3383/AB XX.GP
Auf die - aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie bei-
geschlossene - schriftliche Anfrage der Abgeordneten Aumayr und
Kollegen vom 10. Dezember 1997, Nr. 3403/J, betreffend Verwendung
der Milchhygieneverordnung zur wirtschaftlichen Ausgrenzung von
Direktvermarktern, beehre ich mich folgendes mitzuteilen:
Bevor ich auf die Beantwortung Ihrer Fragen näher eingehe, darf
ich folgendes ausführen:
Mit der Milchhygieneverordnung 1993 wurden die Hygienevorschriften
der EU für die Produktion von Milch und Milchprodukten in Öster-
reich umgesetzt. Diese Verordnung wurde mit einer grundsätzlichen
Übergangsfrist versehen, die am 1.
Jänner 1998 ausgelaufen ist.
Eine Anpassung der meisten Bestimmungen war aufgrund von Ände-
rungen in den diesbezüglichen EU-Vorschriften notwendig geworden.
Die in den ersten Entwürfen für eine Novelle zur Milchhygiene-
verordnung ursprünglich vorgesehenen Einschränkungen bezüglich der
Abgabe von Rohmilch und Rohmilchprodukten durch Direktvermarkter
konnten nach langen Verhandlungen mit dem damaligen Bundesmini-
sterium für Gesundheit und Konsumentenschutz und in der Folge mit
dem Bundeskanzleramt modifiziert und zu einer den Bedürfnissen der
bäuerlichen Produzenten entgegenkommenden Regelung gestaltet wer-
den.
Durch diese Neuregelung wird weiterhin die Abgabe von wichtigen
Spezialitäten der Direktvermarktung wie etwa Bauernbutter aus
Sauerrahm auch in der Gastronomie ermöglicht. Im Falle des „Urlaub
am Bauernhof N gibt es wie beim Ab-Hof-Verkauf keine Einschränkun-
gen.
In den Verhandlungen zur Novelle ist es gelungen, Almwirtschaften
und vergleichbaren Einrichtungen die Abgabe von Rohmilch und
Rohmilchprodukten ohne Einschränkungen zu ermöglichen.
Somit kann gesagt werden, daß durch die nun vorliegende Novelle
einerseits den Hygieneanforderungen entsprochen wird, andererseits
die Möglichkeiten der bäuerlichen Direktvermarktung gewahrt blei-
ben. Zugelassene Betriebe können die Ausnahmemöglichkeiten somit
in Anspruch nehmen.
Zur Beantwortung Ihrer Fragen im einzelnen:
Zu Frage 1:
Der erste Entwurf der Novelle zur Milchhygieneverordnung ist im
Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft am 13. November
1996 eingelangt.
Zu Frage 2:
Das gesetzlich erforderliche Einvernehmen zur Novelle der Milch-
hygieneverordnung ist hergestellt, sodaß diese Verordnung im Bun-
desgesetzblatt publiziert werden kann. Die neuen Bestimmungen über
die Abgabe von Rohmilch und Rohmilcherzeugnissen treten mit
1. März 1998 in Kraft.
Sauerrahmbauernbutter aus unpasteurisiertem Rahm darf weiterhin in
Tourismusbetrieben uneingeschränkt abgegeben werden.
Bauerntopfen aus unpasteurisierter Milch darf ab Inkrafttreten der
Novelle in Tourismusbetrieben nur mehr in Form erhitzter Speisen
abgegeben werden.
Für die Gruppe der Weich— und Schnittkäse aus Rohmilch gilt, daß
analog zur Landbutter auch sämtliche Käse mit einer Reifezeit von
mehr als 60 Tagen weiterhin ohne Erhitzung in Tourismusbetrieben
abgegeben werden dürfen; neben Hartkäse zählen somit auch entspre-
chend lang gereifte Schnittkäse dazu.
Im Falle des „Urlaub am Bauernhof“ gibt es wie beim Ab-Hof-Verkauf
keine Einschränkungen.
Wie bereits erwähnt, ist es in den Verhandlungen zur Novelle ge-
lungen, Almwirtschaften und vergleichbaren Einrichtungen die
Abgabe von Rohmilch und Rohmilchprodukten ohne Einschränkungen zu
ermöglichen.
Zu Frage 3:
Ausstattungs- bzw. Behandlungserfordernisse für bäuerliche Direkt-
vermarkter sind in den Anhängen zur Verordnung niedergelegt. Je
nachdem, ob der Direktvermarkter eine
Zulassung als Be- und Ver-
arbeitungsbetrieb im Sinne der Milchhygieneverordnung erwirbt oder
nicht, sind unterschiedliche Ausstattungs- und Behandlungsvor-
schriften zu befolgen.
Zwei wesentliche Verbesserungen für die bäuerlichen Direktvermark-
ter sind in diesem Zusammenhang zu erwähnen:
Erstens wird die Möglichkeit eröffnet, daß Erzeugerbetriebe unter
erleichterten Bedingungen als Be- und Verarbeitungsbetriebe Zuge-
lassen werden.
