3280/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Heidrun Silhavy, Mag.Walter
Guggenberger und Genossen haben an mich eine schriftliche Anfrage
betreffend die Ausschließung von Blinden als Trauzeugen gerichtet, und
folgende Fragen gestellt:
§ 28 Personenstandsverordnung besagt im Abs. 2, daß Trauzeugen
mindestens 18 Jahre alt sein, die Sprache, in der die Trauung stattfindet,
verstehen müssen und nach ihrer Körper- und Geistesbeschaffenheit nicht
unvermögend sein dürfen, ein Zeugnis abzulegen. In der Fußnote 4 wird
befunden: Blinde sind als Trauzeugen ausgeschlossen, da sie dem Vorgang
nicht folgen können.
§ 47 Personenstandsgesetz besagt in Abs. 2, daß der Standesbeamte die
Verlobten in Gegenwart von zwei Zeugen zu befragen hat, ob sie die Ehe
miteinander eingehen wollen und nach Bejahung der Frage aussprechen muß,
daß sie rechtmäßig verbundene Eheleute sind. In der Fußnote 7 des
§ 47 PStG wird mit einem Querverweis der § 28 Personenstandsverordnung
erwähnt.'
Die unterzeichneten Abgeordneten haben daher an mich folgende Anfrage
gerichtet:
1. Sind Sie der Meinung, daß die oben erwähnten Bestimmungen, welche
blinde Personen als Trauzeugen ausschließen, sachlich gerechtfertigt sind?
2. Wenn ja, warum?
Wenn nein, welche Maßnahmen werden Sie setzen, um diese Diskriminierung
zu beenden?
3. Werden Sie weitere in Ihren Aufgabenbereich fallende legistische
Materialien auf diskriminierende Bestimmungen überprüfen und diese
beseitigen?
Ich beantworte diese Fragen wie folgt:
Zu Frage 1 und Frage 2:
Das am 1.1.1984 in Kraft getretene Personenstandsgesetz (PStG), regelt
seinem Charakter als formelles Recht folgend, in § 24 die Beurkundung der
Eheschließung näher und in § 47 Abs. 2 die Form der Eheschließung; die
davor in § 18 EheG enthaltenen entsprechenden Regelungen wurden damals
aufgehoben.
Nach § 47 Abs. 2 PStG hat der Standesbeamte die Verlobten in Gegenwart
von zwei Zeugen einzeln und nacheinander zu fragen, ob sie die Ehe
miteinander eingehen wollen und nach Bejahung der Frage auszusprechen,
daß sie rechtmäßig verbundene Eheleute sind; gemäß § 24 PStG ist die
Eheschließung in Anwesenheit der Verlobten und von zwei Zeugen zu
beurkunden (Abs. 1) und die Eintragung in das Ehebuch - anders als bei
Eintragungen in ein Personenstandsbuch sonst - von den Ehegatten, den
Zeugen, einem allenfalls zugezogenen Dolmetsch und dem Standesbeamten
zu unterschreiben.
Die Beurkundung der Eheschließung (ausgenommen im Falle des § 15 Abs. 2
EheG) ist für das wirksame Zustandekommen der Ehe zwar nicht von
Bedeutung (Schwind, Eherecht 2,132 Anm. 1 zu dem aufgehobenen § 18 Abs.
2 EheG), wohl aber für den Beweis der erfolgten Eheschließung die
Eintragung im Ehebuch ist gleichzeitig die Beurkundung des Aktes der
Eheschließung. Daher ordnet § 24 PStG auch an, daß die Eintragung in
Anwesenheit der Verlobten und der Zeugen zu erfolgen hat und nicht nur vom
Standesbeamten, sondern auch von den übrigen Anwesenden, also auch von
den Zeugen, zu unterschreiben ist.
Wenngleich die Beurkundung ,,nur" dem Beweis der Eheschließung dient,
erscheint mir die gewählte Form im Hinblick auf die erforderliche
Rechtssicherheit, insbesonders auf die der Eheschließenden, erforderlich und
daher gerechtfertigt. Die Zeugen sind demnach Zeugen des gesamten
Eheschließungsaktes, der erst mit der Eintragung abgeschlossen ist; sie
müssen daher dem Gesamten nicht nur akustisch sondern auch optisch folgen
können, um im Falle einer späteren Rekonstruktion zur Beweisführung über
die Identität der Eheschließenden (= Anwesenden) eine Aussage machen zu
können.
Daher legt der dem § 57 Notariatsordnung nachempfundene § 28
Personenstandsverordnung (PStV) fest, daß die Zeugen (als Aktszeugen)
mindestens 18 Jahre sein müssen, die Sprache, in der die Trauung stattfindet,
verstehen müssen und nicht nach ihrer Körper- und Geistesbeschaffenheit
unvermögend sein dürfen, ein Zeugnis abzulegen.
Nach dem Schrifttum (Zeyringer, Personenstandsrecht 2 "FN 4 zu § 28;
Kurnik, ÖSTA 1995, 61) - im übrigen auch in Analogie zum Schrifttum und zur
Rechtsprechung zu § 57 Notariatsordnung - erfüllen Blinde nicht die
Voraussetzungen für eine Zeugenschaft für den Eheschließungsakt.
Diese Bestimmungen dienen, wie schon gesagt, insbesonders einer allfälligen
späteren Beweisbarkeit des Eheschließungsaktes. Ich erachte sie daher für
sachlich gerechtfertigt und nicht für diskriminierend.
Im übrigen verweise ich auf die Beantwortung der inhaltlich gleichen Anfrage
Nr. 3314/J durch den Herrn Bundesminister für Justiz.
Zu Frage 3:
Ich bin ständig bemüht, in meinen Aufgabenbereich fallende legistische
Materialien auf diskriminierende Bestimmungen zu überprüfen und diese zu
beseitigen.