3597/AB XX.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3649/J - NR/1998 betreffend die Rolle der

Österreichischen Galerie im Belvedere beim Ankauf und Tausch von Schiele - Bildern aus dem

ehemaligen Besitz von Dr. Heinrich Rieger, die die Abgeordneten Dr. Josef Cap und Genossen

am 9. Februar 1998 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

1. Stimmt es, dass die Österreichische Galerie im Jahr 1950 Rudolf Leopold gebeten hat,

auf ein Mitbieten um die von Dr. Rieger über die Kanzlei Broda zum Verkauf

angebotenen Bilder zu verzichten und ihm dafür einen späteren Tausch der Bilder in

Aussicht gestellt hat?

Wenn ja, wie beurteilen Sie diese Vorgangsweise der Österreichischen Galerie in dieser

Frage?

Antwort:

Weder aus den Akten der Österreichischen Galerie noch aus anderen schriftlichen Unterlagen ist

eine Absprache zwischen der Österreichischen Galerie und Dr. Leopold über ein Mitbieten um

die von Dr. Rieger über die Kanzlei Broda zum Verkauf angebotenen Bilder festzustellen.

2. War diese Vorgangsweise politisch gedeckt, bzw. gab es dafür eine Weisung aus dem

zuständigen Ministerium?

Antwort:

Auch in meinem Ressort sind keine diesbezüglichen schriftlichen Unterlagen vorhanden.

3. Entsprachen die von der Österreichischen Galerie bezahlten Beträge für die Bilder aus

der Sammlung Heinrich Rieger dem damaligen Marktwert?

Antwort:

Die Kaufpreise, die für die Bilder von Schiele aus der Sammlung Dr. Rieger bezahlt wurden,

lagen etwas unter dem damaligen Marktwert Darüber gibt ein Schreiben des Rechtsanwaltes

Dr. Christian Broda an den Direktor der Österreichischen Galerie Dr. Garzarolli - Thurnlackh vom

30. Dezember 1950 Aufschluss:

„Im Hinblick auf den Umstand, daß als Käufer die von Ihnen geleitete Institution auftritt, habe

ich Herrn Dr. Rieger nahegelegt, die von Ihrer Seite genannten Preise ohne weitere Diskussion

zu akzeptieren. Ich möchte jedoch die ergebene Bitte aussprechen, daß von Ihnen, sehr verehrter

Herr Hofrat, im Budgetjahr 1951 die Erwerbung weiterer Stücke aus der Sammlung Dr. Heinrich

Rieger in Erwägung gezogen werden möge." (Archiv der Österreichischen Galerie,

ZI. 585/1950)

Tatsächlich sind 1951 zwei weitere Gemälde aus der Sammlung Heinrich Rieger über Dr. Broda

angekauft worden (S. Pauser und D. Koko).

4. Enthielt der von der Österreichischen Galerie mit Dr. Rieger abgeschlossene Vertrag

einen Punkt 6, der besagt, dass die Ausstellung der Bilder nur mit dem Hinweis „aus

der Sammlung Dr. Heinrich Rieger“ erfolgen darf? Stimmt es, dass dieser

Vertragspunkt, wie von Profil berichtet, lediglich handschriftlich gestrichen und mit

einem handschriftlichen Vermerk „Punkt 6 nach Telefonat mit Dr. Broda gestrichen“

versehen wurde?

Wenn ja, wieso teilte die Österreichische Galerie in ihrem Schreiben vom

21. September 1997 Dr. Philipp Rieger mit, dass eine entsprechende Auflage den Akten

und dem Briefwechsel Dr. Robert Riegers nicht zu entnehmen sei?

Antwort:

Die Herrn Dr. Philipp Rieger am 21. September 1997 von der Österreichischen Galerie erteilte

Antwort basiert leider auf einem Versehen: Der vom Direktor vertretungsweise mit der

Beantwortung der Anfrage beauftragte Kurator stützte sich bei seiner Erledigung lediglich auf

die Vermerke im Inventar der Österreichischen Galerie, im Grundbuchblatt der Kunstwerke und

auf die vorbereiteten Akten. So kam es bedauerlicherweise zu der erteilten unrichtigen Antwort

Der Direktor der Österreichischen Galerie hat inzwischen Herrn Dr. Rieger angeboten, auf den

Rahmen der noch in dem von ihm geleiteten Museum befindlichen Gemälde aus der Sammlung

Heinrich Rieger den seinerzeit aus ungeklärten Gründen aus dem Kaufvertrag gestrichenen

Herkunftsvermerk anzubringen. Dieses Angebot wurde auch akzeptiert.

