3883/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Graf, Lafer und Kollegen haben am
26. März 1998 unter der Nr. 3971/J an mich eine schriftliche parlamentarische
Anfrage betreffend Konsultationsmechanismus und Stabilitätspakt gerichtet,
deren Wortlaut der Beilage zu entnehmen ist.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Nach Art. 1 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über Ermächtigungen des
Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes,
BGBl I, Nr.61/1998, (in der Folge kurz: Ermächtigungsgesetz) sind Bund,
Länder und Gemeinden ermächtigt, miteinander Vereinbarungen über einen
Konsultationsmechanismus und einen Stabilitätspakt abzuschließen (in der
Folge kurz: Konsultationsvereinbarung und Stabilitätsvereinbarung). Nach
Art. 2 Abs. 1 des Ermächtigungsgesetzes sind auf diese Vereinbarungen die
für Vereinbarungen gemäß Art. 1 5a Abs. 1 B -VG geltenden bundes - und
landesrechtlichen
Vorschriften mit den in Art. 2 Abs. 2 bis 4 dieses
Bundesverfassungsgesetzes enthaltenen (für die Beantwortung dieser
Anfrage nicht maßgebenden) Abweichungen anzuwenden.
Nach Art. 15a Abs. 1 B - VG können Bund und Länder untereinander Verein-
barungen über ihren jeweiligen Wirkungsbereich schließen. Vereinbarungen,
die auch die Organe der Bundesgesetzgebung binden sollen, dürfen namens
des Bundes nur von der Bundesregierung mit Genehmigung des Nationalrates
abgeschlossen werden, wobei Art. 50 Abs. 3 auf solche Beschlüsse des
Nationalrates sinngemäß anzuwenden ist.
Entgegen der in der Anfrage vertretenen Auffassung ist dem Inhalt der Konsul-
tationsvereinbarung sehr wohl zu entnehmen, inwieweit durch sie auch die
Organe der Bundesgesetzgebung gebunden werden sollen:
Nach Art. 7 der Konsultationsvereinbarung verpflichten sich die Vertrags-
partner, unverzüglich nach der Einigung über die gemeinschaftsrechtlichen
Maßnahmen im Zusammenhang mit der Verstärkung der Haushaltsdisziplin der
Mitgliedstaaten gemäß Art. 103 und Art. 104c EG - Vertrag und spätestens bis
31. Dezember 1998 gemäß dem Bundesverfassungsgesetz über Ermäch -
tigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen
Städtebundes eine Stabilitätsvereinbarung zu schließen. Die Stabilitätsverein -
barung hat nach Art. 7 Abs. 2 der Konsultationsvereinbarung auch einver -
nehmlich die Schaffung einer bundesverfassungsgesetzlichen Regelung über
die Aufteilung der Lasten auf Bund, Länder und Gemeinden zu enthalten, die
aus allfälligen Sanktionen gegen Österreich im Sinne des Art. 104c Abs. 9
bis 11 EG -Vertrag resultieren. Nach Art. 10 Abs. 4 der Konsultationsverein -
barung ist eine bundesverfassungsgesetzliche und allenfalls eine einfachge -
setzliche Umsetzung der Konsultationsvereinbarung und der Stabilitätsver -
einbarung vorgesehen. Diese Regelungen haben Außerkrafttretensbestim -
mungen zu enthalten, wonach sie außer Kraft treten, wenn die jeweilige Verein -
barung
außer Kraft tritt.
Da diese Bestimmungen der Konsultationsvereinbarung somit auch die Organe
der Bundesgesetzgebung binden sollen, darf die Konsultationsvereinbarung
gemäß Art. 2 Abs. 1 des Ermächtigungsgesetzes (in Verbindung mit Art. 15a
Abs. 1 zweiter Satz B - VG) nur mit Genehmigung des Nationalrates geschlos -
sen werden. Die Vereinbarung soll in der nächsten Zeit unterzeichnet und
sodann dem Nationalrat vorgelegt werden.
Zu Frage 2:
Staatssekretäre können gemäß § 19 Abs. 1 Geschäftsordnungsgesetz in den
Debatten des Nationalrates, seiner Ausschüsse und deren Unterausschüsse -
ausgenommen jene des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses
und der Untersuchungsausschüsse - zu einem in Verhandlung stehenden
Gegenstand das Wort nehmen, sie sind jedoch dazu nicht verpflichtet; ob von
der Möglichkeit, das Wort zu ergreifen, Gebrauch gemacht wird, hängt davon
ab, ob eine Veranlassung dazu gesehen wird.
Zu Frage 3:
Vorauszuschicken ist, daß eine Verpflichtung zum Abschluß einer Stabilitäts -
vereinbarung voraussetzungsgemäß nur und erst dann besteht, wenn die Kon -
sultationsvereinbarung in Kraft getreten ist. Aus den Art. 7 Abs. 2 und Art. 10
Abs. 4 der Konsultationsvereinbarung ergibt sich jedoch, daß auch - wie er -
wähnt - die Stabilitätsvereinbarung Regelungen enthalten soll, durch die die
Organe der Bundesgesetzgebung gebunden werden.
Der Text einer Stabilitätsvereinbarung ist von den Gebietskörperschaften
bisher nicht angenommen worden. Die Beantwortung der Frage, wann sie dem
Nationalrat zur Genehmigung vorgelegt werden wird, ist daher zum gegen -
wärtigen
Zeitpunkt nicht möglich.
Zu Frage 4:
Der Inhalt der bundesverfassungsgesetzlichen Regelung über die Umsetzung
der Stabilitätsvereinbarung hängt vom Inhalt dieser Vereinbarung ab. Da der
Text der Stabilitätsvereinbarung von den Gebietskörperschaften bisher nicht
angenommen worden ist, ist auch die Beantwortung der Frage, wann das
,,Stabilitäts - Bundesverfassungsgesetz” dem Nationalrat zur Beschlußfassung
vorgelegt werden wird, zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich.
Zu Frage 5:
Bekanntlich geht die Regelung auf Ausschußberatungen zurück. Die Frage,
welche Gründe den Verfassungsausschuß veranlaßten, die monierte Regelung
nicht zu treffen, betrifft keinen Gegenstand der Vollziehung im Bereich des
Bundeskanzleramtes.
Zu den Fragen 6 und 7:
Vorhaben, Änderungen und Ergänzungen, die von den Organen der Gesetz -
gebung initiiert werden, unterliegen nach dem Willen des Gesetzgebers nicht
dem Konsultationsmechanismus. Aus diesem Grund ist offenbar auch keine
Vertretung der gesetzgebenden Körperschaften im Konsultationsgremium
vorgesehen.