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ANFRAGEBEANTWORTUNG

 

 

Zu Frage 1:

Besteht eine Anordnung oder eine sonstige Verpflichtung für die bediensteten der ÖBB, über Ursache, Hergang oder Folgen des Zugunglücks vom 11.8 1995 Wissen zurückzuhalten.

 

Nein.

 

Zu den Fragen 2 und 3:

War der ÖBB bewußt, daß es sich bei dem betroffenen Streckenabschnitt der Arlbergstrecke auch im Bereich der Brücke über den Masonbach im Gemeindegebiet Braz/ Vorarlberg um ein bekannt gefährliches Gebiet handelt?

Warum wurde dann trotz mehrfacher Warnung der Sachverständigen über die besondere geologische Gefährlichkeit dieses Gebietes die Verbauung des Masonbaches nicht durchgeführt, sondern andere investitionen bevorzugt?

 

10 Tage vor dem Zugunglück fand durch die ( dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft nachgeordnete) Gebietsbauleitung Bludenz der Wildbach- und Lawinen-verbauung eine Ortsbegehung des Masonbaches statt. Seitens dieser Kommission erging aus Anlaß der Ortsbegehung keine Warnung an die ÖBB über drohende Murenabgänge und es wurden auch keine Sofortmaßnahmen angeordnet.

 

Zu Frage 4:

Warum wurde das Bachbett des Masonbaches jahrelang vor dem Unfall nicht gesäubert und geräumt und die Büsche darin entfernt, unmittelbar danach jedoch großzügig ausgeholzt? Ist die ÖBB nicht verpflichtet, im Bereich Ihrere Bahnanlagen dafür zu sorgen, daß die Wasserläufe, Abläufe und Bachbette, wie die des Masonbaches, den notwendigen Umfang haben, und so einen ungehinderten Ablauf von Wasser und Geröll ermöglichen?

 

Aufgrund de § 101 Abs.6 Forstgesetz liegt die Zuständigkeit für die Bachräumung bei der örtlichen Gemeinde.

 

Zu Frage 5:

Warum wurden dann gerade heuer, kurz nach diesem tragischen Unfall, Umfangreiche Planungsarbeiten zur Entschärfung dieser Situation begonnen?

 

Die Erwieterung der auf der Arlbergwestrampe bestehenden Lawinenschutzgalerien hat im Zuge des schrittweisen Ausbaues der Arlbergroute Priorität, allerdings wird nunmehr im Bereich des Masonbaches kurzfristig eine Wildbachverbauung durchgeführt, um einen Unglücksfall wie diesen für die Zukunft auszuschließen.

 

Zu Frage 6:

Ader Abgang der Mure kam nicht unerwartet. 25 Minuten zuvor wurde durch Sirenensignal über die zu erwartende Unwetterfront gewarnt. Der Anreiner des benachbarten Gebäudes hat rechtzeitig vor dem Abgang sein Hab und Gut entfernt. Wie kann die unvorbereitete Befahrung einer gefährlichen Strecke in dieser zu erwartenden Gefahrensituation gerechtfertigt werden?

 

Der Abgang der Mure kam für die ÖBB sehr wohl unerwartet, es besteht in diesem  Bereich keinerlei meteorologischer Vorwarndienst. ch darf auch nochmals auf die bereits oben erwähnte Begehung durch Experten des Forsttechnischen Dienstes verwiesen, die Anläßlich der Begehung keinerlei Sofortmaßnahmen angeordnet haben.

 

Zu den Fragen 7,8 und 9:

Warum war für die Notfälle von der ÖBB eingerichtete Fernmeldeeinrichtung bei dem Haus des oben genannten Anrainers nicht in Betrieb?

Warum wurde diese rechtzeitig vor der Begehung der für diese Unglück zuständigen Kommission entfernt?

Warum wurde die Bahnsignalanlage nach dem Unglück entfernt?

 

Die gegenständliche Fernmeldeeinrichtung war zwar betriebsbereit, wurde aber durch den Murenabgang zerstört.

Mir ist nichts bekannt, daß vor Begehung des Unfallortes durch die zuständige Kommission irgendwelche zur Klärung des Unfallherganges relevanten Gegenstände vom Unfallort entfernt wurden.

 

Frage 10:

 

Für die Wintermonate gilt auf dieser Strecke ein Gefahrenplan. Dabei darf der Zug eine Geschwindigkeit von nur 25 -30 km/h fahren. Bei dieser Geschwindigkeit wäre das Unglück nicht passiert. Leider fuhr der Zug 70 km/h. Warum gilt in Gefahrensituationen wie dieser kein Alarmplan, der eine der Situationen angepaßte Geschwindigkeit vorschreibt?

 

Der Zitirte Gefahrenplan in der Winterperiode wurde speziell zur Abwendung der Folgen unvorhersehbarer Lawinenabgänge ( diesbezüglich besteht auf der Arlbergstrecke ein bekannt hohes Gefahrenpotential ) erstellt.

