3290/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Povysil, Dr. Pumberger, Mag. Haupt,
Dr. Salzl, Apfelbeck und Kollegen haben am 14. November 1997 unter der
Nr. 3339/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Rind-
fleischimporte aus EU-Ländern mit mangelhaften BSE-Kontrollen gerichtet, die
folgenden Wortlaut hat:
„1. Welche konkreten Vorsichtsmaßnahmen wurden ergriffen, um eine Garantie
der BSE-freien Fleischimporte zu gewährleisten?
2. Welche konkreten Stellen (ressortübergreifend) führen mit welcher Häufigkeit
Inspektionen, Stichproben und Überwachung der Lebensmittelsicherheit in den
Betrieben und an den Grenzen effektiv durch?
3. Wieviele Personen und mit welcher fachlichen Qualifikation sowie mit welcher
technischen Ausrüstung sind mit den Überprüfungen und Untersuchungen auf
BSE betraut?
4. Welche Fachlaboratorien im In- und Ausland sind mit BSE-Analysen betraut?
5. Welche zugedachte Rolle haben die Verbraucherverbände in den BSE-Über-
prüfungen?
6. Wer übernimmt die Haftung über gesundheitsschädliche Produkte in Zusam-
menhang mit BSE und/oder CJK und die damit verbundenen Folgekosten, falls
der Ursprung der Waren nicht feststellbar sein sollte?
7. Welche medizinischen Vorkehrungen sind bei einem eventuellen Auftreten von
BSE und/oder CJK sowohl im Veterinär- als auch im Humanbereich getroffen
worden?
8. Wie sieht der Konsultationsmechanismus (ressortübergreifend) zwischen Land
und Bund sowie zwischen Bund und EU im Bereich dieser BSE-Überprüfungen
konkret aus?
9. Wie und wie oft erfolgt der Informationsaustausch in BSE-Fragen sowohl im
Veterinär- als auch im Humanbereich mit den Bundesländern als auch mit der
EU?
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 und 2:
Zum Schutz der österreichischen Konsumentinnen vor einem eventuellen Gesund-
heitsrisiko in Zusammenhang mit BSE wurden von österreichischer Seite bereits bis-
her strenge Maßnahmen angeordnet, die teilweise auch über die diesbezüglichen
EU-Bestimmungen hinausgehen:
Neben den generellen Sperrkundmachungen auf Basis des Tierseuchengesetzes
bezüglich lebender Rinder, Rindfleisch und Produkten von Rindern gegenüber dem
Vereinigten Königreich und der Schweiz müssen alle Sendungen von Rindfleisch,
egal aus welchem Herkunftsland, mit einer Garantieerklärung eines amtlichen Tier-
arztes versehen sein, in der bestätigt wird, daß das Fleisch von Rindern stammt, die
nicht aus dem Vereinigten Königreich oder der Schweiz stammen und nicht in einem
Betrieb gehalten wurden, in dem je ein BSE-Fall aufgetreten ist.
Zur Umsetzung dieser Maßnahmen wurden die mit der Überwachung und Kontrolle
befaßten Organe entsprechend informiert und u.a. angewiesen, verstärkte Kontrollen
beim Verkehr von Rindfleisch durchzuführen. Im einzelnen sind dies die amtlichen
Tierärzte in den Frischfleisch-und Fleischverarbeitungsbetrieben, die Grenztierärzte
an den Grenzen gegenüber Drittstaaten sowie die Zollorgane der mobilen Überwa-
chungsgruppe.
Zu den Fragen 3 und 4:
Die Untersuchungen auf BSE werden von in Weybridge speziell ausgebildeten La-
bortierärzten und von im Rahmen von nationalen Fortbildungsveranstaltungen aus-
gebildeten Pathologen in der Bundesanstalt für Tierseuchenbekämpfung in Mödling
(Referenzlabor), in den Bundesanstalten für veterinärmedizinische Untersuchungen
in Graz, Linz und Innsbruck sowie im Institut für Pathologie der Veterinärmedizini-
schen Universität in Wien durchgeführt. Diese Untersuchungseinrichtungen sind mit
BSE-Analysen betraut.
