3218/AB XX.GP

 

Die Abgeordnete Dr. Martina Gredler, Partnerinnen und Partner, haben am 5. November

1997 unter Nr.3199/J-NR/1997 an mich eine schriftliche Anfrage gerichtet, welche den

folgenden Wortlaut hat:

1. Aus welchem Grund wurde bisher noch keine inhaltliche Konzeption für die Gestaltung

des EU-Vorsitzes Österreichs schriftlich vorgelegt, geschweige denn dem Parlament

zugeleitet?

2. Soll die von der EU-Kommission vorgeschlagene ,,Agenda 2000“ für eine stärkere und

erweiterte Union umgesetzt werden? Wenn ja, wie? Wenn nein, wie lautet Ihr Alterna-

tivkonzept?

3. Wie soll die EU-Regional- und Agrarförderung nach Auslaufen der derzeitigen Pro-

gramme im Rahmen der Struktur- und Kohäsionsfonds im Jahre 1999 gestaltet wer-

den?

4. Auch der EU-Budgetplan läuft 1999 aus. Wie soll aus Ihrer Sicht die EU danach finan-

ziert werden? Sind Sie schon in Verhandlungen für eine gemeinsame Position mit an-

deren Ländern?

5. Welche Vorschläge werden Sie für die Verhandlungen mit den von der EU-Kommission

akzeptierten Beitrittswerber vorlegen? In welchen Bereichen (Binnenmarkt. Landwirt-

schaft, Umweltstandards. Sozialstandards, Arbeitsmarkt, Personenfreizügigkeit) werden

Sie welchen Ländern welche übergangsfristen vorschlagen?

6. Welchen Finanzierungsrahmen stellen Sie sich für die Osterweiterung vor?

7. Welche Ideen werden Sie einbringen, um europaweit Vertrauen in die neu zu schaffen-

de Währung zu schaffen?

8. Welche Vorschläge werden Sie in Zusammenhang mit der Umsetzung der Währungs-

union zur Gründung der Europäischen Zentralbank machen?

9. Nach dem Scheitern der Institutionsreform im Rahmen des Vertrages von Amsterdam

wird ein neuer Anlauf zur Neustrukturierung der Macht- und Aufgabenverteilung zwi-

schen EK, ER und EP notwendig sein, um die Osterweiterung zu ermöglichen. Weiche

Vorschläge werden Sie dazu einbringen?

10.Wenn Sie vor die Alternative gestellt werden: werden Sie sich eher dafür einsetzen,

das Stimmgewicht Österreichs im Rat oder das österreichische Kommissionsmitglied zu

erhalten?

11.Welche konkreten Initiativen werden Sie für das zweite Halbjahr 1998 setzen, um mehr

Beschäftigung in der EU zu schaffen?

12.Welchen Beitrag werden Sie dazu einbringen, die Steuerharmonisierung in Europa

voranzutreiben, was ein wesentlicher Beitrag zur Schaffung neuer Jobs wäre? Wie

sieht Ihre Position im speziellen zu einer Harmonisierung der Unternehmensbesteue-

rung (besonders Beseitigung von Doppelbesteuerungen bei grenzüberschreitender

Wirtschaftstätigkeit) und zu einem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem aus?

1 3.Welche Position beziehen Sie zur Einführung bzw. Harmonisierung von europaweiten

Energiesteuern und einer ökologischen Steuerreform? Werden Sie sich für die Einfüh-

rung einer C02-Steuer einsetzen? Wenn nein, warum nicht?

14.Die Übergangsfristen für höhere österreichische Umweltstandards in einigen Bereichen

werden auslaufen bzw. einer Überprüfung unterzogen werden. Was werden Sie tun,

damit diese in ganz Europa eingeführt werden können bzw. Umweltstandards harmoni-

siert werden? Welche Vorschläge werden Sie im speziellen für ein europaweites Um-

welthaftungsrecht machen?

15.lm zweiten Halbjahr 1998 wird wahrscheinlich über die finanzielle Mittelausstattung des

5. Rahmenprogramms „Forschung und technologische Entwicklung“ eine Entscheidung

zu treffen sein. Welche Aufstockung der Mittel können Sie sich vorstellen bzw. welche

veränderte Prioritätensetzung verlangen Sie?

16.Werden auch die europäischen Bildungs- und Mobilitätsprogramme (Leonardo,

Socrates) auslaufen. Welche Vorschläge werden Sie zu deren Neugestaltung einbrin-

gen, insbesondere betreffend das berufsbildende Schulwesen und die Kooperation

zwischen Bildung und Wirtschaft?

17.Welche Verbesserungsvorschläge in Richtung größerer Effizienz und einfacher Hand-

habung werden Sie im Bereich des EU-Wettbewerbsrechts einbringen?

18.Welche Initiativen planen Sie 1998 zum Schutz des geistigen Eigentums?

19.Welche Vorschläge werden Sie für die Zukunft der Westeuropäischen Union einbrin-

gen. Soll sie der Angelpunkt der künftigen europäischen Sicherheits- und Verteidi-

gungsidentität werden? Wenn nein, warum nicht?

20.Soll Österreich spätestens anläßlich der Übernahme des EU-Vorsitzes der WEU als

verteidigungspolitischem Arm der EU beitreten, um wenigstens zu diesem Zeitpunkt in

allen sicherheits- und verteidiungspolitischen Fragen ein vollständiges Mitbestim-

mungsrecht zu erlangen. Wenn nein, warum nicht?

21 Welchen konkreten Niederschlag sollen die von Ihnen und Staatssekretärin Ferrero-

Waldner angekündigten Initiativen im Bereich der Menschenrechte finden?

22.Wie soll die zukünftige europäische Entwicklungspolitik (Stichwort: Lomé V-

Abkommen) aussehen?

