3353/AB XX.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3404/J-NR/1997 betreffend Kooperation mit

dem Wawilow-Institut, die die Abgeordneten WENITSCH und Kollegen am 10. Dezember

1997 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

Zu der gegenständlichen Anfrage habe ich Stellungnahmen einschlägiger Forschungseinrich-

tungen aus dem Ressortbereich eingeholt, wobei mir nur seitens des Vorstandes des Instituts

für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Universität für Bodenkultur Univ.Prof.Dr. Peter

Ruckenbauer die nachfolgend wörtlich zitierte Äußerung zugegangen ist. Seitens anderer In-

stitutionen bestanden nie Kontakte zu dem genannten Institut in St.Petersburg.

1. Welche agrarischen Forschungseinrichtungen Österreichs stehen bereits mit dem

Wawilow—Institut, St. Petersburg, in wissenschaftlichem Kontakt?

‚Das Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung hat gegenwärtig keinen Kontakt mit die-

sem Institut. Es gibt seit 1989 keine Kataloge und keinerlei Informationen über die Neugestal-

tung dieser von Wawilov (1887-1943) im Jahre 1923 gegründeten Genbank. Eine schriftliche

Anfrage um eine Verzeichnis der eingelagerten Weizensorten aus dem Jahre 1991 wurde bis

heute nicht beantwortet. Unser Institut hat im Dezember 1997 ein Verzeichnis der eigenen

Samensammlung aus dem Nachlaß von Prof.Haberlandt nach St.Peterburg gesandt. Wir haben

keine Bestätigung erhalten."

2. Gibt es bereits einen Austausch von Saat- und Pflanzgut?

Wenn ja: bei welchen Pflanzenarten und -sorten?

„Im Jahre 1982 erhielt ich auf Anfrage in meiner damaligen Funktion als Oberassistent einige

Körner von Triticum turgidum (Rauhweizen) für Kreuzungszwecke. Laut Befragung der In-

stitutsangehörigen gibt es seither keinen Austausch und auch keine Anfrage aus St.Peterburg.“

3. Gibt es in Österreich Nachbauversuche mit Saat- und Pflanzgut aus dein Wawilow-

Institut?

Wenn ja, für welche Pflanzenarten und -sorten?

„Es gibt daher meines Wissens nach auch bei den Pflanzenzüchtern in Österreich kein Material

aus St.Peterburg im Anbau.“

4. Wie lautet die Stellungnahme Ihres Ressorts bezüglich einer Intensivierung der Zu-

sammenarbeit österreichischer Agrarforscher mit diesem Institut?

„Das Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Universität für Bodenkultur und das

Interuniversitäre Forschungsinstitut für Agrarbiotechnologie in Tulln sind gerne bereit mit

diesem Institut Kontakte zu pflegen, wenn dies erwünscht ist. Da das Material aus St.Peters-

burg - laut Aussagen tschechischer und ungarischer Züchterkollegen - nicht feldmäßig evalu-

iert ist, hat es für die unmittelbare Anwendung keine Bedeutung, auch die in den alten Land—

sorten immer wieder apostrophierten Resistenzquellen werden von der Öffentlichkeit weit

überschätzt. Es gibt in Europa keine Kultursorte, die direkt aus Genbankmaterial entwickelt

wurde. Die Bedeutung der Genbanken in der bisherigen Form als Aufbewahrungsstelle für

Samen und Vermehrungsmaterial wird in der Pflanzenzüchtung immer wieder kritisiert (Gen—

bank Braunschweig, D; Genbank Tapioszele, H; Genbank Cambridge, GB; usw.). Ohne ge-

naue Beschreibung des Materials und ohne Prüfung auf Echtheit und Homogenität und tatsäch-

licher Herkunft kann eine Pflanzenzuchtbetrieb nur nach jahrelangen Eigenprüfungen Gen-

bankmaterial dieser Art benützten."

5. Werden Sie sich bemühen, von diesem Institut für Österreichs Land- und Forstwirt-

schaft wichtige Kulturpflanzen, bei denen in den letzten Jahren Krankheitsprobleme

aufgetreten sind, Saat- und Pflanzgut zu erhalten, mit dem österreichspezifisch Wei-

terzucht betrieben werden kann?

"Da wir die Inhalte der Genbank in St.Petersburg nicht kennen und auch keine Informationen

erhalten, ist eine Nutzung oder Zusammenarbeit nicht möglich. Aus direkten Gesprächen mit

dem Leiter der Genbank in St.Petersburg Prof. Dragetshev anläßich einer Tagung in Prag 1993

hat er den beklagenswerten Zustand seiner Institution dargestellt: zu wenig Kühlkapazität,

noch keine EDV-Erfassung (tausende von Handzetteln!), keine Bezahlung seines Personals

usw. Es ist mir bekannt, daß er sich seit Jahren um eine Finanzierung der Kühlanlagen in den

USA bemüht. Seit 1993 habe ich mit ihm keinen Kontakt mehr."

6. Werden Sie sich bemühen, diese für Österreich wichtigen Sorten zu ähnlich günstigen

Bedingungen vom Wawilow-Institut zu erhalten, wie dies den US-Saatgutmultis ge-

lungen ist?

„Weltweit ist es üblich, daß jedermann - mit einer entsprechenden Begründung einer nicht-

kommerziellen Nutzung - Samen oder pflanzliche Vermehrungsorgane aus einer Genbank

kostenlos beziehen kann. Dies funktioniert hervorragend mit den Genbanken in Deutschland,

Ungarn, Frankreich, England und den USA -nach eigenen Erfahrung und laut Aussagen öster-

reichischer Getreidezüchter. Eine direkte Verwendung von Genbankmaterial als Grundlage für

eine Vermehrung einer Sorte ist durch die hohen Auflagen in den EU-Sortenschutzgesetzen

nach Homogenität, Unterscheidbarkeit und Stabilität und den heutigen Anforderung an Ertrag

und Qualität nahezu aussichtlos, wird nirgends betrieben und ist auch in Ländern mit Gesetzen

für die Saatgutzulassung verboten.“