An jeder Bundesanstalt befindet sich zumindest ein Pathologe, der die pathologisch-
histologische Untersuchung entsprechend der Methode Weybridge auf BSE durch—
führt. Sollte sich aufgrund der mikroskopischen Untersuchung die Probe nach Beur-
teilung durch die örtlich zuständige Bundesanstalt und das Referenzlabor nicht als
zweifelsfrei negativ herausstellen, werden weiterführende Untersuchungen - derzeit
noch in der Bundesanstalt in Tübingen, Deutschland - in Form von SAF-Analysen
(Western blot) durchgeführt.
Zu Frage 5:
Der Verein für Konsumenten Information hat in der Ausgabe Mai 1996 einen Bericht
mit einer deutlichen Warnung vor den Gesundheitsgefahren im Zusammenhang mit
BSE veröffentlicht.
Zu Frage 6:
Zu Fragen der Haftung verweise ich auf die Zuständigkeit des Bundesministers für
Justiz.
Zu den Fragen 7 und 8:
Folgende Vorkehrungen wurden im Veterinärbereich getroffen: Bei Verdacht auf
BSE haben der zugezogene Tierarzt, der Tierhalter, die vom Tierhalter mit der Obhut
und Aufsicht betraute Person und jede andere Person, der zufolge ihres Berufs die
Erkennung von Anzeichen des Verdachtes auf BSE zumutbar ist, unverzüglich die
Anzeige beim örtlich zuständigen Bürgermeister oder bei der vom Bürgermeister mit
der Entgegennahme der Anzeige betrauten Person, sofern dies nicht möglich ist, bei
der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu erstatten. Tierärzte haben
überdies die Anzeige bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde (BVB) zu er-
statten. Die Bezirksverwaltungsbehörde ist der Berufssitz des Amtstierarztes. Die
Anzeigen müssen auch mündlich und telefonisch entgegengenommen werden. Der
Bürgermeister hat die daraufhin getroffenen Verfügungen unverzüglich der Bezirks-
verwaltungsbehörde bekanntzugeben. Polizei- und Gendarmeriedienststellen haben
die Anzeige sowohl dem Bürgermeister als auch der Bezirksverwaltungsbehörde
weiterzuleiten.
BSE-verdächtige und BSE-positive Rinder dürfen nicht in Verkehr gebracht werden.
Der Betrieb wird bescheidmäßig einer vorläufigen Sperre unterworfen, welche das
Verbot der Verbringung von Tieren aus dem Gehöft oder von der Weidefläche, das
Gebot der gesicherten Verwahrung von Tierkadavern, das Verbot, tierische Produkte
jeglicher Art, Streu, Futtermittel oder Dünger aus dem Betrieb zu verbringen, das
Verbot, Tötungen von Rindern ohne Zustimmung und ohne Aufsicht eines Tierarztes
durchzuführen und die Feststellung des vom Verbot erfaßten Tierbestandes nach Art
und Zahl umfaßt.
Die verständigte Bezirksverwaltungsbehörde entsendet umgehend einen Amtstier-
arzt (ATA), damit dieser gemäß der BSE-Verordnung Erhebungen durchführt und als
Leiter der Seuchenkommission vor Ort alle erforderlichen Maßnahmen anordnet und
deren Durchführung überwacht. Die Bezirksverwaltungsbehörde bzw. der Amtstier-
arzt ist aufgefordert, engen Kontakt mit den zuständigen Landesbehörden und in
weiterer Folge mit der Veterinärverwaltung des Bundeskanzleramtes zu halten. Je-
der Verdacht auf BSE ist unverzüglich zu melden. Der Tierhalter hat den behördli-
chen Organen jede notwendige Hilfe zu
gewähren.