23.Im Vertrag von Amsterdam wurden zwar grundsätzlich einige Schritte zur Harmonisie-

rung der Zuwanderungs- und Asylpolitik sowie der Kriminalitätsbekämpfung gesetzt, die

konkrete Umsetzung liegt jedoch bei den Mitgliedsstaaten? Welche Vorschläge werden

sie machen, damit die Harmonisierung in diesem Bereich zwar vorangetrieben, jedoch

keine „Festung Europa“ geschaffen wird?

24.Die justizielle Zusammenarbeit ist einer der noch am wenigsten vergemeinschafteten

Bereiche der EU. Welche Ideen werden Sie bezüglich eines Ausbaues der Zusammen-

arbeit der Justiz- und Polizeibehörden, der erweiterten Amtshilfe und der Anerkennung

von Gerichts- und Verwaltungsentscheidungen einbringen, ohne den Datenschutz

weiter zu beeinträchtigen?

25.Welche(s) der oben angeführten Themenbereiche wird den Schwerpunkt des EU-

Vorsitzes Österreichs bilden und warum?

Ich beehre mich diese Anfrage wie folgt zu beantworten:

Allgemeine Einleitung

Österreich wird am 1. Juli 1998 als erstes der neuen EU-Mitglieder Finnland, Österreich

und Schweden die Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union übernehmen. Gemäß

Artikel 146 des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) wird

der Vorsitz im Rat von den Mitgliedstaaten nacheinander für je sechs Monate wahrge-

nommen. Die geltende Reihenfolge der Präsidentschaften wurde durch den Beschluß des

Rates vom 1. Jänner 1995 festgelegt.

Mit der Funktion des Ratsvorsitzes sind spezifische Aufgaben und Anforderungen verbun-

den, wie sie im Vertrag über die Europäische Union (EUV) und im EGV festgehalten sind:

— Gemäß Artikel 147 EGV hat die Präsidentschaft insbesondere die Aufgabe, den Rat

— einzuberufen Als Präsidentschaft wird Österreich auf allen Ebenen des Rates der Uni-

on und in den vorbereitenden Gremien den Vorsitz führen: beim Europäischen Rat der

Staats- und Regierungschefs, bei über 40 Ministertreffen, bei den wöchentlichen Ta-

gungen des Ausschusses der Ständigen Vertreter sowie in 1300 bis 1500 Ratsarbeits-

gruppensitzungen.

- Gemäß Artikel J.5 EUV kommen der Präsidentschaft im Bereich der Gemeinsamen

Außen- und Sicherheitspolitik folgende Aufgaben zu: die Vertretung der Union in An-

gelegenheiten der GASP, die Durchführung der gemeinsamen Aktionen sowie die

Darlegung der Standpunkte der Union in internationalen Organisationen und auf inter-

nationalen Konferenzen.

— Zugleich ist die Präsidentschaft der zentrale Ansprechpartner für Staaten außerhalb der

EU, was in der hohen Anzahl von Begegnungen mit den Partnern der Union

(,,Drittstaatsverpflichtungen“) zum Ausdruck kommt.

— Nach Artikel K.6 EUV ist die Präsidentschaft im Bereich der Zusammenarbeit in den

Bereichen Justiz und Inneres für die regelmäßige Unterrichtung des Europäischen

Parlaments sowie die Anhörung des Europäischen Parlaments zu den wichtigsten

Aspekten der Tätigkeit in den Bereichen des Titels VI EUV verantwortlich.

— Getreu dem Grundsatz: der Einheitlichkeit des Vorsitzes ist die Präsidentschaftsfunktion

in allen Tätigkeitsbereichen der Union (gemeinschaftlicher Bereich, GASP und Justiz

und Inneres) sowie auf allen Ebenen (von der Ratsarbeitsgruppe bis zum Rat) auszu-

üben.

Inhaltlich liegt die Aufgabe der EU-Präsidentschaft im weiteren Sinn im Management der

„Europäischen Agenda" und der Gestaltung des Arbeitsprogramms und im engeren Sinn

im Erarbeiten bzw. Ermöglichen von Ratsentscheidungen.

Der Ratsvorsitz ist seiner Natur nach zu Unparteilichkeit verpflichtet. Nur so ist gewährlei-

stet, daß er bei den Beratungen eine Vermittlerrolle, die Rolle eines ehrlichen Maklers

übernimmt. Ziel des Vorsitzes ist es, durch Vermittlungsbemühungen und Kompromißsu-

che die anstehenden Dossiers zur Entscheidungsreife zu bringen und Lösungen vorzu-

schlagen, die für die erforderliche Mehrheit der Mitgliedstaaten tragbar sind.

Im Grunde handelt es sich bei der Präsidentschaft um eine Dienstleistung, die im Gesam-

tinteresse der Union erbracht wird. Keinesfalls ist die Vorsitzfunktion dafür geeignet, na-

tionale Prioritäten und Wünsche durchzusetzen. Die nationale Position wird von einer von

der Präsidentschaft getrennten Delegation vertreten, wobei während der Präsidentschaft

nationale Interessen tendenziell in den Hintergrund treten.

Unparteilichkeit bedeutet jedoch keineswegs, daß nicht gewisse Schwerpunkte gesetzt

werden können. Diese liegen naturgemäß im Rahmen der vorgegebenen "Europäischen

Agenda“ und ihre Auswahl orientiert sich am Gesamtinteresse der Union. Einzelne

Schwerpunkte können sich aber auch vom aktuellem Tagesgeschehen herleiten. Generell

gilt: Je professioneller das Management einer Präsidentschaft, desto größer ihr Spielraum

für Schwerpunktsetzungen.

Zu den einzelnen Fragen

Zu Frage 1:

Die inhaltlichen Vorbereitungen für die österreichische Präsidentschaft sind Anfang 1997

angelaufen und auf gutem Weg. Eine frühzeitige Präsentation des endgültigen Tätigkeits-

programms wäre jedoch aus mehreren Gründen weder üblich noch angebracht: Zum ei-

nen ist zur Zeit nur bedingt absehbar, welche Agenden Österreich vom vorangehenden

britischen Ratsvorsitz übernehmen wird, und in welchem Entscheidungsstadium sich die-

se befinden werden - das heißt, wie weit diese Agenden während Österreichs Präsident-

schaft zum Abschluß gebracht werden können. Zum anderen müßte jede Präsentation

des österreichischen Programms vor dem Europäischen Rat in Cardiff im Juni 1998, also

vor Abschluß der amtierenden britischen Ratspräsidentschaft, von dieser mißverstanden

werden. Aus den angeführten Gründen wird Österreich sich an die Gepflogenheiten in der

Union halten und sein Programm zu Beginn seiner Präsidentschaft vorstellen.

Zu Frage 2:

Das von der Kommission vorgelegte Reformpapier ,,Agenda 2000“ enthält Vorschläge, wie

die Union nach Meinung der Kommission umgestaltet werden sollte, um sie fit für die

nächsten Jahre und die kommende Erweiterung zu halten. Über die einzelnen Punkte

entscheidet aber der Rat, d.h. alle 15 Mitgliedstaaten. Wie weit die ,,Agenda 2000“ umge-

setzt werden wird, wie weit ihre Ziele und Vorgaben für die Union sinnvoll sind, wird noch

intensiver Beratungen und Verhandlungen der Mitgliedstaaten bedürfen.

Die ,,Agenda 2000“ ist somit Diskussionsgrundlage im laufenden Reformprozeß; zur De-

batte stehen Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik, der Strukturpolitik sowie des Fi-

nanzrahmens („Santer I Paket“).

Grundsätzlich enthält die Agenda aus österreichischer Sicht sehr wertvolle Ansätze, auch

wenn der Kommission nicht in allen Punkten gefolgt werden kann. Österreich plädiert ins-

besondere dafür, daß die inneren Reformen vor dem Beitritt neuer Mitglieder abgeschlos-

sen werden. Dies wurde auch durch den Europäischen Rat in Luxemburg bekräftigt, der

feststellte, „daß vor der Erweiterung sichergestellt sein muß, daß sich die Union dieser

Herausforderung unter bestmöglichen Voraussetzungen stellen kann, indem sie ihre Poli-

tiken und deren Finanzierung in der für notwendig erachteten Weise anpaßt“.

Den Zielsetzungen der Kommission in den Fragen der Reform der Gemeinsamen Agrar-

politik und Strukturpolitik kann Österreich im wesentlichen zustimmen.

Was die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) betrifft, so besteht aus österreichischer Sicht ein

Reformbedarf. Die europäische Landwirtschaft muß als Wirtschaftsbereich multifunktional,

nachhaltig und wettbewerbsfähig sein und sich über den gesamten europäischen Raum

einschließlich der benachteiligten Gebiete und der Berggebiete verteilen. Sie muß in der

Lage sein, die Landschaft zu pflegen, die Naturräume zu erhalten, einen wesentlichen

Beitrag zur Vitalität des ländlichen Raumes zu leisten und den Anliegen und Anforderun-

gen der Verbraucher in Bezug auf die Qualität und die Sicherheit der Lebensmittel, den

Umweltschutz und den Tierschutz gerecht zu werden. Hierbei wird insbesondere auch auf

die Kohärenz zwischen dem Voranschreiten der internen Reformen im Agrarbereich und

der Vorbereitung der Position der Union im Hinblick auf die bevorstehenden WTO-

Verhandlungen zu achten sein.

Im Bereich der Strukturpolitik akzeptiert Österreich die Notwendigkeit fortgesetzter An-

strengungen zur Sicherung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts der Union,

die durch die bevorstehende Erweiterung um Länder mit einem wesentlich niedrigeren

wirtschaftlichen Entwicklungsniveau noch an Bedeutung gewinnen wird. Die in der

,,Agenda 2000“ dazu enthaltenen Empfehlungen decken sich zum Teil mit den österreichi-

schen Vorstellungen, insbesondere was die Konzentration der Ziele, die Reduktion der

Initiativen sowie die angestrebte Vereinfachung betrifft. Die österreichische Bundesregie-

rung tritt weiters dafür ein, daß kein Ausgabeziel, sondern vielmehr ein Plafonds der

Strukturausgaben festgelegt werden sollte. Dieser Plafonds sollte jedoch nicht an die

Entwicklung des BIP gekoppelt, sondern als absoluter Betrag festgeschrieben werden.

Im Hinblick auf den neuen Finanzrahmen 2000-2006 betont Österreich, daß auch die Ko-

sten der Erweiterung im Rahmen der bestehenden Eigenmittelobergrenze von 1,27 %

des BIP der Union bewältigt werden müssen. Noch vor den ersten Beitritten müssen da-

her substantielle Reformen in den verschiedenen Politikbereichen1 eine strikte Limitierung

der Ausgabenentwicklung und eine gerechte Lastenverteilung unter den heutigen Mit-

gliedstaaten gesichert sein.

Die in der Agenda 2000 enthaltenen Vorschläge der Kommission sind somit eine gute Ar-

beitsgrundlage für die Fortsetzung der Verhandlungen in den kommenden Monaten. Es

wäre allerdings verfrüht, schon in diesem Stadium der Diskussion die möglichen Umset-

zungsmodalitäten des Gesamtpakets im Detail zu erörtern.

