3237/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat KIER, Partnerinnen und Partner haben am
5.11.1997 unter der Nr. 3226/J eine schriftliche Anfrage betreffend „die Haus-
durchsuchung durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien, Sicherheitsbü-
ro, in einem afrikanischen Restaurant" an mich gerichtet, die folgenden Wort-
laut hat:
1. Der Hausdurchsuchungsbefehl, (Zl. 28a Vr. 4664/97 dem SB Wien zur ZI.
II-23.888/SB/97) wurde vom LG für Strafsachen Wien mit 25. Juli 1997 da-
tiert. Die Hausdurchsuchung (HD) erfolgte am 14. Oktober. Aus welchen
Gründen wurde die Hausdurchsuchung erst fast frei Monate nach der Er-
lassung des Befehles vollzogen?
2. Wurde der anordnende Richter Dr. Wolfgang SCHNEIDER von den ermit-
telnden Beamten von der mehrmonatigen Verzögerung der HD vor dem
14.Oktober 1997 nachweislich verständigt?
3. Wenn ja, wurde der HD-Befehl aufrecht erhalten?
4. Warum wurde der HD-Befehl nicht aktuell datiert?
5. Wenn Frage 2 verneint wurde: Aus welchem gesetzlichen Grund ist diese
Verständigung unterblieben?
6. Der HD-Befehl ist in einer Strafsache gegen James Emeka OMORDIA
ausgestellt. Er lautet auf die Wohnung und die zum Hauswesen gehörigen
Räumlichkeiten an der Adresse Mayerhofgasse 2/EG (Erdgeschoß). Dort
befindet sich keine Wohnung sondern nur das Lokal ,,Savanna". Der Be-
troffene OMORDIA wohnt nicht in dem Lokal, sondern war einige Male
Gast. Der anordnende Richter bezog sich in der maschinenschriftlichen
Begründung auf dem Formualvordruck des HD-Befehles ausdrücklich auf
eine "Wohnung". War den ermittelnden
Beamten zum Zeitpunkt der Kon-
taktaufnahme mit dem anordnenden Richter nicht bekannt, daß es sich um
ein Restaurant handelt?
7. Wann wurde den ermittelnden Beamten dieser Umstand bekannt?
8. Wann wurde der anordnende Richter über diesen Umstand informiert?
9. Aus welchen gesetzlichen Grund wurde die Durchsuchung entgegen dem
HD-Befehl auf die Kellerräume der Diskothek ,,Savanna" ausgedehnt?
10. Aus welchem Grund unterblieb die — gesetzlich innerhalb von zwei Wo-
chen vorgeschriebene — nachträgliche Zustellung des Hausdurchsu-
chungsbefehles für die Durchsuchung der Kellerräumlichkeiten an die Be-
troffenen?
11. Die Durchsuchung in den Geschäftsräumen wurde von den assistieren-
den Beamten der "Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung — WEGA“ auch
mit Langwaffen (Steyr Sturmgewehr 77) im Anschlag durchgeführt. Diese
Waffe ist mit einer Einsatzschußweite von 100 Metern und einer Geschoß-
geschwindigkeit von über 900 m/s als Selbstverteidigungswaffe auf kurze
Distanzen nicht geeignet. Welches besonders gefährliche Bedrohungsbild
bot sich den einschreitenden Beamten, daß trotzdem neben der GLOCK-
Pistole 9mm und der beschußsicheren Bekleidung auch die Sturmgewehre
innerhalb der Räumlichkeiten geführt und in Anschlag gebracht wurden?
12. Der farbige Koch des Lokales ersuchte, nachdem er während seiner Ar-
beit zur Ausweisleistung aufgefordert worden war, vorher noch das auf dem
Grill liegende Fleisch fertig umdrehen zu dürfen. Daraufhin wurde von ei-
nem herbeigeholten Beamten der WEGA ein Sturmgewehr aus nächster
Nähe auf seinen Kopf gerichtet, was von mehreren Augenzeuginnen und
Augenzeugen mit Bereitschaft zur gerichtlichen Aussage bestätigt wird.
Welche konkrete Bedrohung, die diese vorgangsweise rechtfertigt, ging zu
diesem Zeitpunkt von dem etwa 1,60 cm großen, farbigen Koch aus?
13. Auch auf den Kopf des farbigen Geschäftsführer des Lokales, Charles
EYO, wurde während der Hausdurchsuchung von einem Beamten der
WEGA aus nächster Nähe das Sturmgewehr gerichtet. Auch dies kann von
Zeuginnen und Zeugen bestätigt werden, die zu einer gerichtlichen Aussa-
ge bereit sind. Welche konkrete Bedrohung, die diese vorgangsweise
rechtfertigt, ging zu diesem Zeitpunkt von dem bei der Polizei als nicht vor-
bestraft bekannten Charles EYO aus?
14. Im Zuge der Hausdurchsuchung wurde ein vorbeifahrender farbiger Ta-
xilenker, der den Lokalbesitzer
grüßte, angehalten, festgenommen, mit
Handschellen geschlossen, durchsucht und anschließend wieder freigelas-
sen. Von wem wurde diese Festnahme ausgesprochen?
15. Mit welcher gesetzlichen Begründung wurde diese Festnahme ausge-
sprochen?
16. Erfolgte die Personendurchsuchung des farbigen Taxilenkers nach den
Bestimmungen der StPO oder nach dem SPG?
17. Wie lange dauerte diese Festnahme des farbigen Taxilenkers?
18. Wie lange dauerte die Hausdurchsuchung insgesamt, wieviele Personen
wurden (auch nur vorübergehend) festgenommen und welche Gegenstän-
de wurden beschlagnahmt?
