3429/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Brinek, Morak und Kollegen haben am
12. Dezember 1997 unter der Nr. 3480/J an mich eine schriftliche parlamentari-
sche Anfrage betreffend „freie Klasse“ von Dr. ZINGGL gerichtet, die folgenden
Wortlaut hat:
„1. In welcher Verantwortungs-Relation stehen die Kunstkuratoren einerseits
zum Bundeskanzler, andererseits zum Bundesminister für Wissenschaft
und Verkehr? Was bedeutet in diesem Zusammenhang
,,Ministerverantwortlichkeit“?
2. Welche Aufgabe verfolgt der Kunstkurator Dr. ZINGGL? (definitorisch,
faktisch)
3. Was ist das Motiv für die finanzielle, ideelle und organisatorische Initiative
und Unterstützung der „freien Klasse“ an der Hochschule für angewandte
Kunst? Sehen Sie darin eine widmungsgemäße Verwendung von Kurato-
renmitteln?
4. In welcher Beziehung steht die Arbeit der „freien Klasse“ zum Studienplan
für das Lehramt an der Hochschule für angewandte Kunst?
5. Wie wird das vom Kurator Brüderlin inituerte Projekt/Zeitschrift Springer
von Ihnen bewertet? Liegen Ihnen Verkaufszahlen vor? Wird - wie das im
Projekt ursprünglich vorgesehen war - das Projekt vom Verlag Springer
fortgeführt?“
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 und 2:
Die Kunstförderung über unabhängige Kunstkuratoren ist ein relativ neues Mo-
dell, das nunmehr seit sechs Jahren erfolgreich und international beachtet und
anerkannt neben die traditionellen Formen der Kunstförderung getreten ist. Da-
bei soll ein eigenverantwortlicher Kurator für zwei Jahre mit einem bestimmten
Budget Kunst fördern und sich auch einer öffentlichen Diskussion stellen.
Die Kunstkuratoren sind dem zuständigen Bundesminister gegenüber verant-
wortlich, die in dem zwischen der Republik Österreich und den Kuratoren abge-
schlossenen Freien Dienstvertrag enthaltenen Vereinbarungen bezüglich der
Kunstförderung einzuhalten. Demnach übernehmen die Kunstkuratoren den
Auftrag, Vorschläge für Förderungsmaßnahmen des Bundeskanzleramtes in
der Gesamthöhe von maximal 30 Millionen Schilling („operatives Budget“)
abzüglich allfälliger vom Bundesministerium für Finanzen verfügten Budgetbin-
dungen folgender Art zu erstatten:
1. für die Förderung eines oder mehrerer hervorragender Künstler und/oder
2. für die Förderung zeitgenössischer und/oder zukunftsweisender künstleri-
scher Projekte und/oder
3. für besonders geeignete Präsentation von Werken.
Der Schwerpunkt der Tätigkeit ist die Entwicklung eines Förderungskonzeptes,
das die Selbstverantwortlichkeit von Künstlerinnen herausfordert, institutionsun-
abhängigen Projekten von Künstlerinnen dient und die Diskurskultur über Kunst
verbessert, wobei zur Vertiefung und Bündelung von Informationen sowie In-
tensivierung der Kommunikation ein dieser Aufgabe gewidmetes Zentrum ge-
schaffen werden soll. Künstlerischen Projekten und Werkpräsentationen ist
nach Möglichkeit begleitende Unterstützung in der Phase der Realisierung zu
gewähren. Soweit wie möglich sind
beispielhafte/modellhafte Methoden der
Förderung vorzusehen. Die Vorschläge haben Künstlerinnen, Projekte und
Werkpräsentationen im Bereich der bildenden Kunst zu betreffen und einen
Kostenvoranschlag zu enthalten; gegebenenfalls sind auch Vorschläge be-
treffend spartenübergreifende Werke, Projekte und Präsentationen zu erstat-
ten.“
Da die Kunstkuratoren keine Beamten sind, besteht keine Weisungsgebunden-
heit. Durch den Wechsel der Kunstsektion vom damaligen Bundesministerium
für Wissenschaft, Verkehr und Kunst zum Bundeskanzleramt im Februar 1997
besteht im übrigen keine Verantwortung der Kunstkuratoren mehr gegenüber
dem Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr.
Das Kuratorenmodell verletzt das Prinzip der Ministerverantwortlichkeit nicht,
weil letztlich die Entscheidungskompetenz des Ressortsleiters nicht in Frage
gestellt wird. Es soll allerdings auf die Entscheidungen möglichst wenig Einfluß
genommen werden, um den Kuratoren ihre Unabhängigkeit zu gewährleisten.
Bisher haben sich daraus auch keine Schwierigkeiten ergeben.
Zu den Fragen 3 und 4:
Die sogenannte „Freie Klasse“ ist eine Initiative von Studierenden der Hoch-
schule für angewandte Kunst mit der Absicht, Studierenden zusätzliche
Angebote zur Ausbildung an der Hochschule in Form eines selbst organisierten
Bildungsangebotes zu ermöglichen. Die Studierenden wollen innerhalb der
Hochschule mit ihrem Beispiel die bisherige Unterrichtspraxis hinterfragen,
ergänzende Felder zum derzeitigen Studienbetrieb aufzeigen, eine
grundlegende Reform auf konstruktive Weise herbeiführen und sich damit auch
um neue Formen in der
Kunst bemühen. Dr. ZINGGL unterstützt diese Initiative von Studierenden. Die
widmungsgemäße Verwendung von Kuratorenmitteln ist bei diesem Projekt im
Sinne des Konzeptes des Kuratorenmodells gegeben.
Zu Frage 5:
Die Zeitschrift ,,Springer" weist ein sehr hohes fachspezifisches Niveau auf, ver-
fügt über ein anspruchsvolles, modernes Layout und konnte trotz ihres hohen
inhaltlichen Anspruchs eine im Vergleich zu anderen Zeitschriftenprojekten die-
ser Art erstaunlich hohe Abonnentenzahl in den drei Jahren ihres Bestehens
erreichen. Die Verkaufszahlen seit 1995 liegen dem Bundeskanzleramt vor.
Die Zeitschrift ,,Springer" wird, wie mir berichtet wird, nach dreijährigem
Bestehen vom Springer Verlag an einen privaten Verein übergeben.