3205/AB XX.GP
Auf die - aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigeschlossene - schriftliche
parlamentarische Anfrage Nr. 3340/J der Abgeordneten Ing. Mag. Erich L. Schreiner und
Genossen vom 14. November 1997, betreffend Vergabe von Spielbankenkonzessionen,
beehre ich mich folgendes mitzuteilen:
Einleitend möchte ich festhalten, daß das Glücksspielgesetz (GSpG) - unter wesentlichen
ordnungspolitischen Zielsetzungen - dem Bund den bestmöglichen Abgabenertrag sichern
soll. Es ist keine vorrangige Aufgabe der Regelungen des GSpG, die Interessen der
Glücksspielkonzessionäre zu verfolgen. Ein den ordnungspolitischen Interessen
entsprechender Betrieb von Spielbanken setzt aber für die Konzessionsinhaber wirtschaftliche
Rahmenbedingungen voraus, die die notwendigen Investitionen sowie jenen Aufwand, der für
die Verfolgung von Spielerschutzinteressen unabdingbar ist, ermöglichen sollen.
Zu 1.:
Eine Spielbankenkonzession ist einem Unternehmen, das alle Mindesterfordernisse gemäß
§ 21 Abs. 2 GSpG erfüllt, dann zu erteilen, wenn aufgrund der Umstände zu erwarten ist, daß
dieses Unternehmen den besten Spielbankenabgabenertrag erzielt. Die befristete Vergabe
von sechs Spielbankenkonzessionen bis zum 31. Dezember 2012 ändert nichts daran, daß
weiterhin jeder geeignete, insbesondere zuverlässige Konzessionswerber, aus eigener Kraft
zum 31. Dezember 2006 eine Spielbankenkonzession erlangen kann. Zu diesem Zeitpunkt
laufen nämlich sechs der zwölf im GSpG vorgesehenen Spielbankenkonzessionen aus.
Zu 2.:
Die Casinos Austria AG als Konzessionär für die Spielbanken in den Gemeinden Bregenz,
Graz, Innsbruck, Linz, Salzburg und Wien plant umfangreiche Investitionsvorhaben an diesen
Standorten. Diese Investitionen stellen die
Basis für eine unter bestmöglicher Beachtung des
Spielerschutzes erfolgende Sicherung des Geschäftsvolumens und somit der
Abgabenerträge dar. Um diese Investitionsvorhaben in einer kaufmännisch vertretbaren Form
durchführen zu können, ist ein entsprechend langer Amortisationszeitraum für den
Konzessionär erforderlich. Dementsprechend waren die umfangreichen Investitionen nur
unter der Voraussetzung einer Neuerteilung der Konzessionen für die genannten Spielbanken
in der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer möglich.
Zu 3.:
Es ist nicht richtig, daß die oben genannten Gemeinden jene sind, in denen die Casinos
Austria AG den größten Gewinn erwirtschaftet. Vielmehr werden teilweise in Spielbanken, für
die keine neue Konzession erteilt wurde (Baden, Velden), höhere Einnahmen erzielt.
Zu 4.:
Die Casinos Austria AG hat jährlich Spielbankenabgaben laut nachstehender tabellarischer
Übersicht (Durchschnittswerte für die Jahre 1994 bis 1996) entrichtet:
Durchschnittliche Spielbankabgabe 1994—96 in Schilling
Wien 303.292.825,76
Baden 151.883.533,32
Bregenz 142.459.239,73
Linz 100.240.977,81
Velden 98.587.307,15
Graz 95.641.024,79
Salzburg 93.129.801,55
Innsbruck 91.783.073,51
Seefeld 64.506.404,53
Kleinwalsertal 22.828.211,32
Kitzbühel 10.890.317,02
Badgastein 3.309.487,73
1.178.552.204,22
Zu 5.:
Nach herrschender Rechtsansicht ist eine Ausschreibung von Spielbankenkonzessionen im
GSpG nicht vorgesehen. Dies wird auch von der Finanzprokuratur bestätigt. Die Frage, wie
im Falle des Auftretens mehrerer geeigneter Konzessionswerber für eine
Spielbankenkonzession vorzugehen ist, ist im § 21 Abs. 5 GSpG abschließend geregelt.
Demnach ist die Konzession gemäß § 21 Abs. 5 GSpG in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Ziffer 5
leg.cit. an jenen Konzessionswerber zu vergeben, der aufgrund der Umstände (insbesondere
Erfahrungen, Kenntnisse und Eigenmittel) erwarten läßt, daß er unter Beachtung der
Vorschriften des GSpG über den Schutz der Spielteilnehmer für die Gebietskörperschaften
den besten Spielbankabgabenertrag erzielt.
Außerdem wäre das Ausschreiben einer Spielbankenkonzession auch insofern nicht möglich
gewesen, als der Spielbankenkonzessionär Casinos Austria AG die betreffenden ihm bis
31. Dezember 2006 erteilten Spielbankenkonzessionen unter der Bedingung zurückgelegt
hat, daß ihm diese neuerlich erteilt werden. Die bedingt zurückgelegten
Spielbankenkonzessionen konnten also bloß antragsgemäß entweder der Casinos Austria
AG oder überhaupt nicht erteilt werden, weil sie anderenfalls ohnedies bei der Casinos
Austria AG bis 31. Dezember 2006 verblieben wären. Die Erteilung der betreffenden, bedingt
zurückgelegten Konzessionen an andere Konzessionswerber als die Casinos Austria AG
selbst wäre daher rechtlich nicht zulässig gewesen.
