3482/AB XX.GP
Auf die - aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie bei -
geschlossene - schriftliche Anfrage der Abgeordneten Mag. Haupt und
Kollegen vom 22. Jänner 1998, Nr. 3588/J, betreffend Entsandungs -
anlage Margaritze - Naßfeld, beehre ich mich folgendes mitzuteilen:
Zu Frage 1:
Die Sicherheit einer Stauanlage ist grundsätzlich nur durch einen
einwandfrei funktionierenden Grundablaß gewährleistet. Ein total
verlandeter und nicht mehr betriebsfähiger Grundablaß kann seine
Aufgabe im Falle einer notwendigen Spiegelabsenkung nicht mehr
erfüllen. Der Grundablaß ist neben der Entleerung des Staubeckens
und der Regulierung des Speicherspiegels als einziges Sicher-
heitsorgan für die Schnellabsenkung bei
einem nicht vorhersehbaren
Ereignis unbedingt erforderlich. Erfahrungsgemäß ist das Nicht -
funktionieren von Betriebseinrichtungen (Grundablasse bzw. Hoch -
wasserentlastung) eine der Hauptursachen für das Versagen von
Stauanlagen. Sollten trotz dauernder Wartung und Beobachtung der
Staumauern und des Stauraumes unvorhersehbare Ereignisse wie z.B.
Risse, Umströmungen, Erdbeben o.ä. eintreten, so ist der Grundablaß
das einzige Sicherheitsorgan, um durch eine Schnellabsenkung des
Speicherspiegels das Sicherheitsrisiko minimieren zu können. Es
darf darauf verwiesen werden, daß die Funktionsfähigkeit der
Sicherheitsanlagen der Talsperre unabdingbare Voraussetzungen für
die Sicherheit der Talbevölkerung darstellt, die es zu schützen
gilt.
Eine wasserrechtliche Genehmigung zur Durchführung von Spülungen
oder eine rechtliche Verpflichtung der Tauernkraftwerke AG zur
ausschließlichen Durchführung von Spülungen kann weder aus dem
Bewilligungs - noch aus dem Überprüfungsbescheid abgeleitet werden.
Im Gegenteil, für Spülungen, die die Beschaffenheit von Gewässern
beeinträchtigen, sind gemäß § 50 Abs 8 WRG jeweils wasserrechtliche
Genehmigungen einzuholen.
Zu Frage 2:
Seit Inbetriebnahme des Speichers Margaritze 1952 mußten zur
Aufrechterhaltung der Betriebssicherheit der Grundablässe in den
Jahren 1960 und 1961 aus dem Speicherraum durch Saugbaggerungen und
Spülungen sowie 1962 durch eine dreitägige Großspülung Ablagerungs -
material in die Möll eingebracht werden. Weiters wurde der Speicher
Margaritze aufgrund des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides
des Bundesministers für Land - und Forstwirtschaft vom 25.4.1995 im
Juni 1995 gespült.
Zu Frage 3:
Ende 1995 und Anfang 1996 wurden Abdichtungsmaßnahmen an der
steinschlichtung Sandersee durchgeführt, welche mit Bescheid des
Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 9.10.1995 was-
serrechtlich bewilligt worden sind. Weiters wurde seit 1990 immer
wieder Gletscherschliff aus dem Bereich der Einlaufbauwerke der
Grundablässe mit einem schwimmenden Saugbagger in den Flachteil
verlagert.
Die oben angeführten Maßnahmen können allerdings nur der kurz-
fristigen Hintanhaltung der Verhandlungsproblematik dienen und sind
als Übergangslösung bis zur Verwirklichung einer Langzeitlösung,
wie sie die Entsandungsanlage Margaritze - Naßfeld darstellt, zu
sehen.
Zu Frage 4:
Die Tauernkraftwerke AG ist bescheidgemäß verpflichtet, die
Freihaltung der Grundablasse des Magaritzenspeichers sicher-
zustellen. Dieser Bescheid ist an die Bewilligung der Glockner-
Kaprun - Gruppe gekoppelt, die im Jahre 2029 ausläuft. Es darf darauf
verwiesen werden, daß Spülungen, die negative Auswirkungen auf die
Beschaffenheit von Gewässern aufweisen, in jedem Fall einer eigen-
ständigen Bewilligung nach § 50 Abs 8 WRG bedürfen.
Zu Frage 5:
Genehmigungen in wasserrechtlichen Verfahren werden in diesem Fall
vom Bundesministerium für Land - und Forstwirtschaft als oberste
wasserrechtsbehörde nach der Durchführung eines entsprechenden
Ermittlungsverfahrens und Verhandlungen, unter Beiziehung fachlich
einschlägiger Sachverständiger, nach Anhörung von öffentlichen
Stellen, Interessenvertretungen und
betroffenen bzw. interessierten
Personen bei Abwägung sämtlicher berührter Öffentlicher Interessen
und fremder Rechte gefällt. Es darf festgestellt werden, daß bei
einem Genehmigungsansuchen, welches die im WRG normierten
Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt, ein Rechtsanspruch des
Genehmigungswerbers, im gegenständlichen Fall der Tauernkraftwerke
AG, auf eine positve Erledigung besteht.
