3977/AB XX.GP

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 4308/J betreffend Österreichs

Position zum Weißbuch “Energie für die Zukunft: Erneuerbare Energieträger" der

Europäischen Kommission, welche die Abgeordneten Langthaler, Freundinnen und Freunde am

16. April 1998 an mich richteten, stelle ich fest:

Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:

Von einer effizienten Umsetzung der im Weißbuch dargelegten Maßnahmen kann aus meiner

Sicht ein Beitrag zur Erreichung des Zielebündels Versorgungssicherheit, Steigerung der

Wettbewerbsfähigkeit und Umweltschutz erwartet werden.

Davon abgeleitet kann ein Beitrag zur Senkung von Energieimporten oder zumindest deren

geringere Steigerung erwartet werden. Eine gesteigerte Nachfrage nach Technologien im

Bereich erneuerbare Energie sollte außerdem im Inland, in der Europäischen Union und auf

Märkten außerhalb der EU verstärkte Absatzmöglichkeiten für Unternehmen, die in diesem

Bereich tätig sind, mit sich bringen. Dies sollte sich auch in der Schaffung neuer, oder

zumindest in der Sicherung bestehender, qualifizierter Arbeitsplätze auswirken.

Aus ökologischer Sicht kann vom verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien aus meiner Sicht

ein Beitrag zur Reduktion von Emissionen mit Relevanz für den Treibhauseffekt erwartet

werden.

Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:

Die im Weißbuch dargelegte Gemeinschaftsstrategie und der Aktionsplan gehören zu jener

Gruppe von Vorhaben, mit denen ein Beitrag zur Umgestaltung des Wirtschaftens in Richtung

Nachhaltigkeit geleistet werden soll und meiner Einschätzung nach auch geleistet werden kann.

Daher halte ich es für nicht zweckmäßig, in diesem Zusammenhang von Benachteiligung zu

sprechen.

Im Kreise der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zählt Österreich zur Gruppe der

Nettozahler. Es ist dies ein Umstand, der natürlich auch bei der Umsetzung der

Gemeinschaftsstrategie und des Aktionsplanes betreffend erneuerbare Energie nicht außer Acht

gelassen werden darf. Und zwar insbesondere bei Maßnahmen, die unter Einsatz von

Finanzmitteln aus dem Haushalt der Gemeinschaft umgesetzt werden sollen. Für Österreich ist

es daher von großer Bedeutung, daß auf Gemeinschaftsebene jene Maßnahmen in Angriff

genommen werden, deren Umsetzung auf dieser Ebene notwendig und sinnvoll ist, und daß

diese Umsetzung unter effizientem Einsatz der erforderlichen Mittel erfolgt.

Wenn die effiziente Umsetzung von Gemeinschaftsstrategie und Aktionsplan gelingt und im

Bereich der erneuerbaren Energien europaweit ein markanter Aufwärtstrend einsetzt, so wäre

dies auch für Österreich mit ökonomischen und ökologischen Vorteilen verbunden.

Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:

Der Anteil der erneuerbaren Energieträger am Gesamtenergieverbrauch lag im Jahre 1996 bei

26,4 %. Davon entfallen 13,4 % auf Wasserkraft, der Rest auf sonstige Energieträger

(großteils Brennholz und biogene Energieträger).

Dieser hohe Anteil ist das Ergebnis von langjährigen und intensiven Bemühungen zur

Forderung des Einsatzes erneuerbarer Energieträger auf Bundes - und auf Länderebene. Im

Zuge der energiepolitischen Bemühungen zugunsten der Nutzung erneuerbarer Energien, sind

auch jene Voraussetzungen geschaffen worden, die die Erreichung des jetzigen Status möglich

gemacht haben. Sowohl Bund als auch Bundesländer verfügen über Energiekonzepte, in

welchen den erneuerbaren Energien hoher Stellenwert eingeräumt wird. Sowohl Bund als auch

Länder verfügen über jene institutionellen Voraussetzungen, deren Einsatz die effiziente

Unterstützung der erneuerbaren Energien ermöglicht. Im Zuge der langjährigen Bemühungen

wurde jenes Know - how erworben, das eine gezielte und auf regionale Erfordernisse

zugeschnittene Unterstützung der erneuerbaren Energien ermöglicht.

Aufgrund dieser Fülle an Voraussetzungen im eigenen Land ist Österreich bei der

Mitgestaltung des Prozesses zur Umsetzung der Strategie und des Aktionsplanes in einer guten

Ausgangsposition. Österreich kann darauf hinarbeiten, daß auf Gemeinschaftsebene jene

Maßnahmen in Angriff genommen werden, die auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht geleistet

werden können, sodaß eine effiziente Kombination von Maßnahmen auf beiden Ebenen

entsteht.

Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:

In der Energieprognose des WIFO (Februar 1996) ist für die erneuerbaren Energieträger ein

Anteil von knapp 30 % am Gesamtenergieverbrauch im Jahre 2010 ausgewiesen. In der Studie

,,The European Renewable Energy Study - TERES II” vertreten die Autoren die Ansicht, daß

ein Anteil von mehr als einem Drittel des Gesamtenergieverbrauches durch erneuerbare

Energie abgedeckt werden könnte, wenn die Unterstützung von Technologien zur Nutzung

erneuerbarer Energien fortgesetzt wird.

Es erscheint mir aus jetziger Sicht realistisch anzunehmen, daß sich der Anteil der erneuerbaren

Energien am Gesamtenergieverbrauch in Österreich im Zeithorizont des Weißbuches in der

Größenordnung von etwa einem Drittel bewegen wird.

Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:

Ich teile die Einschätzung, daß Maßnahmen zur Forcierung des Einsatzes erneuerbarer

Energien geeignet sind, positive Effekte auf dem Arbeitsmarkt nach sich zu ziehen. Ich teile

auch die Einschätzung, daß in Österreich im Bereich Biomasse, bedingt durch den traditionell

hohen Stellenwert dieses Bereiches, beträchtliches Know - how vorhanden ist. Eine gesteigerte

Nachfrage nach Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien würde zweifellos

Exportchancen mit sich bringen und ein ausreichend großer Heimmarkt ist für Unternehmen,

die sich dem Exportgeschäft zuwenden wollen, sicherlich eine wichtige Ausgangsbasis.

So sind im Raum Güssing/Südburgenland und im Raum Niederösterreich /Wr. Neustadt

aufbauend auf bestehendem Know - how Anlagenprojekte z.B. auf dem Gebiet der Vergasung

von Biomasse beziehungsweise Vergasung von Biomasse mit anschließender Erzeugung von

Strom geplant.

Im Zusammenhang damit ist ein Kompetenzzentrum “Biomasse/erneuerbare Energien”

vorgesehen. In diesem Kompetenzzentrum sollen im Rahmen eines Forschungsprogrammes

F&E Projekte durchgeführt werden, die zu innovationen in diesem Bereich führen sollen. Ein

weiteres Ziel dieses Kompetenzzentrums ist die verstärkte Vernetzung von betrieblicher

Forschung mit Forschungseinrichtungen basierend auf den drei Säulen Wirtschaft,

Wissenschaft und regionalem Management. An dem Projekt beteiligen sich führende Institute

der Universitäten, Vertragsforschungseinrichtungen, die Fachhochschule und das

Technologiezentrum Pinkafeld sowie einschlägige Firmen aus Österreich.

Das Wirtschaftsministerium beurteilt die Möglichkeit zur Unterstützung dieses Projektes im

Rahmen seines Kompetenzzentrum - Förderprogrammes aus Mitteln der Technologiemilliarden,

besonders unter dem Blickwinkel des Aufbaus eines österreichischen Kompetenznetzwerkes

für erneuerbare Energie grundsätzlich positiv. Detailkonzepte für dieses Kompetenznetzwerk

sind in Ausarbeitung; das Projekt soll noch dieses Jahr gestartet werden.

Etwa ab dem Jahr 2000 sollen im Rahmen des PHARE Programmes der EU erhebliche Mittel

für die Erneuerung von Anlagen in Osteuropa zur Verfügung stehen. Eine Stärkung

technologischer Leistungsfähigkeit der österreichischen Firmen, die sich im Bereich

“Erneuerbare Energien” engagieren, wird deren Chancen in Osteuropa und weltweit wesentlich

erhöhen und damit ein zusätzliches Potential zur Schaffung neuer Arbeitsplätze liefern.

Es gibt somit in Österreich auf Bundes - und auf Länderebene eine Vielzahl von Aktivitäten, die

die Steigerung des Einsatzes von erneuerbaren Energien zum Ziel haben. Durch diese

Maßnahmen entsteht natürlich Nachfrage nach Technologien zur Nutzung von erneuerbaren

Energien auf dem heimischen Markt. In meinem Bereich bin ich bemüht, Aktivitäten zur

Förderung erneuerbarer Energien möglichst effizient zu gestalten.

