3418/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Maier, Leikam, Schwemlein, Lackner und Genossen
haben am 12. Dezember 1997 unter der Nr. 3443/J an mich eine schriftliche parlamentarische
Anfrage betreffend "Waffen für Mitarbeiterinnen von privaten Wachdiensten“ gerichtet, die
folgenden Wortlaut hat:
1. Wie stehen Sie zu dieser Tatsache?
2. Halten Sie das Führen von Schußwaffen durch Mitarbeiterinnen von privaten Wachdiensten
für die Ausübung ihres Bedarfes unerläßlich?
3. In welcher Form wird in Zukunft die sichere Verwahrung von Waffen bei MitarbeiterInnen
von privaten Wachdiensten und Detektivunternehmen kontrolliert werden?
4. Wieviele Mitarbeiterinnen von privaten Wachdiensten bzw. von Detektivunternehmen
verfügen über einen ,,Waffenpaß“?
5. In wievielen Fällen hat es die letzten fünf Jahre einen Schußwaffeneinsatz von
Mitarbeiterinnen von privaten Wachdiensten gegeben?
6. ist es in diesem Zusammenhang zu dem Entzug der Genehmigung (Waffenpaß) gekommen?
7. Sind Sie bereit, die Frage des Waffenführens insbesondere bei Mitarbeiterinnen privater
Wachdienste und Detektivunternehmen neu zu überprüfen?
8. Wie sieht die entsprechende Rechtslage in anderen europäischen Staaten - gerade im
Hinblick auf das Waffenfuhren durch Mitarbeiterinnen von privaten Wachdiensten aus?
9. Wie wird die neue Novelle zum Waffengesetz - die in der Öffentlichkeit bereits stark
diskutiert wurde — aussehen?
10. Werden Sie dabei eine Abgabe für den Besitz und das Führen von Waffen vorsehen? Soll
es Ausnahmebestimmungen geben? Sind Ausnahmebestimmungen auch für MitarbeiterInnen
von privaten Wachdiensten bzw.
Detektivunternehmen vorgesehen?"
Diese einzelnen Fragen beantworte ich wie folgt.
Zu den Fragen 1 und 2:
Gewerbeberechtigungen für das Bewachungsgewerbe (§ 254 GewO) werden unter anderem
für die Bewachung von Betrieben, Gebäuden, Grundstücken und von beweglichen Sachen
erteilt sowie für die Durchführung und Begleitung von Transporten von Geld und
Wertgegenständen mit Fahrzeugen des Straßenverkehrs. Für die Ausübung des
Detektivgewerbes werden gemäß § 249 GewO Berechtigungen insbesondere für den Schutz
von Personen und die Bewachung beweglicher Sachen, wenn diese Bewachung im
Zusammenhang mit dem Schutz von Personen steht, erteilt. Aus der Umschreibung des
Umfanges dieser Berechtigungen geht hervor, daß der Tätigkeitsbereich sowohl Situationen
umfaßt, in denen besondere Gefahren bestehen, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt
begegnet werden kann, aber auch solche, in denen das Führen von Schußwaffen nicht
erforderlich ist. Unbestritten und im Einklang mit der in dieser Frage strengen Judikatur des
Verwaltungsgerichtshofes scheint ein Bedarf am Führen der Waffen zu bestehen, wenn
Angestellte eines Bewachungsgewerbes etwa zur Nachtzeit gefährdete Objekte zu sichern oder
Geldtransporte zu begleiten haben. Vermutlich benötigen solche Menschen keine Schußwaffe,
wenn sie tagsüber einen Parkplatz überwachen und sonst nichts auf eine verschärfte
Gefahrenlage hinweist.
Das österreichische Waffenrecht - das Waffengesetz 1996 ebenso wie das Waffengesetz 1986 -
kennt allerdings keine Beschränkung der Berechtigung, Schußwaffen zu führen, auf jene
Zeiten, in denen der Betroffene tatsächlich einer besonderen Gefahr ausgesetzt ist. Der gemäß
§ 21 Abs 4 WaffG zwingend vorgesehene Beschränkungsvermerk bewirkt nur, daß die
Befugnis zum Führen erlischt, sobald der Berechtigte diese Tätigkeit künftig nicht mehr
ausüben will oder darf. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Waffengesetzes 1996
(457 d. Blg. XX.GP) wird hiezu ausgeführt, daß die Berechtigung nicht erlischt, wenn der
Betroffene nur aktuell, etwa zum Zeitpunkt einer sicherheitspolizeilichen Kontrolle, diese
Tätigkeit nicht ausübt. Das bedeutet, daß die Behörde Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus
dem Bewachungsgewerbe, die bei ihrer Tätigkeit zumindest zeitweise besonderen Gefahren
ausgesetzt sind, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt begegnet werden kann, einen
Waffenpaß mit der Beschränkung auf die Ausübung dieser Tätigkeit im eben dargelegten Sinne
auszustellen hat. In dieselbe Richtung zielt auch die Rechtsprechung des VwGH, der in seinem
Erkenntnis vom 24.4.1976, ZI. 2236/75, deutlich davon spricht, daß für das Vorliegen eines
Bedarfes nicht erforderlich ist, daß es sich um einen fortwährenden Bedarf handeln muß.
