3773/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Heide Schmidt, Dr. Volker Kier, Partne -

rinnen und Partner haben an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend die Affäre um

Bescheiderstellung im Akkord in Ausländerangelegenheiten im Bundesministerium

für Inneres, gerichtet und folgende Fragen gestellt:

“1. Sind die Erhebungen in dieser Angelegenheit tatsächlich abgeschlossen?

Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

2. Falls die Ermittlungen schon abgeschlossen sind: Wurden auch die Referentin -

nen und Referenten der betroffenen Abteilungen einvernommen? Wenn nein,

warum nicht?

3. Durch die nachweisliche Anordnung von 10 Berufungserledigungen pro Tag

(vgl. schriftliche Weisung mit der Zahl 72.1701218 - III/11/95 vom 24.4.1995)

wurde die durchschnittliche Bearbeitungsdauer eines Berufungsaktes auf ca.

48 Minuten festgelegt. Wurde durch die ermittelnden Behörden untersucht, ob

die angeordnete Verkürzung von tausenden Berufungsverfahren auf 48 Minu -

ten zur Schmälerung von gesetzlichen Parteienrechten (Akteneinsicht, Par -

teiengehör) bzw. zum rechtswidrigen Verzicht auf Verfahrensschritte (Ladung

und Einvernahmen von Parteien und Zeugen) geführt hat?

4. Welche Behörde, und innerhalb dieser welche Dienststelle führte die Erhebun -

gen im Auftrag der Strafjustiz?"

Ich beantworte diese Fragen wie folgt:

Zu 1:

Die mittlerweile beendeten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien haben kein

amtsmißbräuchliches Vorgehen von Amtsträgern des Bundesministeriums für Inne -

res zutage gebracht.

Zu 2 bis 4:

Aufgrund der in der Anfragebegründung erwähnten Sachverhaltsdarstellung von Ab -

geordneten des Liberalen Forums richtete die Staatsanwaltschaft Wien ein Erhe -

bungsersuchen an die Zentralsektion des Bundesministeriums für Inneres. Im Rah -

men einer Sonderprüfung wurde die von den Abgeordneten für strafrechtlich be -

denklich gehaltene Gestaltung des Berufungsverfahrens in Angelegenheiten des

Aufenthaltsgesetzes von der Abteilung 112 des Bundesministeriums für Inneres um -

fänglich untersucht und im einzelnen dargestellt.

Aus dem Prüfungsbericht der Abteilung 112 und weiteren Erhebungen der Kriminal -

beamtendienststelle des Bundesministeriums für Inneres ergab sich zusammenfas -

send, daß die in der Anfrage kritisierte Vorgabe einer täglichen Erledigungszahl von

zehn Berufungsentscheidungen - wie auch andere Versuche zur Reduktion des Er -

ledigungsrückstands - von dem Bestreben getragen war, den anwachsenden Ar -

beitsanfall zu bewältigen und die Kostenbelastung durch erfolgreiche Säumnisbe -

schwerden zu verringern. Eine strukturelle Mißachtung rechtsstaatlicher Prinzipien

und Verletzung von Parteienrechten erwies sich trotz dieser Vorgaben weder aus

dem Prüfungsbericht noch aus den weiteren Erhebungen (auf die im folgenden noch

zurückzukommen sein wird). Konkrete Hinweise auf derartige, die Tatbestands -

merkmale des § 302 Abs. 1 StGB erfüllende Rechtsverletzungen in namentlich ge -

nannten Einzelfällen wurden nicht genannt. Aus diesem Grund beabsichtigt die

Staatsanwaltschaft Wien in Übereinstimmung mit der Oberstaatsanwaltschaft Wien,

in dieser Angelegenheit gemäß § 90 Abs. 1 StPO vorzugehen.

Besonders hinzuweisen ist darauf, daß von der Kriminalbeamtendienststelle des

Bundesministeriums für Inneres eine ehemalige Angehörige der betroffenen Organi -

sationseinheit in diesem Ministerium einvernommen wurde, deren kritische Einstel -

lung zu den Arbeits - und Entscheidungsbedingungen bei der Erledigung von derarti -

gen Berufungen bekannt war. Sie bestätigte den gesetzgemäßen Ablauf der Beru -

fungsverfahren und sagte insbesondere aus, daß es nicht zutreffe, daß für eine

wirkliche Prüfung der Fälle keine Zeit gewesen wäre, zumal für eventuell zur korrek -

ten Überprüfung des Falles notwendige Ermittlungen durchaus auch “Zusatzpunkte”

vergeben worden seien.