Zu Frage 3:

Nach dem derzeitigen Diskussionsstand muß dem Prinzip der Haushaltsdisziplin auch in

Zukunft zentrale Bedeutung zukommen. Dies ist im besonderen Interesse Österreichs

aufgrund seiner Position als Nettozahler. Der österreichische Nettobeitrag beläuft sich in

den Jahren bis 1999 auf jährlich rund 0,5 % bis 0,6 % des BIP. Entsprechend wird für den

Agrar- und Strukturbereich ein weitgehender Reformbedarf gesehen, wobei aber die Ein-

zelheiten dieser Reform noch auszudiskutieren sind. Hierzu ist eine intensive Diskussion

sowohl auf EU-Ebene als auch in Österreich im Gange. Hinsichtlich des Zeitrahmens für

diese Diskussion ist darauf hinzuweisen, daß die geltenden Strukturfondsverordnungen

1999 auslaufen und ein neuer Finanzrahmen für 2000 - 2006 vorzusehen sein wird.

Zu Frage 4:

Mit einem Entwurf der Kommission zur finanziellen Vorschau ist - aus heutiger Sicht - im

Frühjahr 1998 zu rechnen. Österreich, wie die anderen Nettozahler auch, ist dabei natür-

lich daran interessiert, daß sich seine Position nicht verschlechtert. weitgehender Kon-

sens besteht unter den Mitgliedstaaten dahingehend, daß bis 2006 keine Erhöhung der

Eigenmittelobergrenze von 1,27% des EU-BIP erfolgen sollte.

Zu Frage 5:

Der Europäische Rat von Luxemburg v. 12./13.12.1998 hat beschlossen, im Frühjahr

1998 auf Basis des Art.O EUV bilaterale Regierungskonferenzen einzuberufen, um die

Verhandlungen mit Zypern. Ungarn, Polen, Estland, der Tschechischen Republik und

Slowenien über die Bedingungen ihres Beitritts und die damit verbundene Anpassung der

Verträge, auf denen die Union beruht, zu beginnen. Durch das vorhergehende acquis-

screening werden jene Bereiche identifiziert werden, für die verstärkte Anstrengungen

noch erforderlich und/oder mehrjährige Übergangsfristen benötigt werden. Zudem wird die

Position der EU während der Verhandlungsphase laufend im Rat und im Ausschuß der

ständigen Vertreter zwischen den Mitgliedstaaten koordiniert. Es wäre daher zum gegen-

wärtigen Zeitpunkt verfrüht und würde zu einer Schwächung der österreichischen Ver-

handlungsposition führen, würden schon jetzt konkrete Positionen festgelegt.

Jene Bereiche, die für Österreich von besonderem Interesse sind (Regelung für die östli-

chen Grenzregionen, Landwirtschaft, Energie/nukleare Sicherheit, Sozialstandards, Per-

sonenfreizügigkeit, rasche Übernahme des Umwelt-Acquis, schrittweise Marktöffnung im

Bereich Verkehr) werden von der österreichischen Bundesregierung natürlich besonders

intensiv verfolgt werden.

Zu Frage 6:

Innerhalb der EU besteht ein weitgehender Konsens der Mitgliedstaaten, daß die Eigen-

mittel bis 2006 nicht erhöht werden sollten. Dies entspricht auch der Vorstellung der

Kommission, wie sie in der ,Agenda 2000“ dargelegt wurde. Österreich hat Interesse dar-

an, daß auch nach ,‚2006. wenn die Erweiterung finanziell zu Buche schlagen wird, der

Plafond von 1,27% des ‚EU-BIP erhalten bleibt.

Wichtig ist zudem, daß die Kosten der Osterweiterung nicht nur von den Nettozahlern,

sondern von allen EU-Mitgliedstaaten gerecht getragen werden.

Zu Frage 7:

Bei der Schaffung von Vertrauen in den Euro ist dort anzusetzen, wo die hauptsächlichen

Befürchtungen der Menschen liegen: daß der Euro keine stabile Währung werde und daß

der Euro Arbeitsplätze koste.

Zur Stabilität: Diese ist gesichert durch die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank,

deren oberstes Ziel die Preisstabilität ist, durch die Erfüllung der Konvergenzkriterien als

Voraussetzung für die Teilnahme an der dritten Stufe der WWU sowie durch den Stabili-

täts- und Wachstumspakt, der auch nach Einführung des Euro die Teilnehmerstaaten zu

Beibehaltung einer vernünftigen Wirtschaftspolitik zwingt.

Zu den Arbeitsplätzen: Die gemeinsame Währung wird einen wichtigen Beitrag zur Ver-

besserung der Wettbewerbsposition Europas in der Welt und damit zur langfristigen Si-

cherung der Arbeitsplätze leisten. Darüber hinaus sind aber selbstverständlich weitere

Maßnahmen nötig. Das Beschäftigungskapitel des Amsterdamer Vertrages sowie die Er-

— gebnisse des kürzlich in Luxemburg abgehaltenen Beschäftigungsgipfels ziehen diesbe-

züglich in die richtige Richtung. Fortschritte bei der Senkung der Arbeitslosigkeit werden

auch die Akzeptanz des Euro nachhaltig stärken.

Zu Frage 8:

Zur Gründung der Europäischen Zentralbank sind keine weiteren Vorschläge seitens der

Mitgliedstaaten nötig, da diese erschöpfend im Vertrag von Maastricht (Art. 4a und

Art.105-109 EGV, Protokoll über die Satzung des ESZB und der EZB) geregelt ist.

Zu Frage 9:

Vorrangiges Ziel der Regierungskonferenz war es, jene Voraussetzungen zu schaffen, die

die EU in ihrer Entscheidungsfindung stärken und auch einer erweiterten Union effizientes

Handeln ermöglichen.

