408/AB
Die Abgeordneten zum Nationalrat ANSCHOBER, Freundinnen und
Freunde haben am 12. April 1996 unter der Nr. 373/J an den Bun-
desminister für Inneres eine schriftliche parlamentarische Anfra-
ge betreffend "Polizeidirektion Wels" gerichtet, die folgenden
Wortlaut hat:
"1. Die 0berösterreichischen Nachrichten berichten am 20.3.1996
darüber, daß in der Affäre um die vier in Sonnenradform an-
geordneten F-Buchstaben (für das Turnermotto "Frisch, Fromm,
Fröhlich , Frei") , die seit 1930 an der Theke der Welser Et-
zoldhalle des ÖTB prangen, nun der Welser Polizeidirektor
tätig wurde. Nach einer Anzeige der Jungsozialisten nach dem
NS-Abzeichenverbotsgesetz hatte ein Gutachten des Innenmini-
steriums das Sonnenrad als hakenkreuzähnliches Symbol klas-
sifiziert. Daraufhin lud der Welser Polizeidirektor Karl
Mathe den 0bmann des Welser "Vereins Turnhalle" , den Frei-
heitlichen Landtagsabgeordneten Gerhard Holter, als Beschul-
digten vor. Der Polizeidirektor habe statt einer Demontage
des Sonnenrades laut 0riginalzitaten der OÖN dem F-Politiker
empfohlen, man möge das Sonnenrad weiß übertünchen, damit es
nicht mehr vom weißen Plafond absteche. Sobald dies gesche-
hen sei , stelle er das Verfahren ein. Denn es sei ein ge-
setzlicher Schuldausschließungsgrund, wenn ein hakenkreuz-
ähnliches Symbol nicht bewußt dargestellt wird. Damit brau-
che es dann auch nicht entfernt zu werden. Natürlich stimm-
ten sowohl der F-Politiker als auch der ÖTB diesem unsaube-
ren Lösungsvorschlag des Welser Polizeidirektors zu.
Ist der Innenminister über dieses Vorgehen des Welser Poli-
zeidirektors informiert? Entspricht dieses Vorgehen den In-
tentionen des Ministeriums? Ist für das Innenministerium da-
mit die Angelegenheit erledigt bzw. welche Konsequenzen wer-
den aus diesem Vorgehen des Welser Polizeidirektors, die ja
am Sachverhalt des Fortbestandes eines hakenkreuzähnlichen
Symbols nichts ändert, gezogen? (Siehe Beilage 1a und 1b) .
Ende des vergangenen Jahres wurde eine neue "Dekoration" im
Fenster eines Genossenschaftswohnungshauses in Wels bekannt.
In den Worten "Heil und Fried" und den dazugestellten alt-
germanischen Runenzeichen, die in diesem Fenster angebracht
waren und sind (siehe Beilage 2) , erblickte etwa die Zeitge-
schichtsexpertin Erika Weinzierl eindeutige nationalsoziali-
stische Anklänge. Demnach ist die "Odalsrune" im linken Fen-
sterflügel ein "Markenzeichen für rechtsextreme deutsche und
belgische Gruppen". Rechts unten ist nach Auskunft des Doku-
mentationsarchivs des österreichischen Widerstandes die
"doppelte Siegrune zu sehen, die umgedreht von der Waffen-SS
verwendet wurde". Das Symbol rechts neben dem Wort "Fried"
gilt als Wolfsrune, die unter anderem niederländische Frei-
willige SS-Angehörige trugen. Trotz detaillierter Informa-
tion und entsprechender öffentlicher Aufforderung wurde der
Welser Polizeidirektor Karl Mathe in dieser Angelegenheit
nicht aktiv. Im Kurier vom 22.12.1995 meint er, man habe mit
dem Urheber gesprochen, dies sei ein harmloser Mann, der
sich als Nachfahre der Kelten fühle und derartige Interessen
an der deutschen Geschichte habe.
Hält der Innenminister einen derartigen Umgang mit eindeuti-
gen NS-Zeichen im öffentlichen Bereich durch den Welser
Polizeidirektor für akzeptabel? Wenn nein, welche Konsequen-
zen werden aus diesem Vorfall gezogen?
Vor allem in der Welser Noitzmühle aber auch im gesamten in-
nerstädtischen Bereich von Wels tauchten in den Jahren 1993,
1994 und 1995 immer wieder Neonazi-Aufkleber auf. So etwa
wie die der Wiking Jugend, die einen schwarzen Adler vor ro-
ter Sonne zeigen, Aufkleber des Hilfskommitees südliches
Afrika, Aufkleber Arbeitsgemeinschaft für Politik , Aufkleber
des bekannten Patria-Versands, der deutschen Volksunion und
andere (siehe Beilage 3 a-g) , darüber hinaus kam es zu foto-
grafisch dokumentierten Wehrsportübungen im Umfeld der
Noitzmühle sowie zu gewalttätigen Übergriffen von Neonazis,
dennoch meint der Welser Polizeidirektor Herr Dr. Karl Mathe
immer wieder, so etwa am 23.12.1993 (siehe Beilage 4) Wels
habe keine Neonazis.
