3520/AB XX.GP
zur Zahl 3542/J - NR/1998
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier und Genossen haben an
mich eine schriftliche Anfrage, betreffend Umsetzung der „Fernabsatzrichtlinie“, ge -
richtet und folgende Fragen gestellt:
„1. Welchen Zeitpunkt haben Sie für die Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie in
Österreich vorgesehen?
2. Soll dies in einem eigenen Gesetz oder in einem eigenen Hauptstück des
KSchG erfolgen?
3. Oder ist gedacht, die Umsetzung in verschiedenen Gesetzen vorzunehmen?
4. Bei der Umsetzung der Richtlinie 9717/EG in innerstaatliches Recht ist darauf
Bedacht zu nehmen, daß vom Anwendungsbereich der Finanz - und Dienstlei -
stungssektor mitumfaßt ist. Werden Sie daher bei der Umsetzung - was recht -
lich möglich wäre - die Finanzdienstleistungen (Versicherungs - und Bankge -
schäfte) miteinbeziehen (Streichung im Maßnahmenkatalog)?
5. Werden Sie die Beherbergungsverträge in eine gesetzliche Regelung einbezie -
hen?
6. Wie soll die Sicherheit der Übertragung von Daten - z.B. bei Bestellung über
Internet - gewährleistet werden? (Schutz vor unberechtigter Datenweitergabe)?
7. Werden Sie eine unmißverständliche Klarstellung des anzuwendenden Rechts
bei grenzüberschreitenden Fernabsatzverträgen vornehmen?
8. Werden Sie für eine klare Festlegung der Vertragssprache eintreten?
9. Werden Sie das Überwälzen der Kosten auf den Kunden für die Übermittlung
von Informationen verhindern?
10. Werden Sie Überlegungen anstellen, wie Kundengelder im Fernhandel ge -
sichert werden können (z.B. durch das Verbot von Vorauszahlungen)?
ii. Werden Sie das Verbot der Telefonwerbung ausdrücklich regeln?
12. Welche Haltung nehmen Sie zum Grünbuch Finanzdienstleistungen ein? Ins -
besondere zum Fernhandel mit Finanzdienstleistungen.“
Ich beantworte diese Fragen wie folgt:
Zu 1:
Die Umsetzung der Fernabsatz - Richtlinie in Österreich wird jedenfalls rechtzeitig, al -
so vor dem 4. Juni 2000, erfolgen. Die legistische Arbeit zur Implementierung der -
aufgrund ihres Kompromißcharakters in manchen Bereichen sehr komplizierten -
Richtlinie ist verhältnismäßig aufwendig. Ich bitte daher um Verständnis dafür, daß
es gegenwärtig wenig realistisch wäre, einen genauen Zeitpunkt für den Abschluß
der Umsetzung zu nennen; das Bundesministerium für Justiz strebt ein Inkrafttreten
der Umsetzungsregelung im Laufe des Jahres 1999 an.
Zu 2 und 3:
Die Umsetzung der Fernabsatz - Richtlinie soll im wesentlichen im Rahmen des kon -
sumentenschutzgesetzes erfolgen; ein eigenes Gesetz über den Fernabsatz, wie
dies in der Bundesrepublik Deutschland erwogen
wird, ist nicht geplant.
Die Fernabsatz - Richtlinie enthält zum Teil Bestimmungen, die in Österreich bereits
zum Rechtsbestand gehören: So ist beispielsweise der Empfänger einer unbestellt
gelieferten Ware oder einer unbestellt erbrachten Dienstleistung gemäß § 864
Abs. 2 ABGB von jedweder Gegenleistung befreit; damit ist dem Art. 9 zweiter Ge -
dankenstrich der Richtlinie schon entsprochen. Beschränkungen in der Verwendung
bestimmter Fernkommunikationstechniken, wie dies Art. 10 der Richtlinie vorsieht,
finden sich in § 101 Telekommunikationsgesetz (TkG); demnach sind Anrufe und
das Senden von Fernkopien zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des
Teilnehmers unzulässig. Ob über die vorgesehenen Umsetzungsmaßnahmen im
konsumentenschutzgesetz und über die bereits im geltenden österreichischen
Recht bestehenden Korrelate zur Fernabsatz - Richtlinie hinaus zur vollständigen
Umsetzung der Richtlinie noch weitere Änderungen in anderen Gesetzen vorzuneh -
men sein werden, kann derzeit noch nicht mit Sicherheit gesagt werden, weil die le -
gistischen Arbeiten zur Vorbereitung der Umsetzung - wie schon erwähnt - noch
nicht abgeschlossen sind.
