3650/AB XX.GP

 

Beantwortung

Betreff: Anfrage der Abg. Öllinger u.a. betreffend ,,EU - Praktikanten”, Nr. 3711/J

Einleitend möchte ich darauf hinweisen, daß es keine EU - weite Definition der

EU - Praktikanten gibt. Die Beurteilung des rechtlichen Status der im Rahmen

von transnationalen Programmen der EU, wie insbesondere des LEONARDO -

Programmes, in Österreich tätigen Personen erfolgt ausschließlich nach öster -

reichischen Vorschriften.

Weiters möchte ich darauf hinweisen, daß das LEONARDO - Programm in die

Zuständigkeit des Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Ange -

legenheiten fällt. LEONARDO ist das Berufsausbildungsprogramm der EU und

zielt darauf ab, durch einen gemeinsamen Rahmen von Zielsetzungen die

Entwicklung der beruflichen Bildung in der EU zu fördern. Dieses Programm

umfaßt unter anderem transnationale Vermittlungs - und Austauschprogramme

für Jugendliche in der beruflichen Erstausbildung, junge Arbeitnehmer und

Ausbilder gemäß dem nationalen Rechtsvorschriften mit dem Ziel, die berufliche

Bildung zu verbessern und zusätzliche Berufserfahrung und Qualifikationen zu

erwerben.

Antwort zu Fragen 1 und 6:

Die Einordnung der Tätigkeiten von EU - Ausländern erfolgt, wie bereits er -

wähnt, ausschließlich anhand der Kriterien des österreichischen Arbeitsrechtes.

Wird die Tätigkeit unter Zugrundelegung der von der Judikatur entwickelten

Grundsätze in persönlicher Abhängigkeit, deren wesentliche Bestimmungs -

elemente die persönliche Arbeitspflicht, die Weisungsgebundenheit, die Kon -

trollunterworfenheit, die Arbeit mit fremden Betriebsmitteln und die Einglie -

derung in die betriebliche Organisation insbes. durch Bindung an Arbeitszeit,

Arbeitsort und Arbeitsabfolge, erbracht, so liegt, ungeachtet der Bezeichnung des

Vertrages ein Arbeitsverhältnis vor, auf das sämtliche für den jeweiligen Betrieb

geltenden arbeitsrechtlichen Normen einschließlich des jeweiligen Kollektiv -

vertrags und der Betriebsvereinbarungen zur Anwendung kommen.

Werden die arbeitsrechtlichen Ansprüche, wie insbesondere das kollektivver -

tragliche Mindestentgelt, auf die in der Anfrage beschriebene Weise vorent -

halten, können diese Ansprüche beim Arbeits - und Sozialgericht mittels Klage

durchgesetzt werden.

Auch Praktika von Schülern und Studenten, die nach schulischen oder uni -

versitären Ausbildungsvorschriften im Rahmen ihrer Ausbildung eine praktische

Arbeit in einem Betrieb nachweisen müssen, werden aufgrund der erforderlichen

organisatorischen Eingliederung grundsätzlich im Rahmen eines Arbeitsver -

hältnisses absolviert.

Einer etwaigen Tätigkeit im Rahmen eines freien (unabhängigen) Dienstver -

trages, der durch die Verpflichtung zur Erbringung von Arbeitsleistungen im

Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses, allerdings ohne persönliche Abhäng -

igkeit und somit frei von Beschränkungen des persönlichen Verhaltens charak -

terisiert wird, und auf den das Arbeitsrecht grundsätzlich nicht zur Anwendung

kommt, kommt im gegebenen Zusammenhang keine Bedeutung zu. Zur Qualifi -

zierung eines Vertrages als freier Dienstvertrag kommt es üblicherweise nur im

Zusammenhang mit einem engen Spektrum von Tätigkeiten (Angehörige der

freien Berufe, wie etwa Rechtsanwälte betreffend die Vertretung vor Behörden

und die rechtsfreundliche Beratung nach Erfordernissen gegen Bezahlung eines

monatlichen Entgelts, Verträge mit freien Handelsvertretern oder Tätigkeiten

von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft), wobei in Grenzfällen zu-

gunsten eines abhängigen Arbeitsverhältnisses zu entscheiden sein wird.

Eine befristete, unter - kollektivvertraglich bezahlte Tätigkeit von EU - Auslän -

derInnen könnte daher allenfalls im Rahmen eines Volontariatsverhältnisses

erfolgen.

