3506/AB XX.GP

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 3519/J betreffend das

Multilateral Agreement on Investment (MAI), welche die Abgeordneten Petrovic, Freundinnen

und Freunde am 20.1.1998 an mich richteten und aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit

in Kopie beigelegt ist, stelle ich fest:

Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:

Österreich nimmt an den MAI - Verhandlungen seit deren Beginn im Herbst 1995 teil.

Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:

Die österreichische Delegation wird vom Leiter der zuständigen Abteilung des

Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten geleitet, ihre Zusammensetzung im

Einzelfall hängt vom jeweiligen Verhandlungsgegenstand ab.

Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:

Die Bundesregierung unterstützt die Bemühungen, mit dein MAI ein umfassendes

internationales Abkommen für den Investitionsbereich zu schaffen, das hohe Liberalisierungs -

und Investitionsschutzstandards setzt und über einen effektiven Streitbeilegungsmechanismus

verfügt.

Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:

Der aktuelle Vertragsentwurf liegt im Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten

auf, Einsichtnahme ist möglich.

Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:

Österreich nimmt an den Verhandlungen aktiv teil und hat in deren Verlauf teils mündlich,

teils schriftlich, zahlreiche Vorschläge eingebracht.

Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

Das MAI will ungerechtfertigte Benachteiligungen ausländischer Investoren durch den

Gaststaat unterbinden und die Rechtssicherheit im internationalen Wirtschaftsleben erhöhen,

indem getätigte Investitionen (vor allem vor entschädigungsloser Enteignung) geschützt

werden, und Investoren der Zugang zu investitionsrelevanten gesetzlichen Bestimmungen

ermöglicht sowie die Möglichkeit eingeräumt wird, ihre Ansprüche von einer unabhängigen

Instanz überprüfen zu lassen.

Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:

Das MAI definiert Investition als jede Art von Vermögenswert, den ein Investor direkt oder

indirekt besitzt oder kontrolliert. Verhandlungen darüber, in welchem Umfang geistige

Eigentumsrechte vom MAI erfaßt sein sollen, sind noch im Gang.

Antwort zu den Punkten 8 und 11 der Anfrage:

Grundsätzlich ist es das Ziel jedes internationalen Abkommens, den zukünftigen

Handlungsspielraum der Vertragsparteien einzuschränken. ILO - Konventionen verbieten z.B.

Kinderarbeit, das MAI z.B. die Diskriminierung und Enteignung ausländischer Investoren. Die

Teilnehmer an den MAI - Verbandlungen sind sieh aber einig, daß das MAI die Möglichkeiten

der Vertragsparteien, eine eigenständige Politik zum Schutze von Umwelt, Gesundheit,

Verbrauchern etc. zu führen, nicht beschränken soll, soferne dabei Ausländer nicht schlechter

gestellt werden als Inländer. Abkommensbestimmungen, die das ausdrücklich klarstellen, sind

in Ausarbeitung.

Antwort zu den Punkten 9 und 10 der Anfrage:

Österreich war das erste Land, das sich im Rahmen der MAI - Verhandlungen für ein bindendes

Verbot der Absenkung von nationalen Umwelt - und Sozialstandards im Abkommenstext selbst

eingesetzt hat. Mittlerweile hat sich die Mehrheit der Verhandlungsteilnehmer dieser Position

angeschlossen, die Verhandlungen über den konkreten Wortlaut dieser Bestimmungen sind

aber noch nicht abgeschlossen.

Antwort zu Punkt 12 der Anfrage:

Es ist richtig, daß seit mehr als zwei Jahren verhandelt wird, es ist nicht richtig, daß der ÖGB

nur zufällig von den Verhandlungen informiert wurde.

Antwort zu Punkt 13 der Anfrage:

Die Bundesarbeitskammer nimmt seit Beginn, der ÖGB seit Anfang 1997 an den offiziellen

innerösterreichischen Koordinierungssitzungen teil. Darüber hinaus ist der ÖGB Mitglied von

TUAC, der Arbeitnehmervertretung bei der OECD, die seit Beginn in die Verhandlungen

eingebunden ist.

Antwort zu Punkt 14 der Anfrage:

In die innerösterreichische Koordinierung sind nicht nur alle betroffenen Ministerien, die

Nationalbank und die Bundesländer, sondern auch alle Interessenvertretungen (d.h. neben den

Kammern auch der ÖGB und die VÖI eingebunden). Der Nationalrat wird regelmäßig über

den Verhandlungsverlauf informiert. Unterlagen über den Inhalt des MAI und den aktuellen

Verhandlungsstand sind im Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten erhältlich.

Die OECD unterhält sogar eine eigene MAI - Website, sodaß sich die interessierte

Öffentlichkeit jederzeit informieren kann.

