3671/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Petrovic, Öllinger, Freundinnen und Freunde ha -
ben am 25. Februar 1998 unter der Nr. 37121J an mich eine schriftliche parlamenta -
rische Anfrage betreffend Zusatzpensionsversicherungen gerichtet, die folgenden
Wortlaut hat:
“1. Sind Ihnen diese Tatsachen bekannt und wie beurteilen Sie diese Vorgangs -
weise?
2. Sehen Sie Möglichkeiten, insbesondere bei Umstellung von Betriebspensionen
auf Pensionskassenmodelle, diese Vorgangsweise unter Berufung auf den
Gleichbehandlungsgrundsatz zu bekämpfen, wenn ja welche?
3. Werden Sie die Frauen von diesen sie benachteiligenden Umständen in
Kenntnis setzen?
Wenn ja in welcher Form? Wenn nein, warum nicht?
4. Sehen Sie eine Möglichkeit des Einschreitens der Gleichbehandlungsanwältin,
wenn in Betrieben beim Umstieg auf Pensionskassenmodelle Frauen beim vom
Betrieb geleisteten Anteil schlechter gestellt werden als Männer?
5. Welche zusätzlichen Kriterien müßten ihrer Meinung nach berücksichtigt wer -
den um eine Berücksichtigung der Lebenserwartung als einen von vielen zu
berücksichtigenden
Faktoren zu rechtfertigen?
6. Sind Sie oder von Ihnen entsandte Expertinnen miteinbezogen in die Vorar -
beiten zur Überlegung der Einbeziehung der Lebenserwartung in das staatliche
Pensionssystem (Rürup - Anregung)?
Wenn ja, welche Position vertreten Sie dort?
Wenn nein, werden Sie sich hineinreklamieren, oder von wem halten Sie in
diesem Zusammenhang die Fraueninteressen für ausreichend vertreten?‘
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 und 5:
Die betriebliche Altersversorgung kann gemäß Betriebspensionsgesetz (BPG) auf
verschiedene Weise sichergestellt werden. DienstgeberInnen können die Verpflich -
tung eingehen,
1. Beiträge an eine Pensionskasse zugunsten der DienstnehmerInnen und ihrer
Hinterbliebenen zu zahlen (Pensionskassenzusage)
2. Leistungen an DienstnehmerInnen bzw. an ihre Hinterbliebenen zu zahlen
(direkte Leistungszusage)
3. Beiträge für eine zugunsten der DienstnehmerInnen bzw. ihrer Hinterbliebenen
abgeschlossenen Lebensversicherung zu zahlen.
Daneben gibt es betriebliche Versorgungsleistungen, wie z.B. Beiträge zur freiwilli -
gen Höherversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung zugunsten von
DienstnehmerInnen, die nicht vom Betriebspensionsgesetz umfaßt sind.
Pensionszusagen über Pensionskassen können jedoch leistungsorientiert oder bei -
tragsorientiert gestaltet werden. Bei beitragsorientierten Pensionszusagen richten
sich die Leistungen im Pensionsfall nach der Höhe der Beiträge und dem Veranla -
gungserfolg, bei leistungsorientierten Pensionszusagen sind die Beiträge so zu ge -
stalten, daß die zugesagte Leistung von der Pensionskasse aus dem angesammel -
ten
Kapital auch tatsächlich erbracht werden kann.
Es ist also im Pensionskassenmodell durchaus möglich, DienstnehmerInnen eine
monatliche Pension in einer für beide Geschlechter gleichen Höhe zuzusagen. Es
finden sich in der Praxis auch leistungsorientiert und beitragsorientiert gestaltete
Pensionskassenzusagen.
Das Problem der geschlechtsspezifisch unterschiedlichen Pensionshöhe kommt vor
allem bei Abschluß von Lebensversicherungsverträgen zum Tragen.
Private Versicherer arbeiten im Gegensatz zur gesetzlichen Sozialversicherung, die
auf Basis der Solidargemeinschaft Risken verteilt, gewinnorientiert und legen der
Kalkulation der Prämien geschlechtsspezifisch differenzierte Sterbetafeln zugrunde.
Bei der Diskussion um die durchschnittlich längere Lebenserwartung von Frauen
werden jedoch verschiedene Faktoren ausgeklammert. Abgesehen von dem Um -
stand, daß das Risiko nicht individualisierbar ist, korreliert die Lebenserwartung bei -
spielsweise auch mit der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe oder mit
persönlichem Verhalten, wie z.B. Nikotinmißbrauch.
Nach meiner Auffassung wäre daher die Ausarbeitung und Verwendung von Unisex
- Tabellen zu begrüßen. Dabei verkenne ich jedoch nicht, daß die entsprechenden
versicherungsmathematischen Bedingungen und Voraussetzungen genauer Prüfung
bedürfen.
Zu den Fragen 2 und 4:
Ein Aktivwerden (,,Einschreiten") der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen oder
ihrer Stellvertreterin ist gesetzlich aufgrund einer behaupteten Verletzung des
Gleichbehandlungsgebotes bzw. aufgrund von Informationen, die eine solche Ver -
letzung
vermuten lassen, möglich.
