3622/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Kier, Barmüller, Partnerinnen und Partner haben
am 18.2.1998 unter der Nr. 3669/J eine schriftliche parlamentarische Anfrage
betreffend “angekündigtes Verbot von Wertkarten - Mobiltelefonen” gestellt, die
folgenden Wortlaut hat:
1. Welche konkreten Erfahrungen bzw. Erkenntnisse hat Ihr Ressort betreffend ein
Ansteigen von organisierter Kriminalität, die durch die Benutzung von
Wertkarten - Mobiltelefonen hervorgerufen wird, gemacht?
2. Welche Erfahrungen hat Ihr Ressort betreffend ein Ansteigen von sexuellen oder
sonstigen telefonischen Belästigungen gemacht, die auf die Existenz der
Wertkarten - Mobiltelefone zurückzuführen sind?
3. Sind Telefonnetz - Vertreiber verpflichtet, im Falle von sexuellen oder sonstigen
Belästigungen Namen, Adresse und Telefonnummer bekanntzugeben? Wenn ja,
auf welcher gesetzlichen Bestimmung beruht dies?
4. Treten Sie für ein Verbot von Wertkarten - Mobiltelefonen ein? Wenn ja, auf
welcher gesetzlichen Grundlage?
5. Wenn nein, treten Sie für eine Registrierung von Wertkarten - Telefonen (bzw.
Wertkarten) ein? Wenn ja, in welcher Form?
6. In welchen Ländern der EU sind Wertkarten - Telefone verboten, in welchen
müssen sie registriert werden?
7. Welche Überlegungen gibt es seitens der EU, Wertkarten - Telefone (bzw.
Wertkarten)
zu registrieren oder verbieten zu lassen?
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Die Existenz von anonymen vorausbezahlten Wertkarten (Prepaid - Cards) für
Mobiltelefongeräte allein vermag noch nicht ein unmittelbares Ansteigen von Delikten
der organisierten Kriminalität (OK) zu verursachen, sondern erschwert zunächst die
Bekämpfung und Aufklärung dieser Deliktsbereiche mit dem Instrument der
gesetzmäßigen Überwachung des Fernmeldeverkehrs. Durch die Benützung
derartiger anonymer Wertkarten wird eine entsprechende gerichtliche Anordnung zur
Überwachung unmöglich. Durch eine Verringerung der Aufklärung strafbarer
Handlungen muß mittelfristig ein Ansteigen der OK befürchtet werden.
In der kriminellen Szene - besonders bei hochkarätigen und international
operierenden Tätergruppen z.B.: im Rotlicht - und Suchtgiftbereich - nahm und nimmt
die Verwendung von Wertkarten - Mobiltelefonen jedenfalls bereits stark zu.
Zu Frage 2:
Die Technologie der anonymen Prepaid - Cards für Mobiltelefongeräte ist noch sehr
jung und liegen deshalb den Sicherheitsbehörden derzeit noch keine konkreten
Erfahrungswerte zu einem allfälligen Anstieg von sexuellen und sonstigen
telefonischen Belästigungen vor. Es kann aber davon ausgegangen werden, daß
Belästiger, Erpresser und Drohanrufer die Anonymität und Unausforschbarkeit zu
nützen wissen werden.
Zu Frage 3:
Gemäß § 100 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) hat der Betreiber auf
Verlangen des belästigten Teilnehmers eine Fangschaltung oder die Aufhebung der
Unterdrückung der Rufnummernanzeige einzurichten und das Ergebnis der
Fangschaltung dem Teilnehmer auch bekanntzugeben.
Bei Benutzung einer anonymen Prepaid Card für Mobiltelefongeräte kann dies aber
nicht vollzogen werden.
Weiters hat der Betreiber gemäß § 96 (7) TKG durch technische und
organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, daß aufgrund gerichtlicher Ersuchen
auch solche Daten bekanntgegeben werden können, die auf Wunsch der Teilnehmer
nicht in das Teilnehmerverzeichnis eingetragen werden (Nichteintragung gemäß § 96
(4) TKG).
Auch dies kann bei Verwendung von Prepaid - Cards nicht vollzogen werden.
Zu den Fragen 4 und 5:
Wie bereits in Beantwortung der Fragen 1 bis 3 zum Ausdruck gebracht, behindert
die
Verwendung von Wertkarten - Mobiltelefonen die Aufklärung strafbarer
Handlungen und somit die Aufgabenerfüllung der die Ermittlungen führenden
Sicherheitsexekutive.
Zur Problemlösung bieten sich grundsätzlich die in der Anfrage genannten
Möglichkeiten eines Verbotes oder der Registrierungspflicht an.
Das Problem wird meiner Ansicht nach vor allem auch auf europäischer Ebene einer
einheitlichen und zufriedenstellenden Lösung zugeführt werden müssen, wobei zu
bemerken ist, daß der Diskussionsprozeß bereits läuft (siehe auch die Antwort zu
Frage 7).
Was die österreichische Rechtslage betrifft, muß festgestellt werden, daß die mit der
Verwendung der in Rede stehenden Geräte verbundene Anonymität in einem
Spannungsverhältnis zu etlichen Bestimmungen des TKG steht. Beispielsweise sei
auf die in Beantwortung der Frage 3 zitierten Normen sowie auf die §§ 19 und 26
TKG betreffend die Führung von Teilnehmerverzeichnissen verwiesen.
Die Beantwortung der Frage nach den Rechtsgrundlagen für ein allfälliges Verbot
oder eine Registrierung obliegt primär dem für Angelegenheiten der
Telekommunikation federführenden Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr.
Ich habe mich gegen ein Verbot von Wertkarten - Mobiltelefonen ausgesprochen.
Zu Frage 6:
Nach dem Ergebnis einer im Jahre 1997 in der EU - Ratsarbeitsgruppe ,,RAG
Polizeiliche Zusammenarbeit" durchgeführten Umfrage, bei der 12 von 15
Mitgliedstaaten geantwortet haben, ergibt sich folgendes Bild:
In 2 Mitgliedstaaten (Dänemark, Luxemburg) wurde diese Technologie (noch) nicht
angeboten.
In 3 Mitgliedstaaten (Frankreich, Deutschland, Italien) besteht - so wie in der
Schweiz und in Australien - die Verpflichtung zur Führung von Kundenregistern,
wobei von diesen Staaten das Bedürfnis nach Aufklärung strafbarer Handlungen als
Begründung genannt wurde.
Zu Frage 7:
Zur Zeit wird in der RAG Polizeiliche Zusammenarbeit die Frage erörtert, ob die
Nutzung anonymer Prepaid - Cards den Anforderungen der gesetzlich ermächtigten
Behörden für die rechtmäßige Überwachung des Fernmeldeverkehrs, die im Anhang
der Entschließung des Rates vom 17. Jänner 1995, veröffentlicht im Amtsblatt der
EU, Zahl. 96/c 329/01, aufgelistet sind, entspricht. Die Delegationen in der
genannten RAG vertreten die Ansicht, daß dies nicht der Fall ist, wobei die
Meinungsbildung für das weitere Procedere für den Rat der Justiz - und Innenminister
noch nicht abgeschlossen ist.