3923/AB XX.GP
Auf die - aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigeschlossene - schriftliche
parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Dkfm. DDr. Friedrich König und Kollegen vom
25. März 1998, Nr. 39421J, betreffend Steuerharmonisierung und Doppelbesteuerungs -
abkommen, beehre ich mich folgendes mitzuteilen:
Zu 1. und 2.:
Die Festlegung von Mindeststeuersätzen für gewinnabhängige Steuern stellt grundsätzlich
auch aus der Sicht des Bundesministeriums für Finanzen eine geeignete Maßnahme zur Ein -
schränkung eines nachteiligen Steuerwettbewerbs dar.
Mittelfristig ist eine Mindestbesteuerung der besonders mobilen Besteuerungsgrundlagen
innerhalb der EU unbedingt erforderlich, um einen ruinösen Steuerwettbewerb zu vermeiden,
der zwangsläufig zu beschäftigungsfeindlichen Steuersystemen führen muß.
Der am 1. Dezember 1997 im ECOFIN beschlossene Verhaltenskodex bedeutet sicher einen
ersten wichtigen Schritt in diese Richtung.
Im Zusammenhang mit dem Verhaltenskodex sind bereits zwei konkrete Harmonisierungs -
maßnahmen auf dem Gebiet der direkten Steuern vorgesehen, nämlich die Besteuerung
privater Zinserträge und die Beseitigung der Quellensteuer für Zins - und Lizenzgebühren -
zahlungen zwischen verbundenen Unternehmen. Der Richtlinienvorschlag betreffend Zins -
und Lizenzgebührenzahlungen wurde bereits vorgelegt, der Richtlinienvorschlag für Zinser -
tragsbesteuerung wird Ende Mai Anfang Juni erwartet. Im Rahmen der österreichischen
Präsidentschaft wird es daher erforderlich sein, die Beratungen über diese beiden Vorschläge
fortzusetzen.
Wie im Verhaltenskodex vorgesehen, wurde auch eine hochrangige Arbeitsgruppe eingesetzt
(Verhaltenskodex - Gruppe). Deren Aufgabe ist es, Maßnahmen des schädlichen Steuerwett -
bewerbs der Mitgliedstaaten festzustellen und darüber an den ECOFIN zu berichten. Das
Ergebnis dieser Arbeiten wird daher die Grundlage für die weitere Vorgangsweise der Mit -
gliedstaaten auf diesem Gebiet sein. Ich bin selbstverständlich bereit, jede Maßnahme zu
unterstützen, die geeignet ist, den unfairen Steuerwettbewerb zu bekämpfen.
Zu 3.:
Nach meiner Auffassung ist es für einen funktionierenden Binnenmarkt unerläßlich, wett -
bewerbsverzerrende Diskriminierungen, wie sie durch unterschiedliche Regelungen bilateraler
Doppelbesteuerungsabkommen hervorgerufen werden, zu beseitigen. Doch ist zu bedenken,
daß eine harmonisierende Neuverhandlung der über einhundert Doppelbesteuerungsab -
kommen in der EU - Staatengemeinschaft sicherlich nur sehr langfristig und äußerst aufwendig
zu realisieren wäre. Der zielführendere Weg wäre der Abschluß eines multilateralen
Vertragswerkes. Von österreichischer Seite wird daher jeder geeignete Anlaß dazu genützt,
auch die anderen EU - Staaten von der Notwendigkeit einer multilateralen Lösung der
innergemeinschaftlichen Doppelbesteuerungsprobleme zu überzeugen. Allerdings ist die
bisherige Reaktion aus anderen EU - Staaten auf erste informelle Bemühungen dieser Art
zurückhaltend. Vor allem aufgrund der nach wie vor bestehenden großen Unterschiede in den
Steuersystemen der EU - Mitgliedstaaten, aber auch infolge der unterschiedlichen
Abkommenspolitik mancher EU - Staaten, werden unüberwindliche Schwierigkeiten befürchtet.
Österreich beabsichtigt daher, die Bemühungen um ein multilaterales Vertragswerk zunächst
in einem Steuerbereich zu beginnen, in dem weniger Probleme zu erwarten sein dürften,
nämlich im Bereich der Erbschafts - und Schenkungsbesteuerung. Hier ist im übrigen auch
eine Initiative der Europäischen Kommission von Interesse, die zugunsten der Klein - und
Mittelunternehmen darauf drängt, daß für grenzüberschreitende Betriebsumgründungen im
Familienverband die internationale Doppelbesteuerung beseitigt werden müßte. Denn nur so
könnte auch im internationalen Rahmen die erforderliche steuerliche Rechtsformneutralität
hergestellt und eine Diskriminierung gegenüber grenzüberschreitenden
Kapitalgesellschaftsumgründungen vermieden werden.