3252/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Kier und PartnerInnen haben am 7. No-
vember 1997 unter der Nr. 3257/J an mich eine schriftliche parlamentarische
Anfrage betreffend Entschädigung österreichischer Staatsbürger gemäß
Artikel 27 Staatsvertrag von Wien gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
1. Hat die Republik Österreich an österreichische Staatsbürger, die nach
dem 2. Weltkrieg in Jugoslawien bzw. im heutigen Slowenien Vermögen,
Rechte oder Interessen verloren haben, Entschädigungen gemäß Ar-
tikel 27 Abs. 2 Staatsvertrag von Wien oder auf Grund eines anderen
Rechtstitels bereits geleistet?
a) Wenn ja, in welchem Ausmaß?
b) Wenn nein, warum sind derartige Leistungen unterblieben?
2. Auf welchen rechtlichen Beurteilungen oder gutachtlichen Grundlagen
beruht die von Frau Staatssekretärin Ferrero-Waldner namens der Re-
publik Österreich eingenommene Position, österreichische Staatsbürger
könnten, müßten oder sollten direkte Rechts-, Entschädigungs- oder
Rückstellungsansprüche an Slowenien stellen können?
3. In Abhängigkeit Ihrer Antwort zu der unter Punkt 2.) gestellten Frage:
Erachten Sie es als Bundeskanzler aus rechtlicher und/oder politischer
Sicht für vertretbar, von österreichischer Seite aus an die Republik Slo-
wenien die Forderung zu richten, österreichischen Staatsbürgern das
nach dem 2. Weltkrieg staatlich entzogene Eigentum bzw. Vermögen zu
restituieren bzw. sie dafür zu
entschädigen?
4. Hat die österreichische Bundesregierung die in einer Resolution der
Kärntner Landesregierung vom 21. Oktober 1997 erhobene Forderung,
die ,,Vermögensforderungen der Heimatvertriebenen“ in den EU-Bei-
trittsverhandlungen Sloweniens als „Druckmittel“ verwenden, derart
übernommen, daß dazu ein Ministerratsbeschluß gefaßt worden ist?
Wenn ja, wie lautet dieser Beschluß?
Wenn nein, worauf stützt sich dann die seitens der Frau Staatssekretärin
FERRERO-WALDNER namens der Republik Österreich in den Raum
gestellte Ankündigung?
5. Wann und mit welchen Maßnahmen wird die Bundesregierung den
Empfang slowenischer Fernsehprogramme für die slowenische Minderheit
in Kärnten ermöglichen?“
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Physischen und juristischen Personen, deren Vermögenschaften, Rechte und
Interessen von der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien auf deren Gebiet
gemäß Art. 27 Abs. 2 des Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung
eines unabhängigen und demokratischen Österreich, BGBI.Nr. 152/1955, mit
Wirkung vom 28. November 1955 beschlagnahmt, zurückbehalten oder liqui—
diert worden sind, ist nach Maßgabe der Bestimmungen des 11. Staatsver-
tragsdurchführungsgesetzes, BGBI. Nr.195/1962, Entschädigung gewährt
worden. Soweit mir bekannt ist, wurde den 3.838 geschädigten Personen
insgesamt eine Entschädigung in der Höhe von S 614.372.000 gewährt.
Nach dem Bundesgesetz vom 2. Juli 1980 über die Entschädigung bestimmter
Vermögensverluste in Jugoslawien war geschädigten österreichischen physi-
schen Personen, die sowohl am 28. April 1948 als auch am 19. März 1980 die
österreichische Staatsbürgerschaft besessen haben, oder ihren Rechtsnach-
folgern für solche Vermögenschaften, Rechte und Interessen (Vermögens-
werte) Entschädigung zu leisten, welche auf dem Gebiet der Sozialistischen
Föderativen Republik Jugoslawien gemäß Art. 3 des jugoslawischen Gesetzes
vom 28. April 1948 über die
Abänderungen und Ergänzungen des Gesetzes
über die Nationalisierung von privaten Wirtschaftsunternehmungen in Anspruch
genommen worden und nicht unter die Bestimmungen des
11. Staatsvertragsdurchführungsgesetzes gefallen sind. Soweit mir ersichtlich
ist, wurde in den 35 Anwendungsfällen insgesamt eine Entschädigung in der
Höhe von S 1.869.000 geleistet.
Zu den Fragen 2 und 3:
Einleitend möchte ich zu Frage 2 darauf hinweisen, daß ich Beurteilungen von
Äußerungen der Frau Staatssekretärin nicht für eine Angelegenheit der Voll-
ziehung im Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes im Sinne des Art. 52
B-VG halte. Überdies bildet die zitierte Aussage auch inhaltlich keinen Gegen-
stand der Vollziehung meines Wirkungsbereiches nach Art. 52 Abs. 1 B-VG.
Hinsichtlich der zugrundeliegenden Frage möchte ich dennoch darauf hinwei-
sen, daß die Mehrheit früherer jugoslawischer Staatsbürger, die nach 1945 die
österreichische Staatsbürgerschaft angenommen haben, von der slowenischen
Gesetzgebung und Rechtsprechung, soweit sie die Rückführung von Eigentum
und Entschädigungsleistungen betreffen, enttäuscht ist. In der Tat schließt die
slowenische Rechtslage und die Vollziehung der entsprechenden Bestimmun-
gen die Geltendmachung von Forderungen aus. Ich habe dieses Problem an-
läßlich meines letzten Besuchs in Slowenien erneut angesprochen und darauf
hingewiesen, daß diese Personengruppe und ihre Erben nicht anders behan-
delt werden sollten als jene Personen, die im damaligen Jugoslawien bleiben
konnten.
Zu Frage 4:
Einen solchen Beschluß hat die Bundesregierung nicht gefaßt. Im übrigen gehe
ich davon aus, daß die im bilateralen Verhältnis anstehenden Fragen im euro-
päischen Geist und im Klima gutnachbarlicher Beziehungen gelöst werden
können.
Zu Frage 5:
Ich weise darauf hin, daß seit 1. Oktober1997 der probeweise Satellitenemp-
fang von je drei slowenischen Radio- und Fernsehprogrammen möglich ist.
RTV-Slovenjia wird diesen Probebetrieb mit 1. Jänner 1998 in einen Normal-
betrieb umwandeln. Die Angehörigen der slowenischen Volksgruppe werden
daher unter der Verwendung einer Satellitenempfangsanlage und einer Deko-
dierkarte diese slowenischen Radio- und Fernsehprogramme empfangen
können.