3481/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Haidlmayr, Freundinnen und Freunde haben am 13, Janner

1998 unter der Nr. 3487/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend

„Beweisverfahren im Zusammenhang mit Zivildienst - ‘Altfällen", gerichtet, die folgenden

Wortlaut hat.‘

„1. Hat es in Bezug auf die ‚Altfälle‘ bereits endgültige Bescheide gegeben? Wenn ja,

wieviele sind davon positiv und wieviele sind negativ ausgegangen?

2. Welche Gründe waren für die negativen Bescheide ausschlaggebend?

3. Ist Ihnen das Vorgehen Dr. Stradals gegenüber Zivildienstwerbern  -  wie es in der

Einleitung zur Anfrage dargestellt wird -  bekannt?

4. Erachten Sie die Begründungen, mit denen das Beweisverfahren durch den zuständigen

Beamten geführt wird, für gerechtfertigt?

5. Hat es im Zusammenhang mit diesen Beweisverfahren tatsächlich Zurückziehungen von

bereits eingebrachten Zivildiensterklärungen gegeben? Wenn ja - wieviele?

6. Handelt es sich bei der Androhung der Negativfolgen beim Bundesheer durch Dr. Stradal

nicht um eine Kompetenzüberschreitung? Wenn ja, welche Schritte haben Sie in diesem

Zusammenhang eingeleitet?

7. Wenn ablehnende Bescheide, aufgrund des fehlenden oder nicht hinreichenden

Nachweises gibt, woher die Betroffenen die Information (die nach § 76a (2) ZDG eigentlich

von den Militärbehörden gegeben werden müßte) haben, ist dann nicht erneut mit einer

Reihe von höchstgerichtlichen Beschwerden zu rechnen, die durchaus Aussicht auf Erfolg

haben?

8. Entspricht diese Vorgangsweise dem Gebot der Kostengünstigkeit der Verwaltung?

9. Wie hoch waren die Verfahrenskosten, die im Innenministerium aufgrund der restriktiven

Rechtsauslegung Dr. Stradals bezüglich des 11. April 1995 angefallen sind, wobei viele

Betroffene auch damals erst beim Verfassungsgericht Recht erhielten?“

Einleitend möchte ich zum verfahrensrechtlichen Ausgangspunkt der ,,Altfälle“ folgendes

festhalten:

Die Verfassungsbestimmung des § 76 a Abs. 1 des Zivildienstgesetzes sieht vor, daß für

Wehrpflichtige, deren Tauglichkeit vor dem 1. Jänner 1994 festgestellt worden ist und seither

fortbesteht und die am 1. Jänner 1997 noch keinen Grundwehrdienst geleistet haben, das Recht

ruht eine Zivildiensterklärung abzugeben. Nach Ablauf von 5 Jahren ab Abschluß des

Stellungsverfahrens kann in solchen Fällen jedoch während eines Zeitraumes von 6 Wochen

wieder eine Zivildiensterklärung abgegeben werden.

Die damit getroffene Regelung zielt darauf ab, solchen Wehrpflichtigen, die zuvor wiederholt

und während eines längeren Zeitraumes die Möglichkeit zur Abgabe einer Zivildiensterklärung

gehabt hätten, dann wenn sie noch keinen Grundwehrdienst geleistet haben, eine letzte

Möglichkeit der Abgabe einer Zivildiensterklärung einzuräumen.

Für Wehrpflichtige, die vor dem 1. Jänner 1992 tauglich waren, hat demnach die Frist des

§ 76a Abs. 1 ZDG von 6 Wochen mit Inkrafttreten der ZDG - Novelle 1996, somit mit 1. Jänner

1997 zu laufen begonnen. Diese Rechtsauffassung hat der Verfassungsgerichtshof mit

Erkenntnis vom 18. November 1997, B 2222/97, bestätigt. Gemäß § 76a Abs. 2 ZDG waren

betroffene Wehrpflichtige hievon vom Bundesminister für Landesverteidigung rechtzeitig in

Kenntnis zu setzen.

Anträge auf Wiedereinsetzung nicht informiert er, vor dem 1. Jänner 1992 tauglich gewordener

Wehrpflichtiger in die Versäumung der Frist für die Abgabe einer Zivildiensterklärung sind

durch die zuständige Fachabteilung meines Ressorts nach den Grundsätzen des § 71 AVG zu

prüfen, sofern auf die Antragsteller die Voraussetzungen des § 76a Abs. 1 ZDG zutreffen. Im

Beweisverfahren ist insbesondere zu klaren, ob der Wiedereinsetzungsantrag rechtzeitig

gestellt wurde und die Fristversäumung nur auf einen minderen Grad des Versehens

zurückzuführen ist. Das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ist dem Antragsteller zur

Wahrnehmung seiner Rechte bekanntzugeben; im Rahmen des Parteiengehörs hat dieser

Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Ich gehe davon aus, daß die Fachabteilung hiebei nach

bestem Wissen und im Bewußtsein ihrer grundrechtswahrenden Verantwortung vorgegangen

ist; die Vielzahl der positiven Erledigungen scheint mir dies zu bestätigen.

