3975/AB XX.GP
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 4273/J betreffend"Stranded
Investments” der österreichischen Elektrizitätswirtschaft, welche die Abgeordneten Langthaler,
Freundinnen und Freunde am 15.4.1998 an mich richteten, stelle ich vorweg grundsätzlich fest,
daß gemäß Art. 52 Abs. 1 B - VG der Nationalrat und der Bundesrat lediglich befugt sind, die
Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände
der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen. Das Fragerecht
der Nationalratsabgeordneten umfaßt somit nicht zukünftig geplante oder beabsichtigte
Maßnahmen. Der Punkt 9 der gegenständlichen Anfrage betrifft die Kommentierung von
Äußerungen, die nach Presseberichten Funktionären der Verbundgesellschaft zugeschrieben
werden. Derartige Kommentierungen sind jedoch nicht Gegenstand des
verfassungsgesetzlichen Instruments der parlamentarischen Anfrage. Ungeachtet dessen nehme
ich zu den an mich gerichteten Fragen grundsätzlich wie folgt Stellung
Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:
Die ursprünglich von einer Reihe von Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft an das
Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten gemeldeten “Stranded Costs” waren
deutlich höher als die im Februar d.J.
vorläufig an die Europäische Kommission gemeldete
Summe. Die Reduktion dieser Summe ergab sich durch eine Neuberechnung, aufgrund
teilweise geänderter Annahmen und der Korrektur von Fehlern und Doppelzählungen, sowie
der Tatsache, daß bestimmte, von den Elektrizitätsversorgungsunternehmen als Stranded Costs
angesehene Projekte bzw. Verträge nicht als solche anerkannt werden konnten, wie zum
Beispiel Koordinierungsverträge. Da die Geheimhaltung dieser Daten im Interesse der
betroffenen Unternehmen geboten ist, unterliegen diese Daten der Amtsverschwiegenheit.
Antwort zu den Punkten 2 und 6 der Anfrage:
Es wurden diejenigen Anlagen und Verträge, die im Sinne des Art. 24 der
Elektrizitätsbinnenmarkt - Richtlinie 96/92/EG von durch Gesetz oder Verordnung "auferlegten
Verpflichtungen oder erteilten Betriebsgarantien” vom zukünftigen Strombinnenmarkt
betroffen sein können, vorerst für eine Übergangsregelung an die Europäische Kommission
gemeldet. Der Antrag Österreichs auf Übergangsregelung vom 11. Februar stellt eine
vorläufige Meldung dar. Der endgültige Antrag samt ausführlicher Begründung und einem
Vorschlag für konkrete Übergangsregelungen muß, wie mit der Europäischen Kommission
vereinbart, bis spätestens Oktober 1998 eingebracht werden.
Antwort zu den Punkten 3 und 4 der Anfrage:
Die in der Antwort zu Punkt 2 der Anfrage angesprochenen Anlagen und Verträge, welche an
die Europäische Kommission gemeldet wurden, sind derzeit Gegenstand einer rechtlichen und
betriebswirtschaftlichen Prüfung durch externe unabhängige Gutachter. Dabei werden alle für
die konkreten Entscheidungen der Unternehmen maßgeblichen Einflußfaktoren
(Kriterien/Parameter/Entscheidungsgrundlagen) für Investitionen und zum Abschluß von
Verträgen einer den Kriterien der Binnenmarkt - Richtlinie entsprechenden, unabhängigen
Bewertung unterzogen.
Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:
Als Berechnungsgrundlage für den Marktpreis wurde für die im Antrag Österreichs vom 11.
Februar d.J. enthaltenen Summen ein langfristig zu erwartender Preis für Elektrizität aus
Gasturbinenanlagen moderner Technologie herangezogen. Diese Annahmen wurden auf
Grundlage von Studien und in Abstimmung mit einem externen Sachverständigen getroffen.
Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:
Das Antragsschreiben an die Europäische Kommission vom 11.2.1998 ist in Kopie beigelegt.
Antwort zu Punkt 8 der Anfrage:
Es ist nicht meine Aufgabe, Einschätzungen des Vorstandes eines Unternehmens der
Elektrizitätswirtschaft zu kommentieren, zu teilen usw. und Unterschiede zu meinen
Einschätzungen der gegebenen Situation darzulegen. Der vorläufige, an die Europäische
Kommission gerichtete Antrag auf Übergangsregelung enthält für die Verbundgesellschaft
einen Betrag, der durch die zuständige Sektion des Bundesministeriums für wirtschaftliche
Angelegenheiten im Sinne einer Plausibilitätsprüfung in Abstimmung und unter Beiziehung von
externem Know - how geprüft und ermittelt wurde.
