3582/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde ha -
ben am 30.1.1998 an mich eine schriftliche Anfrage mit der Nr. 3635/J betreffend
„Alpenkonvention - Energieprotokoll“ gerichtet. Auf die - aus Gründen der besseren
Übersichtlichkeit - in Kopie beigeschlossene Anfrage beehre ich mich, folgendes mit -
zuteilen:
ad 1 und 2
In den Verhandlungen zu einem Energieprotokoll zur Alpenkonvention hat Österreich
von Anfang an eine sehr klare Position vertreten: die ersten Entwürfe, in denen Um -
weltgesichtspunkte zu wenig berücksichtigt wurden, wurden heftig kritisiert; die je -
weils vorgeschlagenen Artikel zur Atomenergie wurden konsequent und klar begrün -
det abgelehnt. Diese Vorgangsweise hat in jenen Kreisen, denen der Schutz der
Alpen ein Anliegen ist, immer wieder Würdigung erfahren, nicht zuletzt auch durch
CIPRA Österreich.
Diese harte Haltung Österreichs hat - wie dem vorliegenden nunmehr letzten Ent -
wurfsprotokoll vom 19. November 1987 zu entnehmen ist - auch Erfolg gehabt: Die
Formulierungen zum Umweltschutz sind gegenüber früheren Entwürfen deutlich ver -
bindlicher geworden, die Schutzaspekte sind etwa gleichwertig mit den Nutzungsfra -
gen berücksichtigt. Auch Klimaschutzaspekte haben (gegen beträchtlichen Wider -
stand anderer Konventionsstaaten) Aufnahme
gefunden. Die Energieeinsparung und
die Nutzung erneuerbarer Energieträger haben einen gebührenden Stellenwert er -
halten, der Schutz der Fließgewässer inklusive der Nachbesserung bestehender
Mängel wurde aufgenommen, auch der Trinkwasserschutz hat Eingang in das Pro -
tokoll gefunden, auf österreichischen Wunsch wurde auch eine Hierarchisierung be -
züglich Einsparen, Revitalisieren, Effizienzsteigerung, dezentrale Versorgung, Er -
richtung neuer Infrastrukturen, vorgenommen. Fragen der Kostenwahrheit und der
gerechteren Ressourcenabgeltung sind nun ebenfalls behandelt.
Im Kernkraftartikel konnte durchgesetzt werden, daß ein Festschreiben „nur weniger
geeigneter Standorte“ für kerntechnische Anlagen keinen Eingang in das Protokoll
gefunden hat. Hingegen wurde ein umfassender Informationsaustausch über Kern -
kraftwerke und andere kerntechnische Anlagen, die Auswirkungen auf den Alpen -
raum haben oder haben könnten ebenso vereinbart, wie eine weitest mögliche Har -
monisierung und Vernetzung der Systeme zur Überwachung der Umweltradioaktivi -
tät. In diesem Zusammenhang ist dem Aspekt der Vernetzung, der hier in einem in -
ternationalen Vertrag erstmalig erwähnt wird, besondere Bedeutung beizumessen.
Die Erfolge, die in den Verhandlungen erreicht werden konnten, scheinen eine Ab -
lehnung des Energieprotokolls nicht zu rechtfertigen. Eine ,,Pattsituation“ wie im Ver -
kehrsprotokoll würde den beträchtlichen Nutzen, den die Verabschiedung des Ener -
gieprotokolls zur Alpenkonvention darstellen kann, jedenfalls zunichte machen.
Abschließend wäre darauf hinzuweisen, daß die seitens der österreichischen Dele -
gierten vertretene Position auf breiter Basis akkordiert und mit allen befaßten Bun -
des - und Landesinstitutionen entwickelt worden war.
ad 3
Nein. Das derzeit aufrechte Junktim betrifft lediglich das Verkehrsprotokoll, wonach
laut Beschluß der Landeshauptmänner
den anderen Protokollen erst dann
zugestimmt werden kann, wenn ein zufriedenstellendes Verkehrsprotokoll vorgelegt
wird. Seit Jahren war die Verhandlungsposition des Umweltministeriums von diesem
Junktim bestimmt.
Die Übertragung dieses politischen Druckmittels auf die Belange des Energieproto -
kolis hätte wohl kaum nennenswerte Fortschritte herbeiführen können, da sämtliche
zur Zeit existierenden Kernkraftwerke außerhalb des Anwendungsgebietes des
Energieprotokolls liegen und aufgrund der unbestreitbar grenzüberschreitenden und
territorial nicht eingrenzbaren Auswirkungen von Nuklearunfällen die in Frage kom -
menden Atomkraftwerke ohnehin nicht erfaßt worden wären.
ad 4
Betreffend der künftigen Ausrichtung der österreichischen Anti - Atompolitik hat die
Bundesregierung basierend auf der 5 - Parteien Entschließung des Nationalrates vom
10. Juli 1997 und in enger Kooperation mit den österreichischen NGOs einen
konkreten, neun Punkte umfassenden Leitfaden für ihre mittelfristigen Anti -
Atomaktivitäten entwickelt.
Diese neun Punkte betreffen:
1. Die Novellierung und Erhebung eines umfassenden Atomsperrgesetzes in den
Verfassungsrang.
2. Das Verbot der Lagerung ausländischen Atommülls in Osterreich.
3. Eine Novelle des Atomhaftungsgesetzes.
4. Die Neuregelung von Atomtransporten durch Österreich.
5. Die Nichtunterzeichnung mangelhafter internationaler Atomhaftungskonventionen.
6. Die Erstellung von Atomausstiegskonzepten für die MOE - Staaten.
7. Eine verstärkte Forschungsförderung für erneuerbare Energieträger.
8. Die Stärkung der IAEO als Kontrollbehörde.
9. Die Förderung einer NGO Konferenz während der österreichischen EU - Präsident -
schaft.
Der aufgezählte Maßnahmenkatalog wird künftig Basis für ein weiteres wirksames
Einbringen der Österreichischen Position in internationalen Verhandlungen sein.
ad 5
Ich bin bis dato in das Projekt AKW Marienburg/Rosenheim nicht eingebunden. Für
den Fall neuer Projektschritte sind in Art. 7 der UVP - Richtlinie für solche Fälle bilate -
rale Konsultationen vorgesehen.
ad 6
Die Verhandlungen zum Verkehrsprotokoll haben seit April 1995 nicht den von
Österreich geforderten Fortschritt gebracht. Seitens meines Ressorts gibt es derzeit
Bemühungen, erfolgversprechende Randbedingungen zu schaffen, um die
Verhandlungen wieder in Gang zu bringen.
ad 7
Ich kann mir Innsbruck als Tagungsort durchaus vorstellen.