3783/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag Stoisits, Freundinnen und Freunde haben am 10.

März 1998 unter der Nr. 3813/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend

“Verhängung der Schubhaft über die Mutter eines viereinhalb Monate alten Säuglings"

gerichtet, die folgenden Wortlaut hat.:

1. Wie rechtfertigen Sie, im Sinne der Menschenrechte die Verhängung der Schubhaft über

L.Z., die Mutter eines fünf Monate alten Kindes ist, wobei es sich um eine Frühgeburt (im

siebten Monat) handelte?

2. Warum wurden im gegenständlichen Fall die Bestimmungen betreffend gelindere Mittel

nicht angewandt, zumal die Mutter angegeben hat, daß sie sich gern gemeinsam mit dem

Kindesvater um ihr Kind sorgen will?

3. Laut Angaben der Frau L.Z. wurde sie bei ihrer Festnahme durch Schläge und andere

Tätlichkeiten von Beamten verletzt.

a) Wurde eine ärztliche Untersuchung eines unabhängigen Arztes durchgeführt?

b) Wenn ja, wie lautet die Diagnose?

c) Wenn nein, wurde sie aufgrund ihrer Verletzungen vom Amtsarzt untersucht?

d) Wenn ja, wie lautet die Diagnose?

e) Wenn nein, warum nicht?

4. a) Wurde oder wird dieser Vorfall im Zuge der Festnahme der Frau L.Z. untersucht?

b) Wenn ja, von wem wurden diese Untersuchungen durchgeführt und zu welchem Ergebnis

führten die Untersuchungen?

c) Wenn nein, warum nicht?”

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu den Fragen 1 und 2:

Nach dem mir vorliegenden Bericht der Bundespolizeidirektion Wien wurde L.Z. am 23. Feber

1998 gemäß § 61 Abs. 1 FrG in Schubhalt genommen, um das Verfahren zur Erlassung eines

Aufenthaltsverbotes zu sichern. Diese freiheitsbeschränkende Maßnahme findet sowohl in

Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK als auch in dem Art 1 Abs 3 und 2 Abs 1 Z 7 des

Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit Deckung. Gemäß § 66

Abs. 1 FrG kann nämlich die Behörde von der Anordnung der Schubhaft nur dann Abstand

nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, daß deren Zweck durch Anwendung gelinderer

Mittel erreicht werden kann. Die Notwendigkeit der Anordnung der Schubhaft obliegt daher

der Beurteilung der Behörde. Durch die Anwendung des gelinderen Mittels soll jedoch die

Durchsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme keinesfalls gefährdet oder gar vereitelt

werden.

Frau L.Z. hatte sich vor Verhängung der Schubhaft bereits seit fünf Jahren mit gefälschtem

Reisepaß in Österreich aufgehalten und hatte anläßlich ihrer Festnahme falsche Angaben zu

ihrer Identität und zum Aufbewahrungsort ihres Reisepasses gemacht. Aus diesen Gründen

mußte die Behörde annehmen, daß der Zweck der Anhaltung in Schubhaft nicht durch die

Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden konnte.

Zu Frage 3:

Gemäß § 7 Abs. 3 der Polizeigefangenenhaus - Hausordnung sind alle Personen, welche in das

Polizeigefangenenhaus eingeliefert werden, ohne unnötigen Aufschub, spätestens jedoch

innerhalb von 24 Stunden nach der Aufnahme, ärztlich auf ihre Haftfähigkeit zu untersuchen.

Im Rahmen dieser ärztlichen Untersuchung hat eine Befragung des Häftlings zu erfolgen, ob

Verletzungen bestehen sowie gegebenenfalls ob diese schon vor der Festnahme bestanden

haben oder erst danach entstanden sind.

Frau L.Z. machte während dieser Erstuntersuchung keinerlei Angaben über eine etwaige

Mißhandlung. In der Folge wurde sie aufgrund ihres Hungerstreiks täglich dem Amtsarzt zur

Untersuchung vorgeführt. Auch während dieser Untersuchungen gab die Genannte niemals an,

von einem Beamten mißhandelt worden zu sein. Am 5. März 1998 wurde die

Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, durch das Bezirksgericht Innere

Stadt davon unterrichtet, daß Frau L.Z. im Rahmen einer von dem Richter im

Polizeigefangenenhaus durchgeführten niederschriftlichen Einvemahme in einer

Pflegschaftssache angegeben hatte, mißhandelt worden zu sein. Noch am selben Tag wurde

dieser Umstand der zuständigen Dienststelle, dem Sicherheitsbüro der Bundespolizeidirektion

Wien, mitgeteilt.

Mittlerweile hatte allerdings der Amtsarzt am 6. März 1998 festgestellt, daß die Frau wegen

ihres schlechten Allgemeinzustandes nicht mehr haftfähig war, sodaß sie noch am selben Tag

aus der Schubhaft entlassen wurde. Aus diesem Grund war eine sofortige amtsärztliche

Untersuchung hinsichtlich des Mißhandlungsvorwurfes nicht mehr möglich.

Zu Frage 4:

Der Mißhandlungsvorwurf wurde durch das Sicherheitsbüro der Bundespolizeidirektion Wien

untersucht. Das Ermittlungsergebnis ist der Staatsanwaltschaft Wien am 15. April 1998

zugeleitet worden. Verfügungen der Anklagebehörde in dieser Sache sind bislang nicht bekannt

geworden.