Antwort zu Punkt 9 der Anfrage:
Es ist - wie bereits einleitend ausgeführt - weder meine Aufgabe, in den Medien veröffentlichte
Meldungen oder Meinungen zu kommentieren und dazu Stellung zu nehmen, noch
Einschätzungen - von wem auch immer - zu teilen. Diese Thematik "Stranded Costs" wurde
ausgiebig - nicht zuletzt durch Äußerungen des Verbundvorstandes selbst - in den Medien
einer breiten Öffentlichkeit - und somit auch den Aktionären der Verbundgesellschaft - bekannt
gemacht. Die Aktienkurse der betroffenen Unternehmen (soweit diese börsennotierte
Aktiengesellschaften sind) insbesondere der
Verbundgesellschaft scheinen dadurch aber
weitgehend unbeeinflußt zu sein. Der Einschätzung, daß meine Vorgangsweise zu einem
Verlust von Bundesvermögen in Milliardenhöhe führen könnte, kann ich somit jedenfalls nicht
folgen. Im übrigen darf ich auf die Verantwortung des Vorstandes einer Aktiengesellschaft
gemäß Aktiengesetz für Investitionsentscheidungen und Vertragsabschlüsse sowie die
Vorstandspflichten bei drohendem Verlust hinweisen. Zur Prüfung der von Ihnen
angesprochenen Einwendungen habe ich veranlaßt, daß die externen Gutachter insbesonders
auch die Auswirkungen der "Stranded Costs” auf die Vermögens - , Finanz - und Ertragslage der
jeweiligen Unternehmen untersuchen.
Antwort zu den Punkten 10 bis 12 der Anfrage:
Zur allfälligen Abgeltung von Stranded Costs gibt es mehrere Möglichkeiten, worüber jedoch
noch keine Entscheidung getroffen worden ist. Es wird jedoch Einvernehmen mit der
Europäischen Kommission hergestellt werden müssen, um Wettbewerbsverzerrungen im
Binnenmarkt zu vermeiden. Vertreter der Europäischen Kommission haben dazu schon
mehrfach betont, streng auf diesen Punkt zu achten und die konkrete Umsetzung allfälliger
genehmigter Übergangsregelungen zu verfolgen.
Antwort zu Punkt 13 der Anfrage:
Die Frage wäre an die Europäische Kommission zu richten. Die Umsetzung allfälliger
Übergangsregelungen könnte frühestens ab Inkrafttreten der Marktöffnung Anfang 1999
beginnen.
Beilage
Betrifft: Antrag Österreichs auf Übergangsregelung gemäß Artikel 24
der Elektrizitätsbinnenmarkt - Richtlinie (RL 96/92/EG)
Sehr geehrte Damen und Herren!
Gemäß Art. 24(1) der Richtlinie 96/92/EG(RL) des Europäischen Parlamentes und des Rates
betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt stellt die Republik
Österreich den Antrag auf Gewährung einer Übergangsregelung. Gemäß der Vereinbarung mit
der Kommission ist die nähere Konkretisierung, endgültige Spezifikation und Begründung
dieses Antrages sowie die Konkretisierung der mit diesem Antrag verbundenen Übergangsre -
gelungen einer weiteren Erklärung vorbehalten.
Die Konkretisierung dieses Antrages sowie der tatsächlichen Übergangsregelung wird auf -
grund eines unabhängig vom zukünftigen Marktöffnungsgrad in Österreich langfristig erwarte -
ten Marktpreises für elektrische Energie sowie weiterer Annahmen erfolgen, wobei bereits
maßgebliche Adaptierungen an den Mitteilungen der Elektrizitätsunternehmen vorgenommen
wurden. Der Antrag umfaßt insbesondere auch Ausnahmeregelungen zu den Kapiteln IV, VI
und VII gemäß RL Art 24 (2), deren nähere Ausführung somit der endgültigen Notifikation
vorbehalten bleibt. Sie stellt einen Höchstrahmen dar, der nunmehr aus wirtschaftlicher und
technischer Sicht durch externe Gutachter umfassend - gerade im Hinblick auf den realisierten
Marktöffnungsgrad - im Sinne der Richtlinie
für die endgültige Mitteilung evaluiert wird.