5. Welche Gründe bewogen die Österreichische Galerie, das „Bildnis WalIy“ und

„Kardinal und Nonne“ gegen andere Kunstwerke mit Rudolf Leopold zu tauschen?

Antwort:

Der Tausch des Gemäldes „Wally“ von Egon Schiele gegen das Gemälde „Herbert Rainer“,

ebenfalls von Egon Schiele, wurde als für das Museum vorteilhaft angesehen, da es sich bei dem

letztgenannten Bild um das künstlerisch und kunsthistorisch bedeutendere handelte.

Zum Tausch des Gemäldes „Kardinal und Nonne‘ im Jahre 1957, Zitat aus dem Tauschprotokoll

vom 7. Februar 1957:

„Die angebotenen Werke stellen für die Galerie eine Bereicherung ihrer Bestände dar, da

insbesondere Klimt und Ribarz noch nicht mit Landschaften dieser Art vertreten sind. Die

verlangten Werke von Schiele sind aus gegenständlichen Gründen, trotz ihres künstlerischen

Wertes, keine Ausstellungsobjekte für die Galerie. Aus diesem Grunde wird der Tausch von den

Unterzeichneten befürwortet.“ (Unterzeichnet von Karl Garzarolli - Thurnlackh, Otto Benesch,

Eduard Bäumer, Alfred Melk.)

Eine weitere Erklärung über die Formulierung „gegenständliche Gründe“ ist aus den Akten

leider nicht ersichtlich.

6. Welche „kirchlichen Kreise“ (Profil vom 5. Jänner 1998) hatten gegen die Ausstellung

von „Kardinal und Nonne“ protestiert? Gibt es diesbezüglich Briefe oder schriftliche

Interventionen?

7. Hat es für den Tausch des Bildes „Kardinal und Nonne“ eine Weisung aus dem

damaligen Unterrichtsministerium gegeben?

Antwort:

Hiezu gibt es in den Quellen des Archivs der Österreichischen Galerie sowie des Staatsarchivs

keine Hinweise.

8. Hat die Österreichische Galerie von sich aus versucht, die Besitzverhältnisse des

„Bildnis WaIly“ in der Zeit vor dem Ankauf durch die Galerie, insbesondere in der Zeit

von 1945 - 1950 zu klären? Wenn nein, warum nicht?

Antwort:

Der Direktor der Österreichischen Galerie, Dr. Karl Garzarolli - Thurnlackh, hat sich auf das

Offert Dr. Robert Rieger, welches durch den Rechtsanwalt Dr. Christian Broda an das Museum

weitergeleitet wurde, gestützt. Die Anbieter erschienen unbedenklich.

9. Beabsichtigen Sie, die im Zusammenhang mit der Beschlagnahme der Schiele Bilder in

New York aufgetretenen Fragen, insbesondere die Österreichische Galerie betreffend,

von unabhängigen Experten prüfen zu lassen?

Antwort:

Die aus den Direktor/innen der Bundesmuseen, den Provenienzbeauftragten der einzelnen

Häuser, Vertretern des Bundesdenkmalamts und meines Ministeriums bestehende Arbeitsgruppe

hat am 13. März 1998 ihre Arbeit aufgenommen. Sie steht unter der wissenschaftlichen Gesamt -

koordination des Generalkonservators des Bundesdenkmalamts, Prof Dr. Ernst Bacher, und ist

beauftragt, die Forschungstätigkeit beschleunigt und verstärkt auszuüben und mir solcherart

einen Überblick über den Stand der Provenienzforschung in den einzelnen Häusern zu

erarbeiten.

PROVENIENZ - BEAUFTRAGTE aus Museen und Bibliotheken:

Kunsthistorisches Museum:

 Dr. Herbert HAUPT

Naturhistorisches Museum:

 Dr. Herbert KRITSCHER

Museum für Völkerkunde:

 Mag. Ildik6 CAZAN

Österreichische Galerie:

 Mag. Monika MAYER

Graphische Sammlung Albertina:

 Dr. Veronika BIRKE

Österr. Museum für angewandte Kunst:

 Dr. Hanna EGGER

Museum moderner Kunst:

 Dr. Edwin LACHNIT

Österreichisches Theatermuseum:

 OR Dr. Peter NICS

Technisches Museum:

 Mag. Manuela FELLNER

Path. - anatom. Bundesmuseum:

 Dr. Beatrix PATZAK

Österreichische Nationalbibliothek:

 HR Dr. Eva IRBLICH