Kennzeichnend für das Vorliegen eines Volontariats ist das Fehlen der für ein

Arbeitsverhältnis typischen Leistungspflichten in persönlicher Abhängigkeit.

Volontäre sind nach der Judikatur Personen, die in einem Betrieb mit Erlaubnis

des Betriebsinhabers maschinelle oder sonstige Einrichtungen kennenlernen

und sich gewisse praktische Kenntnisse und Fertigkeiten durch Handanlegen

aneignen dürfen. Ist der Volontär jedoch verpflichtet, gleichzeitig gewisse Ar -

beitsleistungen zu erbringen, so gilt er, wenn weitere Merkmale eines Arbeits -

verhältnisses hinzukommen, als Arbeitnehmer.

Merkmale des Volontärsverhältnisses sind demnach das Fehlen der Einordnung

in den Betrieb, das Überwiegen des Lernzweckes und das Fehlen einer Lohnver -

pflichtung.

Die Entscheidung, ob tatsächlich ein Volontariats - oder aber ein Arbeitsver -

hältnis vorliegt, obliegt im Einzelfall den Gerichten. Im Zweifel wird aber aus

Schutzgründen für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses entschieden.

Antwort zu Fragen 2 und 3:

Wie bereits einleitend ausgeführt wurde, zielt das LEONARDO - Programm da -

rauf ab, durch einen gemeinsamen Rahmen von Zielsetzungen die Entwicklung

der beruflichen Bildung in der EU zu fördern.

Der Erwerb von Sprachkenntnissen wird v.a. in den Teilbereichen I.1.2. und

III.1. angesprochen. Teilbereich I.1.2. umfaßt transnationale Vermittlungs - und

Austauschprogramme für Jugendliche in der beruflichen Erstausbildung, junge

Arbeitnehmer und Ausbilder gemäß den nationalen Rechtsvorschriften mit dem

Ziel, die berufliche Bildung zu verbessern und zusätzliche Berufserfahrung und

Qualifikationen zu erwerben. Der Erwerb von Sprachkenntnissen steht dabei

nicht im Vordergrund.

Teilbereich III.1. umfaßt zur Unterstützung beim Ausbau von Sprachkennt -

nissen in der beruflichen Erstausbildung und Weiterbildung sowie beim Über -

gang ins Erwerbsleben die Planung und Durchführung transnationaler Pilotpro -

jekte (Entwicklung von gemeinsamen Lehrplänen, innovativen Lehrmethoden

und Unterrichtsmaterialien) sowie transnationale Austauschprogramme zur

Weiterentwicklung und Erprobung der genannten Innovationen. Dieser Aus -

tausch betrifft Ausbilder und Betreuer, die im Rahmen von Berufsbildungs -

maßnahmen Sprachkenntnisse vermitteln.

Die Vorauswahl der Projekte erfolgt durch einen Nationalen Beirat, in dem die

relevanten Ressorts und die Sozialpartner vertreten sind, gemäß den öster -

reichischen Rechtsvorschriften. Die Letztauswahl der Projekte erfolgt durch die

Europäische Kommission, die dabei von einem Gremium nationaler Experten

unterstützt wird.

Nach den Informationen des für das LEONARDO - Programm zuständigen

Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten ist die

Amadeus - Ferienschule in Salzburg Partner eines griechischen Projektträgers

einer Mobilitätsmaßnahme im Teilbereich I des Programms.

Die Verwaltung dieser Mobilitätsmaßnahme wird von den Mitgliedstaaten nach

Maßgabe des gemeinschaftsrechtlichen Rahmens, der grundsätzlich die För -

derung vorangehender Sprachkurse ermöglicht, in eigener Verantwortung und

nach eigenen Durchführungsmodalitäten erledigt. Es ist nicht bekannt, wie die

Förderung von vorbereitenden Sprachkursen im Rahmen griechischer Projekte

im Detail gehandhabt wird.

Ein unter der Projektnummer A/96/A/54/PL/I/FPI im Jahr 1996 in Österreich

eingereichtes Vermittlungs - und Austauschprogramm der Amadeus - Ferienschule

wurde vom österreichischen LEONARDO - Beirat abgelehnt (Anlage).

Ob die Vorgangsweise der Amadeus - Ferienschule der vertraglichen Verein -

barung mit der griechischen nationalen LEONARDO - Koordinierungsstelle

entspricht, könnte nur nach Vorlage des dort geschlossenen Vertrages nach -

vollzogen werden.