Der Vertrag von Amsterdam enthält zur Effizienzsteigerung Vertragsanpassungen, die

unmittelbar mit Inkrafttreten des Vertrages wirksam werden. Zu nennen ist hier die erheb-

liche Erweiterung der EP-Mitentscheidung, die beträchtliche Straffung und Verringerung

der Rechtsetzungsverfahren, die Stärkung des Kommissionspräsidenten, die Aufwertung

des Ausschusses der Regionen und eine wenn auch nur geringfügige Ausdehnung der

Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit im Rat.

Hinsichtlich der Frage der künftigen Zusammensetzung der Kommission sowie der

Stimmgewichtung im Rat konnten sich die Mitgliedstaaten in Amsterdam auf einen Kom-

promiß in Form einer 2-Stufenlösung einigen:

1. Bereits ab dem nächsten Beitritt werden alle großen MS - sofern es zu einer Anpas-

sung der Stimmgewichte bzw. die Einführung der doppelten Mehrheit - auf ihren 2.

Kommissär verzichten.

2. In einer zweiten Stufe soll spätestens ein Jahr, bevor die Union mehr als 20 Mitglieder

zählt, eine Gesamtrevision der Zusammensetzung und der Funktionsweise der Institu-

tionen erfolgen.

Österreich steht einer neuerlichen Behandlung der durch die Erweiterung aufgeworfenen

Fragen offen gegenüber. Aus österreichischer Sicht ist vom Standpunkt der Effizienz in

einer erweiterten Union insbesondere eine weitere Ausdehnung der Entscheidungen mit

qualifizierter Mehrheit erforderlich.

Zu Frage 10:

Österreich hat zur Frage der Kommissionszusammensetzung sowie zur Stimmgewichtung

im Rat schon in der Regierungskonferenz und im Europäischen Rat von Amsterdam eine

klare Position bezogen.

Im Hinblick auf die Zusammensetzung der Kommission ist für Österreich - gerade ange-

sichts der Bedeutung der Kommission für den Integrationsprozeß - das Nominierungsrecht

jedes Mitgliedstaates unverzichtbar.

Zu der Frage der Stimmgewichtung im Rat hat sich Österreich in der Regierungskonferenz

gegenüber dem Modell der doppelten Mehrheit offen gezeigt. Das Modell der doppelten

Mehrheit bedeutet, daß das bestehende Abstimmungssystem durch das zusätzliche Er-

fordernis ergänzt wird, daß die positiv stimmenden Mitgliedstaaten einen bestimmten Pro-

zentsatz der Gesamtbevölkerung der Union repräsentieren.

Zu Frage 11:

Die Vorarbeiten zur Erstellung des nationalen österreichischen Aktionsplans, der bis März

1998 vorliegen soll, sind im Gange. Die beschäftigungspolitischen Leitlinien wurden auf

der Basis der Schlußfolgerungen des Europäischen Rates von Luxemburg vom

20./21.ll.1997 nunmehr am 15.12.1997 vom Rat verabschiedet. Der diesbezügliche EU-

Fahrplan sieht vor, daß auf der Grundlage dieser Leitlinien spätestens vor dem Europäi-

schen Rat im Juni 1990 die Vortage der einzelstaatlichen beschäftigungspolitischen Akti-

onspläne an den Rat erfolgen soll.

Das Thema „Beschäftigung“ und die Erstellung der diesbezüglichen Maßnahmen des

österreichischen Aktionsplans und jener der anderen EU-Partner werden Schwerpunkte

und zentrale Anliegen der österreichischen Präsidentschaft darstellen. Es ist beabsichtigt,

daß (für alle EU-Mitgliedstaaten) im zweiten Halbjahr 1998 eine umfassende Überprüfung

der Umsetzung der beschäftigungspolitischen Leitlinien für 1998 durchgeführt wird, und

zwar aufgrund der Informationen der Mitgliedstaaten und nach Anhörung des Ausschus-

ses für Beschäftigung und Arbeitsmarkt. Parallel dazu wird gemeinsam mit der Kommissi-

on unter Berücksichtigung dieser Überprüfung sowie im Lichte der Leitlinien ein Bericht

über die Beschäftigungssituation in der Gemeinschaft und über die wichtigsten Maßnah-

men der Mitgliedstaaten zur Umsetzung ihrer Beschäftigungspolitik erstellt. Dieser Bericht

wird sodann dem Europäischen Rat in Wien vorgelegt werden.

Zu Frage 12:

Das Programm der österreichischen Präsidentschaft im Bereich der 1. Säule wird maß-

geblich von dem beim Europäischen Rat in Amsterdam im Juni 1997 gebilligten Aktions-

plan der Kommission für die Vollendung des Binnenmarktes bis zum 1. Jänner 1999 de-

terminiert sein. Eines der vier strategischen Ziele des Aktionsplans, deren Umsetzung bis

31.12.1998 erfolgen sollte, setzt sich mit der Beseitigung der Verzerrungen im Steuerbe-

reich auseinander. Die in diesem Rahmen vorgeschlagenen Aktionen umfassen u.a. ne-

ben einem Verhaltenskodex zum wirksamen Unterbinden des unlauteren Steuerwettbe-

werbs auch Maßnahmen zur Aufhebung von Steuervorschriften, die ein Hindernis für die

grenzüberschreitende Wirtschaftstätigkeit darstellen, sowie die Schaffung eines gemein-

samen Mehrwertsteuersystems.

Österreich hat in seinen Stellungnahmen zum Aktionsplan für den Binnenmarkt wiederholt

die gemeinschaftlichen Maßnahmen im Steuerbereich begrüßt und wird im Zusammen-

hang mit der Beschäftigungspolitik gemeinschaftliche Anstrengungen befürworten, die zu

- Verschiebungen in der Steuer- und Abgabenstruktur zugunsten des Faktors Arbeit führen.

