4050/AB XX.GP
Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Wabl, Freundinnen
und Freunde vom 24. April 1993, Nr. 4338/J, betreffend Versäum -
nisse bei der Umsetzung der WRC - Novelle 1997, beehre ich mich
folgendes mitzuteilen:
Bevor ich auf die Beantwortung Ihrer Fragen näher eingehe, darf
ich folgendes ausführen:
Im Wasserrechtsgesetz geht es - wie schon seit mehr als 100 Jahren
- um einen sorgsamen Umgang mit Wasser und um die nachhaltige
Nutzung der Wasserressourcen. Daran hat auch die WRG - Novelle 1997
nichts geändert; dort wurden im wesentlichen Verfahrensverein -
fachungen vorgenommen, ohne die Schutzziele
des WRG zu lockern.
Daß gerade eine komplexe Materie wie die Wasserwirtschaft dabei
der Berücksichtigung zahlreicher, nicht in jedem Fall gleicher und
zudem oft auch örtlich gebundener bzw. differierender Faktoren be-
darf, liegt auf der Hand. Hier kann sachgerecht und flexibel nur
mit Verordnungsermächtigungen vorgegangen werden, wobei deren
Grenzen durch das WRG klar bestimmt sind. Dies ist eine im Umwelt-
recht notwendige und sinnvolle Vorgangsweise, die keineswegs als
Rechtsunsicherheit bezeichnet werden kann.
Gemäß § 32 Abs.1 WRG 1959 idF BGBl. I Nr. 74/1997 sind Einwirkun -
gen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaf -
fenheit beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung
zulässig. Lediglich geringfügige Einwirkungen, insbesondere der
Gemeingebrauch sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaft -
liche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils
nicht als Beeinträchtigung. Gemäß dem, mit der letzten WRG - Novelle
neu geschaffenen § 12a Abs. 2 WRG 1959 ist bei allen diesem Bun -
desgesetz unterliegenden Wasserbenutzungen, Maßnahmen und Anlagen
der Stand der Technik einzuhalten. Die Behörde kann auf Antrag
Ausnahmen vom Stand der Technik zulassen, soweit der Schutz der
Gewässer dies erfordert oder gestattet.
Hinsichtlich der Interpretation der im letzten Satz eingeräumten
Ermächtigung ist auf den Bericht des Ausschusses für Land - und
Forstwirtschaft zur WRG - Novelle 1997 (727 der Beilagen zu den
Stenographischen Protokollen des Nationalrates, XX.GP) zu verwei -
sen. Nach Auffassung des Gesetzgebers ist die Bestimmung des § 12a
Abs. 2 leg.cit. die lex generalis, und spezielle Bestimmungen wie
z.B. § 33b bleiben unberührt.
Ist im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände mit wirtschaftlich
zumutbarem Aufwand das Einhalten von Emissionswerten, die gemäß
§ 33b Abs. 3 verordnet wurden, technisch nicht möglich, darf nach
Abs. 10 dieser Norm eine Bewilligung der Abwassereinleitung mit
weniger strengen Regelungen dann erteilt
werden, wenn
a) das öffentliche Interesse an der die Einleitung erfordernden
Maßnahmen jenes an der Gewässerreinhaltung überwiegt, oder wenn
b) die Überschreitung der Emissionswerte im Hinblick auf die gege -
benen wasserwirtschaftlichen Verhältnisse vorübergehend hinge -
nommen werden kann.
Aufgrund der geschilderten Rechtslage müßte eine generelle Ausnah -
me bestimmter Abwasserbehandlungsanlagen vom Stand der Technik ei -
ner gesetzlichen Deckung entbehren. Vielmehr hätte grundsätzlich
eine vorhabensbezogene Einzelfalluntersuchung Platz zu greifen,
auf Grund derer bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen die
Behörde eine Ausnahme vom Stand der Technik gestatten könnte, was
in ähnlicher Weise typen - und umfeldbezogen auch für Verordnungen
nach § 12a gilt.
Im Hinblick vor allem auf Aspekte der Rechts - und Planungssicher -
heit sowie auf das dem Umweltrecht immanente Verursacherprinzip
müssen klare Vorgaben getroffen werden. Auf dem Abwassersektor ist
dies etwa die seit 1959 eindeutig festgelegte Bewilligungspflicht
für alle Abwassereinleitungen und -versickerungen, und hinsicht -
lich des Reinigungsgrades die in Umsetzung der WRC - Novelle 1990
erfolgte Festlegung des Standes der Abwasserreinigungstechnik.
Unklar ist der in der Einleitung zu Ihrer Anfrage angesprochene
Hinweis auf mangelnde Abstimmung mit der Landesebene. Die von den
Ländern wahrzunehmenden Regelungsbereiche umfassen entweder Maß -
nahmen wasserrechtlichen Charakters, die sehr wohl mit dem Bundes -
ministerium für Land - und Forstwirtschaft abgestimmt werden, oder
es handelt sich um autonom von den Ländern zu handhabendes Landes -
recht.