Ich sehe meine Aufgabe aber in erster Linie darin, die Rahmenbedingungen in Österreich und in

Europa dahingehend mitzugestalten, daß die erneuerbaren Energieträger in weiterer Folge

ohne unterstützende Eingriffe in die Lage versetzt werden, im Wettbewerb mit fossilen

Energieträgern erfolgreich zu bestehen.

Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

Im Weißbuch selbst sind im Abschnitt 1.4 auf den Seiten 14 und 15 einige Studien mit

Schätzungen von Arbeitsplätzen, die durch Investitionen in erneuerbare Energieträger

entstehen könnten, zitiert. Die Kommission selbst räumt aber ein, daß es nicht möglich ist,

verbindliche Schlußfolgerungen darüber zu ziehen, wieviele Arbeitsplätze durch Investitionen

in die einzelnen erneuerbaren Energieträger insgesamt geschaffen werden können. Gleichzeitig

verdeutlichen die geschätzten Größenordnungen nach Ansicht der Kommission, daß eine

offensive Unterstützung der erneuerbaren Energieträger erhebliche neue Chancen auf dem

Arbeitsmarkt eröffnen wird.

Ich teile die Einschätzung, daß Maßnahmen zur Forcierung des Einsatzes erneuerbarer

Energien geeignet sind, positive Effekte auf dem Arbeitsmarkt nach sich zu ziehen. Angesichts

der prognostischen Unsicherheiten nehme ich jedoch Abstand von der Nennung zahlenmäßiger

Schätzungen.

Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:

Es trifft nicht zu, daß Österreich in der Ratsarbeitsgruppe Energie zum Weißbuch bislang eine

ablehnende Haltung vertreten hat. Österreich hat an der EU - weiten Diskussion, die zum

"Weißbuch erneuerbare Energien" (WB) geführt hat, intensiv und konstruktiv teilgenommen.

Österreich begrüßt die Tatsache, daß mit dem WB eine Grundlage für energierelevante

Aktivitäten der Gemeinschaft zugunsten der erneuerbaren Energien vorhanden ist und hat

großes Interesse daran, daß die im Weißbuch beschriebene Strategie und der Aktionsplan

effizient umgesetzt werden, damit die angestrebten, positiven gesamtwirtschaftlichen und

ökologischen Effekte tatsächlich erzielt werden können.

Zur zitierten Formulierung aus dem Dokument 7054/98 und deren angebliche Ablehnung durch

Österreich ist folgendes zu sagen:

Ein erster Entwurf des Vorsitzes für eine Entschließung des Rates zum Weißbuch wurde mit

Dok.SN 2076/98 von 11.3.98 vorgelegt. Betreffend das Weißbuch an sich enthält dieser

Entwurf die folgende Formulierung:

,,- WELCOMES the White Paper on a Community strategy and action plan as a basis for

complementary action at the Community and national levels."

Das Dok. SN 2076/98 war Gegenstand der Beratungen der Ratsarbeitsgruppe Energie (RAG)

am 17.3.98.

Die österr. Verhandlungsgrundlage für die Sitzung der RAG am 17.3.98 enthält betreffend die

oben zitierte Formulierung in Dok. 2076/98 den Hinweis, daß

- diese Formulierung zu stark sei,

- das Weißbuch und der Aktionsplan zwar zu begrüßen seien, allerdings als Basis für die

Meinungsbildung über Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene, die in Ergänzung zu

- Maßnahmen der MS gesetzt werden - ein Gedanke, der mit Nachdruck vertreten werden

sollte und

- eine veränderte Formulierung lauten könnte: “for actions at the Community level

complementary to actions at the national level.”

Ergebnis der Beratungen der RAG vom 17.3.98 ist Dok. 7054/98 vom 23.3.98. Die

entsprechende Formulierung lautet:

“2. WELCOMES the White Paper on a Community strategy and action plan as a basis for

actions at Community level complementary to actions at national level."

Der von Österreich in der Sitzung der RAG am 17.3.98 eingebrachte Formulierungsvorschlag

wurde vom Vorsitz also offensichtlich aufgegriffen, denn die Formulierung in Dok. 7054/98

vom 23.3.98 entspricht fast genau dem österr. Vorschlag. Es ist dies ein Umstand, der die

konstruktive und erfolgreiche Mitarbeit Österreichs in der RAG belegt.

Die Fußnote 5 in Dok. 7054/98 ist insofern zutreffend, als sie Österreichs Ablehnung der

entsprechenden Formulierung in Dok. 2076/98 zum Ausdruck bringt. Sie ist insofern

mißverständlich, als sie nicht zum Ausdruck bringt, daß die der Formulierung der

entsprechenden Fassung in Dok. 7054/98 auf einen Vorschlag Österreich zurückgeht.