Zu Frage 13:

Das von der Europäischen Kommission beim Rat Energie am 8. Dezember 1997 vorge-

stellte Rahmenprogramm für ein Energieaktionsprogramm 1998 - 2002, das auch Überle-

gungen zur Energiebesteuerung enthält, wird einen Schwerpunkt der österreichischen

EU-Präsidentschaft 1998 darstellen. Wesentliche Aspekte des Rahmenprogramms sind:

Vermeidung einer Erhöhung der Energieabhängigkeit der EU, Stärkung der Wettbe-

werbsfähigkeit der EU-Industrie in bezug auf Energiekosten sowie Schutz der Umwelt.

Eine ausgewogene Besteuerung von Energieträgern könnte zum gegebenen Zeitpunkt im

Rahmen der Gemeinschaftsstrategie der Europäischen Union zur Verringerung der C02-

Emissionen (C02 ist das mengenmäßig am stärksten ins Gewicht fallende Treibhausgas)

neben einer Reihe von anderen zu setzenden Maßnahmen zum Zweck der Verringerung

von Treibhausgasen eine aufmerksam in den zuständigen EU-Gremien zu prüfende Opti-

on darstellen.

Zu Frage 14:

Die österreichische Präsidentschaft wird sich im Hinblick auf eine Stärkung des Prinzips

der nachhaltigen Entwicklung, das auch Eingang in den Vertrag von Amsterdam gefunden

hat, mit Nachdruck für die Anhebung des Umweltschutzniveaus der Gemeinschaft einset-

zen Dem erfolgreichen Abschluß der Überprüfung der Umweltstandards, für die Öster-

reich und den neuen Mitgliedstaaten beim Beitritt Übergangsfristen eingeräumt wurden,

kommt in diesem Zusammenhang hohe Priorität zu. Auch der Umwelthaftung wird in Be-

handlung des für 1998 geplanten Weißbuch der Kommission in der österreichischen Prä-

sidentschaft besonderes Augenmerk geschenkt werden.

Zu Frage 15:

Die österreichische Bundesregierung tritt aufgrund der damit verbundenen größeren

Transparenz und Aufwertung relevanter Fragestellungen für ein eigenes Umwelt- und ein

separates Energieprogramm ein. Innerhalb der jeweiligen thematischen Programme ist für

Österreich der Einbau folgender Leitaktionen wesentlich: zwei getrennte Aktionen für die

Bereiche fossile und erneuerbare Energieträger, eine einheitliche Aktion

„Nuklearforschung“, eigene Leitaktionen „globaler Wandel, Klima und Biodiversität“, „die

alternde Bevölkerung“ und ,‚Landtransporttechnologien“ (vor allem betreffend den Schie-

nenverkehr) und eine Mitberücksichtigung der nachhaltigen Forstwirtschaft und des kultu-

rellen Erbes. Schließlich sollte eine stärkere Berücksichtigung der sozioökonomischen

Forschung im Rahmen des 5. RP erfolgen.

Budgetär wäre bezüglich des 5. FTE-RP insbesondere folgendes festzuhalten:

1. Jede Mittelerhöhung für das Rahmenprogramm wird vor allem unter dem Aspekt der

Berücksichtigung der geschilderten österreichischen inhaltlichen Vorschläge sehr kri-

tisch geprüft werden.

2. Die jeweilige Mittelausstattung aller Leitaktionen ist von Anfang an bei der Erörterung

der Programminhalte (und nicht erst später separat) im Detail zu diskutieren.

3. Weiters tritt Österreich für einen finanziellen Ausbau des 2. horizontalen Programms

„Innovation und KMU“ gemäß den Feststellungen des „Grünbuches für Innovation“ und

für eine substantielle Verminderung der Budgetmittel für die Nuklearforschung

(EURATOM) und eine Verschiebung der zu verteilenden Mittel zugunsten der nichtnu-

klearen (v.a. erneuerbare Energieträger umfassenden) Energieforschung entsprechend

der Entschließung des Nationalrates vom 10.7.1997 ein.

Zu Frage 16:

Schwerpunkte der Arbeiten im Bildungsbereich werden die Programme SOKRATES und

LEONARDO DA VINCI sein, die in der derzeitigen Form Ende 1999 auslaufen. Diese Pro-

gramme, zusammen mit JUGEND FÜR EUROPA, sollen gemäß den in der Mitteilung der

Kommission vom November d.J. präsentierten Vorschlägen („Für ein Europa des Wis-

sens“) konzentriert werden. Die detaillierte Diskussion über die Neugestaltung der Pro-

gramme gemäß den Kommissionsvorschlägen hat in Österreich wie in den anderen EU-

Mitgliedstaaten vor kurzem eingesetzt - bereits Anfang 1998 sind eine akkordierte öster-

reichische Position und in der Folge erste Ergebnisse der EU-weiten Diskussion zu er-

warten. Die österreichische Präsidentschaft wird jedenfalls bemüht sein nach Maßgabe

der Fortschritte der britischen Präsidentschaft im ersten Halbjahr 1998 - einen gemeinsa-

men Standpunkt zu erreichen, so daß die Beschlußfassung noch 1999 erfolgen kann.

Zu Frage 17:

Österreich setzt sich für eine deutliche Erleichterung der Verwaltungslastigen Verfahren im

EU-Wettbewerbsrecht (Beihilfenkontrolle, etc.) ein. In diesem Sinne hat die österreichi-

sche Bundesregierung am Zustandekommen einer Ratsverordnung mit wesentlich ver-

einfachten Notifikationsprozeduren für Gruppenfreistellungen aktiv mitgearbeitet. Beim

Industrieministerrat am 13. November 1997 konnte diesbezüglich bereits eine politische

Einigung erzielt werden.

