3912/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dipl. Ing. Hofmann, Lafer, Pumberger, Partik - Pablé und

Kollegen haben am 25. März 1998 unter der Nr. 3920/J an mich eine schriftliche

parlamentarische Anfrage betreffend “Entwurf zu einem Bundesgesetz über das Vereinsrecht"

gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:

"1.) Wer hat die interministerielle Arbeitsgruppe ins Leben gerufen?

2.) Aus welcher Intention heraus wurde sie installiert?

3.) Wer war mit der Auswahl der Mitglieder der Arbeitsgruppe betraut?

4.) Nach welchen Kriterien wurde bei der Auswahl der Mitglieder vorgegangen?

5.) Hatte die Arbeitsgruppe bei Ihrer Tätigkeit eine Zielvorgabe zu beachten?

Wenn ja, aus welchen Gründen, um welche “Zielvorgabe” handelt es sich und von wem wurde

diese formuliert?

6.) Gab es in den letzten zehn Jahren ihr Ministerium betreffende Gesetzesvorlagen, die

zumindest zum Teil auf Arbeiten Privater oder interministerieller Arbeitsgruppen beruhten?

Wenn ja,

a) auf wie viele Arbeiten oder Entwürfe trifft dies zu,

b) von wem wurden diese im Einzelfall erstellt (Private oder interministerielle Arbeitsgruppen),

c) mit welchen Materien beschäftigten sich diese,

d) inwiefern wurden die betreffenden Arbeiten oder Entwürfe in die jeweilige Gesetzesvorlage

eingearbeitet?

7.) Können sie ausschließen, daß im Falle der mancherorts - siehe Sachverhalt - durchaus

gewünschten Reform des Vereinsrechtes das Bundesministerium für Inneres den vorliegenden

Entwurf der oben genannten interministeriellen Arbeitsgruppe in Zukunft als Grundlage

künftiger Reformen heranzieht?

Wenn nein,

a) wie ist laut Bundesministerium für Inneres der als “Terminus technicus” verwendete Begriff

“nationale und öffentliche Sicherheit” im Gesamtzusammenhang mit § 74 des Entwurfes zu

verstehen, und welchen klar definierten und jedem Staatsbürger einsichtigen rechtlichen Inhalt

und Sinn hat nach dieser Auslegung des Bundesministeriums für Inneres die Einführung des

oben genannten Begriffes der “nationalen und öffentlichen Sicherheit”,

b) wie ist laut Bundesministerium für Inneres der als “Terminus technicus” verwendete Begriff

“Moral” im Gesamtzusammenhang mit § 74 des Entwurfes zu verstehen und welchen klar

definierten und jedem Staatsbürger einsichtigen rechtlichen Inhalt und Sinn hat nach dieser

Auslegung des Bundesministeriums für Inneres die Einführung des oben genannten Begriffes

der “Moral”,

c) wie ist laut Bundesministerium für Inneres der als “Terminus technicus” neu eingeführten

Begriff “Gedanken der Völkerverständigung” im Gesamtzusammenhang mit § 74 des

Entwurfes zu verstehen und welchen klar definierten und jedem Staatsbürger einsichtigen

rechtlichen Inhalt und Sinn hat nach dieser Auslegung des Bundesministeriums für Inneres die

Einführung des oben genannten Begriffes des “Gedankens der Völkerverständigung”,

d.) bestehen nach der Auslegung des Bundesministeriums für Inneres derzeit Vereine, auf die

einer der in § 74 des Entwurfes angeführten Auflösungsgründe zuträfe und wenn ja, welche

Vereine wären dies namentlich und aus welchen der in § 74 angeführten Gründe würden diese

aufgelöst werden?

e.) wie ist laut Bundesministerium für Inneres der als “terminus technicus” verwendete Begriff

der “guten Sitten” im Gesamtzusammenhang mit § 9 des Entwurfes zu verstehen und welchen

klar definierten und jedem Staatsbürger einsichtigen rechtlichen Inhalt und Sinn hat nach dieser

Auslegung des Bundesministeriums für Inneres die Einführung des oben genannten Begriffes

der "guten Sitten,

f) bestehen nach der Auslegung des Bundesministeriums für Inneres derzeit Vereine, denen

nach den Bestimmungen des § 9 des Entwurfes die Anmeldung mit Abweisungsbescheid

verweigert worden wäre und wenn ja, welche Vereine wären dies namentlich und aus welchen

in § 9 angeführten Gründen wäre dies der Fall?

