4118/AB XX.GP

 

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Heinz Fischer

Parlament

1017 Wien

Wien, 8 . Juli 1998

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4476/J-NR/1998 betreffend die Studien -

verlängerung für Studierende der Medizin in Wien durch Reduzierung der Sezierkursplätze,

die die Abgeordneten Dr. GREDLER und PartnerInnen am 27. Mai 1998 an mich gerichtet

haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

1. Wurden Sie über die Situation der Studierenden am Institut für Anatomie an der

medizinischen Fakultät der Universität Wien informiert?

Da die Abhaltung der erforderlichen Pflichtpraktika für Anatomie am Institut für Anatomie

der Medizinischen Fakultät der Universität Wien im Studienjahr 1997/1998 in keiner Weise

gefährdet war und auch der in der Anfrage behauptete Engpaß nicht eingetreten ist, erfolgte

keine Befassung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr. Vereinzelte An -

fragen von Studierenden, die aus verschiedenen Gründen die studienplanmäßig vorgeschrie -

benen Lehrveranstaltungen nicht erfolgreich absolvieren konnten, langen im übrigen immer

wieder im Bereich sämtlicher Studienrichtungen ein.

2. Ist Ihnen bekannt, daß die Praktikumsplätze für den Sezierkurs um die Hälfte

reduziert wurden und dadurch für viele Studierende Studienverzögerungen ent -

stehen?

Es ist unzutreffend, daß die Praktikumsplätze für den Sezierkurs um die Hälfte reduziert

wurden. Vielmehr wurde die Anzahl von Sezierkursplätzen trotz Abnehmens der Studien -

anfängerzahl erhöht (von 923 auf 950).

3. Welche Auswirkung hat der Engpaß bei den Sezierkursplätzen auf die durch -

schnittliche Studiendauer im Medizinstudium? Welche Kosten entstehen dem

Bund durch die Verlängerung der Studiendauer?

4. Was sind die Ursachen des derzeitigen Engpasses am Institut für Anatomie in

Wien? Kam es durch die Werkvertragsregelung zu Einsparungsmaßnahmen in

diesem Bereich?

5. Sehen Sie in den derzeitigen Bestimmungen des Hochschullehrer - Dienstrechtes

eine Ursache für den Mangel au Praktikumsplätzen?

Siehe Antwort zu den Fragen 1 und 2.

6. Welche Maßnahmen werden Sie zur Lösung des oben beschriebenen Mangels

an Praktikumsplätzen für den Sezierkurs setzen?

Siehe Antwort zu Fragen 1 und 2. Falls jedoch derartige Engpässe auftreten sollten, verfü -

gen die betroffenen Fakultäten durchaus über Möglichkeiten, akute Engpässe zu überbrük -

ken. So hat z.B. die Medizinische Fakultät der Universität Innsbruck den sich durch eine

Studienplanänderung ergebenden Bedürfnissen Rechnung getragen und im Sommersemester

1997 ausnahmsweise einen zusätzlichen Sezierkurs für etwa 280 Studenten abgehalten.

7. Gemäß § 53 Abs. 2 Universitäts - Studiengesetz sind Prüfungstermine für den

Anfang, für die Mitte und für das Ende jedes Semesters anzusetzen. Trifft es zu,

daß derzeit nicht einmal ein einziger Wiederholungstermin der Eingangsprüfung

angeboten wird? Wenn ja, welche Maßnahmen werden sie zur Einhaltung dieser

gesetzlichen Bestimmungen am Institut für Anatomie ergreifen?

Die angesprochene Lehrveranstaltungsprüfung zum anatomischen Propädeutikum findet am

Ende dieser Lehrveranstaltung (im Laufe des Monats April) statt, und bei deren positiven

Bestehen erlangen die Studierenden die Berechtigung zum Besuch des 1. Sezierkurses, der

unmittelbar darauffolgend in den Monaten Mai und Juni stattfindet. Alle diejenigen 950 Stu -

dierenden, welche diese Lehrveranstaltungsprüfung positiv bestanden haben, haben die

Berechtigung zum Besuch dieses 1. Sezierkurses und auch einen Sezierplatz erhalten. Ein

Ersatztermin für diese Lehrveranstaltungsprüfung (ca. 14 Tage später) ist jenen Studierenden

zur Verfügung gestellt worden, die den 1. Termin umständehalber (Krankheit, ...) versäum -

ten.

Ich habe die Medizinische Fakultät der Universität Wien aufgefordert, in Hinkunft ein dem

§ 53 Abs. 2 UniStG Rechnung tragendes System für die Ausschreibung der Prüfungstermine

aus dem Fach Anatomie anzuwenden.

8. Die gegenwärtige Situation hat den Charakter einer Zugangsbeschränkung zum

Medizinstudium. halten Sie diese Studienzugangsbeschränkung durch einen

“heimlichen Numerus Clausus” für eine zukunftsweisende Lösungsmöglichkeit

bei überlaufenen Hochschulstudien?

Der behaupteten "Zugangsbeschränkung" in Form eines "heimlichen Numerus clausus" ist

strikt entgegenzutreten. Zwar kann - wie im gegenständlichen Fall - der verpflichtende Er -

werb von Vorkenntnissen durch die erfolgreiche Teilnahme an einer einführenden Lehrver -

anstaltung ein durchaus inhaltlich gerechtfertigtes Kriterium für den Besuch einer weiterfüh -

renden und personal - und ressourcenintensiven Lehrveranstaltung sein. Doch wäre es inhalt -

lich völlig unzutreffend, dies mit einer Zugangsbeschränkung gleichzusetzen.

9. Gibt es Ihres Wissens nach an den medizinischen Fakultäten in Innsbruck und

Graz ähnliche Zugangsbeschränkungen?

An den Medizinischen Fakultäten der Universitäten Graz und Innsbruck bestehen ebenfalls

keine derartigen "Zugangsbeschränkungen". Allerdings sehen auch an diesen Universitäts -

standorten die Studienpläne für den ersten Studienabschnitt notwendigerweise die erfolgrei -

che Absolvierung einführender Lehrveranstaltungen vor Besuch der Pflichtpraktika für Ana -

tomie vor. An beiden Fakultäten entstanden bei der Vergabe von Praktikumsplätzen für

Sezierübungen im Studienjahr 1997/98 keine Engpässe.

10. Verlängert sich für die betroffenen Studierenden aufgrund dieser nicht selbst -

verschuldeten Studienverzögerung die Anspruchsdauer für Studienbeihilfe und

Familienbeihilfe? Wenn ja, welche Kosten entstehen dem Bund durch das ver -

längerte Ausbezahlen von Studien - und Familienbeihilfe?

Eine automatische Verlängerung der Anspruchsdauer für Studienbeihilfe ist in keinem Fall

möglich. Doch wurde bereits im Jahr 1997 durch Änderung der Verordnung über die Ver -

längerung der Anspruchsdauer für den Bezug der Studienbeihilfe unter anderem für die

Standorte Wien und Graz die Anspruchsdauer für den Bezug von Studienbeihilfe im ersten

Studienabschnitt der Studienrichtung Medizin um ein Semester verlängert. Darüber hinaus

können bei den Stipendienstellen der Studienbeihilfebehörde an den jeweiligen Universitäts -

standorten in konkreten Einzelfällen entsprechende Anträge bei nicht selbstverschuldeter

Studienzeitverzögerung gestellt werden.