3543/AB XX.GP
Beantwortung
der Anfrage der Abgeordneten Dr. Povysil, Mag. Haupt, Dr. Salzl, Dr. Grollitsch,
Dr. Pumberger und Kollegen betreffend Gesundheitsbericht
Strahlenschutz, 10 Jahre nach Tschernobyl,
(Nr. 3550/J)
Zur Anfrage führe ich folgendes aus:
Zu Frage 1:
Aufgrund der Daten des Österreichischen Krebsregisters kann keine Zunahme von Schilddrü -
senkarzinomen bei Kindern festgestellt werden. Im Zeitraum von 1986 bis 1995 sind 11 Kinder
unter 15 Jahren an Schilddrüsenkrebs erkrankt.
Zu Frage 2:
Die Anzahl der Lebendgeborenen mit erkennbaren Mißbildungen ist seit 1986 zurückgegangen.
Im Jahr 1986 hatten 7,5 pro 1.000 Lebendgeborene erkennbare Mißbildungen bei der Geburt,
im Jahr 1996 waren es 5,0 pro 1.000 Lebendgeborene.
Zu Frage 3:
Sowohl die Mortalitäts - als auch die Krebsinzidenzdaten des Österreichischen Statistischen
Zentralamtes zeigen hinsichtlich der in der Frage offenbar gemeinten strahleninduzierten Tu -
more für den Zeitraum 1986 bis 1996
keine Zunahme.
Zu Frage 4:
Die starke Reduktion der Säuglingssterblichkeit setzte sich auch im Zeitraum von 1986 bis
1997 fort. Die Säuglingssterbeziffer beträgt 1997 nur noch 4,7 Säuglingssterbefälle pro 1.000
Lebendgeburten (vorläufige Daten), 1986 waren es 10,3 Fälle pro 1.000 Lebendgeburten.
Zu Frage 5:
Bundesweite Daten über das Vorliegen von Anämien bei Schwangeren stehen nicht zur Verfü -
gung.
Zu Frage 6:
Laut Auskunft der Klinik für Urologie der Universität Wien stehen für den genannten Zeitraum
keine exakten Unterlagen Österreich betreffend zur Verfügung. Aus der relevanten internatio -
nalen Literatur läßt sich jedoch ableiten, daß zum jetzigen Zeitpunkt auch keine seriösen An -
haltspunkte für eine etwaige negative Beeinflussung der Samenproduktion der Männer auf -
grund von Umweltbelastungen vorliegen.
Zu Frage 7:
Bei der Betrachtung altersstandardisierter Raten ist sowohl bei den Männern als auch bei den
Frauen die Inzidenz und die Mortalität an Leukämie in den letzten 10 Jahren rückläufig.
Zu den Fragen 8, 10 und11:
Für das Jahr 1986 gibt es eine Arbeit (Institut für Sozialmedizin der Univ. Wien und der
II. Univ. Frauenklinik Wien) über die Inzidenz angeborener Fehlbildungen in Oberösterreich.
Die Häufigkeit chromosomaler Aberrationen bis Ende Mai 1988 wurde vom Institut für Medi -
zinische Biologie und Humangenetik der Karl - Franzens - Universität Graz und vom Institut für
Humanbiologie der Universität Wien untersucht.
Kongenitale Anomalien (nicht - chromosomal und chromosomal) wurden für die Steiermark
über das Steirische
Fehlbildungsregister für die Jahre 1985 - 1992 systematisch ausgewertet.
Daten über die Inzidenz und Mortalität von Krebsfällen werden systematisch vom Österreichi -
schen Statistischen Zentralamt erfaßt.
Zu Frage 9:
Bei den Männern weist die Inzidenz des Prostatakarzinoms einen steigenden Trend auf, ebenso
bösartige Neubildungen der Harnblase und der Niere. Bei den Frauen kann beim Lungenkrebs
ein Anstieg bei den Neuerkrankungen beobachtet werden.