8.) Was halten Sie persönlich vom Ergebnis der Tätigkeit dieser Arbeitsgruppe, insbesondere

unter Berücksichtigung der in der Erläuterung dieser Anfrage dargelegten Bedenken?

9.) Sind Sie der Meinung, daß es zumindest seltsam anmutet, daß sich der Bundesminister für

Inneres einerseits bereits eines erst in diesem Entwurf neu eingeführten und dem Vereinsrecht

bisher völlig fremden Begriffes (siehe Sachverhalt: “großer Verein”) bedient, und derselbe

andererseits beteuert, daß er keine Reform anstrebe?

Wenn ja, ist Ihnen bewußt, daß Sie in Ihrer Funktion als Bundesminister für Inneres dadurch

manchen Begriffen aus diesem - Ihren Aussagen nach zu urteilen - “privaten” Entwurf

offiziellen Status verleihen und dadurch diesen Entwurf so aufwerten, daß er in Hinkunft

wieder als Diskussionsgrundlage dienen wird?

10.) Können Sie definitiv - und soweit es in der Kompetenz des BMI liegt - ausschließen, daß

derartige oder ähnlich bedenkliche Formulierungen - siehe § 9 sowie § 74 des Entwurfes - in

eine eventuellen Regierungsvorlage zur Reform des Vereinsrechtes Eingang finden und

garantieren, daß das Bundesministerium für Inneres dieser Art des politischen Mißbrauches der

Rechtsordnung nicht den Weg bereiten wird?”

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu den Fragen 1 bis 5:

Die Arbeitsgruppe wurde von meinem Amtsvorvorgänger, Bundesminister Dr. Franz

LÖSCHNAK im Jahr 1993 ins Leben gerufen; mit ihrer Leitung ist das Mitglied des

Verfassungsgerichtshofes, SektChef Dr. Peter FESSLER betraut worden, dem auch die

Auswahl der Mitglieder freigestellt war. Wie bei Arbeitsgruppen üblich, war das für diese

Auswahl maßgebliche Kriterium eine Beteiligung der wesentlichsten in der Bundesverwaltung

repräsentierten einschlägigen Interessen und Kenntnisse. Die Aufgabe der Arbeitsgruppe

bestand darin, Mängel des geltenden Vereinsrechtes zu orten und zu umschreiben. Da auch

damals kein aktueller Reformdruck bestand, wurde keine weitere “Zielvorgabe” festgelegt. Die

Arbeitsgruppe hat es sich in der Folge zum Anliegen gemacht, die von ihr festgestellten

Defizite mit einer legistischen Ausformulierung plastischer werden zu lassen.

Zu Frage 6:

Ja. Bei nahezu allen größeren Legistikprojekten wurden interministerielle Arbeitsgruppen

gebildet und zum Teil auch private Experten in die Arbeiten miteinbezogen. Die

Hauptverantwortung für die Erstellung der Entwürfe oblag jedoch - anders als in dem in der

Anfrage angesprochenen Fall - immer der Legistikabteilung meines Ressorts und stand in

unmittelbarem Zusammenhang mit einem konkreten Legistikprojekt des Bundesministers für

Inneres. Als besonders gelungenes Beispiel für eine gute Zusammenarbeit mit privaten

Experten (Professoren, Rechtsanwälte etc) ist das Sicherheitspolizeigesetz anzuführen.

Zu den Fragen 7 bis 10:

Ich nehme auch diese Anfrage zum Anlaß klarzustellen, daß ich der Bundesregierung in dieser

Legislaturperiode keinen Entwurf eines neuen Vereinsgesetzes vorlegen werde.

Bundesregierung und Parlament werde ich nur dann mit einer Reform des Vereinsrechtes

befassen, wenn - was derzeit nicht der Fall ist - ein breiter Konsens mit den politischen Parteien

und den zahlreichen österreichischen Vereinen erzielt werden kann.

Da meine private Meinung keinen Gegenstand des Interpellationsrecht des Nationalrates

darstellt und es auch keinen Gegenstand der Vollziehung darstellt, Begriffe eines nicht von

meinem Ressort erstellten Entwurfs zu kommentieren oder auszulegen, bitte ich um

Verständnis, wenn ich von einer weitergehenderen inhaltlichen Beantwortung dieser Fragen

Abstand nehme.