3878/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Partik - Pablé, Lafer und Kollegen haben am 19. März

1998 unter der Nr. 3905/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend

"Freipressungen mittels Hungerstreik aus der Schubhaft" gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:

1. Wieviele Schubhäftlinge haben sich in den letzten sechs Monaten in den einzelnen

Bundesländern mittels “Hungerstreik” freigepreßt (auch im Verhältnis zu den überhaupt sich in

dieser Zeit in Schubhaft befindlichen Personen)?

2. Was geschieht mit den Schubhäftlingen, die sich freigepreßt haben?

3. Wie hoch beziffern Sie den jährlichen Fahndungsaufwand nach wegen Hungerstreik

entlassenen untergetauchten Schubhäftlingen?

4. Bei welchem gesundheitlichen Status erfolgt die Freilassung des Häftlings?

5. Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgt die Entlassung hungerstreikender Schubhäftlinge?

6. Warum wird keine Zwangsernährung durchgeführt?

7. Welche konkreten Schritte werden Sie einleiten, um dem Problem des Hungerstreiks in der

Schubhaft entgegenzuwirken?

8. Halten Sie eine dem § 69 StVG nachgebildete Bestimmung als Mittel gegen den

Hungerstreik für sinnvoll?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, wie könnte eine solche Bestimmung Ihren Vorstellungen nach im Konkreten

aussehen?

9. Ist es richtig, daß Schubhäftlinge durch "Wandschmierereien" in den Hafträumen auf die

Möglichkeit der Entlassung durch Hungerstreik hingewiesen werden, wenn ja, was wurde

diesbezüglich bisher unternommen bzw. was werden Sie in Zukunft dagegen unternehmen?

10. Warum haben Sie seit Ihren Ankündigungen im September 1997, das Freipressen durch

Hungerstreik zu unterbinden, bisher nichts unternommen?"

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1:

In meiner Antwort zu Frage 7 der parlamentarischen Anfrage Nr. 3539/J habe ich für den

Zeitraum Oktober 1997 bis zum Jänner 1998 die entsprechenden statistischen Daten

bekanntgegeben. Die vorliegende Frage bezieht sich auf den Zeitraum zwischen Oktober 1997

und März 1998. Ich verweise daher auf meine damalige Antwort und ersuche um Verständnis

dafür, daß ich für den darüber hinausgehenden Zeitraum von nur zwei Monaten wegen des

unverhältnismäßigen Arbeitsaufwandes von der Einholung neuer Statistiken Abstand

genommen habe.

Zu Frage 2:

Fremden, die infolge eines Hungerstreiks aus der Schubhaft entlassen werden müssen, wird

meist von karitativen Organisationen Hilfestellung geleistet. In der Folge werden gegen solche

Fremde, die nicht freiwillig ausreisen und daher weiterhin im Bundesgebiet angetroffen werden,

neuerlich fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen gesetzt, sobald mit deren raschen

Durchsetzung gerechnet werden kann.

Zu Frage 3:

Der für diese Personengruppe erforderliche Fahndungsaufwand kann mangels zielgerichteter

Aufzeichnungen nicht beziffert werden.

Zu Frage 4:

Der zur Entlassung aus der Haft führende gesundheitliche Status eines Schubhäftlings wird in

jedem Einzelfall durch den Amtsarzt beurteilt. Grundsätzlich erfolgt in diesen Fällen eine

Entlassung wegen Haftunfähigkeit dann, wenn nach dem gegenwärtigen Gesundheitszustand

bei weiterer Verweigerung der Nahrungsaufnahme eine schwerwiegende Gesund -

heitsschädigung, ja sogar eine lebensbedrohende Situation für den Häftling bevorsteht.

Zu Frage 5:

Abgesehen davon, daß gemäß § 69 Abs. 2 FrG die Schubhaft nur so lange aufrecht erhalten

werden darf, bis ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann, dürfen Haftunfähige gemäß § 7

Abs 1 Polizeigefangenenhaus - Hausordnung, BGBl. Nr. 566/1988, im Polizeigefangenenhaus

nicht angehalten werden.

Zu den Fragen 6 bis 8 und 10:

Eine Zwangsernährung Fremder, die sich in Polizeigefangenenhäusern in Schubhalt befinden,

ist mangels gesetzlicher Grundlage nicht zulässig.

Um dem Problem des Hungerstreiks während der Schubhaft entgegenzuwirken, habe ich ein

Bündel von Maßnahmen getroffen. Als erstes wird es zu einer demnächst im Bundesgesetzblatt

erscheinenden Novelle der Polizeigefangenenhaus - Hausordnung kommen, die es den

Kommandanten und den Amtsärzten besser ermöglichen soll, auf jeden Einzelfall mit der

Zielrichtung einer Beendigung des Hungerstreiks einzugehen.

Für die dafür erforderlichen besonderen Vollzugsmaßnahmen sind der Ausbau der

Krankenzellen in den Polizeigefangenenhäusern sowie die Einrichtung eines Kontaktbeamten

vorgesehen, der sich um den Häftling gezielt kümmert und die konkreten Schritte mit dem Ziel

maximaler Beschleunigung der Verfahren mit den Behörden absprechen wird. Schließlich ist

auch in Aussicht genommen, daß Schubhäftlinge, sofern dies notwendig ist, in

Krankenanstalten verbracht und dort weiter bewacht werden, sodaß die Schubhaft nicht

aufgehoben werden muß.

Ob darüber hinaus auch legistische Maßnahmen erforderlich sind, kann erst beurteilt werden,

wenn dieses Maßnahmenpaket tatsächlich umgesetzt ist und in seiner Wirksamkeit beurteilt

werden kann.

Zu Frage 9:

Derartige Wandschmierereien werden tatsächlich immer wieder beobachtet.

Diese Form der Mitteilung kann im Schubhaftvollzug praktisch nicht unterbunden werden.

Dem unerwünschten Informationsfluß wird regelmäßig durch Entfernung oder Übermalung

dieser Mitteilungen und durch regelmäßiges Ausmalen der Zellen begegnet.

Es bestehen derzeit auch Überlegungen, einzelne Zellen versuchsweise mit abwaschbaren

Wandtafeln auszustatten, um so die Malerarbeiten einschränken zu können.