Die österreichische Energiepolitik zielte auf die Bevorrangung der erneuerbaren Energieträger
bei der Elektrizitätserzeugung, insbesondere der Wasserkraft, zur Minderung der Importabhän -
gigkeit bei fossilen Energieträgern und zur bestmöglichen Schonung der Umwelt ab. Die Elek -
trizitätsversorgung Österreichs basiert daher zum Großteil auf umweltfreundlicher Stromerzeu -
gung aus Wasserkraftwerken, wobei erwartet wird, daß insbesondere neue Anlagen im Zuge
der Einführung des europäischen Strombinnenmarktes unrentabel werden. Darüber hinaus
wurden vor Inkrafttreten der Binnenmarkt - Richtlinie entsprechend den energiepolitischen Ziel -
setzungen Österreichs und zu deren Umsetzung getroffener bundes - oder landesgesetzlicher
Regelungen, Maßnahmen sowie politischer Willenserklärungen - auch der u.a. im Rahmen der
Internationalen Energieagentur akkordierten Energie - und Elektrizitätspolitiken - langfristige
Liefer - Bezugsverträge abgeschlossen, die im Wettbewerb zu "gestrandeten Investitionen” wer -
den. Im Sinne der allgemeinen akzeptierten Priorität erneuerbarer Energieträger wurden so -
wohl auf Bundes - als auch auf Länderebene Regelungen erlassen, die gleichfalls den Elektrizi -
tätsversorgungsunternehmen unter den nunmehrigen wettbewerblichen Bedingungen des
Strommarktes unverhältnismäßige Lasten auferlegen.
Der Wegfall der Rentabilität der nachfolgend genannten Investitionen bzw. vertraglicher Ver -
pflichtungen ergibt sich ausschließlich aufgrund der Umsetzung der Regelungen der RL im
Zuge der Neuordnung der Rahmenbedingungen für die Elektrizitätswirtschaft Österreichs, die
das Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten im Sinne einer möglichst raschen
und weitgehenden Liberalisierung des Strommarktes vorantreibt.
Übergangsfrist
Als Zeitraum für Übergangsregelungen werden seitens Österreichs 10 Jahre beantragt, gerech -
net ab dem Zeitpunkt der innerstaatlichen Umsetzung der Richtlinie.
Geplante Maßnahmen
Die Umlegung der Stranded Costs auf alle oder Gruppen von Abnehmern ist derzeit noch in
Diskussion. Es wird derzeit davon ausgegangen, daß die Kosten gleichmäßig auf alle Verbrau -
cher umzulegen sind.
Beträge/Unternehmen
In diesen Antrag wurden Investitionen in Erzeugungsanlagen, Einspeisevergütungen und son -
stige vertragliche Verpflichtungen (Brennstoffbezug,
sonstige Stromlieferverträge)
aufgenommen. Die hiermit für die Österreichische Elektrzitätswirtschafts AG (Verbundge -
sellschaft) notifzierten Investitionen bzw. vertraglichen Verpflichtungen umfassen einen Ge -
samtrahmen von 23,2 Mrd. ATS und beziehen sich unter anderem auf das Donaukraftwerk
Freudenau, die 7. Maschine Ybbs Persenbeug, Braunkohle - Liefervertrag für das Kraftwerk
Voitsberg 3 der Draukraft sowie sonstige vertragliche Verpflichtungen, für die Landesgesell -
schaften und sonstige Unternehmen u.a. für das Fernheizkraftwerk Mellach und neue Wasser -
kraftwerke einen Gesamtrahmen von 12,36 Mrd. ATS.
Die aufgrund von gesetzlichen Abnahmeverpflichtungen und Einspeiseregelungen, vor allem
für erneuerbare Energieträger, resultierenden "Stranded Costs" sind jene, welche unter dem
entsprechenden Referenzpreis liegen und seitens der Elektrizitätsversorgungsunternehmen ver -
pflichtend zu übernehmen sind.