Antwort zu Punkt 15 der Anfrage:

Nein, mit der Unterzeichnung des Abkommens und darauf folgend der Einleitung des

Ratifizierungsverfahrens ist nicht vor der zweiten Jahreshälfte 1998 zu rechnen.

Antwort zu Punkt 16 der Anfrage:

Der derzeitige Abkommenstext enthält keine Bestimmung zur Geltungsdauer des MAI, räumt

aber den Vertragsparteien die Möglichkeit ein, die MAI - Mitgliedschaft nach Fünf Jahren zu

kündigen. Das Wirtschaftsministerium ist, wie schon in der Vergangenheit, zu jeder sachlichen

öffentlichen Diskussion über das MAI bereit.

Antwort zu den Punkten 17 und 19 der Anfrage:

Grenzüberschreitende Investitionen sind zunehmend der wichtigste Motor der Weltwirtschaft.

Zwischen 1985 und 1996 stiegen die weltweiten jährlichen Investitionsströme von 25 auf 350

Milliarden US - Dollar. Ihr Beitrag zum Weltwohlstand (dem kumulierten Bruttoinlandsprodukt

aller Staaten) lag 1996 bei 10 %, 1980 waren es 2 % gewesen. Den positiven Beitrag von

grenzüberschreitenden Investitionen für Umwelt und Entwicklung halt z.B. die Agenda 21

ausdrücklich fest. Auslandsinvestitionen sind auch wichtige Schaffer von Arbeitsplätzen: Eine

Studie der kanadischen Regierung schätzt, daß jeder Zuwachs ausländischer Investitionen in

Kanada um 1 Milliarde kanadische Dollar 45.000 neue Arbeitsplätze schafft. In Österreich sind

zur Zeit rund 300.000 ArbeitnehmerInnen bei Niederlassungen bzw. Beteiligungen

ausländischer Unternehmen beschäftigt.

Die Schaffung besserer Rahmenbedingungen für grenzüberschreitende Investitionen - das

Hauptziel der MAI - Verhandlungen - ist daher eine wesentliche Voraussetzung für weitere

weltweite Wohlstandsgewinne und eine wichtige weltwirtschaftliche Aufgabe. Auf die

weiterbestehende Möglichkeit der MAI - Vertragsparteien, eine eigenständige Umwelt - und

Sozialpolitik zu betreiben, wurde in der Beantwortung auf die Fragen 8 und 11 eingegangen.

Das MAI wird aber nicht nur ein umwelt - und sozialkompatibles Abkommen, sondern darüber

hinaus - nicht zuletzt auf österreichische Initiative - das erste multinationale

Wirtschaftsabkommen überhaupt mit bindenden Verboten von Umwelt - und Sozialdumping

sein, was eine signifikante Weiterentwicklung des internationalen Wirtschaftsrechts darstellt.

Antwort zu Punkt 18 der Anfrage:

Durch die Einbindung aller betroffenen Ministerien einschließlich des Umwelt -, des Sozial -

und des Finanzministeriums in die österreichische Koordinierung wird sichergestellt, daß das

MAI keine unerwünschten Auswirkungen auf die innerösterreichische Rechtslage haben wird.

In Zweifelsfällen wurde entweder in den Verhandlungen eine Änderung des Abkommenstextes

bewirkt oder eine Ausnahme, die es Österreich erlaubt, innerstaatliche Regelungen auch dann

aufrecht zu erhalten, wenn sie im Widerspruch zu MAI - Verpflichtungen stehen, angemeldet.

Aktuelle EU - Studien sind nicht bekannt, aber das OECD - Sekretariat hat eine

Literaturübersicht über das Verhältnis von grenzüberschreitenden Direktinvestitionen und

Umwelt sowie eine Studie über das Verhältnis des MAI zu internationalen Umweltabkommen

erstellt.

Antwort zu Punkt 20 der Anfrage:

Normadressat des MAI und seines Streitschlichtungsmechanismus sind ausschließlich die

Vertragsparteien. Es ist allerdings vorgesehen, die "OECD - Leitlinien für Multinationale

Unternehmen”, das ist ein Verhaltungskodex für grenzüberschreitend tätige Unternehmen, der

unter anderem Umwelt - und Arbeitnehmerschutzbestimmungen enthält, an das MAI

anzuschließen. in diesem Zusammenhang hat - auch auf österreichische Initiative - in den

zuständigen OECD - Gremien eine Diskussion über eine mögliche Überarbeitung dieser

Leitlinien begonnen.

Antwort zu Punkt 21 der Anfrage:

Eine “built - in - agenda" ist zur Zeit nur für den Beihilfenbereich (sog. “investment incentives”)

im Gespräch und wird dort von Österreich voll unterstützt.