19. Wann wurde der anordnende Richter über die Durchführung und das
Ergebnis der HD verständigt."
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Aus kriminaltaktischen Erwägungen.
Zu den Fragen 2 und 3:
Der anordnende Richter wurde von der Verzögerung nicht in Kenntnis gesetzt,
da sich am vorliegenden Sachverhalt nichts geändert hatte.
Zu Frage 4:
Der Hausdurchsuchungsbefehl wurde nach den Bestimmungen der Strafpro-
zeßordnung erlassen. Eine aktuelle Datierung eines richterlichen Hausdurch-
suchungsbefehles ist nicht erforderlich
Zu Frage 5:
Die Strafprozeßordnung sieht keine Bestimmung vor wonach die Verständi-
gung von der Verzögerung der Umsetzung eines richterlichen Hausdurchsu-
chungsbefehles geboten wäre.
Zu Frage 6:
Den Organen der Bundespolizeidirektion Wien war sehr wohl bekannt, daß es
sich bei der im Hausdurchsuchungsbefehl genannten Örtlichkeit um ein Lokal
handelt. Nach herrschender Lehre und Judikatur ist der Begriff der Wohnung
im weitesten Sinne auszulegen. Zum Begriff der Wohnung oder sonstiger zum
Hauswesen gehörender Räumlichkeiten sind beispielsweise die Magazine ei-
ner Firma (vgl. VfGH, VfSlg 2.867) oder auch ein Kellerabteil (vgl. VfGH1 VfSlg
5.182) zu zählen.
Zu Frage 7:
Den ermittelnden Beamten war von vornherein bekannt, daß sich die Haus-
durchsuchung auf das gegenständliche Lokal Savanna bezieht.
Zu Frage 8:
Der Richter wurde anläßlich der Ausstellung des Haudurchsuchungsbefehles
von diesem Umstand in Kenntnis gesetzt.
Zu Frage 9:
Der richterliche Hausdurchsuchungsbefehl erstreckte sich auf die Wohnung
und die sonstigen zum Hauswesen gehörenden Räumlichkeiten in 1040 Wien,
Mayerhofgasse 2. Wie bereits oben erwähnt, zählen zu den sonstigen zum
Hauswesen gehörenden Räumlichkeiten insbesondere auch die Kellerabteile.
Die Durchsuchung wurde daher in keinster Weise entgegen dem Hausdurch-
suchungsbefehl ausgedehnt.
Zu Frage 10:
Die österreichische Strafprozeßordnung kennt keine zweiwöchige Zustel-
lungsfrist für den Hausdurchsuchungsbefehl. Gemäß § 140 Abs. 3, 2. Satz
StPO ist der Befehl dem Beteiligten sogleich oder noch innerhalb der nächsten
24 Stunden zuzustellen. Im Zuge der in Rede stehenden Hausdurchsuchung
wurde dem Betroffenen, Herrn Charles EYO, dieser Befehl sofort bei Beginn
der Hausdurchsuchung ausgehändigt.
Zu Frage 11:
Der Vorwurf, daß die assistierenden Beamten der Sicherheitswache die
Durchsuchung mit Langwaffen im Anschlag durchführten, entspricht keines-
wegs den Tatsachen. Die genannten Beamten
führten ihre Dienstpistolen mit.
Zu Frage 12:
Nach den mir vorliegenden Informationen, ist es nicht richtig, daß auf dem
Kopf des Koches aus nächster Nähe ein Sturmgewehr gerichtet wurde.
Zu Frage 13:
Nach den mir vorliegenden Informationen, ist auch auf den Geschäftsführer
Herrn Charles EYO kein Sturmgewehr gerichtet worden.
Zu Frage 14:
Der in Rede stehende Taxilenker wurde gemäß den Bestimmungen des Si-
cherheitspolizeigesetzes einer Personenkontrolle unterzogen. Da diese Per-
son die Amtshandlung durch ihr aggressives Verhalten zu stören versuchte,
wurden ihr gemäß §§ 4 i.V.m. § 2 Abs. 2 Waffengebrauchsgesetz 1969 die
Handfesseln angelegt. § 50 SPG normiert, daß für die Anwendung von unmit-
telbarer Zwangsgewalt gegen Menschen die Bestimmungen des Waffenge-
brauchsgesetzes 1969 gelten (vgl. § 50 Abs. 1 und 3 SPG).
Zu Frage 15:
Der Taxilenker wurde nicht festgenommen, sondern er wurde nach den Be-
stimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes einer Personenkontrolle (Identi-
tätsfeststellung) unterzogen.
Zu Frage 16:
Die Durchsuchung des Taxilenkers erfolgte gemäß § 40 Abs. 2 SPG.
Zu Frage 17:
Die Feststellung der Identität des Taxilenkers nach § 35 Abs. 1 SPG dauerte
am 14.10.1997 von 22.48 Uhr bis ca. 23.00 Uhr.
Zu Punkt 18:
Die Hausdurchsuchung begann am 14.10.1997 gegen 22.00 Uhr und dauerte
bis 23.15 Uhr. Im Zuge der Hausdurchsuchung wurde eine Person nach den
Bestimmungen des Fremdengesetzes festgenommen. Bei der Hausdurchsu-
chung wurden keine Gegenstände beschlagnahmt.
Zu Punkt 19:
Das zuständige Landesgericht für Strafsachen Wien wurde mit Schreiben vom
27.10.1997 vom Ergebnis der Hausdurchsuchung verständigt.