3874/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten Dr. Martina Gredler, Partnerinnen und Partner haben am 25. März

1995 unter der ZI. 3909/J - NR/1998 an mich eine schriftliche Anfrage betreffend die Hun -

gerkatastrophe in Nordkorea gerichtet, welche den folgenden Wortlaut hat:

1. In welcher Form und in welchem Ausmaß wird die EU zu einer Linderung der Hunger -

katastrophe in Nordkorea beitragen?

2. Welche politischen und wirtschaftlichen Bedingungen werden seitens der EU ange -

sichts der weitgehend vom Regime selbstverschuldeten Misere an weitere Hilfsliefe -

rungen an Nordkorea geknüpft?

3. Welchen Beitrag, finanziell oder in Sachleistungen, wird Österreich leisten?

4. Was wird seitens der EU und Österreichs unternommen, daß die Hilfslieferungen effizi -

ent und gerecht verteilt werden können und eine Überwachung der Hilfsprogramme

gewährleistet wird?

5. Wie hoch ist der Schuldenstand Nordkoreas gegenüber Österreich?

6. Die Gesamt - Auslandsverschuldung Nordkoreas beträgt weit über 10 Milliarden US - $.

Welche Pläne gibt es seitens der EU bzw. der OECD - Staaten, damit angesichts der

Wirtschaftsmisere dieses Landes fertig zu werden?

7. Welche Informationen besitzen Sie Über das Ergebnis der vor wenigen Tagen been -

deten Friedensgespräche zwischen Nordkorea, Südkorea, den USA und China? In

welcher Form können die EU bzw. Österreich zum Friedensprozeß beitragen?

Ich beehre mich, diese Anfrage wie folgt zu beantworten:

Zu Frage 1:

Für 1998 plant die Europäische Kommission Nahrungsmittelhilfelieferungen in der Höhe

von 30 Millionen ECU. Die endgültige Entscheidung über dieses Hilfsprogramm wird von

einer technischen Mission der EU zur Erhebung der Situation in der DVRK (11. - 16. Mai)

abhängen. Österreich wird an dieser Mission teilnehmen, deren Ergebnisse auch für den

Ende Mai von DVRK, UNDP und FAO veranstalteten Runden Tisch in Genf zur Revitali -

sierung der Landwirtschaft und zum Schutz der Umwelt der DVRK ausschlaggebend sein

werden. Dabei handelt es sich um eine Geberkonferenz für die Stärkung der landwirt -

schaftlichen Strukturen der DVRK. Darüberhinaus hat das Amt für humanitäre Hilfe der

Europäischen Union (ECHO) für 1998 Mittel in Höhe von 8.360.000 ECU bewilligt, um

Verbesserungen im medizinischen und sanitären Bereich zu ermöglichen.

Zu Frage 2:

Die EU vertritt seit geraumer Zeit die Auffassung, daß es sich bei der Hungerkatastrophe

in Nordkorea nicht allein um das Resultat von Naturkatastrophen handelt, sondern vor

allem um strukturelle Schwächen der nordkoreanischen Landwirtschaft. Aus diesem

Grunde geht die EU davon aus, daß nur strukturelle Reformen auf mittlere und längere

Sicht die Ernährungslage verbessern können. Die Europäische Kommission unterstützt

deshalb das von UNDP initiierte Agricultural Recovery and Environmental Protection Pro -

gramm (AREP), dessen Ziel eine substantielle Annäherung an den Zustand der Selbst -

versorgung bis zum Jahr 2000 beinhaltet. Weitere Hilfslieferungen sollen stärker als bis -

her an politische und wirtschaftliche Bedingungen geknüpft werden. Fortschritte bei den

Vier - Parteien - Friedensgesprächen bzw. beim innerkoreanischen Dialog könnten dabei

wichtige Faktoren sein. Die genaue Festlegung politischer und wirtschaftlicher Parameter

für die Hilfeleistung soll allerdings erst nach der technischen Mission der EU nach Nordko -

rea erfolgen.

