376/AB
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. PARTIK-PABLE haben am 3O.
April 1996 unter der Nr. 548/J an den Bundesminister für Inneres
eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend "Stasi-Ak-
ten und die Rolle des Innenministeriums" gerichtet, die folgende
Wortlaut hat :
" 1 . Wann hat das Innenministerium die Stasi-Akten von der
Gauck-Behörde erhalten?
2. Wurden diese Unterlagen von der Gauck-Behörde angefordert
oder hat die Gauck-Behörde diese Unterlagen unaufgefordert
den Innenministerium übermittelt?
3. Wer im Innenministerium hat bzw. hatte Zugang zu
diesen 3.500 Seiten?
4. Welche Beamte bzw. Mitarbeiter des Innenministeriums
haben zu welchen Zwecken diese Unterlagen durchgearbeitet?
5. Wann wurden die Stasi-Unterlagen im Innenministerium
letztmalig "benutzt"?
6. Wer außer dem Innenministerium hat auf offiziellen Weg
diese Unterlagen von der Gauck-Behörde erhalten?
Wurde seitens ihres Ministeriums untersucht , ob die von
Peter Pilz an die Öffentlichkeit gebrachten Akten jene
sind, die das Innenministerium von der Gauck-Behörde
bekommen hat , d.h. ob Peter Pilz die Unterlagen aus
dem Innenministerium erhalten hat?
a. Wenn nein , warum hat man auf diese Untersuchung
verzichtet?
b. Wenn ja, welches konkretes Ergebnis hat diese
Untersuchung gebracht?
7. Sofern, die von Peter Pilz veröffentlichten Unterlagen
jene sind , die das Innenministerium erhalten hat ,
a. auf welchem Wege sind die Unterlagen von Innen-
ministerium in die Hände von Peter Pilz gelangt?
b. Ist eine derartige Übergabe von Akten üblich?
c. Hat außer Peter Pilz sonst noch jemand diese Unterlagen
vom Innenministerium erhalten?
d. Wo wurden diese rd. 3.500 Seiten starken Unterlagen
kopiert?
e. Wer ist für die Kopierkosten aufgekommen?
8. Sofern , die von Peter Pilz veröffentlichten Unterlagen
nicht jene sind , die das Innenministerium erhalten hat ,
auf welchem anderen Wege kann Peter Pilz diese Unterlagen
erhalten haben?"
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt :
Zu den Fragen 1 bis 6 :
Das Bundesministerium für Inneres hat aufgrund der Rechtslage in
der Bundesrepublik Deutschland (Stasi-Unterlagen-Gesetz <StUG>)
keinen Zugang zu Unterlagen der GAUCK-Behörde , wo die Aktenbe-
stände des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit verwahrt
werden.
Aus diesem Grund wurden von der GAUCK-Behörde trotz zahlreicher
Bemühungen seitens des Innenministeriums - HBM a.D. Dr. LÖSCHNAK
hat dazu bereits wiederholt im Rahmen von parlamentarischen und
dringlichen Anfragen Stellung bezogen - bisher keine Unterlagen
an das österreichische Innenministerium übermittelt. Das Stasi-
Unterlagen-Gesetz (§ 25 StUG) räumt nämlich nur "Verbündeten,, -
darunter fallen nur Mitgliedsstaaten der NATO - das grundsätz-
liche Recht auf Akteneinsicht ein. Staaten die nicht Mitglieder
der NAT0 sind , können nur im Wege der förmlichen Rechtshilfe über
die Justizbehörden entsprechende Auskünfte einholen. Auch der
Beitritt Österreichs zur Europäischen Union hat in dieser Hin-
sicht keine Änderung ergeben.
Hingegen können aufgrund dieser deutschen Rechtslage (§§ 32-34
StUG) Presse , Rundfunk , Film , deren Hilfsunterunternehmen und die
für sie journalistisch-redaktionell tätigen Personen sowie Be-
troffene unter gewissen Voraussetzungen Einsicht in die bei der
GAUCK-Behörde verwahrten Unterlagen nehmen.
Dies war offensichtlich auch im Falle des inoffiziellen Mitarbei-
ters ( IM) "Karl WEBER" so. Nachdem diese Unterlagen in österrei-
chischen Medienkreisen kursierten , wurden sie schließlich aus
diesem Bereich auch dem Innenministerium zugespielt . Dem Deck-
blatt dieser Unterlagen ist zu entnehmen , daß diese von der
GAUCK-Behörde , "Projektgruope-Medien" stammen und es sich hierbei
um 3.490 Blatt handelt. 0ffensichtlich wurden diese Unterlagen
Ende September 1995 von der GAUCK-Behörde an einen Medienvertre-
ter ausgegeben , da ein entsprechendes handschriftliches Datum
vermerkt ist.
Im Innenministerium konnten diese Unterlagen dem bereits seit Ju-
li 1994 gerichtsanhängigen Vorgang des Prof. Dr. Ernst SCHWARZ
zugeordnet werden. Die Unterlagen wurden daher kopiert und am
18.12.1995 der Staatsanwaltschaft Wien als Beweismittel zum noch
anhängigen Verfahren vorgelegt.
Zu den Fragen 7 und 8 :
Da diese Unterlagen - wie bereits angeführt - zuerst in Medien-
kreisen kursierten , bestand kein Anlaß zu überprüfen , wie Dr. Pe-
ter PILZ zu diesen Unterlagen gekommen ist. Mir ist auch nicht
bekannt , an wen und in wievielen Exemolaren die gegenständlichen
Aktenvorgänge von der GAUCK-Behörde ausgegeben wurden.