 

Zu Frage 11:

Die Bruchüberwachung der Arlbergstrecke hat Ihre Snsoren in den Oberleitungsmasten. An der Unglückstelle im Bereich des Masonbaches befinden sich keine Masten. Das System konnte also bei Einsturz der Brücke nicht reagieren. Gibt es Sicherheitssysteme, die einen Brückeneinsturz registrieren und das Anhalten dieses Zuges veranlassen hätte können?

 

Ihre Behauptung, im Bereich der Unfallstelle befänden sich keine Oberleitungsmasten ist unrichtig. Es befinden sich dort sehr wohl Oberleitungsmasten. Allerdings fuhr der Zug in die unmittelbar vorher abgegangene Mure.

 

Im übrigen war der gegenständliche Streckenabschnitt durch die von der Mure verursachten Beschädigungen bereits Stromlos.

 

Zu Frage 12:

Warum verwendet die ÖBB auf dieser bekannten gefährlichen Strecke ein technisch unzureichendes Sicherheitssystem?

 

Das gesamte Zugsicherungssystem der ÖBB befindet sich auf einem sehr hohen Niveau.

Naturkatastrofen wie dieser Murenabgang sind allerdings meist nicht vorhersehbar und daher mit technischen Mitteln auch kaum in den Griff zu kommen.

 

Zu Frage 13:

Es ist bekannt, daß die Waggons der neuen Bauart  wesentlich sicherer sind, als die alten. Im Intercityzug war einzig ein neuer Waggon im Einsatz, der den Belastungen des Unfalles gut standgehalten hat. Warum wurden gerade auf dieser gefährlichen <strecke hauptsächlich die alten Waggons eingesetzt?

 

Der Zitierte Waggon neuester Bauart hat das Zugunglück - trotz der Schwere des Ereignisses relativ unbeschädigt überstanden. Die ÖBB sind aher bemüht, auch aus Sicherheitsüberlegungen vornehmlich Waggons neuerer Bauart einzusetzen. Allerdings ist dies nicht immer möglich, obwohl gerade bei Euro- und InterCity-Zügen der Westbahn vorrangig Waggons neuester Bauartzum Einsatz gebracht werden.

 

Zu Frage 14:

Der Abgang der Mure im oberen Bereich wurde durch das von dieser erzeugte Donnern bereits fünf bis zehn Minuten vor Ankunft des Zuges in der Gemeinde wahrgenommen. Welche Sicherheitsbestimmungen bestehen, um in solchen Situationen die Weiterfahrt eines Zuges zu verhindern?

 

Die auf der Arlbergstrecke eingesetzten Mitarbeiter  der ÖBB verfügen über ein hohes Maß an Erfahrung bei der Einschätzung alpiner Gefahrenptentiale. Der Murenabgang erfolgte jedoch für alle Beteiligten völlig überraschend. Zwar wurden die ÖBB von einem Posten der Ortsfeuerwehr Braz unmittelbar vor dem Unglück gewrnt, aufgrund  der knappen zur Verfügung stehenden Zeit wie oben erwähnt fuhr der Zug direkt in die abgehende und dabei die Bahnbrücke wegreißende Mure konnte jedoch die auf die Warnung folgende Reaktion das Unglück nicht mehr verhindern.

 

Zu Frage 15:

Der Bahnhof Bludenz wurde von der Gendarmerie über die drohende Gefahr verständigt. Warum wurde nichts unternommen?

 

Erhebungen ergaben, daß die Alarmierung das Bahnhofes durch die Gendarmerie erst nach dem Zugunglück erfolgte.

 

Zu Frage 16:

Die Landstraße war bereits wegen Vermurung genau in diesem Abschnitt gesperrt. Auch Einsatzkräfte waren schon bei der Arbeit, um die Straße zu räumen. Wie kommt es, daß selbst bei solchen Vorkommnissen und nach dieser Zeitspanne von der ÖBB noch keine Maßnahmen ergriffen wurden?

 

Vermurungen kleineren Ausmaßes kamen in diesem Gebiet berteits des öfteren vor, doch waren davon immer nur Gebiete unterhalb der Bahnlinie betroffen, der Betrieb oder gar die Sicherheit der Bahnstrecke waren davon nicht berührt. Für die ÖBB bestand daher aus damaliger Sicht keine Notwendigkeit, irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen.

 

Zu Frage 17:

Die ÖBB hat eine Haftpflichtversicherung für derartige Fälle abgeschlossen. Warum werden die Ansprüche aus dieser Versicherung nicht ausgenützt und gegenüber den für das ganze Leben schwer geschädigten Bahnbenutzern Entgegnekommen gezeigt?

 

Schadenerstzforderugen wurden - mit Ausnahme von 3 Fällen -, bei welchen die Verhandlungen noch andauern - bereits einvernehmlich geregelt.

 

Wien, am 23.5.1996

Der Bundesminister