Antwort zu Frage 4:

Wie bereits in der Antwort zu Fragen 1 und 6 ausführlich dargestellt wurde, er -

folgt die Einordnung der Tätigkeiten von EU - Ausländern ausschließlich anhand

der Kriterien des österreichischen Arbeits - und Sozialrechtes.

Bedauerlicherweise kommt es immer wieder vor, das Rechtsvorschriften miß -

achtet beziehungsweise versucht wird, zwingende Bestimmungen durch spezi -

fische Vertragkonstruktionen zu umgehen.

In diesen Fällen besteht jedoch die Möglichkeit, die arbeitsrechtlichen Ansprü -

che gerichtlich durchzusetzen.

Antwort zu Frage 5:

Für Personen, die im Rahmen von EU - Mobilitätsprogrammen Auslandserfah -

rung m österreichischen Betrieben sammeln wollen, ist die Begründung eines

Arbeitsverhältnisses die beste Lösung, um die Entstehung rechtlicher und so -

zialer Probleme, wie insbesondere die Gefahr des Unterlaufens arbeits - und

sozialrechtlicher Standards sowie möglicher negativer Auswirkungen auf den

Arbeitsmarkt, zu vermeiden.

Diese Haltung wurde in der unter Federführung des Bundesministeriums für

Unterricht und kulturelle Angelegenheiten erarbeiteten österreichischen Stel -

lungnahme zum Grünbuch “Allgemeine und berufliche Bildung: Hindernisse für

die grenzüberschreitende Mobilität" eingenommen. Auch im Zusammenhang mit

dem in der Ratsarbeitsgruppe Jugendfragen unter Federführung des Bundesmi -

nisteriums für Umwelt, Jugend und Familie diskutierten EU - Programms “Euro -

päischer Freiwilligendienst für Jugendliche”, in der die Schaffung eines spezi -

fischen “Freiwilligenstatus” erörtert wird, wurde auf möglicherweise auftretende

Probleme hingewiesen.

Selbst bei Schaffung eines eigenen Status für die am Programm “Europäischer

Freiwilligendienst” teilnehmenden Jugendlichen ist jedoch sichergestellt, daß

arbeitsrechtliche Ansprüche eingeklagt werden können, falls tatsächlich ein Ar -

beitsverhältnis vorliegt.

Antwort zu Frage 7:

Für die Beurteilung, unter welchen Pflichtversicherungstatbestand die Absol -

vierung eines ,‚EU - Praktikums” in Österreich fällt, sind die wahren wirtschaft -

lichen Verhältnisse, also die tatsächliche Art der Beschäftigung, entscheidend.

Je nachdem, wie die Tätigkeit ausgeübt wird, kommt daher für EU - Prakti -

kanten” ein Dienstverhältnis, ein freies Dienstverhältnis oder ein Beschäf -

tigungsverhältnis als Volontär in Betracht.

Dienstnehmer und freie Dienstnehmer sind, wenn sie ein Entgelt über der Ge -

ringfügigkeitsgrenze erhalten, in der Kranken -, Pensions - und Unfallversiche -

rung pflichtversichert; bei einem Entgelt unter der Geringfügigkeitsgrenze tritt

lediglich Unfallversicherung ein. Volontäre, die ausschließlich zum Zwecke der

Erweiterung und Anwendung von Kenntnissen sowie zum Erwerb von Fertig -

keiten für die Praxis ohne Arbeitspflicht und ohne Entgeltanspruch in Betrieben

tätig werden, sind in der Unfallversicherung pflichtversichert.

Antwort zu Frage 8:

Bei Eintritt eines Arbeitsunfalles können Ansprüche auf Leistung aus der ge -

setzlichen Unfallversicherung entstehen. In diesem Zusammenhang ist insbe -

sondere auf die Unfallbehandlung hinzuweisen, die ärztlich Hilfe, Heilmittel,

Heilbehelfe und Pflege in Kranken -, Kur - und sonstigen Anstalten umfaßt.

Antwort zu Fragen 9 und 10:

Eine einheitliche Bewertung der Sachleistung Quartier und Kost ist gewähr -

leistet, da im Bereich der Sozialversicherung für die Bewertung von Sach -

bezügen gem. § 50 ASVG die Bewertung für Zwecke der Lohnsteuer gilt (§ 1 der

Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die bundeseinheitliche Be -

wertung bestimmter Sachbezüge idF BGBl. Nr.247/1996, setzt den Wert der

vollen freien Station mit 2.700 S monatlich fest).