Eine „Verschärfung“ des Gesetzes dahingehend, daß die Berechtigung tatsächlich nur für jene
Zeiten gilt, in denen die besondere
Gefahrenlage besteht, wäre denkbar aber doppelt
problematisch: einerseits stellt die geltende Regelung relativ klare Grenzen auf und ist daher
einer effektiven Kontrolle zugänglich; eine strikte Beschränkung auf den Zeitraum der
Ausübung einer besonders gefährlichen Tätigkeit wurde Abgrenzungsprobleme vor allem für
jene Zeitspannen mit sich bringen, die etwa den Weg von der Wohnung zum Arbeitsplatz und
umgekehrt betreffen, aber auch Wege von der Firma zum Überwachungsobjekt und zurück.
Andererseits ist die Gefahrenlage nicht immer mit Sicherheit abzuschätzen, so daß bei einer
unvorhergesehenen Zuspitzung kein ausreichender Schutz bestünde. Eine effektive, weil an
nachvollziehbaren Kriterien orientierte Kontrolle wäre daher kaum möglich, da Angaben der
Betroffenen von kontrollierenden Organen nahezu nicht verifiziert werden könnten.
Ohne von meinem grundsätzlichen Standpunkt abzuweichen, das Führen von Schußwaffen nur
dann zu erlauben, wenn ein Mensch besonderen Gefahren ausgesetzt ist, bin ich doch der
Meinung, daß es in diesem Bereich nur zu einer solchen Verschärfung des Gesetzes kommen
soll, die auch eine effektive Kontrolle ermöglicht.
Zu Frage 3:
Derzeit gibt es für die Kontrolle der Verwahrung von Schußwaffen bei privaten Wachdiensten
und Detektivunternehmen keine besonderen auf deren spezielle Berechtigung abstellende
gesetzlichen Regelungen. Angestellte solcher Unternehmen, die Inhaber waffenrechtlicher
Bewilligungen sind, werden wie alle anderen Urkundeninhaber alle fünf Jahre regelmäßig oder
wenn Anhaltspunkte für eine nicht sichere Verwahrung vorliegen, ad hoc kontrolliert. Sollte
sich der Gesetzgeber dazu entschließen, die Regelungen über die Verwahrung von
Schußwaffen zu präzisieren und eine weitergehende Kontrollmöglichkeit für die Behörden und
Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vorzusehen, was ich unterstütze, würde jedenfalls
dafür Sorge zu tragen sein, daß die Behörden von einer solchen Kontrollmöglichkeit in
ausreichendem Maße Gebrauch machen. Im Rahmen neuer gesetzlicher Bestimmungen jedoch
besondere Regelungen für einzelne Berufsgruppen vorzusehen, scheint nach meinem
Dafürhalten wenig zielführend. Vielmehr könnte sogar naheliegen, die von einem
,,professionellen" Waffenbesitzer ausgehende Gefahr als geringer einzuschätzen, weil das
Argument schwer von der Hand zu weisen ist, daß diese Menschen auf Grund ihres täglichen
Umganges mit der Waffe geübter sind und im Hinblick darauf; daß sie zur Ausübung ihres
Berufes die Berechtigung zum Führen einer Schußwaffe benötigen, diese Berechtigung nicht
leichtfertig aufs Spiel setzen werden.
Zu den Fragen 4 und 5:
In die von den Sicherheitsbehörden geführten Statistiken über die Erteilung von Waffenpässen
und die Verwendung von Schußwaffen bei Straftaten, finden Angaben über die berufliche
Tätigkeit der Betroffenen keinen Eingang. Eine diesbezügliche Erhebung würde österreichweit
die Durchsicht aller Verwaltungsakten (mehr
als 110.000) im Zusammenhang mit der
Ausstellung von Waffenpässen notwendig machen; ich ersuche daher um Verständnis dafür,
daß eine solche - höchst aufwendige - Durchsicht unterblieben ist.
Zu Frage 6:
Im Bereich der Waffenbehörden gibt es keine generelle statistische Erfassung jener Falle, in
denen es zu einem Entzug der waffenrechtlichen Bewilligung gekommen ist. Es war daher auch
nicht möglich festzustellen, wieweit sich diese Maßnahmen auf Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen von privaten Wachdiensten bezogen haben.