Hält der Innenminister derartige beschwichtigende Aussagen,
die immer wieder erfolgt sind , für vereinbar mit einer öf-
fentlichen Sensibilisierung für die Gefahren des Rechtsex-
tremismus sowie für vereinbar für ein besonders offensives
Vorgehen der Polizei in diesem Bereich? Wenn ja , warum? Wenn
nein , welche Konsequenzen werden daraus gezogen?"
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt :
Eingangs möchte ich darauf hinweisen, daß sicherheitsbehördliche
Anlässe nach der journalistischen Aufbereitung in den Medien
nicht immer voll den Tatsachen entsprechend wiedergegeben werden.
Es erübrigt sich daher , Presseäußerungen zu bewerten , und ist
dies auch nicht die Aufgabe eines Bundesministers.
Das Bundesministerium für Inneres hat es durch mehrere , aus je-
weils aktuellem Anlaß ergangene Erlässe den Sicherheitsbehörden
und deren 0rganen zur vordringlichen und selbstverständlichen
Pflicht gemacht , gegen jede Art von rechtsextremen , neonazisti-
schen und fremdenfeindlichen Aktivitäten jeweils unverzüglich und
mit allen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln vorzugehen.
Es liegen mir keine Anhaltspunkte vor , die auf ein verniedlichen-
des oder beschwichtigendes Verhalten des Polizeidirektors von
Wels im Sinne Ihrer Anfrage hinweisen. Wie auch im neu aufgeleg-
ten Rechtsextremismus-Jahreslagebericht 1995 des Bundesministeri-
ums für Inneres zum Ausdruck gebracht wird , zeichnen sich die Si-
cherheitsbehörden gerade in 0berösterreich bei der Bekämpfung
rechtsextremer und fremdenfeindlicher Umtriebe durch besondere
Sensibilität und Motivation aus.
Zu Frage 1 :
Der angezeigte Fall wurde im Rahmen eines von der örtlich zustän-
digen Behörde durchgeführten Verwaltungsstrafverfahrens eingehend
geprüft und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsvorschrif-
ten entschieden. Mein Ressort war über den Fortgang des Verfah-
rens jeweils informiert. Eine Einflußnahme auf die schließliche
Entscheidung stand ihm nicht zu. Ich sehe keinen Anlaß zu irgend-
welchen Konsequenzen , zumal die objektiv-sachliche Behandlung der
Anzeige durch die Bundespolizeidirektion Wels zu einer allgemei-
nen Beruhigung hinsichtlich des Themas und einer gesetzeskonfor-
men Lösung führte.
Zu Frage 2 :
Es ist unrichtig , daß die Bundespolizeidirektion Wels in dieser
Angelegenheit nicht aktiv wurde. Der Fall wurde behördlich über-
prüft und der Sachverhalt der zuständigen Staatsanwaltschaft zur
Kenntnis gebracht , die jedoch keinen Anlaß zur Weiterverfolgung
sah. Konsequenzen sind daher auch in dieser Angelegenheit in mei-
nem Ressortbereich nicht erforderlich.
Zu Frage 3 :
Die Aktivitäten um die Welser Noitzmühle sind meinem Ressort be-
kannt. Es liegen dazu umfangreiche Ermittlungsergebnisse vor .
Die BPD Wels hat sehr wohl Aufklärungserfolge bei der Bekämpfung
rechtsextremistischer Umtriebe zu verzeichnen. Neben der strafge-
setzlichen Ahndung von Verstößen gegen die Rechtsordnung konnte
in 0berösterreich durch präventive Aufklärungsarbeit der Sicher-
heitsbehörden in Zusammenarbeit mit Streetworkern und den Jugend-
wohlfahrtsbehörden besonders dem Jugendbandenwesen mit Erfolg be-
gegnet und der Banden- und Gruppenbildung gewaltbereiter Elemente
Einhalt geboten werden. Der erhöhten Ausländerfeindlichkeit wird
auch in Wels im Rahmen des vom Bundesministerium für Inneres in-
itiierten Projektes zum "Schutz der Jugend vor Rechtsextremismus"
besonders Rechnung getragen. Die bisher von der Behörde gesetzten
Maßnahmen geben keinen Anlaß zu irgendwelchen Konsequenzen sei-
tens des Bundesministeriums für Inneres.