Zu Frage 18:

Da die nächsten Präsidentschaften (GB, Ö) mit der Weiterführung sehr zeitraubender

Dossiers (z. B. Verknüpfung zwischen der Gemeinschaftsmarke und dem Madrider Proto-

koll, Verordnung über Gemeinschaftsgeschmacksmuster, Richtlinie über den rechtlichen

Schutz biotechnologischer Erfindungen) beschäftigt sein werden, wird aller Voraussicht

nach kaum Spielraum für weitere Initiativen bleiben.

Zu Frage 19 und 20:

Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsübereinkommen festgehalten, daß sie im

Lichte des Verlaufes der EU-Regierungskonferenz und der Entwicklungen in der europäi-

schen Sicherheitspolitik alle weiterführenden sicherheitspolitischen Optionen, einschließ-

lich der Frage einer Vollmitgliedschaft Österreichs in der WEU, einer umfassenden Über-

prüfung unterziehen und dem Parlament spätestens im Laufe des ersten Quartals des

_ Jahres 1998 darüber berichten wird. Nach Maßgabe der Schlußfolgerungen dieses Be-

-richts wird die Bundesregierung dem Nationalrat Vorschläge für die erforderlichen Maß-

nahmen unterbreiten.

Die angesprochenen Fragen werden im Rahmen dieses Berichtes behandelt werden. Ich

bitte um Verständnis, wenn ich diesem Bericht nicht vorgreifen möchte.

Zu Frage 21:

Der Menschenrechtsschutz ist ein Kernelement der österreichischen Außenpolitik und

wird einer der Schwerpunkte des österreichischen Ratsvorsitzes sein. Zur Unterstützung

des von Österreich auf europäischer Ebene, aber auch im UN-Kontext erwarteten Enga-

gements hat das BMaA die Einrichtung eines Nationalkomitees für das

,,Menschenrechtsjahr 1998“ vorgeschlagen, dessen konstituierende Sitzung am 10.12.

d.J. - dem Internationalen Tag der Menschenrechte, der heuer gleichzeitig Startschuß für

das ,,Menschenrechtsjahr 1998“ war - stattfand. Das Nationalkomitee - dem neben Res-

sortvertretern, Sozialpartnern und politischen Parteien vor allem auch Vertreter der Zivil-

gesellschaft, der Wissenschaft und der Medien angehören - soll konkrete österreichische

Anliegen im ,,Menschenrechtsjahr 1998“ identifizieren.

Im Rahmen der Vereinten Nationen wird Österreich seine koordinierende Rolle als EU-

Vorsitzland dafür einsetzen, eine bessere Integration der Menschenrechte in alle Arbeits-

gebiete des UN-Systems, eine Reform des bestehenden Instrumentariums zum Schutz

der Menschenrechte sowie eine Stärkung der Position der Hochkommissarin für Men-

schenrechte zu erreichen.

Innerhalb der EU wird Österreich seine Rolle als Ratspräsidentschaft zur Erzielung einer

stärkeren Kohärenz in der Menschenrechtspolitik der Union nützen. Ich habe meinen EU-

Kollegen vorgeschlagen, am 10.12.1998 ein Sondertreffen der EU-Außenminister zum 50.

Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte abzuhalten, in dessen Rahmen

auch ein "Aktionsplan Menschenrechte 2000“ angenommen werden könnte. Schon im

Herbst 1998 wird das Projekt der Kommission zum ,,Menschenrechtsjahr 1998“ (,,EU-

Human Rights Agenda for the New Millenium‘4) mit einer hochrangigen Expertentagung in

Wien abgeschlossen werden und dem Europäischen Rat von Wien Anhaltspunkte für eine

künftige Strategie der Union im Menschenrechtsbereich liefern.

Insgesamt werden wir uns dabei für die Realisierung u.a. folgender Zielsetzungen bemü-

hen: eine Absicherung und Stärkung des internationalen Menschenrechts-Systems, eine

Bekräftigung der Universalität und Unteilbarkeit der Menschenrechte, die Stärkung von

Schutz und Kontrolle weltweit, insbesondere der Prävention von Menschenrechts-

verletzungen und v.a. auch des stärkeren Schutzes besonders schutzbedürftiger Gruppen

(Frauen, Kinder, Minderheiten), eine Förderung nationaler Menschenrechts-Infrastruktur

durch die verschiedenen Entwicklungsprogramme, v.a. auch der Union, und damit eine

stärkere Einbindung der Zivilgesellschaft und die Kräftigung einer Menschenrechts-Kultur

weltweit.

Zu Frage 22:

Die Entwicklungspolitik nimmt im Rahmen der EU-Außenpolitik einen bedeutenden Platz

ein, wobei die Neuverhandlungen des am 29. Februar 2000 auslaufenden IV. revidierten

AKP-EG-Abkommens von Lomé ein Kernstück darstellen. Diese Neuverhandlungen wer-

den im September 1998 unter österreichischer EU-Präsidentschaft beginnen. Österreich

wird dabei von folgenden Leitlinien ausgehen:

• die Gleichbehandlung aller ärmsten Entwicklungsländer, d.h. eine Ausweitung des

geographischen Anwendungsbereiches des Abkommens,

• die Ausrichtung auf das Hauptziel Armutsbekämpfung unter besonderer Einbeziehung

der Geschlechtergleichstellung,

• die schrittweise Eingliederung der AKP-Staaten in die Weltwirtschaft, wobei der regie-

nalen Integration als Entwicklungsmotor hohe Bedeutung beigemessen wird.