Wenn sich daher eine oder mehrere Arbeitnehmerin(nen), die von einem Pensions -
kassenmodell betroffen sind, das ausschließlich nach der Lebenserwartung von
Frauen und Männern, nicht aber nach anderen Kriterien, wie z.B. einer berufsspe -
zifisch unterschiedlichen Lebenserwartung differenziert, an die Anwältin für Gleich -
behandlungsfragen wenden, kann diese den Arbeitgeber zur Abgabe einer schrift -
lichen Stellungnahme auffordern. Sie kann auch weitere Auskünfte vom Arbeitgeber,
vom Betriebsrat oder von den Beschäftigten des betroffenen Betriebes einholen.
Diese sind verpflichtet, der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen bzw. ihrer
Steilvertreterin die für die Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu
erteilen.
Wenn diese Vorgangsweise, wie sie im § 3a Abs. 3 Gleichbehandlungsgesetz fest -
gelegt ist, nicht zum Erfolg führt oder betroffene Frauen eine Überprüfung durch die
Gleichbehandlungskommission wünschen, ob durch ein geschlechtsspezifisches
differenziertes Pensionskassenmodell eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebo -
tes vorliegt, können diese, ein Betriebsrat, eine Interessenvertretung, die Anwältin
für Gleichbehandlungsfragen oder die Kommission selbst von Amts wegen ein
solches Verfahren in Gang setzen (§ 6 Abs.1 Gleichbehandlungsgesetz).
Wenn die Anwältin für Gleichbehandlungsfragen die Nichteinhaltung des Gleichbe -
handlungsgebotes vermutet und der Kommission die behaupteten Umstände glaub -
haft macht, hat die Kommission von Amts wegen ein Verfahren gemäß § 5 oder § 6
Gleichbehandlungsgesetz einzuleiten (§ 3a Abs. 4 Gleichbehandlungsgesetz).
Die Einleitung eines Verfahrens gemäß § 5 Gleichbehandlungsgesetz (Erstattung
eines Gutachtens über Fragen der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes) ist
also auch möglich, wenn der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen, einer Interes -
sensvertretung oder der Gleichbehandlungskommission selbst, Informationen zu -
gehen, die unabhängig von persönlicher Betroffenheit die Glaubhaftmachung der
behaupteten
Umstände hinsichtlich einer vermuteten Diskriminierung ermöglichen
In § 18 Abs. 2 des Betriebspensionsgesetzes hat weiters der arbeitsrechtliche
Gleichbehandlungsgrundsatz, an den DienstgeberInnen gebunden sind, eine beson -
dere Modifikation erfahren. Gemäß dieser Bestimmung muß ‚"den Arbeitnehmern
oder Arbeitnehmergruppen des Betriebes eine ausgewogene, willkürliche und sach -
fremde Differenzierungen ausschließende Beteiligung am Pensionskassensystem
ermöglicht werden.” Bei Pensionskassenzusagen ist also schon bei der Erteilung im
besonderen auf die Ausgewogenheit der Zusagen zueinander und darauf, daß
einzelne ArbeitnehmerInnen oder - gruppen des Betriebes nicht aus sachfremden
Motiven unterschiedlich behandelt werden dürfen, zu achten.
Hinsichtlich der Beurteilung, ob die Berücksichtigung der geschlechtsspezifisch un -
terschiedlichen Lebenserwartung eine solche sachfremde Differenzierung darstellt,
und der Beurteilung dieses Aspekts im Lichte des verfassungsrechtlichen Gleich -
heitssatzes kann jedoch der Rechtsprechung nicht vorgegriffen werden.
Sollte ein derartiger Fall an die Gleichbehandlungsanwaltschaft oder an mich heran -
getragen werden, werden selbstverständlich alle Möglichkeiten geprüft werden, um
eine Schlechterstellung von Frauen zu vermeiden.
Zu Frage 3:
Ich werde im Rahmen meiner Möglichkeiten prüfen, ob eine diesbezügliche Informa -
tion eventuell in Kooperation mit staatlichen Versicherungsträgern realisierbar ist.
Zu Frage 6:
Durch die Anregung zur Einbeziehung des Lebenserwartungsfaktors in die Pen -
sionsbemessung soll dem Umstand Rechnung getragen werden, daß die Lebens -
erwartung
von Männern und Frauen tendenziell ansteigt.
Die Bundesregierung hat daher im Zuge der Pensionsreform ihre Absicht erklärt
den Beirat für Renten - und Pensionsanpassung um Ausarbeitung eines
diesbezüglichen Konzepts zu ersuchen.
Dieser Beirat wird aber erst im Laufe des heurigen Jahres mit den Arbeiten begin -
nen.
Die Entsendeberechtigung und die Besetzung des Beirats sind gesetzlich in § 108
ASVG geregelt. Dem Beirat gehören insbesondere die Sozialpartner, Vertreter des
Bundesministeriums für Finanzen und des Bundesministeriums für Arbeit, Gesund -
heit und Soziales und Seniorenvertreterinnen an.
Eine Vertretung der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucher -
schutz im Beirat ist nicht vorgesehen. Ich bin daher auch nicht in die kommenden
Vorarbeiten eingebunden, werde aber selbstverständlich nach Vorliegen des Kon -
zeptes dazu Stellung nehmen und meine Ansichten in die Diskussion einbringen.
Im Sinne der Solidargemeinschaft soll es jedoch meiner Meinung nach bei der Be -
rücksichtigung der Lebenserwartung keine Differenzierung zwischen Gruppen, we -
der zwischen den Geschlechtern, noch zwischen anderen Gruppen, geben.