Die einzelnen Fragen beantworte ich wie folgt:

Zu den Fragen 1 und 2:

Von den eingebrachten Wiedereinsetzungsanträgen wurden bislang 208 positiv erledigt. Erst

ein Antrag wurde negativ entschieden; hiefür war die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist

ausschlaggebend. In 14 Fällen erklärten die Antragsteller vor Eröffnung des Beweisverfahrens,

daß ihr rechtliches Interesse zur Erlangung der Zivildienstpflicht nicht mehr bestehe, in 10

Fällen zogen die Antragsteller den Wiedereinsetzungsantrag zurück.

Zu den Fragen 3. 4 und 6:

Die Durchführung von Beweisverfahren zu Wiedereinsetzungsanträgen ist unerläßlich, in

Verwaltungsverfahren ist der Grundsatz der freien Beweiswürdigung zu beachten. Wie mir

berichtet wurde, haben einzelne Antragsteller bei Einräumung des Parteiengehörs erkannt, daß

sie mit keiner positiven Erledigung ihres Antrags rechnen könnten; einige unter diesen hätten

um Rechtsauskunft ersucht, welche Möglichkeiten sie im Falle der Abweisung des

Wiedereinsetzungsantrages zur Erlangung der Zivildienstpflicht hätten. In solchen Fällen habe

der Verhandlungsleiter jeweils auf die sich aus § 2 Abs. 2 ZDG ergebenden Konsequenzen

hingewiesen (Möglichkeit zur Einbringung einer Zivildiensterklärung nach teilweiser oder

vollständiger Leistung des Grundwehrdienstes). Negativfolgen „beim Bundesheer“ seien dabei

nicht genannt worden.

Zu Frage 5:

In Beweisverfahren haben vier Antragsteller von sich aus ihre Anträge zurückgezogen, die

übrigen Zurückziehungen erfolgten bei Einleitung des Beweisverfahrens.

Zu den Fragen 7 und 8:

Ob und in welcher Anzahl Beschwerden zu negativen Bescheiden im Verwaltungsverfahren bei

Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes zum Erfolg fuhren können, kann im Vorhinein nicht

beurteilt werden. Angesichts der sehr geringen Zahl negativer Entscheidungen scheint auch

keine „Reihe von höchstgerichtlichen Beschwerden“ in Frage zu kommen. Allerdings hat sich

jede Entscheidung im Einzelfall nicht nach dem Gesichtspunkt möglicher Kostenfragen im Falle

der Einbringung einer Höchstgerichtsbeschwerde zu orientieren.

Zu Frage 9:

Die ZDG - Novelle 1994 sah im § 76a Abs. 2 Z 1 ZDG vor, daß taugliche Wehrpflichtige, die

weder Angehörige des Präsenzstandes nach § 1 Abs. 3 WG, noch seit mehr als 2 Wochen zu

einem Präsenzdienst einberufen sind, eine Zivildiensterklärung innerhalb eines Monates ab dem

der Kundmachung dieses Bundesgesetzes folgenden Tag einbringen können. Da diese Novelle

mit 10. März 1994 im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde, war die Monatsfrist nach

diesem Kundmachungstermin zu berechnen. Das Innenressort ging damals davon aus, daß die

Kundmachung eines Bundesgesetzes kein Verwaltungsverfahren abschließt und demnach die

durch die Kundmachung der Norm beginnende Frist keine verfahrensrechtliche sei. Der

Verfassungsgerichtshof hat in einem einzigen Beschwerdefall hiezu mit Erkenntnis vom 12.

Oktober 1994, B 1659/94, erkannt, daß die von meinem Ressort vertretene Rechtsansicht

insofern nicht zutraf, als die Gleichartigkeit der Fristenregelung tur Antragsteller nach

Abschluß des Stellungsverfahrens auch im Beschwerdefall eine verfahrensrechtliche Frist

begründe, die erst mit Ablauf des 11. April 1994 beendet war. In diesem Beschwerdefall waren

Kosten von S 18.000, - zu ersetzen.

Die übrigen Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof zu Mängelbescheiden zu

Zivildiensterklärungen im Zusammenhang mit der ZDG - Novelle 1994 betrafen nicht Fragen

der Fristenberechnung.