Antwort zu Punkt 8 der Anfrage:

Die Vertretung Österreichs in der Ratsarbeitsgruppe Energie wird durch die Sektion VIII

Energie meines Ressorts wahrgenommen, die die Beschickung der Sitzungen entsprechend den

Tagesordnungen durch Bedienstete der jeweils zuständigen Fachabteilungen sicherstellt.

Die Betreuung des Dossiers ,,Weißbuch" obliegt der Abteilung VlII/2 (Leitung: Ministerialrat

Dr. Otto ZACH). Die Teilnahme an den Ratsarbeitsgruppensitzungen, bei denen das Thema

Weißbuch auf der Tagesordnung stand, wurde wahrgenommen durch:

Ministerialrat Dr. Otto ZACH,

- Oberkommissär Mag. Klaus JENNY (Abt. VIII/2),

- Beamtin Mag. Susanne ACHBERGER (Referat VIII/2c),

- Beamter Mag. Roland KOTZMAIER (Attaché, Ständige Vertretung Brüssel).

Antwort zu Punkt 9 der Anfrage:

Die konkreten Detailpositionen, die zu der in der Frage 7 thematisierten Formulierung aus

Dok. 7054/98 (“2. WELCOMES the White Paper on a Cominunity strategy and action plan as

a basis for actions at Community level complementary to actions at national level.") geführt

haben, waren mir nicht bekannt und wurden nicht auf meine ausdrückliche Anordnung

hin vertreten.

Antwort zu Punkt 10 der Anfrage:

Das gesamt Dossier ,,Weißbuch” wurde bereits im Vorfeld des Rates der EU -

Energieminister (8. 12.97) einer breiten innerösterreichischen Koordination unterzogen.

Seitens meines Ressorts wurden danach das BMF, das BMLuF, das BMUJF und das

BMWV ausdrücklich zur Abgabe einer Stellungnahme eingeladen. Dieser Einladung

nachgekommen sind das BMF, das BMUJF und BMWV.

Die Ausarbeitung von Positionen zu den einzelnen Formulierungen in den

fortgeschriebenen Entschließungsentwürfen wurde von den zuständigen Beamten

meines Ressorts vorgenommen.

Die Position, die zu der in der Frage 7 thematisierten Formulierung unter Punkt 2 des

Dok. 7054/98 geführt hat (nämlich daß das Weißbuch und der Aktionsplan zwar zu

begrüßen seien, allerdings als Basis für die Meinungsbildung über Maßnahmen auf

Gemeinschaftsebene, die in Ergänzung zu Maßnahmen der MS gesetzt werden), war

nicht Gegenstand einer gesonderten interministeriellen Abstimmung. Diese Position

wurde von den Beamten meines Ressorts vor dem Hintergrund ihrer Einschätzung der

österr. Interessenlage festgelegt.

Antwort zu Punkt 11 der Anfrage:

Wie oben ausgeführt, wurde die Meinungsbildung zum Weißbuch seit vergangenen

Dezember auf Basis einer breiten innerösterreichischen Abstimmung vollzogen. Es ist

mir nicht bekannt, daß von den Inhalten des Weißbuches betroffene Mitglieder der

Österreichischen Bundesregierung diesem Weißbuch anders als grundsätzlich positiv

gegenüberstehen. Unterschiedliche Meinungen zu einzelnen Formulierungsdetails des

Entwurfes für die Ratsentschließung wurden, sofern erforderlich, auf Beamtenebene

diskutiert und konnten weitgehend ausgeräumt werden.

Antwort zu Punkt 12 der Anfrage:

Da ich zum Weißbuch eine positive Haltung vertrete, ist diese Frage gegenstandslos.

Antwort zu Punkt 13 der Anfrage:

Jener Entwurf für eine Ratsentschließung, die den EU - Energieministern am 11.5.98

zum Beschluß vorgelegt und von diesen angenommen wurde (Dok. 7987/98), war

Gegenstand einer interministeriell en Koordinationssitzung auf Beamtenebene am

4.5.98. Dieses Dokument ist ein Kompromißvorschlag des britischen Ratsvorsitzes,

denn für den Entschließungstext konnte weder in der Ratsarbeitsgruppe noch im

Ausschuß der Ständigen Vertreter Konsens erzielt werden.

Die Prüfung der Kompromißvorschläge des Vorsitzes für die noch kontroversiellen

Passagen durch mein Ressort ergab, daß Österreich all diesen Vorschlägen zustimmen

kann. Bei der interministeriellen Sitzung am 4.5.98 stimmten die anwesenden Ressorts

dieser Vorgangsweise zu.