Zu 4:
Eine Einbeziehung von Finanzdienstleistungen in die Umsetzung der Richtlinie er -
scheint nicht zweckmäßig, weil für diesen Bereich von der Europäischen Kommis -
sion ein eigener Richtlinienentwurf ausgearbeitet wird. Der Grund für die - übrigens
gegen österreichischen Widerstand geschehene - Herausnahme der Finanzdienst -
leistungen aus dem Anwendungsbereich der Fernabsatz - Richtlinie lag darin, daß
dafür eigene, zum Teil abweichende Bestimmungen für nötig erachtet wurden. Die
Einbeziehung des ausgenommenen Bereichs in die zur Umsetzung der Richtlinie zu
erlassenden Regelungen würde aller Voraussicht nach auf erheblichen Widerstand
seitens der Kredit - und Versicherungswirtschaft stoßen und daher die - angestrebte
rasche - Umsetzung hinauszögern. Sie hätte außerdem zur Folge, daß mit dem In -
krafttreten der „speziellen“ Richtlinie für Finanzdienstleistungen mit einiger Wahr -
scheinlichkeit neuerlich gesetzliche Maßnahmen erforderlich würden. Darüber hin -
aus bestehen auch unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Wettbewerbsverzer -
rung Bedenken gegen ein
„Vorpreschen“ Österreichs auf diesem Gebiet.
Zu 5:
Derzeit ist nicht geplant, auch die Beherbergungsverträge, auf die sich die Richtlinie
nicht bezieht, in die Umsetzung aufzunehmen. Die kommenden Beratungen zum
Umsetzungsvorhaben werden zeigen, ob von den in der Richtlinie vorgesehenen
Ausnahmen zugunsten der klein - und mittelständischen Fremdenverkehrsbetriebe
Gebrauch gemacht werden kann oder ob auch in diesem Bereich Regelungen zu-
gunsten österreichischer Verbraucher getroffen werden müssen.
Zu 6:
Der dringende Handlungsbedarf auf dem mit dieser Frage angesprochenen Pro -
blembereich ist bekannt. An Lösungen wird mit großer Intensität gearbeitet, wobei
gerade zu diesem Fragenkomplex zunächst die Ergebnisse der diesbezüglichen Ar -
beiten auf internationaler Ebene abzuwarten sind. Nicht akkordierte nationale Rege -
lungen dürften aufgrund des geradezu typischen grenzüberschreitenden Charakters
solcher rechtsgeschäftlicher Vorgänge kaum von Nutzen sein.
Zu 7:
Die "unmißverständliche Klarstellung des anzuwendenden Rechts“ wird anhand der
diesbezüglichen Vorgaben der Richtlinie vorzunehmen sein.
Zu 8:
An eine Festlegung der Vertragssprache ist nicht gedacht; eine solche Regelung
würde für das hier gegenständliche Segment des rechtsgeschäftlichen Verkehrs
wohl einen unangemessenen Eingriff in die Privatautonomie mit sich bringen.
Zu 9:
Soweit ersichtlich, enthält die Richtlinie keine Bestimmungen, die sich auf die Über -
wälzung solcher Kosten auf den Kunden beziehen. Ob und inwieweit es notwendig
sein wird, bei der Umsetzung der Richtlinie im
Interesse der Verbraucher auf derarti -
ge Praktiken Bedacht zu nehmen, werden die weiteren Vorbereitungsarbeiten und
insbesondere die Gespräche mit Vertretern des Konsumentenschutzes zeigen.
Zu 10:
Die Sicherung von Kundengeldern im Fernhandel ist selbstverständlich ein wichtiges
Anliegen. Dazu wird auch zu überlegen sein, dies etwa durch ein Verbot von Vor -
auszahlungen zu erreichen.
Zu 11:
Ein Verbot der Telefonwerbung ohne vorherige Zustimmung des Teilnehmers (nicht
nur des Verbrauchers) ist bereits ausdrücklich in § 101 TKG verankert. Auf diesem
Rechtsbestand und der Judikatur des Obersten Gerichtshofs werden die zur Umset -
zung der Richtlinie zu erlassenden Regelungen aufbauen können.
Zu 12:
Das Bundesministerium für Justiz hat zu den im „Grünbuch Finanzdienstleistungen"
enthaltenen Vorschlägen bislang immer eine positive Haltung eingenommen. Die
Bemühungen Österreichs, die Finanzdienstleistungen in den Anwendungsbereich
der Richtlinie einzubeziehen, sind nicht zuletzt am Widerstand des Europäischen
Parlaments (bisher) gescheitert.