Zu Frage 7:
Grundsätzlich bin ich jederzeit bereit, Fragen im Zusammenhang mit der Erlaubnis,
Schußwaffen zu führen, aber auch zu besitzen, in jede Richtung hin zu prüfen. Wie ich bereits
oben dargelegt habe, halte ich es aus den dort ausgeführten Gründen jedoch nicht für
zielführend, besondere Regelungen für eine bestimmte Berufsgruppe vorzusehen. Es mußte
vielmehr zu einem Überdenken der Notwendigkeit privaten Waffenbesitzes überhaupt kommen
und zur eingehenden Prüfling, unter welchen Umständen dieser noch gerechtfertigt erscheint.
Zu Frage 8:
Soweit die einschlägigen Vorschriften in anderen europäischen Ländern in Erfahrung gebracht
werden konnten, gibt es für Bewachungsunternehmen keine speziell auf diese Unternehmen
abstellende Regelungen. Bekannt wurde jedoch, daß es in der Bundesrepublik Deutschland
Bestrebungen gibt, im Rahmen einer Neustrukturierung des Waffengesetzes Regelungen für
diese Unternehmen zu schaffen. Vorgeschlagen wurde dazu eine Bestimmung etwa folgenden
Inhalts:
„Eine Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Schußwaffen und Munition soll einem
Bewachungsunternehmer erteilt werden, wenn er glaubhaft macht, daß das
Bewachungsunternehmen auf Dauer angelegt ist und Bewachungsaufträge wahrgenommen
werden oder werden sollen, die aus Gründen der Eigensicherung oder der gefährdeten Person
oder eines besonders gefährlichen Objektes das Tragen von Schußwaffen unter
Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit zwingend erfordern. Dabei muß das
Vorliegen solcher Aufträge nachgewiesen sowie die Tatsache, daß solche Aufträge auch in
Zukunft zu erwarten sind, glaubhaft gemacht werden. Personen, die nach Weisung des
Erlaubnisinhabers Schußwaffen fuhren sollen, sind vor Erlaubniserteilung der zuständigen
Behörde zur Prüfung zu benennen. Die Überlassung darf erst erfolgen, wenn die zuständige
Behörde zugestimmt hat. Der Bewachungsunternehmer und die für ihn tätigen Mitarbeiter
dürfen erlaubnispflichtige Schußwaffen auch außerhalb eines befriedeten Besitztums schuß—
und zugriffsbereit führen, soweit dies
auf Grund des Auftrages zwingend erforderlich ist."
Ob es zur Umsetzung dieses Vorschlages kommt vermag ich nicht vorherzusagen; ich werde
jedoch ihr eine Einbeziehung der schließlich getroffenen Entscheidung in die österreichische
Diskussion Sorge tragen.
Zu den Frage 9 und 10:
Für die in der Öffentlichkeit diskutierten Änderungen des Waffengesetzes ~996 liegt die
Initiative beim Gesetzgeber. Als Bundesminister ihr Inneres werde ich insbesondere jene
Vorschläge unterstützen, die geeignet sind, das mit privatem Schußwaffenbesitz verbundene
Risiko herabzusetzen oder zu vermeiden. Im einzelnen würde ich begrüßen, wenn es gelingen
würde, den Zugang zu Schußwaffen auf jene Menschen zu beschränken, die tatsächlich einer
Gefahr ausgesetzt sind, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt begegnet werden kann.
Darüber hinaus scheint es zielführend, detaillierte Regelungen über die Verwahrung von
Schußwaffen, die Kontrolle dieser Verwahrung sowie über den sicheren Umgang mit
Schußwaffen (Waffenführerschein) zu treffen. In diesen Bereichen halte ich es zudem ihr
zielführend, den Waffenhandel in vermehrtem Maße einzubinden. Vorstellbar wäre vor allem,
daß Schulungen im Umgang mit Schußwaffen bei den einschlägig Gewerbetreibenden erfolgen
könnten, aber auch, daß die Information der Waffenbesitzer über die sichere Verwahrung von
diesen vorgenommen wird.
Der Einführung einer Abgabe ihr den Besitz von Schußwaffen stehe ich grundsätzlich offen
gegenüber. Sie würde eine Reduzierung des privaten Schußwaffenbesitzes vor allem in jenen
Bereichen bewirken, in denen der Betroffene die Waffen weder tatsächlich benötigt noch
weiter besonderen Wert auf diese legt. Darüber hinaus könnten zusätzliche Kosten den Anreiz
mindern, Schußwaffen zu erwerben. All dies wäre unter Sicherheitsgesichtspunkten jedenfalls
erstrebenswert. Es müßte zudem gelingen, diese Abgabe, etwa durch eine spezielle
Zweckbindung der dadurch aufkommenden Mittel, den Bürgern als sinnvoll und zweckmäßig
näher zu bringen. Welche Menschen und Gruppierungen von der Leistung dieser Abgabe
auszunehmen wären, wird erst zu entscheiden sein, wenn über eine solche Regelung zumindest
ein grundsätzlicher Konsens besteht.