeben werden, die Freizügigkeit von Personen zum Zwecke des Drogen-

und Menschenhandels sowie der Prostitution zu untergraben. Das BMI wird deshalb den

Vorsitz nützen, aktuellen Bedrohungen durch die Organisierte Kriminalität, insbesondere im

Bereich Drogen- und Menschenhandel entschiedener und wirksamer entgegen zu treten. Bei

allen Maßnahmen zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität sind aber auch die

Mechanismen der freien Wirtschaft und die Grundrechte zu berücksichtigen sowie auf das

legitime Interesse der Öffentlichkeit auf Rechtssicherheit Bedacht zu nehmen.

Besonderes Augenmerk wird darauf gelegt werden, daß parallele Bemühungen zur

Bekämpfung der Organisierten Kriminalität in anderen internationalen Gremien (Europarat, P-

8, UNO) mit den Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union koordiniert werden, damit

vorhandene Ressourcen und Know-How optimal eingesetzt werden können.

Ein weiteres Ziel in diesem Zusammenhang stellt die Operationalisierung des Europäischen

Polizeiamts (EUROPOL) dar. Dem österreichischen Vorsitz wird die Aufgabe zukommen, die

letzten Voraussetzungen für die Tätigkeitsaufnahme des Europäischen Polizeiamts in

rechtlicher, budgetärer Lind personeller Hinsicht zu schaffen und seine Aktivitäten zu starten

Ferner ist auf den durch die Hochrangige Gruppe erarbeiteten Aktionsplan hinzuweisen, der

15 politische Leitlinien und 30 konkrete Empfehlungen zur Bekämpfung der organisierten

Kriminalität umfaßt. Die Empfehlungen des detaillierten Aktionsplanes haben die Zielsetzung,

die politischen Leitlinien in konkrete operative Vorhaben umzusetzen, wobei bei jeder

einzelnen Empfehlung sowohl die Zuständigkeit für die zu treffende Maßnahmen als auch eine

Frist für ihre Umsetzung festgelegt wurde.

Schließlich ist geplant, eine europäische Expertenkonferenz zum Thema

,,Wirtschaftskriminalität“ zu veranstalten.

Der Vertrag von Amsterdam sieht unter anderem die Eingliederung des Schengener

Vertragswerkes in den Rahmen der Europäischen Union vor. Es werden daher Fragen im

Hinblick auf die Übernahme des Schengen Besitzstandes sowie die Zuordnung des

Besitzstandes zur Ersten bzw. zur Dritten Säule zu klären sein. In diesem Zusammenhang ist

auch beabsichtigt, das Schengener Generalsekretariat sowie die Integration des Schengener

Informationssystems unter österr. Vorsitz abzuschließen.

In Ansehung der Agenda 2000/Osterweiterung wird das BMI spezielle Seminare und

Tagungen insbesondere im Außengrenz- und Migrationsbereich mit den MOE-Staaten

durchführen, um diesen Staaten sowohl den derzeitigen Acquis der Europäischen Union in den

Bereichen der Ersten und Dritten Säule als auch den zu übernehmenden Schengen Besitzstand

nahezubringen Darüber hinaus befaßt sich ein eigener Rat für Justiz und Inneres am

24. September 1998 mit diesen Staaten. Dabei soll eine neue Arbeitsmethode in der

Kooperation entwickelt werden.

Im dritter wichtiger Schwerpunkt des Ressorts wird sein, ein neues gesamteuropäisches

Solidaritätsbewußtsein betreffend die Aufnahme von Flüchtlingen und die Verteilung der

Lasten bei Massenfluchtereignissen zu schaffen. Seit fünf Jahren gehen die Arbeiten an der

Entwicklung einer Regelung nur sehr schleppend voran, da keine der letzten Präsidentschaften

großes Engagement in dieses zentrale Thema europäischer Migrationspolitik gesetzt hat.

Durch den durch den Amsterdamer Vertrag neu geschaffenen Titel IV des EGV „Visa, Asyl,

Einwanderung und andere Politiken betreffend den freien Personenverkehr" werden

Bestimmungen des Außengrenzkontroll- und Migrationsbereiches von der Dritten Säule in die

Erste übergeführt. Es werden die notwendigen Vorarbeiten zu leisten sein, damit innerhalb der

vorgesehenen Fünf-Jahres-Frist nach Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages die

notwendigen Rechtsakte erlassen werden können.

Eine wesentliche Voraussetzung für eine gemeinsame Politik im Bereich der Einwanderung,

die auch die Mitnahme des Rechtstatutes von einem Mitgliedstaat in einen anderen ermöglicht,

ist eine gemeinsame europäische Politik zur Bekämpfung illegaler Migration. Während der

österreichischen EU-Präsidentschaft ist daher in enger Kooperation mit den anderen

zuständigen Ressorts und Organisationen. geplant, eine europäische Expertenkonferenz zu

diesem Thema, an der neben staatlichen Vertretern auch NGO‘s sowie universitäre

Einrichtungen teilnehmen werden, abzuhalten.

Zu Frage 4a.

Die Auswahl der oben dargestellten Schwerpunkte erfolgte unter Berücksichtigung der

Ergebnisse der in Frage 2a aufgelisteten Gespräche mit Großbritannien. Da Deutschland erst

mit Beginn der zweiten Hälfte 1998 zur TROIKA gehören wird, und zumal es vorwiegend im

Interesse Deutschlands liegt, seine Zielsetzungen mit den österreichischen Vorhaben

abzustimmen, ist insoferne derzeit noch kaum auf Vorbereitungen in Deutschland Rücksicht zu

nehmen und die erste Kontaktaufnahme durch Deutschland abzuwarten.

Zu Frage 5a.

Allgemein darf hier auf die gute Zusammenarbeit mit Deutschland, Italien und Frankreich

verwiesen werden. Eine besonders gute Kooperation besteht auch mit den Nordstaaten und

den Niederlanden. Ferner sollen im Bereich der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit

die Erfahrungen und Kontakte zu Nutze gemacht werden, die durch die vertrauensbildenden

Maßnahmen gewonnen wurden, welche im Zuge der Schengen-Vorsitzführung, eingeleitet

wurden.

Zu Frage 6:

Aus der Schengen-Vorsitzführung wurde als wesentliche Erfahrung mitgenommen, daß der

Vorsitz keine Machtstellung besitzt, aber seine Leit- und Koordinierungsfunktionen ausnützen

kann. In dieser Eigenschaft wird der Vorsitz auch die Erstellung der Tagesordnung nicht

,,beeinflussen" sondern allein verantwortlich gestalten.

Zu den Fragen 7 und 7a bis 7c:

Die Präsentation nach außen fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich des Innenressorts.