Die Aufschlüsselung des von den Elektrizitätsversorgungsunternehmen gemeldeten Gesamtvo -
lumens von 35,58 Mrd. ATS (entspricht etwa 2,56 Mrd. ECU) gegliedert nach Gesellschaften
sind in folgender Tabelle angeführt:
|
Unternehmen |
Investitionen in Erzeugungsanlagen |
Einspeisevergütungen |
Summe (in Mb ATS) |
|
Verbund |
|
|
23.219,7 |
|
EVN |
- |
356,3 |
356,3 |
|
KELAG |
818 |
338,1 |
1.156,1 |
|
OKA |
455 |
184 |
639 |
|
STEWEAG |
3.882 |
330 |
4.212 |
|
SAFE |
3.792 |
418,5 |
4.210,5 |
|
Wienstrom |
1.169 |
40,6 |
1.209,6 |
|
BEWAG |
- |
34,9 |
34,9 |
|
ESG |
- |
49,8 |
49,8 |
|
Sbg STW |
211,3 |
- |
211,3 |
|
STEG |
52,6 |
8,3 |
60,9 |
|
EW Schöder |
- |
2,1 |
2,1 |
|
EW Ebner |
18,5 |
- |
18,5 |
|
Köflach St. |
12,2 |
- |
12,2 |
|
Kapfenberg |
47,2 |
7,1 |
54,3 |
|
Judenburg |
51,5 |
- |
51,5 |
|
Feistritzwerk |
- |
4,3 |
4,3 |
|
STW Bruck |
77 |
- |
77 |
|
Summe gesamt: |
10.586,3 |
1.774 |
35.580,0 |
Verbund: Österr. ElektrizitätswirtschaftsAG, Rudolfsplatz 13a, 1010 Wien, Tel.: +53 113 - 0, Fax: 53 113 - 0
EVN: Energieversorgung NÖ. AG, 2344 Maria Enzersdorf, Johann Steinböckstr. 1, Tel.: +02236/200 - 0,
Fax:022 36/200 - 0
KELAG: Kärntner ElektrizitätsAG, 9010 Klagenfurt, Arnulfplatz 2, Tel: +0463/525 - 0, Fax: 0463/525 - 0
OKA: OÖ. Kraftwerke AG, 4021 Linz, Böhmerwaldstr. 3, Tel: +0732/65 93 - 0, Fax: 0732/65 93 - 0
STEWEAG: Steir. Wasserkraftwerke u. ElektrizitätsAG, 8011 Graz, Leonhardgürtel 10, Tel.: +0316/387 - 0,
Fax: 0316/387 - 0
SAFE: Salzburger AG für Energiewirtschaft, 50212 Salzburg, Bayerhamerstraße 16, Tel: +0662/88 84 - 0. Fax:
0662/88 84 - 0
WIENSTROM: Wiener Stadtwerke, Wienstrom, 1010 Wien, Schottenring 30, Tel: + 01/4004 - 0, Fax: 01/30099
BEWAG: Burgenländische Elektrizitätswirtschafts AG, 7000 Eisenstadt, Kasernenstraße 9, Tel: + 02682/603 - 0,
Fax: 02682/603 - 0
ESG: Linzer Elektrizitäts -, Fernwärme - und Verkehrsbetriebe AG, 4010 Linz, Museumstraße 6/8,
Tel: + 0732/7801 - 0, Fax: 0732/7801 - 0
Sbg STW: Salzburger Stadtwerke AG, 5021 Salzburg, Roseggerstraße 2, Tel: + 0662/4480 - 0, Fax: 0662/4480 - 0
STEG: Steiermärkische Elektrizitäts AG, 8054 Graz, Ankerstraße 6, Tel: + 0316/2806 - 0, Fax :0316/2860 - 0
EW Schöder: E - Werk Schöder KG, 8812 Maria Hof
EW Ebner: E - Werk Ebner, 8424 Neudorf a.d.Mur, Tel: +03452/82154, Fax:03452/86085 - 18
Köflach St.: Stadtwerke Köflach, 8580 Köflach, Stadtwerkgasse 2, Tel: +03144/3470, Fax:03144/3550
Kapfenberg: Stadtwerke Kapfenberg, 8605 Kapfenberg, Stadtwerkestraße 6, Tel:+03862/23516 - 0,
Fax:03862/235 16 - 0
Judenburg: Stadtwerke Judenburg AG, 8750 Judenburg, Burggasse 15, Tel:+03572/83 146 - 0,
Fax:03572/83 146 - 0
Feistritzwerk: Feistritzwerke der Stadt Gleisdorf GmbH, 8200 Gleisdorf, Gartengasse 36, Tel.+03 112/2653 - 0,
Fax: 03112/2653 - 0
STW Bruck: Stadtwerke Bruck, 8600 Bruck a.d.M., Stadtwerkestraße 9, Tel:+03862/51581 - 0, Fax:
03862/51581 - 0
Für weitere Auskünfte stehen den Dienststellen der Kommission die Sektion Energie des
BMwA sowie die Elektrizitätsunternehmen gerne zur Verfügung.