Zu Frage 6:
Es besteht die gesetzliche Verpflichtung des § 52 Abs 1 AVG, primär
der Behörde beigegebene oder zur Verfügung stehende amtliche Sach -
verständige (Amtssachverständige) beizuziehen. Vor der Erteilung
der wasserrechtlichen Bewilligung für die Entsandungsanlage
Margaritze - Naßfeld wurden Gutachten des Amtssachverständigen für
Naturschutz, des Amtssachverständigen für Fischereiwirtschaft und
eine Stellungnahme des Fischereirevierausschusses Spittal/Drau von
der zuständigen Wasserrechtsbehörde eingeholt. Die jeweiligen
Gutachten sind in der Verhandlungsschrift der wasserrechtlichen
Bewilligungsverhandlung enthalten.
Zu Frage 7:
Die Rechtsstellung der Parteien und Beteiligten im wasserrecht -
lichen Genehmigungsverfahren richtet sich nach § 102 WRG, der in
Abs 1 lit d der Gemeinde im gegenständlichen Fall Parteistellung
zur Wahrung des ihr im § 13 Abs 3 WRG zustehenden Anspruches
gewährt.
ZudenFragen 8. 9 und 10:
Die für die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung im
gegenständlichen Fall zuständige Behörde ist gemäß § 100 WRG der
Bundesminister für Land - und
Forstwirtschaft. Wie bereits in der
Beantwortung von Frage 5 dargelegt, erfolgt die behördliche
Entscheidung im Wasserrechtsverfahren nach ausführlichen Ab -
wägungsprozessen zwischen den widerstreitenden Interessen. Es würde
aber dem rechtsstaatlichen Grundprinzip der österreichischen Bun -
desverfasung zuwiderlaufen, wenn über die gesetzlich normierten
Genehmigungsvoraussetzungen und - kriterien hinaus, Umfragen als
Determination für die Behördenentscheidungen herangezogen würden.
Mittel der Bestimmung des Behördenhandelns ist ausschließlich das
Gesetz.
Zu Frage 11:
Da eine wasserrechtliche Bewilligung einen antragsbedürftigen
Verwaltungsakt darstellt, ist es in diesem Zusammenhang der Behörde
insbesondere verwehrt, amtswegig ein Genehmigungs - oder Be -
willigungsverfahren einzuleiten oder wie im gegenständlichen Fall
über das Genehmigungsansuchen hinausgehende Alternativen zu prüfen.
Dazu gibt es keine gesetzliche Grundlage. Das Bundesministerium für
Land - und Forstwirtschaft ist verpflichtet, ausschließlich das
beantragte Projekt auf seine Genehmigungsfähigkeit zu prüfen.
Darüber hinausgehende Maßnahmen sind rechtswidrig.
Zu Frage 12:
Es darf darauf verwiesen werden, daß die Frage der Betriebskosten
ausschließlich in der Sphäre des Projektanten und nicht bei der
Wasserrechtsbehörde liegt. Auch Abschlagszahlungen waren nicht
Gegenstand des behördlichen Bewilligungsverfahrens.
Zu den Fragen 13. 14 und 15:
Maßgebliches Kriterium, daß seitens der Wasserrechtsbehörden im
Zillertal und auf der Salzburger Seite von
Kaprun einer sanften
Spülung der Vorzug gegeben wurde, liegt prinzipiell darin, daß der
Betreiber eine solche beantragt hat. Es stellt ausschließlich eine
betriebsinterne Sache dar, welcher Variante er den Vorzug gibt. Ob
dieser dann eine Bewilligung erteilt wird, hat die Wasserrechts -
behörde zu entscheiden.
Die wasserrechtliche Bewilligung im Zillertal erfolgte durch das
Bundesministerium für Land - und Forstwirtschaft, die Stauraum -
spülung der Eigenbedarfsanlage in Kaprun wurde vom Landeshauptmann
von Salzburg genehmigt.
Zu den Fragen 16 und 17:
Der Bundesminister für Land - und Forstwirtschaft hat gemäß § 100
WRG über den Antrag der Tauernkraftwerke AG mit Bescheid abge -
sprochen.
Es wurden Gutachten des wasserbautechnischen, gewässerbiologischen
und des Amtssachverständigen für Fischerei eingeholt.
Zu Frage 18:
Dem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren wurden die Verfahrens -
parteien des § 102 WRG beigezogen, dh Grundeigentümer, Wasser - und
Fischereiberechtigte sowie die berührten Gemeinden und die nach
§ 108 WRG beizuziehenden Behörden und Interessenvertreter.