Zur Beantwortung Ihrer Fragen im einzelnen:
Zu Frage 1:
Wie bereits im Zusammenhang mit der WRG - Novelle 1997 mehrmals be -
tont wurde1 sollte durch die angesprochenen Verordnungsermächti -
gungen (§§ 12a, 12b, 102, 111 WRG) - ohne Preisgabe des hohen Ge -
wässerschutzniveaus - die Möglichkeit geschaffen werden, flexible,
“typenbezogene" Regelungen zu verordnen, für welche vereinfachte
Verfahrensbestimmungen (§ 114 WRC) bis hin zur Bewilligungsfrei
stellung Anwendung finden. Derartige Regelungen bedürfen, um
einerseits den Schutzzielen des Wasserrechtsgesetzes zu entspre-
chen und andererseits die in der Anfrage angesprochenen Probleme
(vor allem der Rechtsunsicherheit) zu vermeiden, einer besonders
sorgfältigen Vorbereitung und Prüfung. Dementsprechend wurden nach
Beschluß der Novelle im Parlament die Arbeiten an derartigen
Verordnungen unverzüglich aufgenommen. Hierbei kam der Schaffung
einheitlicher Vorgaben für Indirekteinleiter Priorität zu. Ende
Oktober 1997 konnte hinsichtlich des Entwurfes für eine Indirekt -
einleiterverordnung gemäß § 32b das Begutachtungsverfahren ein -
geleitet werden. Die Verordnung soll demnächst in Kraft gesetzt
werden.
Soweit es die personellen Ressourcen zuließen, wurde auch gleich -
zeitig an der Vorbereitung von Entwürfen für Verordnungen gemäß §§
12a, 12b, 103, 111, 114 WRG insbesondere für folgende Bereiche
gearbeitet:
- Erdwärmepumpen
- Wasserwärmepumpen
- Kleinkläranlagen (bis 25 EW60)
- Gerinneüberbrückungen.
Damit können Probleme auch im ländlichen Bereich lokal entschärft
werden, ohne gerechtfertigte Anliegen des Gewässerschutzes zu ver -
nachlässigen.
Zu den Fragen 2 und 3
Die Möglichkeiten des Bundesministers für Land - und Forstwirt -
schaft sind im Bereich der Abwasserentsorgung auf den Rege -
lungsbereich des wasserrechtsgesetzes beschränkt. In Landesrecht
einzugreifen steht dem Bund nicht zu; konkrete wasserrechtliche
Regelungen, die hiervon betroffen wären, werden in der Anfrage
nicht angegeben.
Abgesehen davon steht das Bundesministerium für Land - und Forst -
wirtschaft bei konkreten Anliegen für Gespräche zu einer gemeinsa -
men Lösungsfindung im Bereich seiner Möglichkeiten gerne zur Ver -
fügung.
Zu Frage 4:
Mit der WRG - Novelle 1997 wurden (unter anderem in Entsprechung des
Anliegens des Grünen Klubs) Regelungen geschaffen, die ein koor -
diniertes Vorgehen zwischen Wasserrechtsbehörden und Förderungs -
stellen ermöglichen:
Gemäß § 103 Abs.1 lit b WRG ist ein Antrag auf wasserrechtliche
Bewilligung, soferne eine Förderung angestrebt wird, u.a. mit An -
gaben über Anträge an öffentliche Förderungsstellen nach dem Um -
weltförderungsgesetz oder nach dem Wasserbautenförderungsgesetz zu
versehen.
Gem. § 108 Abs.1 WRG kommt den Förderungsstellen im Bewilligungs
verfahren ein Anhörungsrecht zu.
Diese Bestimmungen ermöglichen die geforderte Koordination; dabei
liegt es an den angesprochenen Vollzugsbehörden1 Förderungswerbern
und Förderungsstellen, angepaßt an die Anforderungen in den ein-
zelnen Bundesländern, von den gesetzlich eingeräumten Möglichkei-
ten auch tatsächlich Gebrauch zu machen.
Zu Frage 5:
Nach Informationsstand des Bundesministeriums für Land - und Forst -
wirtschaft wurden die “Leitlinien zur Versickerung von Abwässern
in Kärnten” (“Sickl - Erlaß”) von der Kärntner Landesregierung zur
Kenntnis genommen und in der Folge von der zuständigen Landesrätin
Frau Dr. Elisabeth Sickl im Erlaßwege den Vollzugsbehörden in
Kärnten zur Beachtung übermittelt. Es handelte sich dabei vor -
rangig um einen Akt der Vollziehung des Kärntner Gemeindekanali -
sationsgesetzes und ist somit nicht der Vollziehung des Wasser -
rechtsgesetzes im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung zuzu -
rechnen. Dessen ungeachtet erfolgt durch den Erlaß - aus der Natur
der Sache - gleichzeitig eine Berührung mit wasserwirtschaftlichen
Belangen, weshalb der Erlaß seinerzeit auch dem Bundesministerium
für Land - und Forstwirtschaft vorgelegt worden ist; eine Prüfung
ergab, daß der Erlaß den Intentionen des Gewässerschutzes nicht
widerspricht.