Zu Frage 12:
Eine systematische Dokumentation aller in Österreich seit 1986 durchgeführten epidemiologi -
sehen Studien liegt meinem Ressort nicht vor.
Das internationale Krebsforschungsinstitut in Lyon (IARC) führt eine Studie über die kind -
lichen Leukämieerkrankungen durch , um festzustellen, ob durch den Reaktorunfall in
Tschernobyl das Risiko, an Leukämie zu erkranken, gestiegen ist. Eine erste Auswertung der
Ergebnisse wurde im British Journal of Cancer (1996) veröffentlicht. “Childhood leukaemia in
Europe after Chernobyl: 5 year follow - up”. Österreich nimmt an dieser Studie teil. Laut dieser
Studie konnte kein Zusammenhang zwischen dem Reaktorunfall und kindlichen Leukämieer -
krankungen erkannt werden. Die Studie wurde 1996 um die Neuerkrankungen an Schilddrü -
senkrebs erweitert, Ergebnisse dazu liegen noch nicht vor.
Zu Frage 13:
Untersuchungen in Bezug auf Erkrankungen des Blutes wurden nicht durchgeführt, da laut
Krebsinzidenzstatistik kein Anstieg der Leukämieerkrankungen seit dem Jahr 1983 festzustel -
len ist.
Zu Frage 14:
Gemäß den Auswertungen des Hauptverbandes der Sozialversicberungsträger über die Heil -
mittelabrechnungen ergibt sich für den Verbrauch an Schilddrüsenpräparaten folgendes Bild,
wobei zweckmäßigerweise eine Differenzierung hinsichtlich der wichtigsten Präparategruppen
vorgenommen wurde:
Bei Schilddrüsenhormonverordnungen hat sich zwischen 1986 und 1996 eine kontinuierliche
Zunahme der Zahl der Verordnungen ( jährliche Steigerungsraten zwischen 2% und 10%) erge -
ben. Als Grund für eine Erhöhung der Zahl der Verordnungen wurde von fachlicher Seite vor
allem eine in diesem Zeitraum realisierte höhere Sensitivität von Labortests (hochsensitive
TSH - Tests) gesehen, welche zu einer verbesserten Diagnostik der Hypothyreosen
(Schilddrüsenunterfunktionen) und bereits bei niedrigeren Schwellenwerten von TSH zu einem
Einsatz von Schilddrüsenhormonen geführt haben.
Bei Thyreostatika sank die Zahl der Verordnungen ab 1986 zunächst bis zum Jahre 1989, stieg
bis 1994 wieder an und sank bis zum Jahr 1996 wieder ab.
Bei Jodpräparaten sind die Verordnungen nach 1986 sehr stark gesunken.
Zu Frage 15:
Die in Folge der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl in Österreich und international gewon -
nenen Erfahrungen konnten zu weiteren Verbesserungen der Vorkehrungen für Schutz - und
Sicherungsmaßnahmen herangezogen werden.
Als besonders bedeutsam hat sich die Bevorratung von Kaliumjodidtabletten zum Schutz vor
radioaktiven Jodisotopen erwiesen. Das gehäufte Auftreten von Schilddrüsenkrebs bei
Kindern und Jugendlichen, insbesondere in Weißrußland, war eine der wichtigsten längerfristi -
gen gesundheitlichen Effekte der Reaktorkatastrophe. In großen internationalen Veranstaltun -
gen zum 10. Jahrestag der Reaktorkatastrophe war immer wieder auf die große Bedeutung
eines Bevorratungskonzeptes für Kaliumjodid entsprechend den Empfehlungen der WHO - wie
in Österreich längst realisiert - hingewiesen worden.
Im übrigen verweise ich zu dieser Frage auf die Beantwortung der Frage 9 der zum gleichen
Thema gestellten parlamentarischen Anfrage Nr. 3579/J durch die Bundesministerin für
Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz.
Die Bundesministerin