3354/AB XX.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3429/J-NR/1997 betreffend den skandalösen

Entzug der Prüfungsvollmacht an der Philosophisch-theol. Hochschule Heiligenkreuz durch

den Dekan der Katholischen-Theologischen Fakultät der Universität Wien, die die Abgeordneten

Dr. STADLER und Kollegen am 11. Dezember 1997 an mich gerichtet haben, beehre ich mich

wie folgt zu beantworten:

1. Ist Ihnen der zitierte Sachverhalt geläufig?

Ja.

2. Worauf gründet sich Ihrer Ansicht nach die Entscheidung der Katholisch—Theologi—

schen Fakultät Wien bezüglich des Entzugs der Prüfungsvollmacht von Prof. Pranter?

Die gesetzliche Grundlage des zitierten Sachverhaltes bildet § 13 Abs. 2 und 3 des Bundesge-

setzes Über katholisch-theologische Studienrichtungen, BGBI. Nr.293/1968, zuletzt geändert

durch das Bundesgesetz BGBI. Nr.227/1988.

Diese Bestimmungen regeln die Anerkennung von an kirchlichen theologischen Lehranstalten

- um eine solche handelt es sich bei der Philosophiseh-theologischen Hochschule Heiligen-

kreuz - absolvierten Prüfungen für das Studium an einer Katholisch-Theologischen Fakultät.

Demnach ist eine der Voraussetzungen für die Anerkennung der Prüfungen die Bevollmächti-

gung des jeweiligen Prüfers durch die Katholisch-Theologische Fakultät.

Gemäß den Erläuterungen zum Bundesgesetz über katholisch-theologische Studienrichtungen

dienen die zitierten Bestimmungen dazu, die Gleichwertigkeit der an den kirchlichen theologi-

schen Lehranstalten abgelegten Prüfungen von vornherein zu garantieren. Dies erschiene so-

wohl im Interesse der kirchlichen theologischen Lehranstalten und ihrer Studierenden als auch

im Interesse der Katholisch-Theologischen Fakultäten erforderlich, denen damit eine gewisse

materielle Kontrolle des wissenschaftlichen Niveaus der Studien an den kirchlichen theologi-

schen Lehranstalten, von denen ein Übertritt an die Fakultät möglich sein soll, ermöglicht wird.

Daraus ist zu schließen, daß bei der Entscheidung des Fakultätskollegiums über die Prüfungs-

vollmacht ausschließlich die wissenschaftliche Qualifikation des Prüfers in Betracht zu

ziehen ist.

Die Entscheidung über die Erteilung der Prüfungsvollmacht triff das Fakultätskollegium

der Katholisch-Theologischen Fakultät und nicht der Dekan.

Es ist zu betonen, daß es sieh bei der Entscheidung über die Erteilung der Prüfungsvollmacht -

wie bei den meisten studienrechtlichen Angelegenheiten - um eine Angelegenheit des selb-

ständigen (autonomen) Wirkungsbereiches der Universitäten gemäß Universitäts-Organisa-

tionsgesetz, BGBI. Nr.258/1975, zuletzt geändert durch BGBI. Nr.655/1996, handelt. Diese

Angelegenheiten sind von den Universitäten und ihren Einrichtungen nach den bestehenden

Gesetzen und Verordnungen frei von Weisungen durch ihre eigenen Organe zu besorgen. Sie

unterliegen hiebei dem Aufsichtsrecht des Bundes.

Weiters möchte ich klarstellen, daß im vorliegenden Fall nicht der Entzug einer bereits er-

teilten Bevollmächtigung zur Verhandlungstand, sondern die Erteilung der Prüfungsvoll-

macht. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß die Philosophisch-theologische Hoch-

schule Heiligenkreuz für insgesamt 16 Prüfer die Prüfungsvollmacht beantragt hat und diese

auch für alle anderen Prüfer erteilt wurde. Auch betrifft die Nichterteilung der Prüfungsvoll-

macht keineswegs die Prüfungsbefugnis von Prof. Prantner an der Philosophisch-theologischen

Hochschule Heiligenkreuz. Die Nichterteilung der Prüfungsvollmacht bewirkt lediglich, daß

die Prüfungen - bei einem allfälligen Übertritt - nicht an der Katholisch-Theologischen Fakul-

tät anerkannt werden können.

3. Wurden Sie als Aufsichtsbehörde von dieser Entscheidung in Kenntnis gesetzt?

- Wenn ja, in welcher Form?

- Wenn nein, warum nicht?

Der Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, Ord.Univ.Prof.

DDr. Johann Figl, hat mir im Zusammenhang mit der vorliegenden parlamentarischen Anfrage

mit Schreiben vom 18. Dezember 1997 eine Sachverhaltsdarstellung übermittelt.

4. Wie beurteilen Sie die Tatsache, daß bei dieser Entscheidung das Recht auf Parteien-

gehör nicht gewahrt wurde?

Meiner Ansicht nach kommt das Parteiengehör nicht der betroffenen Person zu, sondern der

kirchlichen theologischen Lehranstalt, da gemäß dem Bundesgesetz über katholisch-theologi-

sehe Studienrichtungen bzw. den Erläuterungen zu diesem Bundesgesetz nur sie das Recht hat,

die Prüfungsvollmacht zu beantragen bzw. in das Verfahren miteinbezogen zu werden. Ob im

vorliegenden Fall das Parteiengehör gewährt wurde, ist derzeit Gegenstand aufsichtsbehördli-

cher Untersuchungen.

5. Was gedenken Sie als Wissenschaftsminister anhand dieses konkreten Falles zu unter-

nehmen, um die Lehr- und Lernfreiheit sowie die Freiheit der wissenschaftlichen For-

schung und freien Meinungsäußerung wiederherzustellen?

Diese Frage unterstellt, daß die Lehr- und Lernfreiheit sowie die Freiheit der wissenschaftli-

chen Forschung und freien Meinungsäußerung derzeit nicht verwirklicht sind. Dazu darf ich

auf die entsprechenden verfassungsgesetzlichen Grundlagen verweisen (Staatsgrundgesetz,

Europäische Menschenrechtskonvention etc.). Die Lernfreiheit wurde erst kürzlich im

Universiäts-Studiengesetz, BGBl. I Nr.48/1997, neuerlich gesetzlich verankert. Ich sehe daher

keine Notwendigkeit der Wiederherstellung dieser Grundrechte. Zudem steht die Erteilung

einer Prüfungsvollmacht in keinem Zusammenhang mit den angesprochenen Grundrechten.