Österreich tritt weiters für eine Stärkung und Vertiefung des politischen Dialoges ein.

Dieser soll insbesondere auf Regionalebene geführt werden und - anlaßbezogen - un-

terschiedliche Akteure umfassen.

• Zu den Zielen Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit soll zusätzlich das

Prinzip der guten Regierungsführung als Vertragsziel aufgenommen werden.

Was die Struktur des Abkommens betrifft, sollte ein gestrafftes Dachabkommen ange-

strebt werden, dem regionale Abkommen unterzuordnen wären. In Hinblick auf die Um-

setzung des Abkommens, geht Österreich vom Ziel einer größeren Klarheit und Transpa-

renz der Instrumente und Verfahren aus. Die umfassende Zusammenarbeit soll durch

Einführung von Leistungskriterien effizienter gestaltet werden.

Zu Frage 23:

Die im Vertrag von Amsterdam vorgesehenen Schritte zur Harmonisierung der Zuwande-

rungs- und Asylpolitik, der Kriminalitätsbekämpfung sowie zur Integration des Schengener

Systems in die EU stellen die Union im Bereich Justiz und Inneres in den nächsten Jahren

vor neue Herausforderungen. Im Hinblick auf das bevorstehende Inkrafttreten des Ver-

trags wird der österreichische Vorsitz die erforderlichen Schritte zur Umsetzung dieser

Bestimmungen einleiten.

Die institutionelle Integration der Einrichtungen aufgrund des EUROPOL- und des Dubli-

ner Asyl-Übereinkommens wird forciert werden. In diesem Zusammenhang werden sich

die Arbeiten primär mit der Einsatzfähigkeit und Weiterentwicklung von EUROPOL be-

schäftigen mit dem Ziel, die operative Tätigkeitsphase von EUROPOL einzuleiten.

Im Asyl- und Migrationsbereich wird ein rechtlich verbindliches Instrument angestrebt, das

Mindestgarantien im Asylverfahren festlegen soll. Ein wichtiges Anliegen der österreichi-

schen Präsidentschaft ist darüber hinaus die Verwirklichung einer verbindlichen Regelung

über die Aufnahme und Lastenverteilung bei Massenfluchtereignissen.

Zudem wird Österreich die Ausarbeitung einer migrationspolitischen Strategie der Union

einleiten und Vorarbeiten für den Abschluß von Rückübernahmeabkommen zwischen der

EU und Drittstaaten leisten. Die Vereinheitlichung der Regelungen für Familiennachzug

und Aufenthaltsverfestigungen wird ebenso in Angriff genommen werden.

Durch diese Initiativen wird Österreich einen wesentlichen Beitrag zur Harmonisierung in

den genannnten Bereichen leisten. ohne daß dadurch aber eine „Festung Europa“ ge-

schaffen würde.

Zu Frage 24:

Die justizielle Zusammenarbeit bildet einen Teilbereich der (intergouvernemental ange-

egten) Dritten Säule der Union. Der Österreichische Vorsitz beabsichtigt, auf diesem nicht

vergemeinschafteten Gebiet einige Projekte abzuschließen, die schon seit längerem be-

raten werden, wie z.B. das Rechtshilfe-Übereinkommen. Besonderes Augenmerk wird

Österreich auf die Anwendung der bereits bestehenden Instrumente zum strafrechtlichen

Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft legen. Die Initiative der Luxemburg-

schen Präsidentschaft zur Bekämpfung der Bestechung durch private Stellen soll fortge-

führt und abgeschlossen werden.

Im zivilrechtlichen Bereich sollen die Revision des Brüsseler Übereinkommens aus dem

Jahre 1968, das Abkommen über die Erleichterung der Vollstreckung von Ziviltiteln und

das Übereinkommen „Brüssel II“ betreffend gerichtliche Entscheidungen in Ehesachen

abgeschlossen werden. In Umsetzung des vorangegangenen Mehrjahresprogramms

(1.Juli 1996—30. Juni1998) soll weiters ein Übereinkommen über das auf außervertragli-

che Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) geschaffen werden.

Sofern es für diese Arbeiten von Bedeutung ist, wird der Österreichische Vorsitz besonde-

ren Wert auf die Einhaltung anerkannter Datenschutzstandards legen.

Zu Frage 25:

Die großen Integrationsprojekte, die das 2. Halbjahr 1998 weitgehend bestimmen werden,

sind schon jetzt absehbar. Die letzten Vorbereitungen für die planmäßige Einführung des

Euro am 1. Jänner 1999, die Fortführung des Erweiterungsprozesses, Verhandlungen

über die Reform der Agrar- und der Strukturpolitik sowie über die neue finanzielle Voraus-

schau für den Zeitraum 2000-2006, Vorbereitungen für das Inkrafttreten des Vertrages

von Amsterdam und das Aktionsprogramm zur Vollendung des Binnenmarktes stellen we-

sentliche Herausforderungen dar. Große Bedeutung wird weiters dem Beitrag der Union

zur Überwindung der Arbeitslosigkeit, dem dauerhaften Schutz der natürlichen Lebens-

grundlagen und einer wirksamen Bekämpfung der internationalen Kriminalität, des Dro-

genhandels und des Terrorismus zukommen. Die österreichische Präsidentschaft wird

sich in enger Abstimmung mit den folgenden Präsidentschaften dafür einsetzen, daß in

diesen vorrangigen Bereichen greifbare Fortschritte erzielt werden.

Eine starre Festlegung oder genaue Angaben sind derzeit jedoch nicht möglich, da die

Entwicklung der britischen Präsidentschaft erst abgewartet werden muß. Außerdem kön-

nen aktuelle internationale Geschehnisse ebenfalls in das Programm eingreifen (wie dies

z.B. bei der BSE-Krise geschah).