Zweitens ist eine solche Zulassung aufgrund dieser Novelle aber
nur im Falle der Herstellung von wärmebehandelter Milch oder
nichtfermentierten Flüssigerzeugnissen auf Milchbasis (etwa Kakao-
milch) erforderlich, denn sämtliche Erzeugnisse auf Milchbasis mit
Ausnahme nichtfermentierter Flüssigerzeugnisse können auch im
Falle einer Wärmebehandlung ohne Zulassung des Erzeugerbetriebes
in Verkehr gesetzt werden. Somit gelten diese Erzeugerbetriebe
nicht als Be- und Verarbeitungsbetriebe.
Zu Frage 4:
Die Kosten hängen sowohl vom vorhandenen Zustand der Räume, Geräte
usw. als auch von den jeweils vermarkteten Produkten ab und sind
von der individuellen Situation abhängig, sodaß hier keine gene-
rellen Aussagen erfolgen können. Spezielle Anschaffungen bzw. In-
vestitionen, welche für direktvermarktende Betriebe zur Umsetzung
der neuen Milchhygieneverordnung erforderlich sind, werden durch
einen Zuschuß im Rahmen der Investitionsförderung des Bundesmini-
steriums für Land- und Forstwirtschaft gefördert.
Es darf aber bemerkt werden, daß schon jetzt viele Direktvermarkt-
ungsbetriebe über einen hohen Standard
verfügen.
Zu Frage 5:
Ob und in welchem Ausmaß eine Wärmebehandlung der Rohmilch durch
Direktvermarkter gewerberechtliche bzw. steuerliche Auswirkungen
für solche Betriebe nach sich zieht, ist derzeit noch Gegenstand
von Verhandlungen. Somit können zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch
keine konkreten Aussagen getroffen werden.
Zu Frage 6:
Die entsprechende Meldung an die Europäische Kommission erfolgte
durch das damalige Bundesministerium für Gesundheit, Sport und
Konsumentenschutz im Rahmen seiner lebensmittelrechtlichen Zustän-
digkeit und ging ein in die Entscheidung 96/536/EG der Kommission
vom 29.7.1996 zur Festlegung des Verzeichnisses der Milcherzeug-
nisse, für die die Mitgliedstaaten gemäß Art. 8 Abs. 2 der Richt-
linie 92/46/EWG Einzelausnahmen oder allgemeine Ausnahmen gewahren
können, sowie die Art der Ausnahmeregelung für die Herstellung
dieser Erzeugnisse.
Diese Frage ist aber seit der Entscheidung 97/284/EG der Kommis-
sion vom 25.4.1997 zum Ersatz der Entscheidung 96/536/EG gegen-
standslos, weil dadurch das in Rede stehende Gemeinschaftsver-
zeichnis gestrichen wurde. Seither existiert ein solches nicht
mehr. Die entsprechenden Ausnahmen können von den Landeshaupt-
männern im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung gewahrt werden.
Zu Frage 7:
Diese Frage zielt offensichtlich auf die „Entscheidung der Kom-
mission vom 19. Oktober 1994 mit dem Verzeichnis der Betriebe in
der Gemeinschaft, denen zeitlich und inhaltlich begrenzte Aus-
nahmen von den besonderen Hygienevorschriften der Gemeinschaft für
die Herstellung und Vermarktung von Rohmilch,
wärmebehandelter
Milch und Erzeugnissen auf Milchbasis gewahrt wird (94/695/EG)“,
veröffentlicht im Amtsblatt Nr. L 282 vom 29. Oktober 1994, ab.
Hiebei sind neben Italien weitere zehn Länder der damaligen
zwölfergemeinschaft berücksichtigt.
Diese Ausnahmen waren nur bis 31.12.1997 zulässig. Außerdem
durften die betreffenden Produkte kein Genußtauglichkeitskenn-
zeichen tragen und nur im Inland vermarktet werden. Diese Ent-
scheidung erging gemäß Ergänzungsrichtlinie 92/47/EWG zur Milch—
hygiene-Richtlinie 92/46/EWG.
Da in der österreichischen Milchhygieneverordnung ohnedies eine
generelle übergangsfrist bis 31.12.1997 normiert wurde (für
Importe dauerte die Übergangsfrist jedoch nur bis zum 30.6.1994),
hatte sich eine analoge Ausnahmegewahrung in Österreich erübrigt.
Zu den Fragen 8 und 9:
Wie bereits in der Einleitung zu dieser Anfragebeantwortung aus-
führlich erläutert, hat das Bundesministerium für Land- und Forst-
wirtschaft einen wesentlichen Anteil daran, daß die nunmehr vor-
liegende Novelle zur Milchhygieneverordnung den Bedürfnissen der
bäuerlichen Produzenten möglichst entgegengekommen ist. Die für
alle Mitgliedstaaten der EU verbindlich hohen Standards haben das
Ziel, gleiche Wettbewerbsvoraussetzungen in allen Mitgliedstaaten
zu schaffen.