Zu Frage 3:

Österreich wird 1998 eine Nahrungsmittelhilfe im Gegenwert von ca. 1 Mill. Ös zur Verfü -

gung stellen. Weitere bilaterale Nahrungsmittelhilfen sind nicht geplant, da Nordkorea we -

der Schwerpunkt - noch Kooperationsland der österreichischen Entwicklungshilfe ist. In der

Vergangenheit hat Österreich bereits humanitäre Hilfe an Nordkorea in der Höhe von

250.000 ÖS (1995), 800.000 ÖS (1996) und 500.000 ÖS (1997) geleistet.

Zu Frage 4:

Zur Koordination und Überwachung bei der Verteilung der Hilfslieferungen hat die EU

sechs unabhängige Experten (vier für die Nahrungsmittelhilfe, zwei für die humanitäre

Hilfe von ECHO) in Pyöngyang stationiert. Die von Österreich in den vergangenen Jahren

geleistete humanitäre Hilfe wurde in Beantwortung konsolidierter Hilfsappelle der Verein -

ten Nationen an die Abteilung für humanitäre Hilfe der Vereinten Nationen (UN - DHA) so -

wie dem Welternährungsprogramm (WFP) zur Verfügung gestellt.

Zu Frage 5:

Das Obligo Nordkoreas gegenüber der Republik Österreich beträgt nach jüngsten Anga -

ben 1.757,4 Mio. ÖS.

Zu Frage 6:

Laut Auskunft der ÖNB betrug der gesamte Auslandsschuldenstand Nordkoreas Ende

1996 (letzte verfügbare Zahlen):

- nach offiziellen Angaben: 3,6 Mrd. US $

- nach Schätzungen internationaler Experten: 12 Mrd. US $.

Die Fragen der Umschuldung und des wirtschaftlichen Aufbaus fallen nicht in die Zustän -

digkeit des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten.

Zu Frage 7:

Im Dezember 1997 wurden Vier - Parteien - Friedensgespräche (China, USA, Nord - und

Südkorea) aufgenommen, wobei regelmäßige Treffen im Abstand von etwa drei Monaten

vereinbart wurden. Die zweite Runde dieser Gespräche fand vom 16. bis 21. März in Genf

statt, doch mußte sie ohne konkretes Ergebnis abgebrochen werden. Die langwierige Dis -

kussion über die Sitz - und Tagesordnung erschwerte jeden Fortschritt. Die vier Parteien

einigten sich lediglich darauf, daß die Gespräche in Arbeitsgruppen fortgeführt werden

sollen, doch wurde kein Termin für die dritte Runde vereinbart. Die beiden Arbeitsgruppen

sollen friedensstiftende bzw. vertrauensbildende Maßnahmen zum Inhalt haben. Am Ran -

de der Vier - Parteien - Friedensgespräche wurde allerdings von nordkoreanischer Seite die

Bereitschaft zur Aufnahme direkter Verhandlungen signalisiert.

Am 10. April kam es in Peking zur formellen Aufnahme derartiger politischer Gespräche

auf stellvertretender Ministerebene. Es handelte sich dabei um erste direkte Gespräche

zwischen Nord - und Südkorea nach dem Abbruch der offiziellen politischen Gespräche im

Juli 1994. Im Mittelpunkt standen dabei die über das Rote Kreuz abgewickelten Hilfsliefe -

rungen, Fragen der Familienbesuche, die Lieferung von Kunstdünger sowie diverse

Hilfsmaßnahmen für die Landwirtschaft Nordkoreas. Es gab sichtbare Anzeichen der Ent -

spannung, auch wenn die Gespräche am 18. April ohne konkrete Ergebnisse abgebro -

chen wurden: Südkorea forderte Zugeständnisse bei der Familienzusammenführung als

Gegenleistung für die Lieferungen von Kunstdünger; auch über die Höhe der Düngerliefe -

rungen herrschten Differenzen.

In Südkorea wurde die Bereitschaft des Nordens zur Aufnahme eines politischen Dialogs

mit der Administration von Präsident KIM Dae Jung als historischer Schritt gewertet, der

jedoch weniger aus politischer Überzeugung, sondern aus wirtschaftlicher Not gesetzt

wurde.

Österreich und die EU begrüßen die Anzeichen einer wachsenden Bereitschaft sowohl

Nord - als auch Südkoreas zum Eintritt in Verhandlungen. Die Aufnahme direkter Gesprä -

che wird als Schritt in die richtige Richtung gewertet.