327/AB
Die Abgeordneten zum Nationalrat ANSCH0BER , Freundinnen und
Freunde haben am 12. April 1996 unter der Nr. 382/J an den Bun-
desminister für Inneres eine schriftliche parlamentarische Anfra-
ge betreffend "Vorkommnisse bei der Staatspolizei " gerichtet , die
folgenden Wortlaut hat :
" 1 . Wann wurde das Innenministerium , wann wurde der Innenmini-
ster , wann wurde der Leiter der staatspolizeilichen
Abteilung und wann wurde der Generaldirektor für die
öffentliche Sicherheit vom Erscheinen des gegenständlichen
Buches jeweils informiert?
2 . Enthält diese Publikation auch vertrauliche Akten , die dem
Amtsgeheimnis unterliegen? Wenn ja , welche?
3. Welche Konsequenzen werden im Detail aus diesem Schritt
eines Stapo-Beamten an die Öffentlichkeit gezogen?
4. Kann der Innenminister ausschließen , daß diese Publikation
in Absprache mit einem leitenden Beamten des Innenministeri-
ums erfolgt ist?
5. Wie bewertet der Innenminister die politischen Werturteile
des Autors auf Seite 26 seiner Publikation , die starke
ausländerfeindliche Tendenzen aufzeigen?
6. Wie bewertet der Innenminister jene Werturteile des Autors
auf Seite 132 und 133 der Publikation , daß durch die
Skartierung der Spitzelfakten durch BM Franz Löschnak "der
Staatsschutzapparat endgültig der Lächerlichkeit preisgege-
ben wurde"? Ist der Autor in die Erstellung dieser nicht
gesetzeskonformen Spitzelakten verstrickt gewesen?
7. Ist es richtig, wie es in der Ausgabe 12 vom 21. März 1996
der Zeitschrift NEWS heißt (S. 57) , daß der "Ex-Stapo-Chef
Uswald Kessler als Ko-Autor vermutet wird"?
8. Ist es richtig, daß kürzlich ein Beamter der Einsatzgruppe
zur Bekämpfung des Terrorismus wegen des Verdachts be-
trügerische Geschäfte mit Bankpapieren im Zusammenhang
mit Personen aus dem arabischen Raum bzw. Nahen 0sten ge-
tätigt zu haben, verhaftet wurde? Wenn ja, um welche kon-
kreten Vorwürfe handelt es sich dabei? Kann ausgeschlossen
werden, daß über diese Geschäfte leitende Beamte des Innen-
ministeriums seit längerer Zeit informiert waren?
9. Ist es richtig, daß die Vorgesetzten des EBT-Beamten über
den immensen Schuldenstand des Untergebenen informiert
waren? Wenn ja, welche Maßnahmen hat die Dienstaufsicht
gesetzt?
10. Kann ausgeschlossen werden, daß der Genannte Akten im
Zusammenhang mit seinen illegalen Geschäften vorsätzlich
manipuliert hat?"
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Am 13. 03. 1996 abends setzte BI KEMPER den Leiter der EBT davon
in Kenntnis, daß am nächsten Tag ein Buch mit dem Titel "Verrat
an Österreich" zur Auslieferung komme, dessen Autor er sei. Das
Buch behandle Fälle der Vergangenheit und beinhalte weiters ein
Kapitel, in dem er sich mit dem Zustand der Staatspolizei in kri
tischer Weise auseinandersetze. Vom Leiter der EBT wurde darauf-
hin sofort der Leiter der Gruppe C verständigt. Noch am selben
Abend kam es zu einem Gespräch zwischen KEMPER, dem Leiter der
EBT und dem Gruppenleiter C um die möglichen Folgen diese Buches
abschätzen zu können. Nach diesem Gespräch wurde der Herr Gene-
raldirektor sowie der Herr Bundesminister telefonisch informiert
Zu Frage 2:
Inwieweit das Buch vertrauliche Akteninhalte behandelt, ist der-
zeit Gegenstand gerichtlicher Ermittlungen und kann daher noch
nicht beantwortet werden.
Zu Frage 3 :
Aufgrund des Vorfalls wurde vom L/EBT unverzüglich eine Strafan-
zeige wegen des Verdachts der Verletzung des Amtsgeheimnisses an
die Staatsanwaltschaft Wien sowie eine Disziplinaranzeige an die
Dienstbehörde erstattet . Weiters wurde der Beamte vorläufig von
seiner Funktion als Gruppenführer entbunden und seine amtswegige
Versetzung eingeleitet.
Zu Frage 4 :
Laut den Angaben des Beamten gibt es keinen Mitautor und konnten
auch bisher keine Verdachtsmomente gegen eine andere Person er-
mittelt werden.
Zu Frage 5 :
Solange politische Werturteile keinen Einfluß auf die Aufgabener-
füllung nehmen , sind sie eine private Angelegenheit die nicht Ge-
genstand von Untersuchungen ist.
Zu Frage 6 :
Dabei handelt es sich um die private Meinung des Autors. 0b der
Autor in die Erstellung von nicht gesetzeskonformen Akten ver-
strickt war , kann nicht überprüft werden , da nicht gesetzeskon-
forme Akten im Zuge der erwähnten Aktion vernichtet wurden.
Zu Frage 7 :
Nein.
Zu Frage 8:
Ja. Von der ED0K wurde gegen den Beamten eine Anzeige wegen des
Verdachtes der Kriminellen Vereinigung, Verdacht der Begünsti-
gung, Verdacht des schweren Betruges und Verdacht des Amtsmiß-
brauches an die StA Wien erstattet. Daß leitende Beamte des BMI,
außerhalb der Ermittlungen, seit längerer Zeit informiert waren,
kann ausgeschlossen werden.
Zu Frage 9:
Nein.
Zu Frage 10:
Dies ist derzeit Gegenstand interner Ermittlungen, kann jedoch
mit großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.