Zu 6.:
Die Vergabe von Konzessionen nach den Bestimmungen des GSpG fällt nicht in den
Anwendungsbereich des Bundesvergabegesetzes (BVergG). Der sachliche Geltungsbereich
des BVergG ist im ersten Hauptstück geregelt. Die von diesem Gesetz erfaßten Auftragsarten
finden sich im ersten Abschnitt dieses Hauptstückes. Demnach gilt dieses Bundesgesetz für
Lieferaufträge (§ 1 leg.cit.), Bauaufträge und Baukonzessionsaufträge (§ 2 leg.cit.) sowie
Dienstleistungsaufträge (§ 3 leg.cit.).
Die Vergabe von Konzessionen nach dem GSpG ist somit nicht von den Bestimmungen des
BVergG erfaßt, wobei zu ergänzen ist, daß sich das BVergG ausschließlich auf Vorgänge der
Privatwirtschaftsverwaltung erstreckt, nicht jedoch auf solche der Hoheitsverwaltung, unter
welche die Vergabe von Konzessionen nach dem GSpG zweifelsfrei zu subsumieren ist.
Zu 7.:
Die österreichische Rechtslage ist aus der Sicht des Bundesministeriums für Finanzen
insbesondere auch aus nachstehenden
Gründen EU-konform:
a) Entgegen der Auffassung der anfragenden Abgeordneten können auch andere geeignete
Unternehmen eine Spielbankenkonzession erlangen. Ich verweise hiezu auf die Antwort zu
Frage 1.
b) Die eingeschränkte Vergabe von Spielbankenkonzessionen verstößt nicht gegen die
Niederlassungsfreiheit (Art 52 if EGV). Sie ist unterschiedslos auf inländische und
ausländische Antragsteller anzuwenden. Die unterschiedslose Einschränkung der
Niederlassungsfreiheit entspricht dem EGV: Jeder, der sich auf Dauer in einem
Mitgliedstaat niederlassen möchte, hat alle im Niederlassungsstaat geltenden
Einzelvorschriften zu erfüllen (EuGH Rs 0-76/90 Säger/Dennemayer; SIg 1991,14221).
Die Einschränkung der materiell verstandenen Dienstleistungsfreiheit gemäß Art 59 if EGV
(vergleichbar einer weit verstandenen Niederlassungsfreiheit) ist zum Schutz der
Verbraucher vor den sozialschädlichen Folgen des Glücksspieles gerechtfertigt (EuGH Rs
0-275/92 Schindler, SIg 1994,1-1039).
c) Der derzeit alleinige Spielbankenkonzessionär Casinos Austria AG ist ein privates
Unternehmen. Seine marktbeherrschende Stellung widerspricht nicht per se dem EU-
Wettbewerbsrecht (EuGH Rs 6172, Continental Can, Slg 1973,1-257). Die
marktbeherrschende Stellung der Casinos Austria AG wäre nur dann unzulässig, wenn ihr
ein machtmißbräuchliches Verhalten im Sinne des Art 85 EGV vorgeworfen werden
könnte, was jedoch nicht der Fall ist.
d) Sogar ein öffentliches Dienstleistungsmonopol - das infolge des privatrechtlichen
Charakters der Casinos Austria AG nicht gegeben ist - wird vom EuGH in all seinen
Entscheidungen grundsätzlich als zulässig erachtet (EuGH Rs 0-323193 Orespelle, 1-5077;
EuGH Rs C-220191 Corbeau, SIg 1993,1-2533; EuGH Rs 0-179/90 Porto Genova, SIg
1991,1-5889; EuGH Rs C-260/89 ERT, SIg 1991,1-2925; EuGH Rs C-155173 Sacchi, SIg
1974,1409). Ein öffentliches Dienstleistungsmonopol wäre nur dann unzulässig, wenn
Gesetzesbestimmungen bzw. behördliche Vorgaben ein EU-wettbewerbswidriges
Verhalten im Sinne der Art 85 f EGV anordnen, begünstigen oder unvermeidbar machen
würde. Eine solche Anordnung ist weder dem GSpG noch sonstigen Anordnungen des
Bundesministeriums für Finanzen zu entnehmen.
e) Der Spielbankenbetrieb hat für die Verwirklichung des Binnenmarktes keine Bedeutung.
Die Casinos Austria AG ist daher auch nicht in der Lage, .... den Handel zwischen
Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen (Art
86 EGV)".
Aufgrund der geringen Bedeutung des Glücksspielwesens für die Verwirklichung des
Binnenmarktes einerseits und der besonderen Sensibilität des Glücksspielbereiches
(EuGH Rs C-275/92 Schindler, Sig 1994, I-1039) andererseits hat die Kommission die
Liberalisierung des Glücksspielwesens für nicht geboten erachtet. Im Rahmen ihres
Ermessens hat sie auch keine Veranlassung gesehen, gegenüber „de facto-Monopolen“
im Glücksspielbereich tätig zu werden (schriftliche Antwort auf die Anfrage von Musumeci,
ABI C 217/24 vom 26.7.1996; EuGH I. Instanz T-32l93, Ladbroke Racing, SIg 1994,11-
1015).
f) Diese Zurückhaltung der Kommission im Glücksspielbereich wird durch die neueste EuGH-
Judikatur zu ,,de facto-Monopolen" in sensiblen Bereichen bestärkt: Der EuGH hat das
Bestehen sogar eines (nach Art 37 EGV grundsätzlich verbotenen)
Einzelhandelsmonopols für alkoholische Getränke in Schweden aus Gründen des
Schutzes der menschlichen Gesundheit für zulässig erachtet (EUGH 23.10.1997, Rs
C-1 89/95 Franzén, noch nicht veröffentlicht). Erst recht wäre zum Schutz der Verbraucher
ein - im Gegensatz zu einem Einzelhandelsmonopol grundsätzlich zulässiges - öffentliches
Dienstleistungsmonopol gerechtfertigt.