Das verdächtige Tier wird auf amtliche Anordnung getötet; die entnommenen Gewe-
be werden einer labordiagnostischen Untersuchung in der Bundesanstalt für Tierseu-
chenbekämpfung in Mödling unterzogen, wobei das Probenmaterial nach erfolgter
Untersuchung der Verbrennung zuzuführen ist. Wird der Verdacht durch entspre-
chende Laboruntersuchungen nicht bestätigt, ist der „Sperr-Bescheid“ unverzüglich
aufzuheben. Bei Vorliegen eines bestätigten Falles von BSE ist die Sperre des Be-
standes aufrechtzuerhalten und die Weisung der Veterinärverwaltung zur weiteren
Vorgangsweise einzuholen.
Weiters hat die Veterinärverwaltung den Fleischuntersuchungsorganen aufgetragen,
im Rahmen der Schlachttieruntersuchung besondere Aufmerksamkeit auf zentral-
nervale Symptome zu richten.
Alle dem Fleischuntersuchungsgesetz unterliegenden Betriebe sind im Sinne der Be-
stimmungen des § 17 regelmäßig durch amtliche Tierärzte zu kontrollieren. Dabei
sind insbesondere auch der Eingang des Fleisches, die Transportmittel und die
Transportpapiere zu überprüfen. Die Häufigkeit der Kontrollen richtet sich dabei nach
Struktur und Größe der Betriebe und ist mit Ausnahme jener Betriebe, denen gewis-
se Erleichterungen aufgrund der geringen Betriebsgröße gewährt wurden, prinzipiell
täglich vorzunehmen.
Schließlich wurden sofort nach Bekanntwerden des Verdachtes des illegalen Ver-
bringens von Rindfleisch Anfang Juli 1997 sämtliche Kontrollorgane von der Veten-
närverwaltung in Kenntnis gesetzt und angewiesen, verdächtige Sendungen anzu-
halten, sicherzustellen und unverzüglich das Bundeskanzleramt zu informieren.
Todesfälle an subakuter spongiformer Enzephalopathie wurden mittels der auf
§ 1 Abs. 2 Epidemiegesetz gestützten Verordnung der Bundesministerin für Arbeit,
Gesundheit und Soziales, BGBI.Nr. 156/1996, der Anzeigepflicht nach dem Epide-
miegesetz unterworfen. Wie ich von der Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesund-
heit und Soziales erfahren habe, wurde die
Ärzteschaft auch über die Meldepflicht
für Todesfälle an subakuten spongiformen Enzephalopathien informiert sowie auf-
gefordert, bei Verdacht einer solchen Erkrankung umgehend das österreichische
Referenzzentrum zur Erfassung und Dokumentation menschlicher Prionenkrank-
heiten zu kontaktieren.
Zu Frage 9:
Im Veterinärbereich erfolgt der Informationsaustausch in BSE-Fragen mit der EU
regelmäßig unter anderem im Rahmen des Ständigen Veterinärausschusses, wel-
cher zumindest zweimal pro Monat tagt. Daneben gibt es eine Reihe weiterer Aus-
schüsse, die je nach Anlaß und Bedarf auch zum Thema BSE einberufen werden.
Der Informationsaustausch mit den Bundesländern erfolgt über die Landesveterinär-
behörden im Rahmen von gemeinsamen Sitzungen, welche routinemäßig mehrmals
im Jahr abgehalten bzw. auch im Anlaßfall zusätzlich einberufen werden. Kurzfristig
notwendige Informationen werden auf kurzem Wege unter Ausnutzung moderner
kommunikationsmittel weitergegeben.
Wie mir die Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales mitgeteilt hat,
erhalten sowohl die Bundesländer als auch die EU in regelmäßigen Abständen aktu-
elle Informationen über den Stand der gemeldeten Creutzfeldt-Jakob-Erkrankungen
in Österreich. Darüber hinaus erscheinen Publikationen des österreichischen Refe-
renzzentrums zur Erfassung und Dokumentation menschlicher Prionenerkrankungen
jeweils in den Fachmedien sowie in der Österreichischen Ärztezeitung; im übrigen
verweise ich zu Fragen, die den humanmedizinischen Aspekt betreffen, auf die Zu-
ständigkeit der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales.